Zum Hauptinhalt springen

Sebastian Ring: Zwischen Konsole, Kanzlerin und Kongress

    Zur Person

    ‚The Heart of Gaming‘, so lautete Mitte August in Köln das Motto der Gamescom. Allemal ist sie die weltweit größte Veranstaltung dieser Art und es wurden erneut Rekorde über Rekorde gebrochen, unter anderem an Ausstellerinnen und Ausstellern, Besucherinnen und Besuchern oder der Anzahl anwesender Politikerinnen und Politiker. Games sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen – diese Phrase ist so überflüssig und zeitlos wie eh und je: Immerhin ist nun auch ALDI in das Geschäft mit der digitalen Distribution von Games eingestiegen und beteiligte sich mit einer recht überschaubaren Präsenz am Massenspektakel in Köln. Games sind aber mittlerweile auch an der Spitze der Politik angekommen. Die Bundeskanzlerin beehrte die Messe zum ersten Mal, mitten im Wahlkampf und auch, um – nach ihren eigenen Worten – „der Branche meine Reverenz zu erweisen“. Solch hoher Besuch – im Schlepptau der neue NRW-Ministerpräsident Armin Laschet – ist tatsächlich eine Botschaft für sich. Schließlich hatte sich die Messe in den letzten Jahren noch mit Staatssekretärinnen und -sekretären sowie Landesministerinnen und -ministern begnügen müssen.

    Die Sphäre der öffentlichen Hand ist auch an anderer Stelle präsent: Natürlich präsentierten sich – fast schon traditionell – unter anderem die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Näher in den Fokus rückt aber die Förderung der Computerspiel-Branche mit öffentlichen Mitteln. So wurde verkündet, dass man die Stärkung des Standorts intensivieren möchte und sich dazu die in den letzten Jahren entstandenen 13 Netzwerke, Förderer und Standort-Initiativen stärker vernetzt haben, unter dem Label Games Germany – Regional Funds and Networks. Vorbild sind zum einen die Vereinigung der Filmförderinitiativen focus germany zum anderen jene Länder, wie Kanada oder Polen, die die Games-Branche bereits erfolgreich fördern.

    Auch das Thema Bildung war prominent vertreten. Die Bundeskanzlerin machte sich auf ihrem Messerundgang eine Bild davon, wie Minecraft im Bereich der naturwissenschaftlichen Bildung ins Spiel kommt – auch wenn gerade bei diesem Beispiel die Widrigkeiten des Einsatzes von Games im Schulalltag sichtbar werden, wie mein Kollege Ulrich Tausend in seinem Blog www.tausend-medien.de illustriert. Auf dem Areal des Jugendforum NRW präsentierten sich auch etliche Akteurinnen und Akteure aus der Medienpädagogik, unter anderem die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) und der Spielratgeber NRW. Auch der Gamescom Congress widmete sich zu Teilen der Bildung. Die GMK war einer der Veranstalter des Fortbildungstags ‚Schule und Games‘, der in Workshops und Paneldiskussionen Grundlagen vermittelte und praktische Wege des Einsatzes von Games im Unterricht aufzeigte.

    Darüber hinaus wurden unter dem Dachthema des Kongresses ‚Mehr als Wissen‘ weitere Aspekte des Bildungspotenzials von Games beleuchtet, unter anderem durch Rachelle Vallon vom New Yorker Institute of Play oder Vera Marie Rodewald und Christiane Schwinge von der Initiative Creative Gaming.Natürlich nutzten viele Ausbildungsinstitute und Hochschulen die Plattform, um sich einem technikaffinen Publikum zu präsentieren. Auch die Bundeswehr präsentierte sich erneut – mit dem gesamten Medienarsenal zwischen VR und Snapchat, direkt neben den obligatorischen Panzern. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz war in Recruitingmission unterwegs und informierte unter dem Motto ‚Im Verborgenen Gutes tun‘ über Karriereoptionen.Friedlich ging es zu auf der Gamescom.

    Geduldig warteten die Fans auf die Chance, die Neuauflage der bekannten Blockbusterserien anzuspielen. Auch wenn sich leider in der Fortsetzung von Serien bei den großen Publishern die Innovationskraft Jahr für Jahr erschöpft: FIFA 18 mit Cristiano Ronaldo als Coverboy, Assassin‘s Creed Origins, das zu den Anfängen der Erzählung ins antike Ägypten führt, Anno 1800, entwickelt mit Unterstützung der Gamingcommunity und Die Sims 4 lassen ab November 2017 Katzen und Hunde in ihre Häuser einziehen. Dabei begegnen einem an den Messeständen zunehmend Spielerinnen und Spieler mit VR-Brille auf der Nase.

    Wohltuend sind da Nischen wie die Indie Arena Booth. Diese Plattform für unabhängige Entwicklerstudios, die im vergangenen Jahr mit dem Deutschen Computerspielpreis ausgezeichnet wurde, zeigte erneut, was die Indie-Entwicklerszene zu bieten hat. Darunter einige vielversprechende Titel wie Orwell, das bereits Ende 2016 veröffentlicht wurde und mittlerweile fünf Episoden umfasst. Im Spiel geht es um die staatliche Überwachung der privaten Kommunikation von Bürgerinnen und Bürgern des fiktiven Staats the nation. Mit dem Rising Star Award ausgezeichnet wurde RITE of ILK, ein local multiplayer game, bei dem Spielende kooperativ zwei im Spiel aneinander gebundene Kinder steuern.Traditionell wurden auf der Gamescom natürlich nicht nur Games präsentiert.

    Neben Software stehen Hardware, Gaming Gear und Merchandising im Fokus des Interesses. Auch die facettenreichen Aspekte der digitalen Spielkultur fanden hier ihre Bühne. Eine adäquate Bühne hatte zugleich Cosplay, zum einen mit dem eigenen Bereich cosplay village, zum anderen durch die Performances vieler Besucherinnen und Besuchern.Der digitalen Natur von Games und der über das Gaming hinaus führenden Funktionen von Konsolen als Multimedia-Hotspots in den Wohnungen ist geschuldet, dass die Messe auch für andere Technik- und Medienbereiche (3D-Druck, Spotify und Co.) interessant ist. Entsprechend macht deren Präsenz auch Sinn. Darüber hinaus präsentieren sich die einschlägigen Medien (YouTube Gaming, rocketbeans.tv, Twitch).

    Ob das Herz des Gaming wirklich auf der Gamescom in Köln schlägt oder nicht viel mehr auf den vergleichsweise kleineren und intimeren Events wie dem PLAY – Creative Gaming Festival oder dem A MAZE Indepentdent Games And Playful Media Festival, auf denen mehr gespielt als gewartet werden kann, ist vielleicht eine Frage des Geschmacks. Für die professionell mit dem Thema Befassten steht die Bedeutung der Gamescom natürlich außer Frage (wobei auch einige namhafte Hersteller wie Crytek, Riot Games oder Rockstar Games nicht anwesend waren). Für viele zigtausende, nach wie vor sehr junge Besucherinnen und Besucher ist sie jedenfalls ein sozialer und emotionaler Höhepunkt des Jahres.

    Nächstes Jahr dann wieder im August, wieder in Köln: 21. bis 25. August 2018.

    Kontakt

    merz | medien + erziehung ist die unabhängige medienpädagogische Fachzeitschrift in Deutschland, in der Themen der Medienpädagogik aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden. Beschäftigen auch Sie sich mit diesem Themenbereich und möchten gerne selbst in merz veröffentlichen? Wir freuen uns immer über Einsendungen über Projekte aus Forschung und Praxis, über Rezensionen, Veranstaltungshinweise und natürlich Anregungen. 

     

    Redaktion

    merz | medien + erziehung
    Kati Struckmeyer und Swenja Wütscher
    Arnulfstraße 205
    80634 München

    +49 89 689 89 120
    +49 89 689 89 111
    merz@jff.de

    Verlag

    kopaed verlagsgmbh
    Arnulfstr. 205
    D-80634 München

    +49 89 688 900 98
    +49  89 689 19 12
    www.kopaed.de
    info@kopaed.de

    Herausgeber*in

    Kathrin Demmler | Prof. Dr. Bernd Schorb
    JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis

    Rechtsträger

    JFF – Jugend Film Fernsehen e. V.
    Arnulfstraße 205
    80634 München

    +49 68 989 0
    +49 68 989 111
    www.jff.de
    jff@jff.de

    Kontaktformular

    Kontaktformular


    Anmeldung zum merz-Newsletter

    Hier können Sie sich zum merz-Newsletter anmelden.  Datenschutzerklärung.

    Ich willige in die Verarbeitung meiner Daten zum Newsletter-Versand ein und habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen.