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Kupser, Thomas/Pöttinger, Ida (Hrsg.) (2011). Mediale Brücken. Generationen im Dialog durch aktive Medienarbeit. München: kopaed, 271 S., 18,80 €

Gebrauchsanweisung für intergeneratives Arbeiten

Teilhabe an Gesellschaft heißt zunehmend auch, durch und mit Medien zu partizipieren. Trotz Erfahrungen mit voranschreitender Digitalisierung, zum Beispiel in Arbeitsprozessen, nutzen Ältere digitale Medien im Alltag deutlich weniger als junge Menschen. Als „digital immigrants“ sind für sie Internet, Social Media und andere Neuerungen nicht so selbstverständlich wie für die „digital natives“, die damit groß geworden sind. Dabei bieten Medien Handlungsoptionen für jedes Alter und können besonders in der Dialogförderung zwischen den Generationen eine katalytische Wirkung haben. Ältere lesen zunächst Gebrauchsanweisungen, Jüngere hingegen legen einfach los und versuchen durch Ausprobieren die Dinge zum Laufen zu bringen – dies ist eine Erkenntnis aus dem Medienprojekt Generationen im Dialog. Von Januar 2010 bis Juni 2011 hat das JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis (München) in Kooperation mit dem Medienzentrum Parabol (Nürnberg) in elf Praxisprojekten erprobt, wie aktive Medienarbeit unterschiedliche Generationen zusammenbringen kann. Zum Abschluss ist nun mit dem Band Mediale Brücken. Generationen im Dialog durch aktive Medienarbeit nicht nur ein Projektrückblick, sondern vielmehr eine Gebrauchsanweisung für intergenerationelle (Medien-)Projekte erschienen, die wenig mit technischer Prosa gemeinsam hat und ausdrücklich zur Nachahmung einlädt.

Das anschauliche Glossar von Elisabeth Jäcklein-Kreis, das dem Buch vorangestellt ist, macht Lust auf mehr und weckt Interesse – nicht nur bei Leserinnen und Lesern, die bis jetzt nur medien- oder aber auch nur generationenspezifische Kulturarbeit kannten. Spezialbegriffe aus beiden Bereichen werden nicht nur erläutert, sondern direkt in den Kontext des Projektes gesetzt. Kurt Lüscher eröffnet mit seinem Text über die Ambivalenzen von Generationenbeziehungen den Theorieteil des Buches. Generationenprojekte haben für Lüscher immer auch das Potenzial, Bildungsprojekte zu sein. Er kommt zu dem Schluss, dass ein sozial kreativer Umgang mit den Interessen, Widersprüchen und Spannungsfeldern, denen jede Generation ausgesetzt ist, Generationensolidarität begünstigen kann. Bernd Schorb setzt sich in seinem Beitrag mit der Medienkompetenz im höheren Lebensalter auseinander, die durch die ubiquitäre Digitalisierung Entwicklungsbedarf hat. Die wachsende Forderung nach Artikulationsforen für den älteren Teil der Bevölkerung ist für Schorb auch ein Zeichen für ein sich wandelndes, weniger von Defiziten bestimmtes Altersbild. Medien sind für Ältere wie auch für Jüngere nicht nur Botschaftsträger, sondern bieten auch Interaktionsmöglichkeiten. Die wachsende Medienaneignung durch Ältere, so Schorb, wird zu einem steigenden Bedarf von adäquater Medienkompetenzvermittlung führen, die eng am Lebens- und Wissenshorizont Älterer gestaltet werden sollte. E

in Beispiel dazu ist die aktive Medienarbeit, die Günther Anfang und Kathrin Demmler in ihrem Beitrag erläutern. Die Veröffentlichung eigener medialer Produkte und die darüber zustande kommenden Kontaktaufnahmen mit anderen Menschen sind dabei die Grundlagen dieser pädagogischen Methode. Gemeinsam wird in einem Gruppenprozess ein Standpunkt zu einem Thema erarbeitet, der im Team nach dem Prinzip des handelnden Lernens und mit Hilfe der bereitgestellten Medien erarbeitet wird. Die Leitung des Projektes Generationen im Dialog hatten Thomas Kupser und Ida Pöttinger inne. Sie sind auch Herausgeber des vorliegenden Buches und eröffnen selbst den Projektteil des Bandes mit der Erläuterung ihres Konzepts sowie der Grundlagen des Medienprojektes. Der Dialog auf Augenhöhe stand hier im Mittelpunkt. Ältere und Jüngere sollten sich nicht gegenseitig etwas beibringen, sondern gleichberechtigt gemeinsam eine Aufgabe oder ein Thema bearbeiten. Dass dabei auch Wissen und Fertigkeiten zwischen den Generationen ausgetauscht werden, zeigen die Potenziale des Lernens voneinander. Die ausführlichen Projektbeschreibungen sind angereichert mit praxisnahen Tipps zur intergenerationellen Medienarbeit. Neben Gruppenmethoden und Ideen für die aktive Medienarbeit werden Beispiele für Zeitpläne und Erfahrungen mit den Dynamiken, die sich zwischen und innerhalb der Generationen entwickeln können, ausführlich beschrieben. Im Reflexionskapitel legen Susanne Eggert und Peter Gerlicher die Ergebnisse ihrer wissenschaftlichen Begleitung von Generationen im Dialog dar und zeigen, warum ein Austausch auf Augenhöhe oft, aber nicht immer funktioniert hat. Thomas Kupser gibt zum Abschluss noch zahlreiche Hinweise für die Planung eigener intergenerationeller Medienprojekte.

Das Buch zeigt, intergenerationelle Projekte sollten mehr als eine aktuelle Mode sein, denn sie tragen zu einem nachhaltigen Dialog der Generationen bei. Und Gebrauchsanweisungen können auch so geschrieben sein, dass Tatendrang in allen Generationen nicht ausgebremst, sondern verstärkt wird – dies belegt diese lesenswerte und schön gestaltete Publikation.


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