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Lutz, Klaus/Struckmeyer, Kati (Hrsg.) (2010). erzählkultur. Sprachkompetenzförderung durch aktive Medienarbeit. Materialien zur Medienpädagogik Band 9, München: kopaed. 140 S., 15,00 €

Los, rede schon!

„Ich fand’s schön, dass ich gesprochen hab“ (S. 55). Sobald Kinder die ersten Wörter sprechen können, hören sie damit oft gar nicht mehr auf – und das ist auch gut so. Sprache ist eines der wichtigsten und universalsten Kulturgüter, das wir haben und eines der ersten, das wir uns in unserem Lebenslauf aneignen. Sprache hilft uns, unsere Umwelt zu erfassen und zu verstehen, sie ermöglicht es, Zusammenhänge zu durchblicken und eigene Ideen und Vorstellungen zu formulieren und schließlich ist Sprache der Schlüssel zu Wissen, Bildung und Kommunikation und somit ein unschätzbares Hilfsmittel zur Lebensbewältigung. Dennoch kann sich nicht jedes Kind dieses Gut gleichermaßen problemlos aneignen, nicht alle haben die Chance, eine Sprache so zu erlernen, dass sie sich ihrer sicher bedienen und sich mit ihr die Welt erschließen können, sei dies nun, weil sie zu Hause wenig Sprechanlässe geboten bekommen, weil ihnen der Spracherwerb schwerer fällt als anderen oder weil sie nicht im Land ihrer Muttersprache leben.

Damit unabhängig von ihren Voraussetzungen alle Kinder die Chance haben, Sprache kennen zu lernen, zu erfahren und sich anzueignen, gibt es Projekte wie erzählkultur, das seit mehr als zwei Jahren Kindergärten und Grundschulen besucht, um dort „Sprachkompetenzförderung durch aktive Medienarbeit“ zu betreiben. Und weil dieses Projekt so gut ist, wurde es 2009 mit dem Dieter Baacke-Preis für medienpädagogische Projekte ausgezeichnet und 2010 als Buch verpackt veröffentlicht, damit Pädagoginnen und Pädagogen, Erziehende und vor allem natürlich Kinder auch dort von den Projektideen profitieren können, wo die durchführenden Organisationen – das JFF – Institut für Medienpädagogik in München und das Parabol Medienzentrum Nürnberg – nicht hinkommen. Das 135 Seiten starke Werk aus dem kopaed Verlag bietet interessierten Leserinnen und Lesern aus der pädagogischen und erzieherischen Praxis dabei einen umfassenden Einblick in die erzählkultur. In einem ersten, theoretischen Teil wird ausführlich Fachwissen geboten, das hinter den Projektideen steht und diese begründet. Hier schreibt etwa Helga Theunert, wie Medien als Mittel zur Artikulation und Medienkompetenz eingesetzt werden können, Dieter Spanhel erklärt die Sprachentwicklung in der Kindheit (mit Medien), Gundula List gibt einen Einblick in die Entwicklung narrativer Kompetenz und Günther Anfang und Kathrin Demmler erläutern das Konzept der ganzheitlichen Medienpädagogik, das den Projekten zu Grunde liegt. Den Schluss macht ein Text von Petra Best über Sprache in der Medienarbeit, bevor die Leserin bzw. der Leser bestens informiert zum größeren, praktischen Teil des Buches blättern darf.Hier werden zahlreiche Projektideen und -rezepte vorgestellt, dankbarerweise übersichtlich sortiert in drei Altersgruppen (kleine Kinder von drei bis fünf Jahren, Vorschulkinder von fünf bis sechs Jahren und Grundschulkinder von sieben bis zehn Jahren).

Pro Altersgruppe kann man sich noch aussuchen, ob man Foto-, Audio-, Video- oder Multimedia haben möchte und schon landet man beim gewünschten Projekt. Das ist dann übersichtlich vorgestellt per kurzem Steckbrief mit Projektname, -inhalt, -dauer, benötigter technischer Ausstattung und Gruppengröße. Anschließend werden die pädagogische Zielsetzung sowie der genaue Projektablauf ausführlich vorgestellt und Tipps zum Nachmachen gegeben. So bekommen Erzieher, Lehrerinnen, Betreuer, Sozialarbeiterinnen und alle anderen ganz schnell die nötigen Informationen und Ideen an die Hand, um Projekte wie selbst gedrehte Trickfilme oder Schiebetrickfilme, Hörspiele, Multimedia-Lexika, Webradios oder Audio-Zeitungen mit ‚ihren‘ Kindern selbst durchzuführen. Da alle Projekte bereits erprobt sind, stehen auch keine unliebsamen Überraschungen bei der Umsetzung ins Haus. Zu guter Letzt bietet das Buch noch ein „Handout“ bzw. eine ausführliche Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Trickfilmproduktion, so dass auch wirklich nichts mehr schief gehen kann.

Es gibt also keine Ausreden mehr: Mit erzählkultur liegt ein übersichtliches und praktisches Handbuch vor, das es ermöglicht, in jedem Kindergarten, Hort et cetera ausführlich Sprachkompetenz zu fördern. Zwar werden praktische Anwenderinnen und Anwender sich nicht unbedingt lange in den theoretischen Teil des Buches vertiefen wollen, interessant ist er aber dennoch und schließlich geht schon ab Seite 64 der praktische Teil los, der jeder pädagogischen Einrichtung empfohlen sein kann, denn schließlich gilt: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“ (Ludwig Wittgenstein). Und die sollte man doch auch den jüngsten Sprechenden schon so weit wie möglich gestalten.


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