Zum Hauptinhalt springen

Initiative Bildung und digitaler Kapitalismus: Bildung und digitaler Kapitalismus. Ein Positionspapier.

„Wir als Initiative Bildung und digitaler Kapitalismus möchten einen Beitrag leisten, um digitalkapitalistische Formationsprozesse in kritischer Perspektive zu thematisieren und gleichzeitig alternative, nachhaltige Entwicklungspfade in wissenschaftlichen Kontexten, pädagogischen Handlungsfeldern und bildungspolitischen Öffentlichkeiten zu fördern. Hierzu gehört wesentlich, den aktiven, selbstbewussten und kompetenten Umgang mit digitalen und anderen Medientechnologien im Kontext eines umfassenden Verständnisses von Bildung und Medienbildung zu unterstützen.“ (Positionspapier, S. 1)

Die Initiative Bildung und digitaler Kapitalismus wurde 2021 aus einem interdisziplinär zusammengesetzten Kolloquium heraus gegründet. Die Initiative führte 2022 eine Fachtagung an der Akademie der Kulturellen Bildung in Remscheid durch und informiert seither auf einer Website über Themenfelder und aktuelle Entwicklungen zur Thematik der Initiative: https:// bildung-und-digitaler-kapitalismus.de. Im Mai 2023 veröffentlichte die Initiative auf ihrer Website das aktuelle Positionspapier, das grundlegende Positionen der Initiative formuliert:

  • Abschnitt 1 beschreibt und reflektiert das Verhältnis von Kapitalismus und digitalen Technologien aus kritischer Perspektive;
  • Abschnitt 2 skizziert das Verhältnis von Bildung und digitalem Kapitalismus auf vier Ebenen: (1) Begriffe, Subjekte und Ziele von Bildung; (2) Bildungspolitische Programmatiken; (3) Digitale Infrastrukturen in der Bildung; (4) Didaktiken und (digitale) Bildungsmaterialien.
  • Abschnitt 3 fasst bildungspolitische Perspektiven und Forderungen zusammen. Dieser wird im Folgenden veröffentlicht.

3 PERSPEKTIVEN & FORDERUNGEN

Für die Initiative Bildung und digitaler Kapitalismus sind folgende Anliegen besonders wichtig:

  • Gesellschaftliche Bedingungen von Bildung und Digitalität: Die persönliche Entwicklung und das Zusammenleben der Menschen sind abhängig von der Ermöglichung und Begrenzung durch Lebensbedingungen. Bildung und Medienbildung können nicht unabhängig von technologischen, ökologischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Rahmenbedingungen betrachtet werden.
  • Umfassender Begriff von Bildung: Notwendig ist ein Verständnis von Bildung und Medienbildung, das über eine Reduktion auf ‚digitalisierungsbezogene Kompetenzen‘ und ‚digitale Bildung‘ weit hinausgeht. Medienbildung sowie ein kritisch-reflexiver Umgang mit digitalen Bildungstechnologien lassen sich nicht auf Skills und Anwendungskompetenzen reduzieren. Es braucht eine differenzierte Sicht auf Chancen und Problemfelder von digitalen Technologien in der Bildung. Der Ausbau einer Vermessung von Bildung ist kein Konsens!
  • Bildungsziele: Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind darin zu unterstützen, Medien aktiv, reflektiert und selbstbewusst zu nutzen. Hierzu gehört auch die Thematisierung normativer Fragen (u. a. Grund- und Menschenrechte, Menschen- und Gesellschaftsbilder, ethische Reflexionen, Macht- und Herrschaftskritik) sowie die Förderung demokratischer und partizipativer Denk- und Handlungsweisen. Die Zielperspektive von Bildung ist also in der Relation einer Persönlichkeitsbildung mit einer gemeinwohlorientierten gesellschaftlichen Bildung in und mit Communitys zu denken.
  • Gestaltungskraft,Ambivalenzen und inklusive Perspektiven von Bildung: Gestalterische Potenziale insbesondere digitaler Medien sind für eine lebensweltnahe Bildung und eine anschauliche Daten- und Medienkritik zu nutzen. Dies umfasst die Thematisierung von Spannungsfeldern, Widersprüchen und Dilemma-Situationen in der Nutzung von (digitalen) Medien. Ebenso wichtig ist die Förderung einer inklusiven und zielgruppensensiblen Bildung, gerade für Menschen aus bildungsbenachteiligenden Verhältnissen.
  • Institutionalisierung von Medienbildung: Eine Grundbildung Medien für alle pädagogischen Fachkräfte ist in der Aus-, Fort- und Weiterbildung zu verankern. Eine solche Grundbildung Medien fördert nicht nur digitalisierungsbezogene Kompetenzen, sondern orientiert sich an einem umfassenden Verständnis von Medienbildung. Bereits vorhandene Erfahrungen und Modelle einer Grundbildung Medien sind auszuwerten und allen Interessierten zugänglich zu machen. Bildungs- und Wissenschaftsministerien sowie Hochschulen haben entsprechende Personal- und Sachmittel für eine Grundbildung Medien und auch für vertiefende, medienbezogene (Wahlpflicht-)Studiengänge dauerhaft zur Verfügung zu stellen.
  • Offene Infrastrukturen für Bildung: Alle Bildungsbereiche benötigen gemeinwohlorientierte digitale Infrastrukturen und Plattformen, die unabhängig von kommerziellen Konzernen und IT-Firmen sind. Es geht um die Entwicklung und den Ausbau von interoperablen und nachhaltigen Alternativen zu herstellergebundener Software; es geht um die Förderung von Freier und Open Source Software (FOSS), von frei lizenzierten Bildungsmaterialien (OER) und um die Umsetzung weitreichender Schrankenregelungen im Urheberrecht für Bildungszwecke; es geht insgesamt um staatlich geförderte, demokratisch kontrollierte digitale Infrastrukturen, die zum Beispiel Rückkanäle für Datentracking ausschließen und somit Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung möglichst umfassend, technisch stabil und nutzungsfreundlich ermöglichen.
  • Wider Kapitalinteressen in der Bildung: Die Rolle und der wachsende Einfluss der IT-Wirtschaft im Bildungsbereich sind kritizu reflektieren und transparent zu machen. Werbung für kommerzielle Produkte gehört nicht in öffentliche Bildungseinrichtungen. Notwendig ist eine verbesserte Qualitätssicherung von Bildungsmedien und -materialien unter Einbeziehung verschiedener Akteur*innen, darunter auch Initiativen und Organisationen im Bereich freies/offenes Wissen.
  • Bildung für gesellschaftliche Alternativen: Fragen nach Alternativen zu (digital-)kapitalistischen Formationen sind verstärkt zum Thema von Bildungsprozessen zu machen, zum Beispiel in Form von Zukunftswerkstätten. Hierzu gehören Kooperationen mit kritischen Tech-Initiativen, gemeinwohlorientierten IT-Firmen und weiteren Organisationen, zum Beispiel im Bereich der nachhaltigen und der ökonomischen Bildung. Hierzu bedarf es zugleich gesellschafts- und wirtschaftspolitisch der Stärkung alternativer, gemeinwohlorientierter Wirtschaftsstrukturen jenseits einer Konzentration auf Profite.

Die Initiative Bildung und digitaler Kapitalismus ist an einer breiten Kooperation mit anderen Initiativen, Organisationen und Netzwerken interessiert, um gemeinsame Schnittmengen zu finden und auf dieser Grundlage gemeinsam in bildungs-, medien-, wissenschafts- und professionspolitischen Öffentlichkeiten auf diese wichtigen Anliegen und Ziele aufmerksam zu machen.

 

Das Positionspapier steht als PDF-Download unter der CC BY 4.0 International-Lizenz online zur Verfügung: https:// bildung-und-digitaler-kapitalismus.de/positionspapier 


Zurück