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Bostelmann, Antje/Fink, Michael (2014). Digital Genial. Erste Schritte mit Neuen Medien im Kindergarten. Berlin: Bananenblau.

Der Kindergarten unterwegs im Tablet-Land

Die Zeit im Kindergarten ist ein aufregender Abschnitt für Kinder. Sie werden mit grundlegenden Herausforderungen wie der ersten Abnabelung von den Eltern, Konflikten mit Peers und dem Bestehen innerhalb einer Gemeinschaft konfrontiert. Heutzutage gehört der richtige Umgang mit Medien ebenfalls zu diesen Aufgaben. Medien spielen auch für kleine Kinder eine wichtige Rolle, da sie zum einen bei Erwachsenen, die eine Vorbildrolle einnehmen, den medialen Umgang tagtäglich beobachten können und zum anderen, weil es wichtig ist, dass Kinder von Anfang an einen kompetenten Umgang mit Medien erlernen. An dieser Stelle setzt Digital Genial an. Das Buch umfasst eine Reihe von pädagogisch durchdachten Einsatzmöglichkeiten von Tablets im Kindergarten und in der Vorschule. Einleitend gehen die Autorin und der Autor auf das Thema Medienpädagogik im Kindergarten ein. Welchen Nutzen haben Medien für Kleinkinder? Worauf muss bei der Nutzung geachtet werden? Welche Medien sind im Kindergarten sinnvoll? Wie kann man einen Kindergarten geschickt digitalisieren? Diese Fragen werden praxisnah und verständlich erläutert und durch bunte Informationskästen, die beispielsweise auf Regeln oder Vorzüge hinsichtlich Tablets & Co. hinweisen, sinnvoll ergänzt.

Die darauffolgenden praktischen Einsatzmöglichkeiten werden alle nach derselben Struktur dargestellt: Nach der Material- und Altersempfehlung folgt eine Beschreibung der Methode, mögliche Varianten, Dinge, auf die man achten sollte, und was die Kinder dabei lernen können. Im ersten Praxisblock geht es um das Oberthema Fantasie. Es werden acht verschiedene Methoden beschrieben, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Ein Beispiel dafür ist ‚Ich sehe was, was Du nicht siehst‘, bei dem Kinder mit einem Tablet bewaffnet hinaus in die Natur gehen und Besonderheiten, die ihnen auffallen, fotografieren sollen. Anschließend werden die entstandenen Bilder in der Gruppe betrachtet und es soll darüber gesprochen werden, was darauf zu sehen ist und wo die Bilder entstanden sein könnten. Auf diese Weise bekommen die Kinder erste Erfahrungen im Umgang mit Fototechnik. Außerdem unterstützt diese Methode die Sprachförderung, da die Kinder vor der Herausforderung stehen, Gegenstände und Räume so genau wie möglich zu beschreiben. Die Methode ist für Kinder ab drei Jahren gedacht. An diesem Beispiel sieht man, wie aus einem bereits bekannten Spiel für Kinder eine medial überarbeitete Version werden kann, die relativ einfach in den Kindergartenalltag integrierbar und gleichzeitig sinnvoll ist.

Ein anderes Beispiel ist ‚So viel Auswahl im Pizzaladen!‘ Diese Methode ist etwas komplizierter vorzubereiten und umzusetzen. Die Kinder sollen mithilfe einer Pizza-App und ausgedruckten, laminierten Bildern von Pizzabelag eine Variante vom Spiel mit einem Kaufmannsladen spielen. Dafür bekommen sie einen Würfel, das Tablet mit der App und den laminierten Belag. Nachdem gewürfelt wurde, muss das erste Kind in den Kaufmannsladen gehen und die entsprechende Zahl an beispielsweise Tomaten für seine Pizza kaufen. Im Anschluss daran darf ein anderes Kind auch in der App die Pizza mit der entsprechenden Zahl Tomaten belegen. Die Intention dahinter liegt in der Verknüpfung der realen und digitalen Welt. Bei dieser Methode scheint der Einsatz eines Tablets allerdings nur mäßig sinnvoll, da die weiteren Lernergebnisse auch ohne Tablet erzielt werden können und der Einsatz hier eher redundant als nützlich wirkt. Im zweiten Themenblock ‚Realität‘ werden fünf Methoden erläutert. Eine davon heißt ‚Für immer festgehalten: Meine Freunde‘. Sie eignet sich für Kinder ab vier Jahren. Mithilfe der App MyStoryBook oder My Story können sich Kinder ihre eigenen Freundebücher digital erstellen. Dafür fotografieren sie andere Kinder und schreiben oder sprechen kurze Texte über sie mit dem Tablet.

Bei dieser Methode können Kinder spielerisch an den Umgang mit Apps herangeführt werden und die Sprache wie auch das frühe Schreiben werden gefördert. Freundebücher können zwar auch ohne die Hilfe von neuen Medien gestaltet werden, deren Einsatz spielt hier allerdings eine wichtige Rolle, da so die Attraktivität, ein eigenes Freundebuch zu erstellen, gesteigert wird und es eine Herausforderung darstellt, seine Freunde digital festzuhalten und zu beschreiben. Der dritte Block, der sich mit Kreativität beschäftigt, beinhaltet sieben Methoden. Eine davon ist ‚Stop Motion! Oder: Wie ein Film entsteht‘. Geeignet ist sie für Kinder ab fünf Jahren. Bei dieser Methode geht es darum, dass Kinder mithilfe der App Stop Motion Pro einen Film aus einzelnen Bildern drehen. Dafür basteln, kneten und zeichnen die Kinder Figuren und alles, was für den Film verwendet werden soll. Gleichzeitig überlegen sie sich mithilfe der Erzieherin oder dem Erzieher eine Geschichte, die hinter dem Film steht. Diese wird dann im Anschluss vor einem Green-Screen gespielt, anschließend können mithilfe des Tablets andere Hintergründe und Musik eingefügt werden. Diese Methode fördert das Planen und sinnvolle Umsetzen von Handlungen wie auch den Ausbau der Kreativität und Fantasie, da die Kinder alles, was in der Geschichte vorkommen soll, selbst gestalten müssen. Die Altersempfehlung ist bei der Methode durchaus sinnvoll, da hier die Anforderungen etwas komplexer sind. Im vierten Teil der Publikation geht es innerhalb von vier Beiträgen um Kommunikation.

Bei ‚Hallo Wiesengeister, hier spricht die Kita Stadtfüchse!‘ lernen die Kinder Bildtelefonie kennen. Sie bekommen die Möglichkeit mit Partner-Kindergärten zu kommunizieren und sich mit den fremden Kindern über alles, was ihnen einfällt, auszutauschen. Grundgedanke der Methode ist es, dass die Kinder offen für fremde Welten werden und den respektvollen Umgang mit anderen wie auch Toleranz und Integrationsfähigkeit lernen können. Ob die Zielsetzungen der Methode tatsächlich erreicht werden können, lässt sich im Vorhinein nicht sicher einschätzen. Klar ist jedoch, dass die Kinder viel Spaß beim Telefonieren mittels Tablet haben werden, weil es für sie eine neue Art von Kommunikation darstellt. Im fünften und letzten Abschnitt geht es in neun Methoden um Lernen im Alltag. ‚Wie heißt der Baum? Pflanzenbestimmungs-Apps‘ ist für Kinder ab vier Jahren geeignet. Kinder sollen mithilfe einer Pflanzenbestimmungs-App verschiedene Pflanzen wie beispielsweise Kräuter, Bäume und Blumen bestimmen, indem sie aus der Natur gesammelte Pflanzenteile mit der App erkennen. Dadurch lernen sie genau zu beobachten und zu vergleichen, müssen sich aber nicht durch dicke Wälzer quälen, an denen sie schnell die Lust verlieren könnten. Auf diese Weise kann spielerisch ihr Interesse an der Natur geweckt werden. Nach den Darstellungen der Methoden wird die Publikation von Regeln zum Unfallschutz und Datenschutz wie auch von App-Empfehlungen, die kategorisch sortiert sind, abgerundet. So bekommen Erzieherinnen und Erzieher, die mit dieser Publikation arbeiten, nochmals wichtige Hinweise für den Umgang mit Tablets.

Digital Genial ist eine sehr praxisorientierte Publikation, die sich hauptsächlich an Erzieherinnen und Erzieher, die in Kindergärten, Kindertageseinrichtungen und Vorschulen arbeiten, richtet. Das Buch vereint viele methodische Ansätze und Ideen, wie genau der Einsatz von Tablets sinnvoll in der Praxis aussehen kann. Auf diese Weise können sich auch Personen an den Einsatz von Tablets in Kindergärten heranwagen, die sich ohne Handreichung nicht an dieses Thema herantrauen würden, da viele wertvolle Tipps mit und rund um das Tablet gegeben werden. Es wäre zwar noch von Vorteil gewesen, wenn die vorgeschlagenen Apps für die Methoden zusätzlich an einer anderen Stelle im Buch etwas detaillierter vorgestellt geworden wären, aber häufig ist es so, dass die Apps recht selbsterklärend sind. Für den Fall, dass Probleme bei der Handhabung mit den Apps aufkommen, kann jederzeit auch im Internet darüber nachgelesen werden. Insgesamt ist Digital Genial somit ein wichtiger Beitrag für die medienpädagogische Praxis, der den Einsatz von Medien in Kindergärten voranbringen kann.


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