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nachgefragt Falk Lüke, Referent für Verbraucherrechte in der digitalen Welt beim Verbraucherzentrale Bundesverband

Heute kann man sich kaum mehr vorstellen, auf das Internet zu verzichten. Online einkaufen, sich mit Freundinnen und Freunden austauschen, Bankgeschäfte erledigen – das Internet erleichtert vieles. Doch bei allen Erleichterungen stellt sich auch immer wieder die Frage nach dem Schutz derInternetnutzerinnen und -nutzer. Bleibt man etwa bei einem Einkauf im Supermarkt meist anonym, so werden beim gleichen Vorgang im Netz persönliche Daten abgefragt und gespeichert. Wie können sich Verbraucherinnen und Verbraucher online schützen? Was lässt sich seitens der Nutzerinnen und Nutzer in Sachen Datenschutz und Urheberrecht gegen das Vorgehen der Onlineanbieter tun? Falk Lüke vom Verbraucherzentrale Bundesverband befasst sich mit diesen und ähnlichen Fragen. In merz schildert er, wo im Internet die Herausforderungen für den Verbraucherschutz liegen, was sich bei den sozialen Netzwerken in Sachen Datenschutz tut und wo aktuell die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher geschützt werden müssen.

merz Was macht ein „Referent für Verbraucherrechtein der digitalen Welt“ beim VerbraucherzentraleBundesverband eigentlich? Können Sie uns Ihre Aufgaben und Arbeitsfelder kurz schildern und erklären?

Lüke Das ist gar nicht so schwer zu beantworten, wie es im ersten Moment scheint. Zwar ist es fast unmöglich, die digitale von der analogen Welt zu trennen, da beide Bereiche mit und ineinander verknüpft sind. Aber grundsätzlichbeschäftigen wir uns mit allen Bereichen, in denen das Internet verbraucherrelevante Veränderungen entweder selbst zeitigt oder sie aufzeigt. Das heißt, dass wir uns zum Beispiel Anbieter und bestimmte Dienstleistungen, aber auch neue technische Entwicklungen genauer anschauen und auf ihre Bedeutung für die Verbraucherinnen und Verbraucher analysieren und gegebenenfalls auch mit den uns zurVerfügung stehenden Mitteln, also in erster Linie Aufklärung und Rechtsinstrumenten wie Klagen, für die Verbraucherinnen und Verbraucher tätig werden. Wir lassen uns dafür auch von Verbraucherinnen und Verbrauchern auf unserer Internetseite www.surfer-haben-rechte.de über schwarze Schafe informieren.

merz Das Projekt Surfer haben Rechte vertritt schon mit dem Namen eine klare Position. Sind die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern im Internet so klar geregelt? Wo gibt es Herausforderungen?

Lüke Immer wieder hört man den Satz, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sein dürfe. Dieser Satz ist so griffig wie grundfalsch: Das Internet ist noch nie ein rechtsfreier Raum gewesen und ist es auch heute nicht. Aber manche Anbieter im Internet verhalten sich nichtsdestotrotzgenau so. Und deshalb ist es so wichtig, ihnen klar aufzuzeigen, dass nicht alles, was technisch vielleicht möglich wäre, auch tatsächlich zulässig ist. Es gibt ja eine sehr lange Historie von Verbraucherrecht und das findet auch im Internet Anwendung.

merz Mediale Aufmerksamkeit erreichten dievom Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. imJuli 2009 angestrengten Abmahnungen gegen Klauseln in den Geschäftsbedingungen von großen Sozialen Netzwerk-Diensten auf dem deutschen Markt. Hat sich in der Folge tatsächlich etwas getan?

Lüke Die abgemahnten Netzwerke, darunter auch zwei Anbieter aus den USA, haben allesamt Unterlassungserklärungen abgegeben, das heißt, dass sie nun die beanstandeten Klauseln ändern mussten. Ob und in wie weit das bereits wirklich geschehen ist, prüfen wir derzeit. Sollten manche Anbieter ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sein, werden wir vor Gericht gehen müssen.

merz Wo sehen Sie aktuell Bereiche, in denen Verbraucherrechte in der digitalen Welt verteidigt werden müssen?

Lüke Neue Herausforderungen sind insbesondereim Bereich Datenschutz entstanden, das war in der rein analogen Welt noch sehr viel einfacher als heute. Speicherplatz kostet fast nichts mehr, so dass viele nach dem Motto ‚viel hilft viel’ agieren und über Verbraucherinnen und Verbraucher alles Mögliche speichern und verarbeiten.Aber auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel dem Urheberrecht, gibt es neue Herausforderungen. Hier haben die Anbieter lange versucht, die Zeit anzuhalten und ihre bisherigen Geschäftsmodelle in der gleichen Form weiter zu betreiben, mit mäßigem Erfolg. Sie haben auf Modelle gesetzt, die die Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber der analogen Welt maßgeblich benachteiligen und diese reagierten mit vollkommener Missachtung der Rechte der Urheberinnen und Urheber. Heute können Sie zwar für tausende Euro Musik im Internet erwerben – aber sie dürfen und können sie dann im Regelfall nicht einfach weiterverkaufen, auch wenn sie sie bei sich löschen. Das ist im Vergleich zur analogen Welt ein ganz großer Nachteil undden Verbraucherinnen und Verbrauchern auch so gut wie nicht zu erklären. Auch der Bereich der Anonymität ist einer, der im Internet nach wie vor sehr problematisch ist. Wenn Sie im normalen Leben Musik erwerben wollen, gehen Sie in einen Laden und bezahlen bar, sie bleiben während des gesamten Kaufvorgangs anonym. Im Internet wird viel zu oft viel zu viel von Ihnen verlangt. Wenn Sie ein MP3 oder einen Film bezahlen und herunterladen, wird dort im Regelfall durch sogenannte Wasserzeichen in der Datei vermerkt, wer diese Datei erworben hat, sie müssen viele Daten über sich Preis geben. Das ist aber nur ein Teil der Dinge, bei denen für die Verbraucher im Digitalen noch längst nicht alles rosig aussieht. Wie die Politik ja auch bereits erkannt hat, verändert das Vorhandensein des Internets die Welt graduell. Und nicht alles, was vorher war, war auch besser. Aber erklärtwerden muss es trotzdem – das ist Teil unserer Aufgabe hier.


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