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Pia Deutsch: Digital Streetwork – Pädagogische Interventionen im Web 2.0

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  • 2019

Zur Person

Amadeu Antonio Stiftung (2017). Digital Streetwork. Pädagogische Interventionen im Web 2.0. Berlin: Druckzone. 40 S., kostenfrei downloadbar unter www.amadeu-antonio- stiftung.de/w/files/pdfs/digital_streetwork_web.pdf

Soziale Medien nehmen in den heutigen Lebenswirklichkeiten ein wesentlichen Raum ein. Hier werden Standards gesetzt und politische Meinungen junger Menschen ausgebildet, gefestigt und an Gleichaltrige weitergegeben. Digitale Lebenswelten sind folglich zu erschließen, um Jugendliche besser erreichen zu können. Insbesondere, wenn Rechtsextremismus und Rechtspopulismus im Internet über die digitalen Grenzen hinweg aufbegehren. In Anbetracht der sich noch in den Anfängen befindlichen Präventionsarbeit in Sozialen Netzwerken sind weitere Erfahrungen und praktische Ansätze von Nöten, zu denen die Handreichung DIGITAL STREETWORK – Pädagogische Interventionen im Web 2.0 von Christina Dinar und Cornelia Heyken einen Beitrag liefert. Aufbereitet für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter wird Handwerkszeug in Form von Handlungsoptionen und hilfreichen Informationen zur Adressierung von Jugendliche im Netz, bereitgestellt. Dabei fokussiert das Angebot das Handlungsfeld des Sozialen Netzwerkdiensts Facebook. Ziel des Projekts ist es, das Klima in Online- Debatten positiver, ziviler und respektvoller zu gestalten und junge Menschen mit rechten Affinitäten zu erreichen, um so einer weiteren Verfestigung dieser Einstellungen entgegenzuwirken und eine Distanzierung zu fördern. Ebenso sollen Jugendliche, die sich gegen rechte Affinitäten im Netz einsetzen, gestärkt werden. Neben der Ansprache von rechtsextrem- affinen Jugendlichen ist die Ansprache von sogenannten ‚Bystandern‘, bzw. Beobachtenden und Zuschauenden, ein weiterer wichtiger Aspekt. Innerhalb der kostenlosen Broschüre wird zunächst ein Überblick über die Mediennutzung von Jugendlichen gegeben. Hierzu werden unter anderem Ergebnisse der JIM-Studie und der SINUS-Jugendstudie u18 herangezogen. Letztere zeigt auf, dass einige Jugendliche politische Vorgänge eher leidenschaftslos verfolgen und sich von den Themen nicht angesprochen fühlen, obwohl sie durchaus eine politische Agenda besitzen. Die Jugend(sozial)arbeit soll diese Einstellung off- wie online ändern, wobei Herausgeberinnen betonen, dass Soziale Netzwerke nicht nur als Lebenswelt, sondern ebenso als Sozialraum von Jugendlichen angesehen werden sollten. Digital Streetwork verdeutlicht somit, dass die pädagogische On- und Offline-Arbeit stärker miteinander verbunden werden sollte. Die Frage, wie diese Verknüpfung stattfinden soll, wird jedoch offengelassen. Derzeit finden sich jedoch nur vereinzelt Einrichtungen in Sozialen Online-Netzwerken, wobei repräsentative Zahlen durch systematische und umfassende Erhebungen fehlen. Somit stellt sich die Frage, ob und wie Jugendliche, die offline keinen Kontakt zur Jugendsozialarbeit aufnehmen, in Sozialen Netzwerkendiensten erreicht werden können. Dieser und anderer Fragesn nimmt sich debate// mit der Handreichung Digital Streetwork an. Das Projekt zielt darauf, Jugendlichen mit rechtsaffinem Kommentaren und menschenfeindlichen Inhalten auf Facebook online zu kontaktieren und über persönliche Nachrichten direkt in der digitalen Umgebung in einer „One-to-One“-Interaktion anzusprechen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von debate// sind mit ihren privaten Accounts selbst auf öffentlichen Facebook-Seiten aktiv und begegnen abwertenden Kommentaren im Sinne des sogenannten „One-to-Many“-Ansatzes mit sachlichen, aufklärenden Diskussionsbeiträgen und (Gegen-)Argumentationen bzw. Counter Speech. Dabei sollen auch Mitlesende erreicht und Jugendliche, die sich offen gegen Hetze positionieren, positiv bestärkt und unterstützt werden. Digital Streetwork legt offen, dass für eine erfolgreiche Arbeit im Netz nicht nur Faktoren wie ein glaubwürdiges, authentisches Profil, Medienkompetenz und Kenntnisse über die jugendliche Kommunikation sowie der Jugend- und Netzkultur entscheidend sind, sondern ebenso die Grenze zwischen privatem und professionellem Handeln nicht übertreten werden darf. Es gelingt einige Parallelen zur offline-Arbeit herzustellen und für die erste Kontaktaufnahme einen Leitfaden zu erstellen, welcher insbesondere die Bedeutung der Sprache und die persönliche Vorstellung für den Beziehungsaufbau mit einem Dialog auf Augenhöhe in den Fokus rückt. Hierzu wird eine Grafik angeboten, die bei der Einordnung der Äußerungen eines auffälligen Jugendlichen und der Identifikation der Präventionsstufe Orientierung bietet. Nach Kontaktaufnahme sollte demzufolge die pädagogische Fachkraft den Jugendlichen innerhalb einer sachlichen Argumentation mit den dargebotenen verzerrten Annahmen konfrontieren, um eine Selbstreflexion zu bewirken. Hilfreiche Tipps bietet Digital Streetwork dabei unter anderem zu wirksamen Maßnahmen im Falle eines hohen Widerstandes des Jugendlichen oder für den Umgang mit besonderen kommunikativen Herausforderungen, wie dem Verdrehen von Fakten oder Nichtanerkennung von Quellen. Jedoch werden keine Hinweise bezogen auf konkrete Fallbeispiele gegeben, in denen die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter selbst zum Ziel von Hassattacken werden. Die Lesenden sind zudem dazu angehalten, diese bewährte Herangehensweise möglichst eigenständig, je nach spezifischer Bedarfslage, zu adaptieren und ist gefordert, adäquat einzuschätzen, ob und wie diese Form des Counter Speech auch auf andere Soziale Netzwerkedienste wie Instagram, Snapchat oder Twitter übertragen werden kann. Ein ausreichendes Maß an Medienkompetenz stellt demzufolge eine zwingende Voraussetzung dar. DIGITAL STREETWORK – Pädagogische Interventionen im Web 2.0 ist eine gute Hilfestellung für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die ihr Arbeitsfeld auf das Internet ausweiten möchten und hierzu spezifische Kenntnisse sowie Best practice-Beispiele für erfolgreichen Counter Speech benötigen. Auf 40 Seiten wird ihnen nahezu eine Schritt-für-Schritt-Anleitung geboten, die detailliert verschiedene Ansatzpunkte aufzeigt und erläutert. Positiv fällt zudem auf, dass die wichtigsten Informationen noch einmal in grafischen Übersichten veranschaulicht oder in Merkkästen prägnant zusammengefasst werden und dabei die Bedeutung von ‚Bystandern‘ ebenfalls Berücksichtigung findet. Auf diese Weise wird ein umfassender Blick auf dieses Themengebiet gewährleistet und gleichzeitig ein wichtiger Impuls zur Erstarkung der Präventionsarbeit im Web gegeben. Die Handreichung Digital Streetwork – Pädagogische Interventionen im Web 2.0 entstand aus dem Projekt debate//, welches von der Freudenberg Stiftung und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms Demokratie leben!" gefördert und im vergangenen Jahr von der Amadeu Antonio Stiftung herausgegeben wurde.

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