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Kristin Narr, Janina Carmesin: WebDaysMOOC

  • merz
  • Internet
  • 2019

Zur Person

Sie sind leise, tanzen im Verborgenen Tango, formieren sich zu Kategorien und werden in Form von Werbebannern, maßgeschneiderten Empfehlungen und Vorhersagen laut – die Datenspuren, die wir alle täglich hinterlassen. Eine Auseinandersetzung mit genau diesen ganz persönlichen Datenspuren sollte der interaktiv gestaltete Online-Kurs WebDaysMOOC schaffen.

Der Massive Open Online Course („offener Online-Kurs für Viele“, kurz: MOOC) fand im Herbst 2018 zum ersten Mal statt, richtete sich an Jugendliche ab 14 Jahren und wurde von den WebDays, einem Projekt der Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland (IJAB e.V.), auf der Plattform oncampus (oncampus.de/webdaysmooc) durchgeführt. Jährlich wird eine Konferenz mit Jugendlichen zu Themen des jugendgerechten Daten- und Verbraucherschutzes veranstaltet – und nun auch Online-Kurse für Jugendliche.

Der WebDaysMOOC verfolgte das Ziel, möglichst viele junge Menschen an das abstrakte Thema Datenschutz heranzuführen. Sie sollten angeregt werden, ihrem digitalen Ich „ins Gesicht zu schauen“ und eine eigene Haltung und einen möglichst praktikablen Weg zu den Themen Datenschutz und digitale Selbstbestimmung zu entwickeln.

Jugendliche waren sowohl in der Konzeption als auch bei der Erstellung von Inhalten beteiligt: An einem Konzeptionswochenende und im Laufe des Sommers wurden mit jungen Menschen, die bereits an WebDays-Konferenzen teilgenommen hatten, Themen und Ideen zur Ausgestaltung ausgearbeitet. Im Herbst folgte mit Unterstützung der Medienwerkstatt Leipzig die Produktion der Videos. Im Nachgang wurde der Kurs durch einen Fragebogen und Einzelinterviews mit Jugendlichen in einer Masterarbeit an der Universität Leipzig ausgewertet.

Das Angebot stieß auf großes Interesse. Zum Start waren über 200 Menschen angemeldet. Im Laufe des eigentlichen Kurszeitraums stiegen die Anmeldungen weiter an. Der WebDaysMOOC steht seither als unbetreutes Selbstlernangebot zur Verfügung. Mittlerweile sind fast 400 Menschen eingeschrieben und über 110 haben das Abschlusszertifikat erhalten (Stand: März 2019).

Die vier Kurswochen ergaben vier thematische Einheiten mit einer ähnlichen didaktischen Struktur: interaktive Videos mit Fragen und Aufgaben oder einem interaktiven Spiel als thematische Einführungen, Umfragen zur Selbsteinschätzung, Übungen und Aufgaben sowie Austausch und Reflexion der Kursteilnehmenden und Interviews mit Expertinnen und Experten zur Sortierung und Kommentierung.

Konzeptionell wurde Wert darauf gelegt, mit bekannten Phänomenen zu beginnen, schrittweise komplexer zu werden und stets die Alltagsrelevanz im Blick zu behalten. In der ersten Woche ging es um das Erkennen, wie die Beeinflussung durch Menschen und Maschinen funktioniert. Unter anderem wurde mit Moderator Philipp Walulis der Unterschied zwischen Schleichwerbung und Produktplatzierung und die Rolle von Influencern und Social Bots verdeutlicht. In der zweiten Woche stand das Verstehen, welche Daten über einen selbst und uns alle existieren und wie Daten verknüpft werden, im Fokus. Neben der Auseinandersetzung mit Datenspuren im eigenen Alltag erklärte Datenschützerin Katharina Nocun, welche Daten mächtige Unternehmen erheben und wie sie sie verwerten. Die Teilnehmenden richteten in der darauffolgenden Woche ihren Blick auf Zukunftsszenarien mit dem Augenmerk auf technische Entwicklungen. Mit Hilfe eines eigens für den WebDaysMOOC erstellten Spiels setzten sich die Teilnehmenden im Spielen mit unserer vernetzten Zukunft auseinander. Zur zusätzlichen Kommentierung dieser Einheit brachte Dr. Florina Speth die Szenarien mit Prognosen der Zukunftsforschung zusammen. Der Konkretisierung mit speziellen Werkzeugen und dem Gestalten der eigenen digitalen Umgebung wurde sich in der letzten Woche gewidmet, und mit einer Abschlussfeier in Form einer Online-Livesession gemeinsam mit Steffen Haschler von Chaos macht Schule beendet. Die ersten Ergebnisse der Abschlussumfrage unter den Jugendlichen werden im Folgenden vorgestellt.

Eine derart interaktiv ausgerichtete und multiperspektivische Lernumgebung, die von der Interaktion mit Lerninhalten und den Beteiligten lebt, ist zum einen eine lebendige, motivierende Art von Lernen. Zum anderen stellt sie jedoch nicht zuletzt durch das Maß an Selbststeuerung hohe Anforderungen an die Lernkompetenzen der Teilnehmenden. Doch es waren genau diese Flexibilität, die Zwanglosigkeit und Selbstorganisation, die die Jugendlichen am Lernen im Rahmen des WebDaysMOOC besonders schätzten. Die Motive für die Teilnahme waren beim überwiegenden Teil der Befragten von intentionaler Natur. Einige erfuhren im Rahmen von Bildungsinitiativen zur Medienerziehung, beispielsweise Medienscouts-Initiativen, oder durch verschiedene schulische Kontexte von diesem Angebot und hatten ein starkes Interesse am Thema und verhältnismäßig hohes Vorwissen. Aufgrund dessen war es ihr Wunsch, Wissen zu erweitern und sich mit „Gleichgesinnten“ austauschen zu können. Es zeigte sich, dass die üblichen Lernstrategien und Mediennutzungsgewohnheiten der Jugendlichen auch im virtuellen Lernraum Anwendung fanden und sie damit an gewissen Stellen an ihre Grenzen gestoßen sind. So waren den Jugendlichen die rezeptiven und interaktiven Elemente des MOOCs weitgehend vertraut und sie profitierten von der multimedialen Darstellungsweise und strukturierten Aufbereitung der Inhalte. Dennoch wünschten sie sich einen lebhafteren Austausch untereinander, der in den themenspezifischen Foren kaum zustande kam, zum Beispiel in der Schule. Das Konzept des WebDaysMOOC und hier ganz besonders die Erweiterung und Anpassung der Austauschelemente, neben denen, die die Plattform bietet, werden unter Berücksichtigung dieser Evaluation weiter ausgearbeitet. Denn für den Herbst 2019 befindet sich ein weiterer Online-Kurs in Planung. Dieser wird zusammen mit Jugendlichen zu dem Oberthema „jugendgerechter Daten- und Verbraucherschutz“ entstehen. Ideen für Themen wurden auf der letzten Konferenz bereits gesammelt.

 

Kristin Narr arbeitet als freiberufliche Medienpädagogin und hat den WebDaysMOOC im Auftrag des IJAB e. V. konzipiert und begleitet.

Janina Carmesin war an der Konzeption des MOOCs beteiligt und untersucht die subjektiven Anforderungen Jugendlicher an MOOCs im Rahmen ihrer Masterarbeit an der Universität Leipzig.

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