2000/06: Medienwelt und Religion
thema
Manfred L. Pirner: „Möge die Macht der Medien mit dir sein..."
Ein Ziel schulischer Bildung muss sein, die Funktionsmechanismen einer Kultur zu erkennen, wozu als ein zentraler Teil auch das Verständnis für die kulturellen Bedeutung der Medien und ihrer vermittelten Inhalte gehört.
(merz 2000-06, S. 343-347)
Beitrag aus Heft »2000/06: Medienwelt und Religion«
Autor: Manfred L. Pirner
Beitrag als PDFEinzelansichtFrank Matthias Kammel: Das Paradies im Schlussverkauf
Auch wenn das Thema Religion inhaltlich erledigt scheint, kehrt doch die verloren geglaubte Transzendenz in trivialisierter Form in den Alltag zurück.
Nur kurzfristige Mode - oder Verweis auf einen verborgenen Sinn?
(merz 2000-06, S. 348-355)
Beitrag aus Heft »2000/06: Medienwelt und Religion«
Autor: Frank Matthias Kammel
Beitrag als PDFEinzelansichtJoan Kristin Bleicher: Virtualisierung der Transzendenz
Die virtuelle Welt des Cyberspace bietet sich als Wegbegleiter für religiöse Transzendenzvorstellungen an, und immer häufiger nutzen die Kirchen die neuen Möglichkeiten zur medialen religiösen Kommunikation.
(merz 2000-06, S. 356-360)
Beitrag aus Heft »2000/06: Medienwelt und Religion«
Autor: Joan Kristin Bleicher
Beitrag als PDFEinzelansichtRoman Siebertz: Bilder als Instrument der Massenbeeinflussung in der Islamischen Republik Iran
Der Beitrag erzählt von den Traditionen eines islamischen Landes, aus denen heraus die heute noch übliche Bildkultur entstanden ist.
Weltliche Bilder beginnen jedoch immer häufiger, die bisherigen Symbolsysteme zu verdrängen.
(merz 2000-06, S. 363-368)
Beitrag aus Heft »2000/06: Medienwelt und Religion«
Autor: Roman Siebertz
Beitrag als PDFEinzelansichtFi Sinima – Im Kino
„Hörst du?! Das da jetzt – das ist die Angst!“Im Strandcafé von Merkala – es ist Nacht – läuft Pink Floyd, „A Saucerfull of Secrets“.„Die Angst, weißt du, ganz so wie heute nachmittag im Kino. Dort, weißt du, im Nebel der Felder, gleich bevor sie angefangen haben, zu schießen.“„Und das jetzt, Malika, diese Trommel, ganz hinten, ist das das Warten?“„Ja, genau, das Warten.“„Wie gestern im Kino, im Hafen, vor der Ankunft des großen Schiffs?“„Nein! Viel weniger Geduld!“Als in einem Kino in Khartum „Goldfinger“ zu sehen war, war er in seiner ganzen Länge zu sehen. Erst die zweite der vier Spulen, dann das Ende, dann der Anfang, zum Schluß das dritte Viertel. Die Wahrscheinlichkeit, daß die Reihenfolge morgen die gleiche war, beträgt 1:24 oder 0,041666...
Man hat dessen ungeachtet den ganzen Goldfinger wieder gesehen. Das sudanesische Fernsehen zeigt auch hin und wieder den Empfang einer Delegation am Airport in einem Filmbericht, in dem die Bilder rückwärts aus der Röhre kommen, die Gäste rückwärts über den Teppich in Richtung Maschine und rückwärts hinauf über die Treppe schreiten. Die Tür schließt sich, und rückwärts rollt das Flugzeug davon. Die Bewegung, wie das Geschehen im ganzen, bleibt dieselbe. Sie gibt rückwärts nicht weniger zu erkennen als vorwärts, auch die Leibhaftigkeit der Akteure läßt nicht nach. Der Airport war schon öfters zu sehen, und so sind sie es und ihre Staffage, was interessiert. Wie sind sie gekleidet und geputzt, wie bewegen, begegnen sie sich, wie gehen sie miteinander um? Ahmed, der marokkanische Held von Driss Ben Hamed Charhadis „Leben voller Fallgruben“, kommt aus dem Kino und sagt, er habe den Pferden zugeschaut. Vorgestern den Autos. In den Western mit John Wayne geht Malika sich den Wilden Westen und seine Gepflogenheiten anschauen, im Monumentalschmöker über den Boxeraufstand sieht sie China, und Kurosawa zeigt ihr Japan. Währenddem zeigt sich die Leinwand in Tanger, hinter dem schweren roten Vorhang, dem Besucher nie.(merz 2000-06, S. 369-370)
medienreport
Margret Köhler: Schicksalsgeschichten für ein junges Publikum
Nach Tom Tykwers magischem Liebesfilm „Der Krieger und die Kaiserin“, Detlev Bucks bissiger Provinz-Komödie „LiebesLuder“, den Regiedebuts „Vergiss Amerika“ über zerplatzte Jugendträume in Ostdeutschland von Vanessa Jopps und Miguel Alexandres „Gran Paradiso“, einer psychologisch fein gesponnenen Geschichte über Freundschaft und Solidarität, kommen jetzt vier Erstlingswerke ins Kino, die vor allem ein jugendliches Publikum ansprechen.Nicht mehr die schicken Yuppies in den Lofts stehen im Vordergrund, sondern Menschen, die vom Schicksal nicht gerade verwöhnt werden und sich dennoch wieder aufrappeln.„Der Himmel kann warten“Brigitte Müller erzählt in ihrem ersten Kinofilm von Freundschaft und Tod, startet einen heiter-melancholischen Ausflug in die Welt der Standup-Comedy. Da gibt es sie noch die jugendlichen Leinwandhelden, die man einfach mag, die einen ganzen Satz formulieren können und auch über einen Wortschatz verfügen, der über „krass“ und „knallen“ hinausgeht. Zwei Figuren dieser liebenswerten Spezies stehen hier im Mittelpunkt - der stille, selbstlose Alex, der unter Krebs leidet und dem als Kind das Bein amputiert wurde, und der laute, selbstbewusste Paul, der Frauen aufreißt und naiv-fröhlich durchs Hier und Jetzt stolpert. Die Freunde teilen den gemeinsamen Traum von einer Karriere als Komiker, ein Sieg in der Endausscheidung des Talentwettbewerbs könnte das Sprungbrett zur Spitze sein. Die Zeit läuft: In zwei Wochen müssen sie ihre Acts perfektionieren, um das Publikum zu fesseln. Sie gehen die Sache gemeinsam an. Aber bis zum Abend der Entscheidung passiert noch viel. Während Axel damit fertig werden muss, dass er dem Tode nahe ist, rackert sich Paul mit einer tragikomischen Huhn-Nummer seines amerikanischen Vorbildes Patterson ab, bei der das Testpublikum aber nicht wie gewünscht reagiert. Auch sein Versuch, die spröde Barfrau zu becircen, endet erst einmal erfolglos. Um den Frust zu bewältigen, lädt er den Freund zum Frühstück nach Paris ein, doch der Trip endet bei Halligalli in einem Autobahn-Imbiss.
Als Paul am nächsten Morgen aufwacht, ist Axel schon auf dem Weg nach Los Angeles, um den legendären Patterson ausfindig zu machen. Was trotz aller amüsanten Komplikationen auch gelingt. Ein überglücklicher Paul lässt sich vom Idol das Geheimnis der Huhn-Nummer verraten: nur wer echte Trauer empfinden kann, erzielt Glaubwürdigkeit. Aber woher soll jemand, dessen größtes Unglück es war, den Lieblingsmagneten zu verlieren, zu solchen Gefühlen fähig sein? Zurück in Deutschland überstürzen sich die Ereignisse. Subtil nimmt Brigitte Müller, bisher vor allem als Autorin von Serien wie „Für alle Stefanie“ oder „Freunde fürs Leben“ bekannt, die Freundschaft zwischen den jungen Männern unter die Lupe, aber auch die tiefe Einsamkeit und Verzweiflung eines jungen Mannes, der weiss, dass er seine Wünsche nicht mehr verwirklichen kann. Als Alex erstmals weibliche Zärtlichkeit spürt, ahnt man die Unfassbarkeit seines Glücks. Und wenn er erfährt, dass die große Liebe eine von Paul gekaufte Hure war, leidet man mit ihm. Es sind die kleinen berührenden Momente, die den Charme dieses Buddy-Movies mit überraschendem Ende ausmachen und Schwächen (wie die überflüssigen Hollywood-Sequenzen und den sentimentalen Soundtrack) vergessen lassen.„Schule“Für den erst 25-jährigen Marco Petry wurde ein Traum wahr - er konnte seinen ersten abendfüllenden Spielfilm unter den Fittichen der Produzentin Uschi Reich und von Axel Block (Co-Regie und Kamera) realisieren. Eine Gruppe von Schülern steht kurz vor dem Abitur und macht innerhalb von 24 Stunden einen Crash-Kurs in Sachen Lebens- und Liebeserfahrung. Der Tag beginnt für den 18-jährigen Markus nicht gut, nachdem morgens um Sieben schon seine jüngere Freundin Sandra ihn per Radio dröhnend als „süßen Schnubbi“ grüßen lässt und er sich ob des Kosenamens in seiner Männlichkeit gekränkt fühlt. In der „Schule“ treffen nach und nach die schlappen Protagonisten ein: Nach Markus und Sandra deren ältere Schwester Melanie und ihr Freund André, der sie ständig betrügt, die gutmütige Teresa, die sich wie Mutter Theresa rührend um den rund um die Uhr bekifften Steven kümmert, der pingelige Oberstreber Karbrüggen, der Dirk bei der Matheklausur aus der Patsche hilft (und dafür mit auf die Party am See darf) und noch zwei passionierte Videofilmer, die mit der Kamera überall auftauchen. Den Part des notwendigen bösen Außenseiters übernimmt Möchtegern-Macho Stone, der vor Jahren von der Schule flog und jedem Rock hinterherläuft, je jünger, desto besser.
Das bunte Trüppchen, darunter ausdrucksstarke Nachwuchsschauspieler wie Axel Stein und Sebastian Kroehnert, macht so allerhand durch - man legt sich mit Lehrern und Polizisten an, empfindet das berühmte Kribbeln im Bauch und weiß nicht so recht, was es bedeutet, durchlebt Eifersucht und Liebeskummer, schaut zu tief ins Glas und lässt den Joint kreisen, wartet auf das große Glück und bekommt nur einen kleinen Vorgeschmack davon. Und wenn sich dann alle im Morgengrauen nach einer Nacht der Überraschungen an der Schule treffen, ahnen sie die Vergänglichkeit unbeschwerter Jugend. „Mit guter Laune Melancholie erzeugen“ will Marco Petri, der fünf Jahre am Drehbuch bastelte. Irgendwo zwischen „Harte Jungs“ und „Crazy“ ist sein Filmdebut einzuordnen, das mit einer gewissen Unbekümmertheit realisiert wurde. Die Lehrer erinnern zwar an schlimmste Pauker-Klischees und Relikte aus den 50er Jahren, aber welcher Schüler freut sich nicht am überzeichneten ‘Feindbild’? Spät, aber nicht zu spät, gewinnt der episodenhafte Reigen an Fahrt, bekommen einige der typisierten Figuren Kontur, werden zu sympathischen Buddies. „Schule“ will nicht mehr sein als ein Samstagabend-Popcorn-Movie - die deutsche Antwort auf „American Pie“.„alaska.de“Nicht das jugendliche Biotop einer Kleinstadt, sondern die verlorenen Kids der Großstadt sind Sujet von Esther Gronenborns hartem Berlin-Film „alaska.de“. In beeindruckenden Bildern fängt sie die soziale Kälte ein, in der Jugendliche in den Häuserblocks am Rande der Metropole leben. Die 16-jährige Sabine ist ein typisches Scheidungskind. Nachdem sie mit dem Freund der Mutter ständig aneinander gerät, zieht sie zu ihrem Vater in eine Plattenbausiedlung vor Berlin. Bald lernt sie den 17-jährigen Eddi und seine Kumpels kennen, darunter auch Micha, der gerade auf Bewährung ist, aber wegen seiner Volljährigkeit kein Fall mehr für den „Eiapopeia-Jugendknast“ ist, wie es ein Polizist formuliert.
Als die Jungs bei einem Streetballspiel von einem Gleichaltrigen gestört werden, entsteht eine Keilerei, in deren Verlauf Eddi plötzlich ein Messer in der Hand hat und den Angreifer, der mit einem Mülleimer auf Micha einschlägt, ersticht. Auf der Flucht begegnen sie Sabine. Aus Angst, dass das Mädchen sie verrät, soll Eddi sie auskundschaften, dabei verliebt er sich in sie. Doch in dieser Umgebung haben Gefühle keine Chance, es kommt zur Katastrophe. „Der Film hatte nicht nur das Ziel, sich sehr nah an der Welt der Jugendlichen zu orientieren, sondern die Geschichte sollte ganz stark auf die Persönlichkeit und die Erfahrungen der Darsteller eingehen“ beschreibt die Regisseurin ihre Intention. Die Idee enstand bei Dreharbeiten zu einem Musikvideo, das von Gewalt an Schulen handelte. Dabei lernte Gronenborn Cliquen aus Lichtenberg und Potsdam kennen, ganz normale Jugendliche aus dem Milieu wurden für „alaska.de“ gecastet, das Drehbuch sogar auf sie hingeschrieben. Nachdem die Besetzung stand, fuhr man an die Ostsee - nicht nur wegen Schauspielübungen oder Annäherung an die Handlung, sondern auch, um ein Gruppengefühl zu entwickeln. Die Kids erhielten kein Drehbuch, die Szenen wurden erst beim Drehen besprochen, dabei war Improvisation Trumpf. Das visuelle Konzept mit wackeliger Kamera und grobkörnigen Bildern soll auf die Sehgewohnheiten Jugendlicher verweisen.Auch wenn manchmal die Kreuzung von Künstlichkeit und Realismus nicht befriedigt, so ist doch anzuerkennen, dass sich die Absolventin der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film an ein aktuelles und brisantes Thema wagte.„Sumo Bruno“In Anlehnung an eine wahre Begebenheit schildert Lenard Fritz Krawinkel das Schicksal vom 200 Kilo schweren Bruno Nestroy (Hakan Orbeyi).
Der ehemalige Schrankenwärter ist arbeitslos, stopft Chips und Buletten in sich hinein, lebt zurückgezogen und fast ohne soziale Kontakte. Einzig mit Kalle (Oliver Korittke) verbindet ihn so etwas wie Freundschaft. Der Luftikus hat immer neue Ideen, wie man zu Geld kommen könnte. In ihrem sächsischen Provinzkaff Riesa findet die erste Sumo-Weltmeisterschaft außerhalb Japans statt. Warum den Dicken nicht trainieren und die Prämie kassieren? Ein Trainer ist schnnell gefunden: Akashi - ein echter Sachse, der mit seiner japanischen Frau ein Sushi-Lokal betreibt und dem Koloss die Grundbegriffe des Kampfes beibringen soll. Und natürlich gibt es da noch eine nette Frau, die sich in Bruno verliebt und ihren fiesen Macho-Gefährten verlässt und ihren Sohn, der Brunos Freund und emotionaler Unterstützer wird. Die Dorfbewohner, die Bruno zu Beginn der Tragikomödie verspotten, rufen ihn zum Helden aus, auch wenn er nur den zweiten Platz im internationalen Wettbewerb belegt.
Sensibel zeichnet der ehemalige Student an der HFF München und der FEMIS in Paris wie ein Mensch seine Würde und Selbstachtung zurückgewinnt. Zwar hakt die Dramaturgie etwas und manchmal wirkt die Langsamkeit der Inszenierung ermüdend, alles geht im Endeffekt auch zu glatt, aber man liebt die Verlierer, denen für einen kurzen Moment die Welt zu Füßen liegt.
Beitrag aus Heft »2000/06: Medienwelt und Religion«
Autor: Margret Köhler
Beitrag als PDFEinzelansichtGerlinde Schumacher: Die Vermittlung der Welt durch das Fernsehen
„Reiche Kindheit aus zweiter Hand?“ war der Titel einer medienpädagogischen Tagung des ZDF Ende September in Mainz. Die große Zahl von 450 Teilnehmern und Teilnehmerinnen, darunter Erzieher, Lehrer, Journalisten, Medienwissenschaftler und Multiplikatoren der Lehrer- und Erzieherausbildung aus ganz Deutschland, zeigte, wie hoch der Bedarf an medienpädagogischen Diskussionsforen ist. Themen der Vorträge und Podiumsdiskussionen waren unter anderen der Fernsehalltag der Kinder, die Rezeption von Informationsprogrammen, Kinder und Werbung, Medienerziehung in Kindergarten und Schule, konkrete Arbeitshilfen für Pädagogen sowie Multimedia. In seiner Eröffnungsrede hob der Programmdirektor des ZDF Markus Schächter die Qualität des öffentlich-rechtlichen Kinderfernsehens von ARD und ZDF hervor. Der Spagat zwischen attraktivem und verantwortetem Programm sei ohne jeden Krampf gelungen.Fernsehen für Kinder noch immer umstrittenDas einführende Referat des Medienpädagogen Bernd Schorb von der Universität Leipzig beschäftigte sich mit der Bedeutung der Medien und speziell des Fernsehens für die Kinder heute. So belegen empirische Untersuchungen, dass mediale Freizeittätigkeiten im Alltag der Kinder zentral sind, wobei das Fernsehen an erster Stelle steht.
Außerdem zeigen Ergebnisse der qualitativen Rezipientenforschung, dass Kinder in Fernsehangeboten nach Hinweisen für die Bewältigung entwicklungsbedingter Themen sowie aktueller Problemlagen, nach personalen Vorbildern und ethischen Orientierungen suchen. Anhand der bei Kindern beliebten Formate Pokémon, GZSZ, Big Brother und Teletubbies führte Maya Götz vom Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen beim Bayerischen Rundfunk aus, was Kinder an diesen Serien begeistert, wie sie sie im Alltag nutzen und wo Problembereiche auszumachen sind. In der Diskussion wurde die Grundsatzfrage erörtert, ob Fernsehen für Kinder eher Chancen oder Gefahren birgt. Eher bewahrpädagogische Positionen vertraten dabei Susanne Gaschke von der ZEIT und der Kinderpsychiater Michael Millner aus Graz. Sie argumentierten, dass der häufig mit schwierigen familiären Verhältnissen einhergehende unkontrollierte Fernsehkonsum der Kinder ihrer Entwicklung abträglich sei. Dagegen plädierten Schorb und Götz für die Einsicht, dass Fernsehen ein zentraler Bestandteil des Alltags der Kinder sei, und es nicht darum gehen könne, es zu verdammen oder zu verharmlosen. Es biete den Kindern sehr wohl Chancen und Möglichkeiten, wobei sie die Unterstützung der Eltern und Pädagogen brauchen, um den richtigen Umgang mit dem Medium zu erlernen.
Informationen und GeschichtenZum Thema Informationssendungen wurden Ergebnisse von zwei im Auftrag des ZDF durchgeführten Untersuchungen vorgestellt. So präsentierte Frau Melzer-Lena von iconkids & youth die positiven Resultate einer qualitativen Studie zum ZDF-Informationsangebot Löwenzahn und die von Helga Theunert und Susanne Eggert vom JFF-Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis vorgestellte Rezeptionsstudie zu Wissenssendungen machte deutlich, dass Kinder einen enormen Wissensdurst haben, aber nur wenige Fernsehsendungen dieses Grundbedürfnis abdecken. Die bekannteste und beliebteste Wissenssendung bei den 7- bis 12-Jährigen ist Löwenzahn vor Philipps Tierstunde (ARD und KI.KA) und dem Erwachsenen-Magazin Welt der Wunder (ProSieben). Kinder haben hohe Erwartungen an eine Sendung zur Wissensvermittlung: Sie soll thematisch vielfältig sein, immer etwas Neues bieten, aber auch Vergnügen bereiten und von sympathischen und kompetenten Moderatoren, wie ihn z.B. Peter Lustig verkörpert, präsentiert werden.Am Beispiel der ZDF-Sendereihe Siebenstein wurde die Bedeutung von Fernsehgeschichten für Kinder erörtert. Dazu erläuterte die Redaktionsleiterin Irene Wellershoff die Programmidee von Siebenstein. Die seit Ende 1988 ausgestrahlte Sendereihe will „gute Geschichten erzählen, den zuschauenden Kindern ein unterhaltendes und emotionales Erlebnis ermöglichen und ihnen damit Anregungen für eigene Fantasiespiele und Geschichten geben“. Analysen der Universität GH Siegen (Hans-Dieter Erlinger, Katja Hoffmann und Bettina Lange) belegen, wie Siebenstein an ästhetische Muster unserer Kultur anknüpft und diese für Kinder fortentwickelt. In der Diskussion über die Qualitätskriterien für Fernsehgeschichten wurde das Fehlen einer ästhetischen Debatte und der Mangel an Fernsehkritik beklagt, die sich mit Kinderprogrammen befasst.Medienkompetenz und WerbungDen zweiten Tagungstag eröffnete Ingrid Paus-Haase von der Universität Salzburg mit einem Plädoyer für einen ganzheitlichen Ansatz in der Medienerziehung. Erfolgreiche Medienpädagogik setze eben voraus, die Medienkommunikation der Kinder zu verstehen, d.h. ihre favorisierten Medienangebote zu kennen und als symbolischen Ausdruck ihrer Anliegen zu begreifen.
Der Blick sollte stärker auf die Chancen des kindlichen Medienumgangs gerichtet werden. Wie zahlreiche rezeptionsanalytische Untersuchungen zeigen, reflektieren Kinder in der Auseinandersetzung mit Medienthemen ihre Lebenssituation und Handlungsmöglichkeiten. Medienangebote dienen als Erlebnisquelle, als Möglichkeiten der Teilnahme am Erwachsenenalltag und zur Auseinandersetzung mit der eigenen Entwicklung. Zu den Aufgaben der Medienpädagogik gehöre es, kommunikative Kompetenz und Medienkompetenz zu vermitteln und die unterschiedlichen Voraussetzungen der Kinder im Umgang mit den Medien, bedingt durch Herkunft, formale Bildung und Geschlecht, auszugleichen.Norbert Endres von der Münchner Werbeagentur Heye Media beschrieb die Bedeutung der Kinder als Zielgruppe der Werbung. Nach einer Dekade privaten Fernsehens in Deutschland sei das Kinderfernsehen für Werbungtreibende wichtig, die Kinder erreichen wollen. Bei Kindern wirke ein Fernsehwerbespot als „emotional aufgeladener Hinweis“ in besonderer Weise. Schon nach kürzester Zeit zeigten Werbeimpulse Wirkung. Außerdem beeinflussten Kinder heute stärker als früher die Kaufentscheidungen der Eltern.Der Medienpädagoge Norbert Neuß von der Pädagogische Hochschule Heidelberg problematisierte, dass rund die Hälfte der Vorschulkinder nicht zwischen Werbung und Programm unterscheiden können, die Intention von Werbung nicht erkennen und sich daher auch von ihr nicht distanzieren könnten. Er stellte einige der von ihm und Stefan Aufenanger entwickelten Materialien zur Förderung der Werbekompetenz von Vorschulkindern vor, die von den Erzieherinnen unmittelbar in der Arbeit mit den Kindern eingesetzt werden können.
Im Hinblick auf das Merchandising rund um Kinderprogramme stellte Susanne Müller, Leiterin des Programmbereichs Kinder und Jugend im ZDF, klar, dass das ZDF zwar seine Kindersendungen wie Löwenzahn und Siebenstein durch den Vertrieb von CD-ROMs oder Zeitschriften popularisieren, aber nicht Produkte unter diesem Namen verkaufen wolle, die keinen inhaltlichen Bezug dazu hätten.Bildung und AusbildungEinen Einblick in die Medienerziehung im Kindergarten und in der Grundschule gab Ulrike Six, Institut für Kommunikationspsychologie und Medienpädagogik in Landau, auf der Basis von zwei neueren Repräsentativuntersuchungen. Demnach sind medienpädagogische Aktivitäten in Kindergärten und Grundschulen eher selten, obwohl bei den Lehrkräften durchaus eine Motivation festzustellen ist. Die Abstinenz ist eher in den Defiziten der Medienausstattung sowie in der medienpädagogischen Qualifikation der pädagogischen Fachkräfte begründet.Weitere praktische Anregungen für die medienpädagogische Praxis wurden mit dem „Medienkoffer Kindergarten“ gegeben, dessen Konzept von weiterbildung live im Auftrag der ARD, des ZDF, des Kinderkanals und der evangelischen und katholischen Kirche entwickelt wurde (erscheint Anfang 2001).
Die Materialsammlung gibt praxisnahe Hilfen zur Fernseherziehung im Vorschulbereich. Zu fünf häufig vorkommenden Themen sind darin Filme aus den Reihen Teletubbies, Sesamstraße und Siebenstein enthalten und es werden dazu Spiel-, Bastel-, Gesprächs- und Bewegungsangebote offeriert. Um neuere Entwicklungen abzudecken, ist eine fortlaufende Aktualisierung vorgesehen.Horst Dichanz von der Fernuniversität Hagen befasste sich mit den Fragen, inwieweit unser Bildungssystem den Anforderungen des Multimedia-Zeitalters gerecht wird und die vorhandenen Netze sich für Unterricht und Lehre eignen. Im Hinblick auf die Informationstechnologien konstatiert er einen Reformbedarf der Schulen: Aufgaben und Ziele der Schulen müssten reformiert sowie Lehr- und Lernformen verändert werden.Für Wolfgang Meyer-Hesemann, Staatssekretär im Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung Nordrhein-Westfalen, stellt sich angesichts von Multimedia die Frage nach der Chancengleichheit mit neuer Dringlichkeit. Daher habe die Schule für eine umfassende Medienbildung aller Schüler zu sorgen.
Beitrag aus Heft »2000/06: Medienwelt und Religion«
Autor: Gerlinde Schumacher
Beitrag als PDFEinzelansichtSoap und Comedy sind die Renner bei 9- bis 15-Jährigen
„Man will halt unbedingt wissen, wie es ausgeht, ob der wirklich noch mit der einen zusammenkommt, oder ob sie sich wieder zusammenraufen.“ Keine Folge verpasst die 11-jährige Jana von ihrer Lieblingssoap und steht damit nicht allein. Die täglich ausgestrahlten Serienformate Daily Soap und Comedy ziehen die 9- bis 15-Jährigen in ihren Bann. Warum das so ist, zeigen die Ergebnisse einer Studie des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis, die im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) durchgeführt wurde.Dramatik und Witz77 Prozent der 9- bis 15-Jährigen mögen Serien, die sich um das Gemeinschaftsleben junger Leute in Familien, Freundeskreisen, Wohngemeinschaften oder Liebesbeziehungen drehen. Mädchen bevorzugen die dramatischen Daily Soaps wie „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“ und „Marienhof“. Jungen favorisieren die witzig verpackten zwischenmenschlichen Reibereien der Comedies wie „Eine schrecklich nette Familie“ und „Alle unter einem Dach“.Themen fürs eigene LebenNicht nur der spannenden und der witzigen Unterhaltung wegen picken sich die Mädchen und Jungen gerade diese Genres aus dem breiten Angebot der Serien heraus.
Sie finden dort auch Themen, die in ihrem eigenen Leben aktuell sind. Das Hineinwachsen in neue soziale Rollen, die mit der Pubertät einhergehenden Veränderungen, erste Erfahrungen mit Liebesbeziehungen, davon ist das Leben dieser Altersgruppe bestimmt und das interessiert sie auch im Fernsehen. In den Serien suchen sie nach sozialen Spielregeln und nach angemessenem Rollenverhalten – kurz: nach „Lehrweisheiten des Lebens“, wie sie eine 14-Jährige in der „Bill Cosby Show“ entdeckt hat.Das Heile-Welt-KlischeeWelche Orientierungen sich die Heranwachsenden aus den Serien herausziehen, hängt vor allem von ihrem sozialen Hintergrund und ihren persönlichen Erfahrungen ab. Während sich Kinder und Jugendliche aus intellektuellem Milieu von den oft unrealistischen Beziehungskonzepten in den Serien kaum irritieren lassen, laufen Heranwachsende aus bildungsbenachteiligten Milieus Gefahr, sich von der vorgeblichen Realitätsnähe der Daily Soaps beeindrucken zu lassen. Vor allem Mädchen tauchen gerne in die Traumwelten von harmonischem Zusammenleben und glücklicher Zweisamkeit ein und sitzen dabei den altbekannten Heile-Welt-Klischees auf.
Die ausführlichen Ergebnisse der Studie wurden in der folgenden Publikation veröffentlicht:
Helga Theunert, Christa Gebel (Hrsg.): Lehrstücke fürs Leben in Fortsetzung. BLM-Schriftenreihe Band 63. Verlag Reinhard Fischer, München 2000, 195 S., DM 39,-
(auch bei KoPäd erhältlich)
Sophie Anfang: Software für Kinder
Die CD-ROMs wurden von der merz-Software- und Spielekritikerin Sophie Anfang getestet. Sie wurden aus der Sichtweise einer zwölfjährigen Schülerin auf Brauchbarkeit und Unterhaltungswert für diese Altersstufe untersucht. Sophie besucht das Dante Gymnasium in München und ist selbst begeisterte Spielerin.
Ein Nachschlagewerk für den ErdkundeunterrichtKiribatis Kinderatlas
(Zweite erweiterte Auflage – Win 95/98 – Kiribati Medienverlag AG, Unterföhring 2000 – 39,95 DM - ISBN 3-934462-24-3)
Wenn wieder einmal eine gemeine Erdkunde-Extemporale droht, sollte man nicht gleich verzweifeln. Denn wer keine Lust hat, seine Nase in das Erdkundebuch zu stecken, sollte Kiribatis Kinderatlas ausprobieren. Er enthält neben einer liebevoll detaillierten Weltkarte viele Hintergrundinformationen zu jedem einzelnen Land der Erde. Da kann man sich prima auf alle Fragen eines Erdkundelehrers vorbereiten. Fangen wir mit Fragen zur Länderkunde an. Dazu gibt es auf der CD-ROM eine Suchmaschine bei der man Informationen über verschiedene Länder nachschlagen kann. Gibt man zum Beispiel „Frankreich“ in das vorgegebene Feld ein, erscheinen sofort Größe, Einwohnerzahl und der Name der Hauptstadt. Wenn diese Information noch nicht ausreicht, sollte man auf den Button „Zur Länderseite“ klicken. Dort erhält man, in Textform, noch weitere Informationen über das Land. Auf diesen Seiten kann man sich auch die Nationalhymne des gewählten Landes anhören. Leider klingen die Hymnen, die auf einem Klavier vorgespielt werden, etwas hohl und es macht dadurch ein bisschen weniger Spaß, der Musik zuzuhören. Um die einzelnen Länder etwas anschaulicher zu machen, gibt es noch Fotos und Videos von den wichtigsten kulturellen Bauwerken.Damit die Kinder auch noch etwas über die Erde im Allgemeinen lernen, werden in der „Weltübersicht“ Themen wie zum Beispiel „Zeitzonen“ oder „Politik der Länder“ behandelt. Die Weltübersicht, die es übrigens erst in der zweiten Auflage des Spiels gibt, gefiel mir nicht so sehr, da die Informationen für Kinder ab 6 Jahren (so die Mindestaltersangabe des Herstellers) viel zu textlastig sind und deswegen wenig zum Durchlesen bewegen. Auch sind viele Themenbereiche noch gar nicht für jüngere Kinder interessant, sondern sprechen eher die älteren an.Die Spiele auf der CD-ROM sind eher dürftig. So gibt es die Spieleklassiker „Tic Tac“, „Memory“ und „Tetris“. „Tetris“ gehörte zwar lange zu meinen Lieblingsspielen, doch inzwischen finde ich dieses Oldy-Spiel eher langweilig. Wer weiß, vielleicht war das ja die Absicht des Herstellers, damit der Benutzer nicht so viel Zeit mit dem Spielen verbringt, sondern lieber die interaktive Weltkarte begutachtet. Bei dieser handelt es sich um eine Karte, auf der es viele anklickbare 2D-Figuren gibt. Hat man eine Figur aufgerufen, erscheint sofort ein kleines Textfeld mit Information. Für Leute mit Internetanschluss gibt es zu guter Letzt noch einige Links zu Kindersuchmaschinen oder Sites zu bestimmten Themen, die sich mit der Erde und ihren Kontinenten befassen.Alles in allem, ein sehr gut gemachter Kinderatlas, der alles Wichtige zum Thema Erde enthält und im Gegensatz zur ersten Auflage wesentlich mehr Informationen bietet.
Zwanzig Jahre Löwenzahn
Löwenzahn 4(Mit 3D-Weltraumabenteuer - Win 95/98 und Mac – Terzio Verlag, München 2000 - 49,95 DM - ISBN 3-932992-33-4)
Inzwischen gibt es nun schon die vierte CD-ROM aus dem Hause Löwenzahn. Die Jubiläums-CD-ROM zu 20 Jahre Löwenzahn befasst sich mit Themen wie der Steinzeit, unserem Körper, dem Weltraum und alles Wissenswerte über Brücken. Wie auf der dritten CD-ROM kann der Spieler vier goldene Trophäen gewinnen. Dafür muss er verschiedene Spiele meistern, die jedoch manchmal etwas zu schwierig geraten sind. So ist zum Beispiel das Weltraumspiel nicht einfach zu meistern. Bei diesem Spiel rast man als Weltraumfotograf durch unser Sonnensystem, um verschiedene Planeten zu fotografieren. Das wäre ja noch leicht, wenn das Ganze nicht mit einem Auftrag verbunden wäre. Man muss nämlich vier ausgewählte Planeten innerhalb einer vorgegebenen Zeit fotografieren und in einem Fotoalbum dokumentieren, in dem nur Platz für acht Fotos ist. Bei der Suche nach den Planeten kann man sich an fast gar nichts orientieren und verirrt sich deswegen schnell im weiten Weltall. Trotz der Schwierigkeit ist das Weltraumspiel wunderschön gestaltet und es lohnt sich schon deswegen, das Spiel zu versuchen.Dagegen fällt einem das Spiel, bei dem man für Autos, Züge und Radfahrer Brücken bauen muss, umso leichter. Es funktioniert so: Auf einem Bildschirm sind für jeden der oben genannten Transportmittel Straßen eingezeichnet. Doch an manchen Stellen kreuzen sich die Wege oder ein Fluss macht den Weg unpassierbar. Jetzt sind Schnelligkeit und ein kühler Kopf gefragt. Denn nun wollen alle Verkehrsmittel gleichzeitig auf ihren Wegen fahren, ohne abzustürzen oder auf dem falschen Weg zu landen. Also gilt es schnell die passende Brücke an die richtige Stelle zu setzen. Für jede richtige Brücke gibt es Punkte. Wenn man da nicht den Überblick verliert, ist dieses Spiel ein Klacks gegenüber dem relativ schwierigen Weltraumspiel. Im Mittelpunkt der vierten Löwenzahn-CD-ROM steht wie bereits bei allen Vorgängern der Bauwagen von Peter Lustig. Hier findet man auch in einer Schublade das „Wo ist was?“-Nachschlagewerk, um sich auf der CD-ROM schnell orientieren zu können. Alle weiteren Spiele und Themenseiten kann man hier aufrufen und muss nicht stundenlang herumsuchen, wenn man sich mit etwas neuem beschäftigen will. Insgesamt ist die vierte Löwenzahn CD-ROM eine sehr gelungene Fortsetzung der Löwenzahn-Reihe. Auch wenn manche Spiele etwas schwer geraten sind, werden sich auch jüngere Kinder als ich vor allem wegen der interessanten Themen stundenlang mit dieser CD-ROM beschäftigen können.
Eine süße CD-ROM mit Rudi und dem Koffer
Siebenstein - Rudi und die Rettung der Goldfischzwerge (Win 95/98 und Mac - terzio Verlag, München 1999 – 49,95 DM - ISBN 3-932992-60-1)
Schon beim ersten Spielen dieser CD-ROM fielen mir nur drei Worte ein: süß, süß und noch mal süß. Doch nun zur Handlung: Eines Tages bekommt Siebenstein einen Goldfisch geschenkt, der sehr traurig ist. Warum? Seine Schuppen sind abgenutzt und werden bald ganz kaputt sein. Die einzigen, die ihm helfen können, sind die Goldfischzwerge. Aber die wohnen weit weg im Ozean. Also machen sich Rudi, Koffer und der Goldfisch auf zu den Goldfischzwergen. Doch auf dem Weg durch das Meer lauern viele Gefahren. Da muss man einem Tintenfisch das Tanzen beibringen, durch gefährliche Höhlen steuern oder den gemeinen Torwächter im Muschelspiel schlagen. Aber halt, ich will ja nicht alles verraten.Die CD-ROM ist sehr liebevoll gezeichnet und erinnert am Anfang ein wenig an die Löwenzahn-CD-ROM. Denn in Siebensteins Laden kann man sich per Klick auf einen beliebigen Gegenstand eine Geschichte anhören. Doch bald nimmt das Spiel seinen eigenen Lauf und die Ähnlichkeit zu Löwenzahn verschwindet. Während des ganzen Spiels gibt es viel zum Anklicken, Ausprobieren und Einsammeln. Wird etwas mal nicht richtig gemacht, hilft Siebenstein gerne weiter. Doch manchmal nützt das nicht viel, denn manche Spielschritte sind für jüngere Kinder zu schwer und sie kommen im Spiel nicht weiter. Einen mutigen Unterwasserhelden erschüttert aber so leicht nichts und so werden auch die schwierigeren Passagen mit ein bisschen Nachdenken gemeistert. Leider gibt es noch etwas zu bemängeln: Man muss sich die sehr langen Dialoge von Rudi und dem Koffer immer ganz anhören und kann sie nicht per Mausklick abbrechen. Das nervt besonders, wenn man eine Sache, auf die ein solcher Dialog folgt, aus Versehen noch einmal anklickt. Gut gefiel mir das Reisetagebuch, das man selbst gestalten kann. Dort kann man nicht nur schreiben, sondern auch auf der Reise geschossene Fotos einkleben. Das ist eine lustige Abwechslung, besonders wenn man im eigentlichen Spiel gerade nicht so voran kommt. Wem die Fotos noch nicht reichen, kann sich auch Töne aus dem Spiel aufnehmen und sie sich im Reisetagebuch anhören. Egal ob von Siebenstein oder von einem Tintenfisch.
Alles, was einen schönen Ton produzieren kann, wird aufgenommen. Da könnte man ewig weitermachen. Das dachten sich die Hersteller sicher auch und begrenzten den Tagebuchspaß auf vier Seiten. Ärgerlich was? Na ja, irgendwann muss man auch im Spiel weiterkommen. Nachdem man schließlich die Goldfischzwerge gerettet hat, kann man alle Spiele nochmal spielen oder zu bestimmten Spielabschnitten zurückfliegen. Oder man fängt gleich wieder von vorne an...
Hallo Maus-Fans!
Die CD-ROM mit der Maus 1(Win 95/98 - Tivola, Berlin 2000 - 49,90 DM - ISBN 3-931372-96-0)
Wer kennt sie nicht? Die Maus, den Elefanten und die Ente. Schon fast 30 Jahre tanzen sie jeden Sonntag um exakt 11.30 Uhr über den Bildschirm und erzählen uns Wissenswertes über Lach- und Sachgeschichten. Nach diesen langen Jahren kommt nun endlich die erste Maus CD-ROM heraus. Ein sehr gelungenes Werk muss ich sagen.Auf dieser CD-ROM gibt es Sachgeschichten, Hörspiele, ein Malprogramm und vieles mehr. Immer, wenn man einen dieser Programmpunkte besucht, erhält man ein kleines Teil des großen Mausposters, das man, wenn man alle Teile gefunden hat, ausdrucken und zusammenkleben kann.Im Mittelpunkt des Spiels steht die „Mausmaschine“, die in alle Bereiche der CD-ROM führt. Sie ist lustig gezeichnet und sieht mit ihren langen Armen richtig originell aus. Außerdem gibt es noch einige andere Spiele, die aber erst nach und nach zum Spielen bereitstehen. Warum? Ganz einfach, bevor ein Spiel aufrufbar ist, muss man es erst auf der CD-ROM suchen. Spiele verstecken sich überall, ob in Sachgeschichten, Zeichentrickclips oder in anderen Abschnitten der CD-ROM. Bestimmt hat das den Vorteil, dass man alle Bereiche der CD-ROM absucht und man deswegen nebenbei die ganze Vielfalt der Maus-CD entdeckt. Aber irgendwann geht einem das ewige Suchen nach den Posterteilen und den Spielen auf den Geist. Das ist dann der Zeitpunkt, das Spiel in eines der vorgegebenen Kisten abzuspeichern und erst einmal Pause zu machen. Eine andere nervende Sache ist ähnlich wie bei der Siebenstein-CD-ROM, dass man lange Geschichten und Kommentare nicht per Mausklick beenden kann. Das stört besonders bei den langen Zeichentrickgeschichten, die zu den Spielen führen.Immer wenn man sich wieder zur Mausmaschine begibt, gibt es eine kleine Aufgabe zu lösen oder man kann sich eine kleine Mausgeschichte ansehen. Die Aufgaben bestehen entweder aus einem Sprachratespiel, bei dem man raten muss, was ein genanntes Wort in einer Fremdsprache auf Deutsch heißt, oder einem Bildrätsel, bei dem man einen Gegenstand erkennen muss, der nur als kleiner Ausschnitt gezeigt wird.
Zum Schluss möchte ich noch auf das Malprogramm näher eingehen, da es mir sehr gut gefallen hat. Bei diesem Programm ist es möglich zu stempeln, zu drucken oder einfach nur zu malen. Es gibt an die hundert Möglichkeiten ein Bild mit dem Pinsel zu gestalten. Besonders hilfreich ist der Zauberpinsel, mit dem man die buntesten Bilder malen kann. Damit entstehen sogar symmetrische Figuren, da der Computer jeden Strich an der gegenüberliegenden Stelle nachmalt. So hat man sehr schnell ein wunderschönes Kunstwerk gestaltet, ohne sich groß anstrengen zu müssen.Eine wirklich sehr liebevoll gestaltete CD-ROM, die vielleicht bald der Löwenzahn-CD-ROM Konkurrenz macht, denn die 1 hinter dem Titel verrät ja schon, dass es noch mehrere Maus-CD-ROMs geben wird. Ich persönlich habe dagegen nichts einzuwenden...
Beitrag aus Heft »2000/06: Medienwelt und Religion«
Autor: Sophie Anfang
Beitrag als PDFEinzelansichtMichael Bloech: Zwiespältige Schönheit
Eine subtile ReligiositätDie Filme des iranischen Regisseurs Majid Majidi sind neben aller Dramatik auch anrührend und bestechen durch eine entwaffnende Herzlichkeit und Wärme. In den nahezu dokumentarisch inszenierten Filmen strahlen die Protagonisten der Geschichten, wie zum Beispiel auch bei dem 1997 entstandenen Film „Kinder des Himmels“ (merz 5/99), stets eine ungeheure Würde aus. Dieses Gefühl für menschliche Würde entstammt einer universalen Religiosität des Filmemachers. Damit ist die Frage nach Sinnerfüllung im Leben gemeint. Die Glaubensfrage wird nicht in konfessionell gebundener Weise gestellt und deshalb findet sich auch kein dezidiertes Bekenntnis zum Islam.Der Verzicht auf religiöse Ideologisierung macht daher Majidis Filme unabhängig vom Bekenntnis und Kulturkreis verständlich. Es sind die berührenden Geschichten aus dem Alltag, die unspektakulär und gefühlvoll entwickelt und unter ethischen Gesichtspunkten erzählt werden. Mit diesen Alltagsgeschichten ist Majidi wohl ein überzeugender und erfolgreicher Botschafter seines Landes. In seinen Filmen spürt man die Liebe zu Land und Menschen im Iran.Vom Erkennen der WeltAuch bei seinem neuen Film, einer poetischen Fabel, hat diese Würde eine zentrale Bedeutung für die Handlung. Erzählt wird das Schicksal des sehbehinderten kleinen Jungen Mohammad, der in Teheran eine Blindenschule besucht und um die Liebe seines verwitweten Vaters kämpft.
Die Sommerferien beginnen und die Internatsschüler werden von ihren Eltern abgeholt. Freudig schließen die Eltern ihre Kinder in die Arme. Mohammad aber muss sehr lange auf seinen geliebten Vater in tiefer Einsamkeit warten. Der verbitterte Vater schämt sich für seinen sehbehinderten Sohn und würde ihn am liebsten für immer und ewig abschieben, da er einer beabsichtigten Ehe im Weg zu stehen scheint.Während der Zeit des Wartens vor dem Internat bleiben dem kleinen Jungen als Trost und Inspiration nur die ihn umgebenden Geräusche. Das verängstigte Piepsen eines kleinen Vogels, der aus dem Nest gefallen ist, weckt sein Interesse und mit Zärtlichkeit nähert sich Mohammad dem Vogel, steckt ihn in die Jackentasche und klettert abenteuerlich auf einen Baum, um den Vogel ins Nest zurückzubringen. Diese Szene ist der Schlüssel zum Verständnis des Films. Mohammads Eingreifen dokumentiert seine Liebe zum Leben und zur Natur. Übertragen auf die Vater-Sohn-Beziehung heißt das, erst wenn der Vater die Behinderung seines Sohnes akzeptiert wird er auch seine Verbitterung überwinden. Zum anderen erkennen wir als Zuschauer mit dieser Szene die Welt des Hörens als einen bedeutenden Bestandteil unserer Erkenntnis. Mohammad erschließt sich seine Umgebung durch Töne, Stimmen und Geräusche, und natürllich auch durch Riechen und Tasten. Wenn Mohammad in einem gluckernden Fluss im Kiesbett nach den kleinen Steinen sucht, scheint er sich mit seinen Fingern die Welt zu öffnen.
Und wenn die Kamera das Kind bei seinen akustischen und haptischen Entdeckungsreisen begleitet, lernen wir ein wenig von der Farbe des Paradieses kennen, einer Farbe, die für jeden Menschen sich anders gestaltet.Die Dialektik der GestaltungDie Geschichte Mohammads - das Warten vor der Schule, seine Reise in das Dorf des Vaters, seine Arbeit bei einem blinden Tischler in einem für ihn fremden Dorf, das Werben des Vaters um seine Auserwählte, das Leiden der Großmutter an der Härte des Vaters - wird in überwältigend schönen Bildern und mit einer raffiniert dichten Toncollage erzählt, die im Widerspruch zu dem bedrückenden Schicksal des Kindes stehen. Aber gerade diese ästhetische Gestaltungsweise zwingt zum genauen Betrachten, zum exakten Hinschauen und konzentrierten Zuhören und lässt dem Zuschauer kein Entkommen. Jüngere Kinder werden aber genau daher Schwierigkeiten haben, diese Ambivalenz zwischen Schönheit und bedrückender Situation auszuhalten. Auch das tragisch anmutende Filmende birgt für die jungen Zuschauer ein Problem: zwar gelingt es in der packenden und dramatischen Schlusssequenz Mohammad schließlich doch noch, die Liebe seines Vaters zu erringen, allerdings erscheint der Preis, den er dafür zahlen muss zu hoch. Offen bleibt nämlich, ob die beiden in der realen Welt zueinander finden oder erst im Paradies.
Beitrag aus Heft »2000/06: Medienwelt und Religion«
Autor: Michael Bloech
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kolumne
Hans-Dieter Kübler: Über die kulturelle Aufwertung der Medien
Neu aber ist, dass die unversöhnlichen Elemente der Kultur, Kunst und Zerstreuung, durch ihre Unterstellung unter den Zweck auf eine einzige falsche Formel gebracht werden: die Totalität der Kulturindustrie. Sie besteht in Wiederholung“, schrieben 1944 Theodor W. Adorno und Max Horkheimer in „Kulturindustrie. Aufklärung als Massenbetrug“ unter dem Eindruck der Medien- und Werbeumwelt in den USA. „In unseren Entwürfen war von Massenkultur die Rede“ begründete Adorno 1963 in einem Rundfunkvortrag: „Wir ersetzten den Ausdruck durch ‘Kulturindustrie’, um von vornherein die Deutung auszuschalten, die den Anwälten der Sache genehm ist: dass es sich um etwa wie spontan aus den Massen selbst aufsteigende Kultur handele, um die gegenwärtige Gestalt von Volkskunst.“Kulturindustrie war ein ebenso analytischer wie polemischer Begriff, eine Kategorie der Ideologiekritik, der gegen die Suggestion und Raffinesse des einvernehmenden Mainstream resistent bleiben und damit Anstöße für kritische Kultur- und Medienforschung eröffnen sollte.
Heute ist der Begriff Kulturindustrie fast vergessen oder wird nur noch als historische Reminiszenz gebraucht – trotz der ungleich mächtigeren, fast über alle Branchen agierenden Medien- und Informationsindustrie. Stattdessen macht der der Medienkultur Karriere, ohne dass bislang hinlänglich geklärt ist, was letzteren präziser und valider macht als ersteren. Denn „Kultur“ insgesamt durchlief und durchläuft bemerkenswerte semantische Metamorphosen oder auch Inflationen: Vom romantischen Ideal des „Schönen, Guten, Wahren“, also einem elitär normativen Begriff, wird er in Anlehnung an den angelsächsischen Usus ‘plebejisiert’: als Alltagskultur(en) kennzeichnet er empirische Lebensweisen. Als Sub- und Gegenkultur im 68er und 80er Kontext ist er wieder wertend gemeint, nunmehr aber mit gegensätzlicher politischer Stoßrichtung, nämlich gegen die etablierte Kultur. Die britischen ethnographischen Studien zur Jugendkultur verknüpfen gewissermaßen die beiden Stränge, indem sie die Lebensweisen und Ausdrucksformen vornehmlich unterprivilegierter Gruppen sowohl als Protest wie auch authentische Identitätsstiftung interpretieren, die gleichwohl ständig unter der Drohung der kommerziellen Einvernahme steht. Heute firmiert Kultur als elegante Metapher für alle sogenannten weichen Faktoren des Kommerzes, vom Prädikat des Wirtschaftsstandorts bis hin zur Unternehmenskultur. Mit der „deutschen Leitkultur“ hat die politische Rechte einen vorderhand inhaltsleeren, aber insgeheim chauvinistischen und militant einsetzbaren Kulturbegriff in Umlauf gebracht. Zu solch instrumenteller und vernebelnder Semantik passt sicher Medienkultur. Sollte der Terminus allerdings spezieller und präziser gemeint sein, bedürfte es exakterer Explikationen: Zwar begründet etwa K. Hickethier die Verwendung von „Medienkultur“ damit, dass „alle kulturellen Diskurse durch die Medien, vor allem durch das dominante Medium Fernsehen, präfiguriert“ seien. Für W. Faulstich gehören alle Medien zur Kultur und bilden sogar ihren Kern, weshalb der Begriff als „Schlüssel zum Verständnis von Gesellschaft, als Zugang zu tieferen Einsichten in Veränderungen und kulturellen Wandel“ tauge.
Aber für die Fakultät Medien der Weimarer Bauhaus-Universität ist Kultur seit jeher ohne Medien nicht denkbar. Mithin sind Medien schon immer Kultur gewesen, oder sie konstruieren erst jetzt eine spezielle.Neben dem gänzlich wertfreien Kulturbegriff kursiert also nach wie vor ein normativer Kulturbegriff. Aus dieser Spannung, wenn nicht gar Dichotomie ist auch die Medienkultur nicht zu entlassen. Vielmehr müsste ihre analytische Schärfung dreierlei erreichen:
1. Wenn Medienkultur unsere Gesellschaft, Lebensweise und Symbolik kennzeichnet, dann müsste präzise dargelegt werden, wodurch sich kulturelle Formationen heute von früheren und simultanen qualitativ und quantitativ unterscheiden, wie weit etwa die medialen Formierungen reichen, ob sie totalitär, umfassend sind oder nur segmentär, welche Sektoren von ihnen dominiert sind. Solange bleibt der Terminus eine zwar eingängige, aber unbewiesene Metapher, die unweigerlich alle Medien und ihre Inhalte aufwertet.
2. Wenn alle kulturelle Produktion als symbolische Äußerung medialer Materialisierung und/oder Speicherung bedarf, dann war Kultur immer schon Medienkultur, zumindest im phänomenologischen Sinne. Heutige Medienkultur wäre demnach durch die enorme Expansion von Speicher- und Übertragungstechnologien, den Einsatz enormer Kapitalien eher technologisch und ökonomisch geprägt, was Adorno und Horkheimer in ihrem treffenden Begriff der Kulturindustrie fassen wollten.
3. Da trotz der Universalisierungstendenzen nach wie vor Segmente und Ressorts existieren, die einen wertenden, substantiellen Kulturbegriff mindestens institutionell verkörpern, ihm authentischen Ausdruck zu verleihen bestrebt sind, mithin Kulturbegriffe jeweils neu kreieren, kritisch prüfen und auch transzendieren, sind Medienkultur und Kulturmedien längst noch nicht identisch, sondern repräsentieren Spannungen und Widersprüche, die es exakter zu analysieren gilt.
Beitrag aus Heft »2000/06: Medienwelt und Religion«
Autor: Hans-Dieter Kübler
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