Franz Josef Röll: Stichwort BYOD
Vorbei ist die Zeit mit Busladungen voller Geräte, um ein Computerseminar durchzuführen. Das Codewort dieser Entwicklung lautet BYOD – Bring Your Own Device. Wenn private oder selbst ausgewählte mobile Endgeräte wie Laptops, Tablets oder Smartphones mit den Netzwerken von (Bildungs-)Institutionen, Bibliotheken oder Unternehmen integriert werden, wird dies mit BYOD bezeichnet. Mit den persönlichen Geräten kann auf Organisationsserver oder -daten zugegriffen werden, Daten können bearbeitet und gespeichert werden – unabhängig von Zeit, Ort und Gerätetyp. Für die Schulpädagogik scheint BYOD eine Möglichkeit, vorhandene gerätetechnische Engpässe zu umgehen. In der schulischen (Medien-)Pädagogik, wenn man den Ergebnissen einer aktuellen Studie der Deutschen Telekom Stiftung glauben kann, sagen 48 Prozent aller befragten Lehrkräfte, dass ihre Schülerinnen und Schüler eigene Geräte im Unterricht nutzen können (vgl. Otto 2015). Allerdings befürchtet noch ein Viertel, die Kontrolle über den Unterricht zu verlieren, wenn sie Computer einsetzen. Offensichtlich ist aber eine Suchbewegung nach der Integration und Verankerung mobiler Medien in den Bildungsprozess zu beobachten.Bildungseinrichtungen haben den Vorteil, dass sie keine hohen Investitionskosten für die technische Infrastruktur benötigen, da privat bereits verfügbare Geräte der Lernenden eingesetzt werden können.
Der Anteil von internetfähigen Geräten im Unterricht oder in der Bildungsarbeit kann damit deutlich gesteigert werden. Es gibt allerdings im Alltag auch Hürden zu bewältigen. Meist bestimmen Organisationsrichtlinien die Regeln des Einsatzes und der Verwendung der mobilen Geräte. Das kann dazu führen, dass Einstellungen auf den Geräten vorgenommen werden müssen, um Sicherheit zu gewährleisten (z. B. eingeschränkte Dienste, Festplattenverschlüsselung). Die Geräte müssen zudem mit Bezug auf die Privatsphäre geschützt werden. Nicht unproblematisch ist die Delegation der Verantwortung für die Auswahl von mobilen Geräten, die an die Eltern fällt. Dies kann die Chancengleichheit finanziell schlechter gestellter Familien verhindern. Wettbewerb und Gruppenzwang kann zu Spannungen führen.Bezogen auf den pädagogischen Kontext lassen sich aber auch Vorteile feststellen. Die Motivation für Lernen und Bildung wird gefördert, wenn Jugendliche mit den ihnen vertrauten Geräten und einer personalisierten Arbeitsumgebung arbeiten. Zudem stehen die Lernmaterialien permanent zur Verfügung und besitzen umfangreiche Tool-Boxen: Hilfswerkzeuge und Tools wie der iRig-Mikrofonverstärker in Verbindung mit einer webbasierten Videoschnittsoftware eröffnen viele flexible Möglichkeiten im Bildungsbereich. Sozialrecherchen können über Google Maps oder andere Tools in Echtzeit zu einer Sozialraumkarte verdichtet werden.
Dies eröffnet ganz neue Möglichkeiten der mobilen Jugendarbeit (Streetwork). Neue didaktische Nutzungsmöglichkeiten ergeben sich durch die Möglichkeit, dass an den begonnenen Produkten zu Hause weiter gearbeitet werden kann. Räumlichkeit und Zeitmanagement bilden kein Hindernis mehr für die Medienpädagogik. Allerdings gibt es auch Wermutstropfen. Immer wieder kommt es zu Kompatibilitätsproblemen, nicht alle Apps sind auf allen Geräten verfügbar. Einige geeignete Apps sind kostenpflichtig. Die Smartphones der Jugendlichen arbeiten mit unterschiedlichen Betriebssystemen. Bei Apps dominieren vorgegebene Betriebspfade, so ist eine eigenständige kreative Bearbeitung eingeschränkt. Die Komplexität und damit der Betriebsaufwand steigen. Zudem können technische Probleme den pädagogischen Nutzen be- oder verhindern und zu mehr Verwirrung führen.Wegen der hohen Vertrautheit, der Leichtigkeit im Umgang und weil es spätestens seit Montessori zum pädagogischen Selbstverständnis gehören sollte, die Jugendlichen da abzuholen, wo sie sind, ist es sinnvoll, BYOD in der (Medien-)Pädagogik einzusetzen. Aber nicht vergessen werden sollte, dass nicht die neuen technischen Medien die Lernchancen eröffnen, sondern die jeweils eingesetzten pädagogischen Konzepte. Durch die Nutzung mobiler Medien war es jedoch noch nie so einfach, das selbstgesteuerte Lernen zu fördern.
Das Stichwort finden Sie in einer ausführlicheren Version unter www.merz-zeitschrift.de/blog
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