Dr. Kay Weniger
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- Kay Weniger: Das grosse Personenlexikon des Films.
Kay Weniger: Das grosse Personenlexikon des Films.
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2001, 8 Bände im Schuber, ca. 6500 Seiten, EUR 260,00
Man soll gar nicht glauben, wie groß offenbar das lexikalische Bedürfnis der Menschen ist. Beim Berliner Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf gibt es sogar ein „Lexikon der Knastsprache“. Ein spezielles Augenmerk widmet der Verlag seit einiger Zeit den Medien Film und Fernsehen. Auf diese Weise sind zwar diverse skurrile, aber auch einige durchaus empfehlenswerte Nachschlagewerke entstanden. Das „Woody Allen Lexikon“ von Berndt Schulz, in dem zum Stichwort „Orgasmus“ ein passender Dialog zitiert wird, dürfte hingegen wohl nur ganz harte Allen-Fans interessieren. Auch das „Lexikon der Road Movies“ vom gleichen Autor ist nicht nur wegen des gelegentlich saloppen Stils („und ab geht die Post“) kaum als Bereicherung zu betrachten. Das gilt mit weitaus größerer Berechtigung für jene Lexika, die sich um Sparten am Rande des Filmgeschäfts verdient machen. Ein „Lexikon der Filmkomponisten“ zum Beispiel war mehr als überfällig. Das „große Lexikon des DEFA-Spielfilms“ rühmt sich, sämtliche Kinoproduktionen der DDR aufzulisten.
Und das umfangreich bebilderte „Lexikon der Special Effects“ vom Fantasy-Experten Rolf Giesen enthüllt nicht nur eine Vielzahl von Tricks, sondern setzt so manchem Kinozauberer ein Denkmal. Vom renommierten Giesen hat Schwarzkopf & Schwarzkopf auch eine neue, umfangreichere Version des Fantasy-Film-Lexikons herausgebracht. Eine Lücke schließt ebenfalls das „Lexikon der Film- und Fernsehsynchronisation“, wenn es auch einiges schuldig bleibt. So werden zwar zu über 2000 populären ausländischen Filmen die deutschen Stimmen aufgeführt, doch über die Synchronsprecher selbst erfährt man nichts. Und der Anhang informiert über die Stars und ihre Übersetzer, bleibt aber eine umgekehrte Liste schuldig. Ungleich ehrgeiziger ist das „große Personenlexikon des Films“. Autor Kay Weniger, ehedem offenbar kinobegeisterter Reiseredakteur, hat laut Verlag Jahrzehnte lang auf fünf Kontinenten recherchiert und acht Jahre ausschließlich an dem Lexikon gearbeitet. Das Ergebnis dieser enormen Arbeit, die in der Regel aus gutem Grund auf mehrere Schultern verteilt wird: acht Bände à circa 700 Seiten mit über 6.000 Eintragungen. Für den vergleichsweise niedrigen Preis von 260 Euro erhält der Filmfreund ein Nachschlagewerk, das es in der Tat in sich hat. Denn während man andernorts in der Regel nur etwas über Schauspieler und Regisseure erfährt, hat Weniger auch Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effect Designer berücksichtigt.
Natürlich steckt bei Mammutwerken dieser Art der Teufel zwangsläufig im Detail. Weil sich Weniger bei den einzelnen Personen nicht zu einer filmischen Auswahl durchringen konnte, präsentiert er komplette Filmografien. So kommt es, dass der Überblick über das Werk bei besonders fleißigen Filmschaffenden vier oder fünf mal so groß ist wie der Text zu ihrer Person. Auch die gern griffigen Einordnungen fallen zumeist klischeehaft aus. Bei Schauspielerinnen gönnt sich Weniger zudem auch körperliche Attribute; die Damen sind dann je nach Statur zierlich, hager und hohlwangig oder schmal und blässlich. Schauspieler hingegen sind allenfalls ausnahmsweise mal hager und drahtig. Unnötig sind auch gelegentliche stilistische Ausrutscher, die zudem mitunter abwertend klingen (etwa wenn es zum renommierten Kameramann Nestor Almendros heißt, er habe Filme „gekurbelt“). Lobenswert ist hingegen Wenigers Ansinnen, an das „Schaffen längst in Vergessenheit geratener Filmkünstler“ zu erinnern. Gerade die Verfolgten des Nazi-Regimes erfahren hier eine Würdigung. Der Blick zurück trübt allerdings manchmal die Wahrnehmung der Gegenwart. So heißt es am Ende eines kurzen Textes über den kaum bekannten Fernsehregisseur Wolfgang Becker, es gebe auch einen jüngeren Kollegen gleichen Namens. Dieser Wolfgang Becker aber („Das Leben ist eine Baustelle“) dürfte heutzutage deutlich bekannter sein.Von solchen Einwänden abgesehen ist Wenigers Werk schon allein aufgrund seines Umfangs imposant, wenn man sich auch seinen kurzen Kommentaren zu einzelnen Filmen nicht immer anschließen mag.