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Saskia Eilers: Von großen Haien und kleinen Fischen

    Zur Person

    Funke Mediengruppe (Hrsg.) (2017). #screenshot. Hier schreiben deine YouTuber für dich. 86 S., 3,50 €.

    Heutiges Aufwachsen vollzieht sich vor dem Hintergrund einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft. Kindheit und Jugend sind somit in einen Kontext multimedialer Konsumwelten eingebettet. Der gegenwärtige Trend zur Digitalisierung der Jugendkultur der medialen Handlungsräume der Altersgruppe einher und wird zugleich durch diese veränderten Nutzungspräferenzen erneut befeuert. Medienunternehmen müssen sich gemäß ihres wirtschaftlichen Bestrebens fortwährend um eine Anhaftung an die aktuellen Bedürfnisse und Ausprägungen der medialen Jugendszene bemühen, wodurch sich eine zunehmende Angebotsgenese im Bereich des Social Web erkennen lässt.

    Neben neuen digitalen Angeboten für die jugendliche Zielgruppe lässt sich eine Digitalisierung bereits bestehender Medienprodukte erkennen. Insbesondere im Printbereich kann eine diesbezügliche Notwendigkeit angenommen und auch beobachtet werden. Während laut JIM-Studie 2017 lediglich 16 Prozent der befragten Jugendlichen regelmäßig Zeitschriften und Magazine lesen, schauen 86 Prozent regelmäßig Online-Videos. Dabei ist für 55 Prozent der Mädchen und 69 Prozent der Jungen die Multimedia-Plattform YouTube das bevorzugte Angebot. Dies führt berechtigterweise zur Frage nach der Zukunft von Printprodukten in der Jugendkultur.

    Feste Instanzen der internationalen wie deutschen Landschaft jugendlicher Printangebote scheinen sich in ihrer Marktexistenz bedroht zu fühlen, sodass viele Verlagshäuser mittlerweile eine digitalisierte Erweiterung ihres Angebotes anbieten, um sich die Relevanz und Nähe zur Zielgruppe zu bewahren. Als eines von vielen Beispielen unternimmt das Jugendmagazin BRAVO seit einiger Zeit solche Digitalisierungsmaßnahmen. Neben der weiterhin regelmäßig erscheinenden Printversion existieren heutzutage sowohl eine App, ein WhatsApp-Abonnement als auch der YouTube-Kanal Dr. Sommer TV. Auch die Zeitschrift Mädchen bietet neuerdings mit der App Mädchen VIEW ein Mash-Up aus Magazin und Multimedia.Während sich viele Medienunternehmen scheinbar von dem sinkenden Schiff alleiniger Printangebote zu retten versuchen, begibt sich ein neu erschienenes Medienprodukt nun bewusst in das Feld hinein.

    Entgegen des allgemeinen Trends hat die Funke Mediengruppe ein neues Printprodukt für die jugendliche Zielgruppe herausgebracht. Unter dem einschlägigen Namen #screenshot verbirgt sich ein Jugendmagazin, das sich vorrangig an Zwölf- bis 17-Jährige richtet. Das Printmagazin deckt verschiedene Bereiche der Jugendkultur ab, widmet sich dabei jedoch schwerpunktmäßig der YouTube-Szene in Deutschland. #screenshot ist ausschließlich als Printversion erhältlich. Eine dazugehörige App existiert nicht. Auch die Website dient lediglich als Werbebanner für das Magazin, ohne dabei die konkreten Inhalte digital zur Verfügung zu stellen. Zwar wird somit auf jegliche Digitalisierungselemente verzichtet, die heutzutage bei verwandten Angeboten bestehen, jedoch kann eine inhaltliche und gestalterische Orientierung an digitalen Angeboten beobachtet werden.

    Die einzelnen Beiträge sind mit Hashtags versehen und bieten somit eine inhaltliche Orientierung für Lesende. Die Texte sind auf das Wesentliche reduziert und prägnant formuliert. Die schiefe Anordnung der Textfelder sowie optische Hervorhebungen und Bilder vermitteln einen dynamischen Leseeindruck, der vielmehr an das Scrollen im Social Web erinnert. Die Rubrik ‚What’s up?!‘ informiert die Leserinnen und Leser zu Beginn über die neuesten Meldungen der Multimedia-Plattform. Hier werden unter anderem das aktuell erfolgreichste YouTube-Video sowie ein Ranking deutscher YouTuber nach der höchsten Abonnentenzahl präsentiert. #story gruppiert Portraits bekannter deutscher YouTuber wie HeracAy, Emrah oder Enyadres. In kurzen Interviews, die in ihrer Gestaltung an einen Chatverlauf erinnern, werden die Social Web- Persönlichkeiten vorgestellt.

    Dazugehörige, selbst geschriebene Texte handeln von den anfänglichen YouTube-Karrieren mit allen Schwierigkeiten und Unsicherheiten. Die Portraits enthalten außerdem persönliche Tipps für nachahmungswillige Jugendliche und beziehen sich auf die Etablierung eines erfolgreichen YouTube-Kanals. In weiteren Artikeln werden Trends und Tipps zu bestimmten Themen wie #mode, #foodhacks oder #beziehungen vorgestellt. Dabei lässt sich der Bezug zur deutschen YouTube-Szene durchgehend in den einzelnen Artikeln wiederfinden. Entweder vermitteln YouTuber selbst die themenrelevanten Tipps und Trends oder aber die Redaktion verweist in dem jeweiligen Artikel auf einen themenverwandten YouTube-Kanal.

    Funkes neues Printprodukt lässt zu Zeiten der Digitalisierung der Jugendkultur einige nicht unbeachtliche Fragen aufkommen: Was lässt ein Printprodukt in der digitalen Welt überleben? Reicht der inhaltliche Bezug zur digitalisierten Jugendkultur aus, um die Akzeptanz der Zielgruppe zu gewinnen? Oder wird ein konkreter Mehrwert zum Onlineangebot benötigt? #screenshot zeigt Elemente zweier Lösungswege auf. Die erste Ausgabe des Printmagazins vermittelt dabei den Eindruck, dass die Macherinnen und Macher sich noch nicht konkret für die Verfolgung einer Strategie entscheiden konnten. YouTube und verwandte Social Web-Angebote überzeugen Jugendlichedurch ihre Aktualität, Reziprozität und Authentizität, denen ein Printprodukt in der Regel nur schwer nachkommen kann.

    Trotz seiner Printrealität bemüht sich #screenshot einerseits in Inhalt und Gestaltung einen deutlichen Social Web-Charakter aufzuweisen und orientiert sich damit an den heutigen Rezeptionsgewohnheiten und -präferenzen der Zielgruppe. Durch die Kooperation mit bekannten YouTuberinnen und YouTubern, die ihre Texte größtenteils selbst verfassen, bemüht sich das Magazin zudem um eine direkte Nahbarkeit und hält sich an Social Web-Persönlichkeiten fest, die eine hohe Akzeptanz von der Zielgruppe erfahren. Andererseits können die persönlichen Portraits und Tipps der YouTuberinnen und YouTuber schnell als Werbung für den jeweiligen YouTube-Kanal aufgefasst werden. Auf dieser Ebene leistet #screenshot ebenfalls einige Arbeit und bemüht sich um einen Überblick über die deutsche YouTube-Szene. Hier besteht somit das Potenzial, einen grundlegenden Wegweiser für eine interessensgeleitete YouTube-Rezeption zu entwickeln. Wagt Funke hier einen revolutionären Schritt oder wähnt sich die Mediengruppe durch die Kooperation mit YouTuberinnen und YouTuber zu sehr auf der sicheren Seite? Auch wenn die Beantwortung dieser Frage wohl erst in Zukunft erfolgen kann, so vermag das Printmagazin schon jetzt, neue Überlegungen zum Digitalisierungstrend und der Zukunft von Printprodukten für die jugendliche Zielgruppe anzustoßen.

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    Kathrin Demmler | Prof. Dr. Bernd Schorb
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