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Chaymaa Zimame: Friedrich, Jörg Phil (2023). Degenerierte Vernunft. Künstliche Intelligenz und die Natur des Denkens. München: Claudius. 125 S., 20,00 €.

Dank der raschen Fortschritte in den Bereichen maschinelles Lernen und Datenanalyse kann Künstliche Intelligenz (KI) heutzutage komplexe Aufgaben ausführen und hochwertige Ergebnisse liefern. Beispielsweise können KI-Systeme Bilder, Videos und Texte erstellen, Musikstücke komponieren, komplexe Probleme angehen sowie menschliche Sprache erkennen und darauf antworten. Dafür müssen sie nicht einmal denken können, sie benötigen, wie der Autor Jörg Phil Friedrich argumentiert, „kein Bewusstsein, keine Intuitionen, keine moralischen oder ästhetischen Fähigkeiten” (S. 56), denn sie können all das „auf der Basis von Algorithmen und formalen Methoden der Datenverarbeitung vollbringen” (ebd.). Angesichts dieser technologischen Entwicklung fürchten viele Menschen die Entwertung ihrer Leistungen oder sogar, durch KI ersetzt zu werden und ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Dies wirft eine paradoxe Frage auf: Was hat dazu geführt, dass wir KI-Produkte oft als weit besser und heranwachsender ansehen als Produkte, die direkt von Menschen angefertigt wurden? Schließlich werden die KI-Systeme von Menschen programmiert. Dem widmet sich die Publikation Degenerierte Vernunft mit dem Ziel, den Begriff der KI zu hinterfragen und den Begriff der natürlichen menschlichen Vernunft klarer zu definieren. In neun Kapiteln erklärt Friedrich in einem wunderbar leicht verständlichen und mit Beispielen gespickten Schreibstil, der bisweilen einem Bewusstseinsstrom ähnelt, wie KI im Laufe der Jahrzehnte entstanden ist, wie sie funktioniert und was sie von der natürlichen menschlichen Vernunft unterscheidet. Dem Autor ist es besonders wichtig zu betonen, dass KI und menschliche Vernunft nicht miteinander vergleichbar sind. Das vernünftige Denken eines Menschen läuft nach anderen Prinzipien ab. Wir Menschen suchen in unserem Räsonieren über Ideen und Dinge nach einem Sinn. KI kann dies nicht und muss es auch nicht. „Besinnung, Nachsinnen, Sinnieren, Einkehr, Reflexion, Räsonieren: Das ist, was die natürliche menschliche Vernunft ausmacht“ (S. 106). Erst wenn wir verstehen, woraus menschliche Vernunft besteht, können wir sie von KI ausgrenzen und erkennen, wie wir mit dieser technologischen Entwicklung umgehen können.


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