Klausegger, Isabella (2009). HipHop als subversive Kraft. Zur Konzeption von Machtverhältnissen und deren Dynamik in den Cultural Studies, Wien: Löcker Verlag, 319 S., 24,80 €.
HipHop wissenschaftlich bearbeiten
Mit einem anregenden, aufschlussreichen und zur Lektüre motivierenden Titel für die dann folgende Studie setzt Isabella Klausegger an ihre Arbeit selbst hohe Maßstäbe. Leider wird sie ihnen trotz eines ausgedehnten Texts schließlich nicht gerecht. Die Argumentation kommt zu weitschweifig, zu unfokussiert und zu ungenau daher, als dass man nach der Lektüre den Eindruck gewonnen hätte, über das Phänomen HipHop wissenschaftlich mehr erfahren zu haben. Zwar bettet die Autorin ihre Frage in den derzeit gängigen Diskurs um Jugend und Jugendkulturen, Popularkulturen und Kommerzialisierung durchaus ein. Aber bereits das Motto ihres Buchs verrät ihre normative Position („Ein Tribut an den HipHop”, S. 13).
Im Verlauf der Lektüre beschleicht die Leserin bzw. den Leser dann gelegentlich ein irritierendes Gefühl: Isabella Klausegger trennt nicht zwischen Deskription und Rezeption, Analyse, Verarbeitung und Diskussion sowie Interpretation und Folgerung. Sie unterscheidet ebensowenig einen wissenschaftlichen Duktus von unkritischem, szenenahem Slang. Damit macht sie sich in problematischer Art und Weise gemein mit den zu beschreibenden, den zu analysierenden Sachverhalten. Sie offenbart demzufolge zu ihrem Gegenstand unzureichende Distanz. Dies trübt zwar ihr Urteil, erlaubt jedoch einen engagierten Duktus. Der oft flapsige Sprachstil, anbiedernd-distanzlos und die vielen zu ungenau gefassten Begriffe tragen nicht zur Qualität der Arbeit bei. In der Arbeit fehlen überdies quellenkritische Anmerkungen, was die Beliebigkeit von Quellen und deren unkritische Indienstnahme zur Folge hat.
Gegenüber einem Thema, das eine systematische Betrachtung durchaus benötigen würde, weil es ja darum geht, dem vielfältigen Material gerecht zu werden, es zu ordnen, seine Implikate sichtbar zu machen, erscheint die Autorin über weite Strecken hilflos. Darum häufen sich Wiederholungen und Überschneidungen. Das Fazit am Schluss der Arbeit fällt mit gerade mal zwei Seiten zu kurz aus. Wie geht die Autorin vor? Nach der Einleitung und der Einbettung der Fragestellung widmet sich Isabella Klausegger im dritten Teil den Cultural Studies als einem Forschungsparadigma, diskutiert dann Macht und Machtverhältnisse, bevor sie im fünften Abschnitt den Wurzeln des HipHop in den USA nachgeht und schließlich beim HipHop in Deutschland und Österreich landet. Ein umfangreicher Anmerkungsteil, das Literatur- und das Videoverzeichnis folgen dem knappen Résumée.
Dieser Band ist jenen Leserinnen und Lesern zu empfehlen, die über den Charakter des HipHop mehr erfahren möchten, nicht aber jenen, welche eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem HipHop (und ganz besonders: mit dem HipHop als subversiver Kraft) erwarten. Um diesem Anspruch zu genügen, hätte die Autorin eine weit vertieftere Syntheseleistung zu vollbringen gehabt. Die Argumentationsdichte hätte höher sein müssen. Die Argumentation wäre an vielen Stellen erheblich zu vertiefen gewesen. Insofern verweist diese Dissertation zwar auf die Produktivität einer phänomenologischen Herangehensweise, welche zwar auf der deskriptiven Ebene genügt, die analytischen Aspekte jedoch zu wenig berührt und, was die Folgerungen, die Schlüsse und die Synthese betrifft, deutlich zu wünschen übrig lässt.
Hans-Ulrich Grunder
Zurück