Frindte, Wolfgang/Haußecker, Nicole (Hrsg.) (2010). Inszenierter Terrorismus. Mediale Konstruktionen und individuelle Interpretationen. Wiesbaden: VS Verlag, 362 S., 39,95 €.
Mediengemacht oder Mediennachricht?
Spätestens seit dem 11. September 2001 haben wir alle ein eindrucksvolles Bild vor Augen: Immer wieder rasten auf den Fernsehbildschirmen zwei Flugzeuge in die Twin Towers, das Wahrzeichen der USA. Die ganze Welt – und nicht zuletzt die Medien standen Kopf. Wie wird Terrorismus in den Medien verarbeitet, ja inszeniert?
Diese Frage stellen sich Wolfgang Frindte und Nicole Haußecker und ihr Team in ihrer Untersuchung „Terrorismus – mediale Konstruktion und individuelle Interpretation: Ein friedenswissenschaftlicher Beitrag zur medien- und sozialwissenschaftlichen Analyse und Bewertung terroristischer Bedrohungen in Deutschland“, die sie im Rahmen des als „Jenaer Terrorismus Studie“ bekannt gewordenen Forschungsprojekts an der Friedrich-Schiller-Universität Jena durchgeführt haben. Ihre Ergebnisse haben sie nun in dem Buch Inszenierter Terrorismus – Mediale Konstruktionen und individuelle Interpretationen veröffentlicht. Dazu wird zunächst der Terrorbegriff in seinem historischen Zusammenhang und die theoretische Grundlage der Fragestellungen betrachtet und eine genaue Begriffsklärung vorgenommen.
Außerdem versuchen die Autorinnen und Autoren sich anhand von Interviews mit Rezipientinnen und Rezipienten ein Bild von der Wahrnehmung der Terrorismus- Berichterstattung zu machen und die gefühlte Bedrohung heute einzufangen. Welche Rolle spielen die Verbreitungsmedien in der Terrorismus-Inszenierung? Wie nehmen Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Bevölkerung die „Terrorismus-Inszenierung“ in den Medien wahr und mit welchen Interpretationen beteiligen sie sich an diesen Inszenierungen? Genau diesen Fragen soll in der Studie auf den Grund gegangen werden. Um die Berichterstattung in den Medien zu analysieren, wurden im Zeitraum von Juli 2007 bis November 2009 im Rahmen der Jenaer Terrorismusstudie die Hauptnachrichten von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 aufgezeichnet und einer quantitativen und qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen.
Ergänzt wurden diese Analysen von wiederholten Interviews mit 100 ausgewählten Versuchspersonen. Dabei konnte unter anderem beobachtet werden, dass sich die Terrorberichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen und der Privatsender lediglich in der Inszenierung des Terrorismus in den Berichten, nicht aber in der Quantität der Beiträge unterscheiden. Außerdem konnte ein Zusammenhang zwischen der Terrorberichterstattung und der medialen Inszenierung festgestellt werden. Großen Wert legten die Autorinnen und Autoren auf eine transparente Darstellung der verwendeten Methoden, was dem Buch eine hohe Komplexität verleiht. Um auch den empirisch weniger versierten Leserinnen und Lesern die Rezeption zu erleichtern, sind in den einzelnen Kapiteln immer wieder kurze Zusammenfassungen als Zwischenfazit eingefügt, die die wichtigsten Aspekte hervorheben.
Durch regelmäßige Bezüge auf die geführten Interviews gelingt es der Autorenschaft zudem, einen anschaulichen Einblick in die Thematik zu erreichen. Auch die in den Text integrierten grafischen Darstellungen der theoretischen Hintergründe sowie der Studienergebnisse erleichtern das Verständnis der behandelten Inhalte. Die einzelnen Teilabschnitte des Projekts sind zudem klar voneinander abgetrennt und werden erst im Fazit zueinander in Beziehung gesetzt. Schließlich versuchen die Autorinnen und Autoren ihre Ergebnisse zur medialen Berichterstattung und Inszenierung sowie zur individuellen Interpretation dieser Informationen durch die beobachtende Bevölkerung in einem Modellvorschlag miteinander zu verknüpfen. Insgesamt bietet die Studie einen guten Überblick über die mediale Berichterstattung undihre individuelle Bewertung durch die Bevölkerung und kann so als Grundlage für weitere vertiefende Forschung auf diesem Gebiet dienen.
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