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Scholz, Markus (2010). Presse und Behinderung. Eine qualitative und quantitative Untersuchung. Wiesbaden: VS Verlag. 379 Seiten, 39,90 €.

Unsere Außenwahrnehmung wird stark durch die Pressedarstellung bestimmt, so stellt sich die Frage, wie Journalistinnen und Journalisten und Redaktionen mit dem Thema Behinderung umgehen. Markus Scholz erschließt mit dem Buch Presse und Behinderung einen bisher wenig aufgearbeiteten Forschungsbereich.

Über quantitative Inhaltsanalysen werden Tages- und Boulevardzeitungen sowie Zeitschriften untersucht und mit Ergebnissen und der Vertiefung anhand qualitativer Ergebnisse vervollständigt. Aufschluss liefern dafür unter anderem Artikeldaten und medienrelevante Daten wie die Beitragslänge oder die Art der Beiträge und die Häufigkeit der Medienbeiträge. Themen werden hinsichtlich der grundsätzlichen Verteilung oder ihres Zusammenhangs untersucht. So taucht das Thema Behinderung beispielsweise in der Bild und der Süddeutschen Zeitung am häufigsten im Themenbereich ‚Justiz‘ auf. (vgl. S. 167) Die Analyse der Art der Beiträge liefert unter anderem einen Hinweis darauf, dass die Berichterstattung sowohl in Zeitungen als auch in Zeitschriften stark durch aktuelle Ereignissen bestimmt wird (S. 165).

Markus Scholz stellt sich zudem die Frage danach, welche Arten von Behinderung und welches Verständnis der Berichterstattung zu Grunde liegen. Er untersuchte vergleichend die sozidemografischen Informationen und kann anhand der quantitativen Ergebnisse unter anderem zeigen, dass innerhalb von Zeitungen und Zeitschriften erwähnte Personen im Gesamtbild nicht die realen Gegebenheiten wiederspiegeln (vgl. S. 206).

Ein weiteres Etappenziel war, herauszufinden, ob die zuvor vorgestellten, klassischen Rollenbilder oder Mechanismen innerhalb des jeweiligen Presseerzeugnisses auftauchen. Bei der Interpretation beachtet der Autor hier bewusst die unterschiedlichen Perspektiven: Die Sicht der eingeschränkten Person selber, die journalistische Sicht oder die eines Dritten. (vgl. S. 139-140). Ein wichtiger Aspekt des Erkenntnisinteresses bestand zudem darin, im Vergleich zwischen verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften sowie Arten der Behinderung typische Darstellungsmuster zu identifizieren und Unterschiede festzustellen (vgl. S. 140). Markus Scholz kann durch seine Analysen zeigen, dass den Nutzerinnen und Nutzern ein alles in allem heterogenes Bild von Behinderung vermittelt wird und klischeehafte oder negative Darstellungen nur zum Teil abgebildet werden.

Die Ergebnisse sind in Abhängigkeit der einzelnen Presseerzeugnisse sehr unterschiedlich. Das vermittelte Bild wird häufig durch Leid, Mitgefühl und Mitleid geprägt, das sich jedoch nicht immer als Klischee bei den Rezipienten und Rezipientinnen auswirkt. Die verwendete Sprache und Bezeichnung im Zusammenhang mit Behinderung zeigt jedoch, dass eine intensivere Auseinandersetzung der Journalistinnen und Journalisten mit der Thematik zu Gunsten eines sensiblen Sprachgebrauchs wünschenswert wäre (vgl. S. 309-310). Mit dem explorativen Design aber auch durch die nüchterne Ergebnisdarstellung und Methodenbeschreibung hat Markus Scholz eine Basis geschaffen, auf die in zukünftigen Forschungen zurückgegriffen werden kann.


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