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Marko Junghänel: GigaSchule – oder, wenn Sprache ­verräterisch ist

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Was haben die Elbphilharmonie in Hamburg, die Lkw-Maut und etwa 90 Schulen im Landkreis Offenbach gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts. Beim genaueren Hinsehen zeigt sich, dass diese Projekte als sogenannte Public Private Partnership-Vorhaben (PPP) geplant und realisiert wurden. Das Zusammenwirken von privatem und öffentlichem (public) Sektor scheint zum bevorzugten Lösungsmodell für alle Kämmerer und Finanzminister geworden zu sein. ‚Betroffen‘ sind nicht mehr nur Infrastrukturprojekte von den heilsbringenden Versprechungen der PPP-Befürworter. Unternehmen – vor allem solche, die global agieren – setzen vehement ihren Fuß in die Tür des „Bildungs-Markts“, die Schulaufwandsträger oder hoheitlich wirkende Institutionen zuvor bereitwillig geöffnet haben. Und in der Medienpädagogik? Auch hier wächst die Zahl der Initiativen, Projekte, Wettbewerbe oder Stipendien, die durch Unternehmen ausgelobt werden, um – in Kooperation mit neutralen und damit reputationsfähigen kommunalen/staatlichen Trägern – das Thema Kinder, Jugendliche und Medien zu bearbeiten, bestehende Defizite auszugleichen oder gar den Fachdiskurs zu ‚befördern‘. Was soll daran auch schlecht sein, wenn Vodafone die GigaSchule sucht und prämiert? Warum sollten Kinder und Jugendliche nicht lernen, wie man codiert? Code your Life – Programmieren für die Zukunft nennt sich das entsprechende Programm, bei dem unter anderem der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft, die Initiative Deutschland sicher im Netz oder der Verein n-21: Schulen in Niedersachsen online federführend agieren. Oder warum sollte Microsoft mit seinem Project Zanzibar nicht eine interaktive Spiel- und Lernmatte auf den Markt bringen? Man kann in diesem Zusammenhang das Grundgesetz bemühen, in dem formuliert ist, dass das Schulwesen – und damit Bildung – unter der Aufsicht des Staates steht. Noch greifbarer wird die Sache allerdings, wenn als Aufgabe des Staates formuliert wird, dass es zu dessen zentralen Aufgaben gehört, für Chancengleichheit – also auch für gleiche Chancen im Bereich Bildung – zu sorgen. Das alles wird kein privatwirtschaftliches Unternehmen leisten können und wollen – auch wenn es in seinen Corporate Social Responsibility (CSR)- oder Nachhaltigkeitsrichtlinien von einer wirtschaftlichen Spielart der „good governance“ spricht. Der Aspekt, dass Unternehmen vorrangig unternehmerische Interessen verfolgen und nicht Beschleuniger von Medienkompetenz sind, soll an dieser Stelle weitgehend unkommentiert bleiben. Verantwortung aber einfach abgeben? Nicht im Bereich der Bildung, nicht bei der Zusicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse, nicht beim Versprechen, gleiche (Bildungs-)Chancen für alle zu schaffen. Singuläre Projekte wie Googles „Zukunftswerkstatt“ mögen sinnvoll sein. Wenn die Nutzung allerdings voraussetzt, zunächst eine Vielzahl persönlicher Daten abzugeben, muss spätestens an dieser Stelle die medienpädagogische Zunft aufschrecken und den Staat an seine Pflichten erinnern. Fazit: Projekte mit Vorbildcharakter in Zusammenarbeit zwischen öffentlich und privat – ja, gern, wenn dabei die inhaltliche Deutungshoheit beim öffentlichen Partner bleibt. Eine dauerhafte Finanzierung und Etablierung von Bildungsangeboten durch Unternehmen – nein, danke.

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