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Röser, Jutta/Thomas, Tanja/Peil, Corinna (Hrsg.) (2010). Alltag in den Medien – Medien im Alltag. Wiesbaden: VS Verlag. 317 S., 39,95 €.

Medienalltag unter der Lupe

Ob die Zeitung zum Frühstück oder der Abend vor dem Fernseher – Alltag und Medien sind in der heutigen Zeit bei einem Großteil der Menschen untrennbar miteinander verbunden. Und nicht nur das, auch wie der Alltag nach Meinung der Medien ‚normalerweise‘ aussehen sollte und wie er demnach in unzähligen Serien, Filmen oder Reality-Shows dem Publikum vermittelt wird, wirkt sich auf unser Alltagsverständnis aus. Der Sammelband Alltag in den Medien – Medien im Alltag nähert sich seinem Thema daher aus zwei Richtungen: Zum einen werden unterschiedliche mediale Darstellungen von Alltag unter die Lupe genommen, zum anderen wird die Einbettung der Medien in den Alltag betrachtet. Das Sammelwerk beginnt mit dem Thema ‚Alltag in den Medien‘, das unter Bezug auf die drei Aspekte Reality-TV, Geschlechterinszenierungen in Serie und Journalismus genauer bearbeitet wird. So wird im Themenbereich Reality-TV etwa beschrieben, wie das heutzutage sehr populäre Genre Lifestyle-TV seine Zuschauerinnen und Zuschauer verzaubert und auch in Richtung konservativer Stereotype beeinflusst. Auch die Castingshow als viel diskutiertes Format des Reality-TV wird genauer betrachtet: Welche Aushandlungsprozesse vollziehen sich bei Jugendlichen, wenn sie Castingshows sehen? Und welche Auswirkungen haben diese auf den Alltag oder die Alltagswahrnehmung der jungen Leute? Die Autorinnen und Autoren verknüpfen diese Überlegungen mit der Theorie der Cultural Studies und versuchen so theoriegeleitete Ergebnisse und Erklärungsansätze zu erhalten. Als drittes Beispiel stellt ein Beitrag die Alltagsdarstellungen der Realityserie Aktenzeichen XY ... ungelöst vor, die eine sehr plakative Sicht auf Gut und Böse im Alltag vermittelt. Eine weitere Form der medialen Darstellung von Alltag mit Schwerpunkt auf unterschiedlichen Geschlechterinszenierungen finden die Autorinnen und Autoren in den Serien Desperate Housewives und The L Word sowie in der Werbekampagne der Pflegeserie Dove zum Thema „Initiative für wahre Schönheit“.

Mit Hilfe der Cultural Studies, feministischer Theorien sowie Konzepten aus der Kulturgeografie greift der Beitrag „‚Desperate Housewives‘ – Dimensionen weiblichen Alltags“ genau dies heraus: Welches Bild vermitteln die Medien in der Serie vom Alltag der Hausfrauen in vermeintlich idealen amerikanischen Familien? Im Gegensatz dazu befasst sich The L Word mit lesbischen Frauen und ihrem Alltag, vor allem mit den Themen Freundschaft, Liebe, Sexualität und Familie. Diese Serie dient als Beispiel, anhand dessen geklärt wird, in welchen Kontexten lesbische Sexualität im Fernsehen stattfindet und welche Kontexte von Identität und Begehren in der Serie zu diesem Thema gezeigt werden. Der dritte Beitrag in diesem Kapitel befasst sich mit einem sehr weiblichen Phänomen und dem Versuch, diesem entgegenzuwirken – Dem Schönheitsideal in den Medien und den Werbekampagnen von Dove. Auch die Alltagsbezüge im Journalismus werden in zwei Beiträgen thematisiert, wobei zum einen der Einfluss journalistischer Berichterstattung über das Außergewöhnliche auf den Alltag und zum anderen das Potenzial von Alltagsgeschichten für den Journalismus in den Blick gerückt wird.Der zweite Abschnitt des Herausgeberwerks betrachtet das Thema genau aus entgegengesetzter Richtung und nimmt nun die Perspektive des Alltags ein. Dazu stellen sich die Autorinnen und Autoren die Frage, wie Medien in den Alltag eingebunden werden und nehmen sowohl Print und digitale Medien aber auch die Mediennutzung im Kontext von Alltag und Arbeit genauer unter die Lupe. Dazu werden ebenso die Faszination und der Nutzen von Frauenzeitschriften wie von Männermagazinen im Alltag diskutiert und auch über die Bedeutung der Bildzeitung für ihre Leserschaft und deren Alltag nachgedacht.

Als Beispiel für die Nutzung digitaler Medien im Alltag wird etwa aufgezeigt, wie separierende bzw. integrierende Raumarrangements bei der Internetnutzung den Alltag beeinflussen. Mit zwei Beiträgen werfen die Autorinnen und Autoren auch einen Blick in zwei ganz andere Kulturkreise.Hier wird zum einen am Beispiel Hello Kitty der Trend zur Verniedlichung mobiler Kommunikationstechnologien und dessen Einfluss auf die Alltagstauglichkeit dieser Technologien in Japan betrachtet. Zum anderen wird die kommunikative Vernetzung von Migrantinnen und Migranten mittels eines Fallbeispiels verdeutlicht. Im letzten Kapitel des Bandes werden schließlich noch zwei Studien, zum einen zur Mediennutzung von weiblichen Führungskräften und zum anderen zur Mediennutzung Arbeitsloser unter Berücksichtigung des Geschlechts vorgestellt.Dem Herausgeberwerk Alltag in den Medien – Medien im Alltag gelingt eine anschauliche Betrachtung des Themenfeldes rund um Medien und Alltag. Gerade die vielfältigen Beispiele und Sichtweisen auf das Gebiet aus ganz unterschiedlichen Perspektiven ermöglichen einen breiten Überblick über das Thema. Vor allem die durch viele Beispiele sehr praktische Herangehensweise in Verbindung mit ausgewählten theoretischen Konzepten, wie etwa den Cultural Studies oder den Gender Studies regt zum Weiterlesen an und sorgt für eine gute Verständlichkeit der Inhalte.

Zudem fällt es durch die schlüssige Gliederung und die aussagekräftigen Titel der Beiträge leicht, den jeweils passenden Artikel auszuwählen. Auch der übersichtliche Aufbau der einzelnen Beiträge, an dessen Ende sich jeweils ein Fazit befindet, trägt zur guten Lesbarkeit des Sammelbandes bei. Insgesamt gelingt es den Herausgeberinnen, die Leserinnen und Leser zu einem reflektierten Blick auf Alltag und Medien anzuregen.


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