Fred Wimmer
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- Fred Wimmer: Encarta Enzyklopädie Plus 2001 / Der Brockhaus multimedial 2001 premium / Data Becker - Das große Lexikon 2001
Fred Wimmer: Encarta Enzyklopädie Plus 2001 / Der Brockhaus multimedial 2001 premium / Data Becker - Das große Lexikon 2001
Warum soll ich die gedruckte „Brockhaus Enzyklopädie“ in 24 Bänden für 5472 Mark kaufen, wenn ich CD-ROM-Lexika für unter 200 Mark bekomme? Das haben sich offenbar auch andere gefragt und so sind Lexika mittlerweile schwer verkäufliche Ware. Welche Konsequenzen das hat, zeigt uns ausgerechnet die altehrwürdige „Encyclopädia Britannica“. Der Klassiker wird nur noch auf CD-ROM vertrieben und durch ein kostenfreies – mit Werbung und Shopping-Portalen finanziert - vollständiges Internetangebot ergänzt (www.Britannica.com).
Ganz so einfach ist es aber doch nicht. Das Buch hat im Gegensatz zur CD-ROM ein eigenes Flair. Es riecht, es lässt sich darin herumblättern - und vor allem, es stürzt nicht ab. Das kann einem bei der multimedialen Version des Brockhaus schon mal passieren. CD-ROM rein, hochfahren und - die Kiste steht. Das ist meist kein Herstellungsfehler. Man hat vielleicht nur das Pech, dass sich die CD-ROM mit einer anderen Software nicht verträgt. Dann Hotline anrufen. Man weiß ja, was das bedeutet!
Generell unangenehm ist das Jonglieren mit mehreren CD-ROMs. Beim Brockhaus sind es – zieht man die Setup-CD-ROM ab – vier, beim Data Becker-Lexikon ebenfalls vier. Das ewige Herumjonglieren zwischen Text und Bild auf unterschiedlichen Scheiben ist nicht arbeitsfreundlich. Am besten geht es noch mit der Encarta Enzyklopädie, bei der nur zwei CD-ROMs gewechselt werden müssen. Zwar kann man den gesamten Inhalt auch auf die Festplatte übertragen, aber dazu braucht es rund 650 MB Festplattenspeicher. Auch nicht gerade ideal. Mein Tipp deshalb: Wer einen DVD-Player besitzt, sollte unbedingt die DVD kaufen. Da ist auf einer Scheibe alles drauf!
Wie sich die jeweiligen Hersteller die Gestaltung der multimedialen Lexika vorstellen, kann man schon auf den Startseiten erkennen. Data Becker liebt es bunt und knallig, der Brockhaus kommt mit dunklen Farben und bedeutungstriefenden Symbolen, Encarta ist klar und übersichtlich in der graphischen Gestaltung, in der man sich sofort zurechtfindet.
Auch was die Nutzungsmöglichkeiten betrifft, liegt Encarta in Führung. Laut Hersteller entspricht der Inhalt dieses Lexikons einem 45-bändigen Werk mit rund 45000 Artikeln! Wichtige Stichwörter werden durch Beiträge zum Beispiel aus der ZEIT oder dem SPIEGEL ergänzt, über das Webcenter im Internet findet man zahlreiche kommentierte Links zum jeweiligen Thema. Der Nutzer kann über den Recherche-Assistenten Berichte und Referate erstellen, sei es durch Informationen aus dem Lexikon oder durch eigene Beiträge, er kann die Informationen sammeln und ordnen und zu einem Ganzen zusammenfügen. Die Inhalte der CD-ROM sind gut recherchiert, oft durch interessante Multimedia-Elemente ergänzt und eignen sich für professionelle Recherchen. Unter dem Oberbegriff „Film“ finden sich zum Beispiel Informationen über Filmkunst aus der ganzen Welt. Bedeutende Künstler erhalten ausführliche Beiträge. Begriffe wie Pop-Art oder Medienpädagogik, die unter dem Obertitel „Medienerziehung“ auftaucht, werden gut lesbar beschrieben.
Der Brockhaus ergänzt zwar die einzelnen Beiträge mit einem sogenannten Wissensnetz mit verwandten Themen und Sinnzusammenhängen, aber die Auswahlkriterien erscheinen gelegentlich erstaunlich willkürlich. Sein Hauptmanko ist die Sprache. Eine typische Lexikon-Diktion, etwas trocken und belehrend. Die Redaktion hat offenbar viele Beiträge aus den Archiven übernommen und das klingt zum Beispiel so: „Richter, Gerhard, Maler und Grafiker *Dresden 19.2.1932, malte gegen Ende der 60er Jahre nach fotografischen Vorlagen Bilder in verwischten Grautönen, Farbtafeln nach dem Vorbild von Farbmusterkarten sowie Serien („Stadtansichten“, „Gebirgslandschaften“); ab 1976 entstanden auch pastos gemalte abstrakte Bilder von effektvoller Farbigkeit“. Kommt da jemand auf den Gedanken, dass Richter ein bedeutender Künstler unserer Zeit ist? Kann man durch einen solchen Beitrag neugierig werden?Der multimediale Brockhaus arbeitet mit den klassischen Mitteln seiner gedruckten Werke, möchte aber ein modernes Multimedia-Lexikon sein.
Dieses Ziel hat er noch nicht erreicht.Der Data Becker, das mit Abstand billigste Produkt ist nicht unbedingt das schlechteste. Natürlich ist der Inhalt weniger umfangreich, der Hersteller spricht von 125.000 Stichwörtern mit über 16.000 Multimediaelementen, während zum Beispiel der Brockhaus mit 172.000 Stichwörtern aufzuwarten weiß. Natürlich nervt die Oberfläche, die Beiträge jedoch sind sauber recherchiert. Die Zielgruppen dieses Lexikons sind eher Nutzer, die nicht so auf enzyklopädisches Wissen versessen sind, meinetwegen Familien, Hobbyhistoriker oder Fußballfans. Für diese Gruppierungen haben sich die cleveren Macher etwas besonderes einfallen lassen. Über eine eigene Webseite der Firma können sie auf der CD-ROM vorhandenes Material mit eigenen Beiträgen ergänzen, eigenes Wissen einfließen lassen. Die sogenannte Plug-In-Galerie gestattet die Präsentation von Texten und Bildern, und damit kann man Gleichgesinnte finden und sich mit diesen austauschen.