Elisabeth Jäcklein-Kreis: Stichwort Etherpad
Quietschend kratzt die Kreide über die Tafel, dem Protokollanten stehen Schweißtropfen auf der Stirn, während er versucht, in einer Art privaten Steno-Schrift die Meldungen der Diskussionsrunde festzuhalten. Ein neuer Finger schnellt in die Luft. „Ich habe Sie notiert“, verkündet der Gesprächsführer, „ich habe noch zwei Meldungen hier vorne, eine hinten links, zwei in der Mitte – und dann kommen Sie!“
Solche und ähnliche Situationen dürften, ginge es nach Machern und Verfechtern des Etherpads, bald der Vergangenheit angehören. Denn der collaborative real-time editor soll seinen Benutzerinnen und Benutzern ermöglichen, gemeinsam und zeitgleich ein schriftliches Dokument zu erstellen und zu bearbeiten. Das klingt zunächst einmal nicht sehr spektakulär und kommt auch recht schlicht daher: Wer ein Etherpad über einen der verschiedenen Server, die diesen Dienst aktuell kostenlos anbieten, aufruft, sieht sich mit einem einfachen Editor konfrontiert. Ein leeres Blatt, ein Textwerkzeug-Cursor und Buttons, mit deren Hilfe Schrift fett, kursiv und unterstrichen werden kann. Dazu ein kleines Fenster mit der Überschrift ‚Chat’. Alles in allem also etwas weniger, als ein normales Word-Dokument bietet. Der Unterschied liegt allerdings im Wörtchen „collaborative“: Etherpads liegen nicht auf Festplatten und PCs – es gibt sie nur online. Und sie ermöglichen ihren Nutzerinnen und Nutzern das, was Word nicht kann, nämlich das gleichzeitige Arbeiten am selben Dokument. Alle ‚Mitschreibenden’ können sich mit ihrem Namen eintragen und sich eine Farbe aussuchen. Dann darf munter drauflosgeschrieben werden: Jede und Jeder wohin, wie und wie viel er will, aber immer in der eigenen Farbe.
Egal, ob Menschen örtlich getrennt einen gemeinsamen Artikel verfassen oder die Teilnehmenden einer Diskussionsrunde gemeinsam ihre Ergebnisse formulieren wollen – das Etherpad bietet ihnen ein Tool, um anstrengedes Sammeln, Synchronsieren und Herumschicken von Versionen und damit Flüchtigkeits- und Kommunikationsfehler zu vermeiden. Und nebenbei kann im Chat-Fenster notiert werden, was alle wissen sollen, aber trotzdem nicht in den Text soll. Fazit: Ein kleines, aber feines Tool, dass wenig aufregend daher kommt, bei Diskussionen, Brainstormings, Co-Autorenschaft et cetera aber sicher so manchen Leidgeplagten zum Strahlen bringt.
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