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Klaus Dreyer: Social Networking für Fortgeschrittene – oder nicht?

Erinnern Sie sich noch an Google plus? Sie wissen schon, dieses wirklich spannende soziale Netzwerk, das trotz Beta-Phase und Einladungszwang schon nach ein paar Wochen zehn Millionen Nutzerinnen und Nutzer hatte und dann gleich 25? Und das sich ja eigentlich Google+ schreibt? Ach, Sie sind Facebook-Nutzer … Dann erkläre ich das nochmal: Also, erst mal können Sie Ihre sozialen Kontakte endlich in Gruppen organisieren und müssen nicht allen alles erzählen, das ist viel näher dran am wirklichen Leben als diese angeblichen Freunde – und dabei können Sie eben steuern, wer was erfährt und das ist doch … Ach, sie sind gar nicht sozial vernetzt? Wie geht das denn? Na, das werden Sie selbst ja am besten wissen.

Ich fange also nochmal von ganz vorn an: Da hatte mal ein Student die Idee, dass er ein Bewertungssystem für Studierende seiner Uni programmieren könnte – obwohl, die Geschichte wird ja ganz unterschiedlich erzählt. Aber wie dem auch sei: Das Ding heißt Facebook und mittlerweile sind knapp 700 Millionen Leute dabei – also bis Google plus soweit ist, kann es noch eine Weile dauern und das relativiert natürlich auch den Hype etwas. Jedenfalls, auch wenn Sie nicht sozial vernetzt sind, dann müssen Sie zumindest wissen, dass Sie bei Google plus einerseits schreiben können, was Sie gerade tun oder was Sie gelesen haben oder, wenn Sie Google plus auf Ihrem Handy nutzen – ach, Sie haben gar kein Smartphone und telefonieren nur oder schicken gerade mal eine SMS? Also, dann stellen Sie sich einfach mal vor, Sie hätten eins. Oder noch einfacher: Sie nutzen Google plus eben ganz normal von ihrem Computer aus. Dann schreiben Sie eben nichts Aktuelles von der Tagung, auf der Sie gerade sind, sondern setzen sich hinterher hin und schreiben es allen auf, die Sie kennen – und das besondere bei Google plus ist nun eben, dass Sie es eben nicht allen … Warum Sie das aufschreiben sollen?

Es können eben nicht alle auf jeder Tagung sein, das wäre ja auch gar nicht zu managen. Und außerdem gibt es vielleicht Leute, die wollen genau von Ihnen wissen, wie die Tagung war. Denen können Sie das ja auch persönlich erzählen, sagen Sie? Das Neue bei Google plus ist aber gerade, dass Sie genau auswählen können, wem …Wie, bei Google fällt Ihnen nur „Datensammler“ ein? Nun ja, das ist ja einerseits wahr. … Aber das Besondere von Google plus ist ja gerade, dass sie diesmal versuchen, alles richtig zu machen: Privatsphären-Einstellungen, die jeder versteht und – übrigens, glauben Sie tatsächlich, dass es alle diese Personen wirklich gibt? Vielleicht die Top 100 der Google-plus-Autoren, diese ganzen Profilneurotiker, die jeden ihrer Atemzüge der ganzen Welt mitteilen müssen. Aber glauben Sie tatsächlich, dass es „Klaus Dreyer“ gibt, nur weil er hier drunter steht und über Google plus erreichbar ist? Also ich glaube, wenn Sie wirklich Medienpädagoge sind, dann haben Sie beim Thema Identität im Netz wirklich Nachholbedarf … Aber das ist ja ein ganz anderer Diskurs.


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