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Jürgen Ertelt: www.Vorratsdatenspeicherung.de

Alle Jahre wieder ist sie trotz richterlicher Platzverweise auf der Tapete koalierter Politik: die anlasslose Massenüberwachung aka Vorratsdatenspeicherung. Für das Lieblingsprojekt aller machtverliebten Innenpolitikerinnen und -politiker, ministerieller Wendehals-Justiziarinnen und -Justiziare und populistischer Stellvertreterinnen und -vertreter (Siggi Pop ist kein Künstlername) ist jede absurde Behauptung angeblicher Wirksamkeit zur Verbrechensbekämpfung willkommen. Dabei gibt es keine zurückhaltende Pietät, ebenso keinen empirisch haltbaren Nachweis, wohl aber eine Portion Neusprech: aus Vorratsspeicherung wird Mindestspeicherung – aus Raider wurde Twix. „Was soll´s“ fragt sich manch unbescholtene Bürgerin bzw. Bürger und spielt mit den schlichten Worten „ich habe ja nichts zu verbergen“ das Argumentations- Ass in die gezinkten Karten der beschwichtigenden Unsicherheitspolitikerinnen und -politiker.

Hier muss Aufklärung ansetzen, die Datenwege nachvollziehbar darstellt. Angesichts einer Visualisierung von Telekommunikationsverbindungen und deren Ortsdaten lässt sich eine Karte von Beziehungswegen und Interessen ableiten (z. B. www.zeit.de/datenschutz/malte-spitz-vorratsdaten). Jeder Funkmastkontakt meiner Handyverbindung und jede IP einer aufgerufenen Webseite erzählt zum Bewegungsprofil, kombiniert mehr über mich als Facebook weiß. Metadaten geben in der Korrelation ihrer einzelnen Informationen inhaltliche Merkmale preis ohne inhaltliche Texte erfassen zu müssen. Es geht hier nicht um einzelne Profile in staatsanwaltlich angeordneter und richterlich bestätigter Verdachtsüberwachungen, nein, Vorratsdatenspeicherung ist nicht weniger als das Ansammeln aller Kommunikationsdaten aller. Uff, „du bist Terrorist“ – zumindest grundsätzlich in anlasslosem Verdacht. Da sollte es einem schon grausen, wenn Drohnen-Militärs gestehen „we kill people based on metadata“ (Andre Meisters von netzpolitik.org in seinem #rp15-Beitrag).

Gerade nach den Berichten von Edward Snowden und den jüngst bekannt gewordenen Verwicklungen der Nachrichtendienste muss man faktisch befürchten, dass eine aufgeschriebene Verfassung alleine nicht vor Macht- und Datenmissbrauch schützt. Klar, in Friedenszeiten einer Demokratie kann es ganz so schlimm nicht werden, aber was passiert in anderen Macht- und Konfliktsituationen? Und: Keine Datenbank ist unhackbar. Die Vorratsdatenspeicherung ist ein Werkzeug zur Totalüberwachung, nicht zur Straftatvereitelung. Das aufrichtig interpretierte Grundgesetz gebietet auf die technischen Möglichkeiten der Überwachung zum Erhalt der Freiheit zu verzichten. Die Unversehrtheit der Privatsphäre ist schon lange brüchig, das berechtigt aber nicht persönlich entschiedene Freigaben von Social Media-Einträgen mit einer staatlichen Erfassung meiner Netze zu deckeln. Hier ist der feine Unterschied im Kontrollverlust festzumachen und gleichwohl in der Medienpädagogik ergänzend zu Cryptopartys und Mahnwachen zur Datenarmut aufzugreifen: Die Macht der Daten in der Hand der Mächtigen ist ein Umstand der Geschichte umwirft. Ich schaue mir gleich nochmal fast unerfasst auf YouTube (www.youtube.com/watch? v=kSZ5sxDfVFY) ein vorgetragenes Gedicht des Kabarettisten Wilfried Schmickler an. Es endet mit der zusammenfassenden Zeile „wer wo mit wem warum und wann, das geht euch einen Scheißdreck an!“


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