Günther Anfang
guenther.anfang@jff.de
+49 89 12 665 313
Rupprechtstraße 29
80636 München
Vita
Studium der Pädagogik und Erziehungswissenschaften, Studium Lehramt Grund- und Hauptschule, 1. Lehramtsprüfung und Magister Artium.
Ich bin bei merz seit …
… 1989
Aktivitäten
Seit 1982 Leiter des Medienzentrums München und seit 1994 Leiter der Abteilung Praxis am JFF. Zahlreiche Tätigkeiten in Gremien und Ausschüssen der Stadt München.
Schwerpunkte
Schwerpunkt meiner Arbeit ist die aktive Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen. Im Mittelpunkt steht dabei die frühe Medienbildung digital unter anderem in Form von Trickfilmprojekten mit Kindern ab 3 Jahren in Kindergarten, Schule und Hort. Ein weiterer Schwerpunkt sind Medienprojekte mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen sowie Veranstaltungen und Festivals der Jugendmedienkultur.
Beiträge in merz
Günther Anfang: raditionsreiches Lexikon multimedial
Noch umfangreicher und mit einem deutlichen Zuwachs an Bild- und Videomaterial präsentiert sich die neue Version des digitalen Nachschlagewerkes. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger mit 66.000 Artikeln, 4200 Bildern, 9 Stunden Ton- und 50 Videosequenzen bietet die neueste Ausgabe 89.000 Artikel, mehr als 10.000 Bilder, 10 Stunden Ton und 100 Videos. Der „Brockhaus multimedial“ hat damit zugelegt und auch einige Mängel beseitigt, die beim Vorgänger noch enthalten waren (siehe merz 4/99). Das multimediale Nachschlagewerk gibt es in zwei Ausführungen: in der Standardversion und in der Premium-Version mit zusätzlichen Quellentexten, deutlich mehr Videos und Animationen und doppelt so vielen Weblinks ins Internet. Vor allem die neu entwickelte „Smart-Suche“ bietet eine verbesserte Möglichkeit, schnell zu einem Begriff den entsprechenden Artikel sowie Bild- und Tonmaterial zu erhalten. Dabei werden zu einem Begriff auch Nebenstichwörter genannt, die im Kontext eines anderen Stichwortes erklärt werden.
Dadurch erhält man Hinweise, in welchem Zusammenhang der Begriff eine Bedeutung hat. Alles in allem also ein deutliches Plus im Vergleich zu vorher. Trotzdem fallen einem bei der Nutzung immer wieder kleinere Mängel auf. Dies beginnt bereits damit, dass die Neuausgabe wegen der größeren Datenmenge auf 3 CD-ROMs gespeichert ist und damit bei der Nutzung ein Wechsel der CDs immer wieder anfällt, sofern man nicht gewillt ist, einen Teil der Datenmenge auf seine Festplatte zu laden. Außerdem wird man beim Suchen von bestimmen Begriffen nicht immer fündig, obwohl der Begriff im Lexikon enthalten ist. So zeigt die „Profisuchmaschine“ z.B. bei der Eingabe des Suchbegriffs „Miles Davis“ keinen Eintrag an, denn diesen Jazzmusiker findet man nur, wenn man nach „Davis“ sucht und findet dann von „Bette Davis“ bis „Miles Davis“ die verschiedensten Personen. Und das, was über Miles Davis zu finden ist, ist äußerst dürftig und leider ohne ein Beispiel seines musikalischen Schaffens.
Musikbeispiele gibt es nämlich nur von Klassikern der Musikgeschichte wie Bach oder Beethoven, von Carl Orff ist schon nichts mehr enthalten. Allerdings kann man über ein Weblink zu einer Internetseite mit Musikbeispielen von Orff gelangen. Diese Weblinks sind im übrigen genial, da sie das Spektrum des Nachschlagewerkes enorm erweitern. So sind bei größeren Städten Links zu wichtigen Internetadressen aufgeführt, die aktuelle Veranstaltungstipps oder wichtige Adressen und Infos der Stadt aufführen. Ein Teil der Links führt aber auch ins Leere, doch das ist dem Internet zuzuschreiben. Die neue Fassung des „Brockhaus multimedial“ hat somit insgesamt eine deutliche Verbesserung erfahren. Voll befriedigend wird aber wahrscheinlich erst die nächste Fassung sein.
Günther Anfang: Mathe-Spiele mit Simsala und Bim
Zahlenzauber 3Win 95/98 NT 4 oder Windows 2000, Oldenbourg Verlag München 2003, 19,90 EuroGanz anders konzipiert ist dagegen das Mathelernspiel „Zahlenzauber“ aus dem Oldenbourg Verlag. Hier wurde darauf geachtet, dass die Lehrpläne berücksichtigt sind, das Kind spielerisch die Mathematik-Inhalte des 3. Schuljahrs üben kann und die CD-ROM für das selbständige Spielen und Lernen zu Hause geeignet ist. In verschiedenen Spielen werden Arithmetik, Geometrie und Sachrechnen geübt.
Bei jedem Spiel kann zwischen drei Schwierigkeitsstufen gewählt werden. Die Leitfiguren im Spiel erfüllen dabei immer eine Funktion. Während die kleinen Zauberer „Simsala“ und „Bim“ die Mathematik entdecken, stellt die Eule „Eulalia“ als kluge Lehrerin die richtigen Fragen. Nach erfolgreichem Bestehen von sechs schwierigen Spiele-Stufen gibt es ein Belohnungsspiel. Nach dem Motto „Übung macht den Meister!“ stellt diese CD-ROM sicher eine ideale Ergänzung zum Schulbuch gleichen Titels dar.
Es ist jedoch fraglich, ob ein Schüler, der bereits mit dem Schulbuch seine liebe Not hat, begeistert ist, nun mit Hilfe der CD-ROM das Ganze noch zu vertiefen. Allerdings werden Eltern, die ihren Kindern Nachhilfe in Mathematik verordnen, sicher mit Freuden auf eine CD-ROM zurückgreifen, die verspricht, mit Simsala und Bim den Spaß am Rechnen zu vermitteln.
Günther Anfang: Englisch lernen mit Ritter Rost
Windows 95/98/ME/XP; Macintosh System 8.6 oder höher, OSX 10.1 oder höher, Terzio Verlag München 2004, ISBN 3-89835-134-3, Preis: 29,00 €, Empfohlen für das GrundschulalterSpielerisch ein andere Sprache zu lernen, ohne Vokabeln zu büffeln, Grammatik zu pauken und Diktate zu schreiben, das ist der Traum aller geplagten Schüler und natürlich auch Eltern. Diesem Traum versucht Terzio mit seinem Englisch Sprachlernkonzept um die Figur von Ritter Rost nachzukommen. Gemeinsam mit dem Langenscheidt-Verlag haben sie nun schon die zweite Folge der Serie „Englisch lernen mit Ritter Rost“ herausgebracht, bei der nicht Vokabelpauken im Vordergrund steht, sondern lustige Spiele, unterhaltsame Lieder und eine nette Rahmenhandlung. Dieses Mal geht es darum, sich als König in Wireland zu qualifizieren
. Da in Wireland Englisch gesprochen wird, muss man natürlich die Grundzüge dieser Sprache erlernen. Außerdem gibt es jede Menge an Eignungstests, die man als Spieler bestehen muss, um neuer König von Wirleland zu werden. Für jeden bestandenen Eignungstest bekommt der Spieler Teile für die Königskrone. Erst wenn die Krone vollständig ist, darf der Spieler sich bei einer feierlichen Zeremonie zum König von Wireland krönen lassen. In neun Sprachlernspielen muss der Spieler zeigen, ob er den Anforderungen für den königlichen „Job“ genügt. So muss man z.B. zeigen, dass man verfärbungsfrei Wäsche waschen, billig einkaufen und unfallfrei Tee servieren kann. Genauso sind Kenntnisse über moderne Verkehrsmittel und Fotografie gefragt.
Ein Dictionary bietet Hilfe, wenn man bei einem Spiel ein Wort nachschlagen muss. In Ergänzung zum ersten Teil „Englisch lernen mit Ritter Rost – The Rusty Movie“, wo bereits Wörter aus den Bereichen Farben, Bewegung, Körperteile, Monate und Wochen, Sport- und Freizeitgeräte, Zahlen, Tiere und Begrüßung gelernt wurden, stehen dieses Mal Vokabeln zu den Schwerpunkten Kleidung, Zimmer und Räume, Gegenstände, Eigenschaften, Lebensmittel, Ortsangaben und Verkehrsmittel auf dem Programm. Spielerisch erwerben Grundschüler in diesem Lern-Adventure erste elementare Fremdsprachenkenntnisse. Dabei steht der Spaß im Vordergrund, der den Einstieg in Englisch sicher erleichtert. Dass Kinder nach dem Spiel anfangen, Englisch zu reden oder zu verstehen, darf man sich jedoch nicht erwarten.
Sophie Anfang: CD-ROM Die CD-ROM mit der Maus 2
Da ist sie nun, die zweite CD-ROM mit der süßen Maus. Naja, wenn man es genau nimmt, dürfte man sie gar nicht mehr als süß bezeichnen, bei dem Alter! Immerhin hat der kleine, Pardon: große Nager 30 Jahre Fernseherfahrung. Zum glorreichen Jubiläum hat Tivola die zweite CD-ROM mit der Maus herausgebracht. Und was soll man sagen: wenn man die CD-ROM nach dem Süßheitsfaktor beurteilen würde, wäre sie schon Wochen auf der Poleposition. Doch ich will sachlich bleiben (nach fünf Gegenstandsbeschreibungen für meine Deutschlehrerin wird mir das nicht allzu schwer fallen). Wie nicht anders zu erwarten, geht es bei dieser CD-ROM hauptsächlich um das Thema „Geburtstag“. Ein reichlich gedeckter Gabentisch stellt sozusagen das Hauptmenü dar, von dem man zu allen Bereichen der CD-ROM gelangen kann.
Wie schon beim letzen Mal führt Armin Maiwald durch das Programm, der mir mit seinen ellenlangen Erklärungen, die man nicht vorzeitig beenden kann, manchmal ziemlich auf die Nerven geht. In der Mitte des Geburtstagstisches steht eine Torte mit kleinen Figuren, die jeweils ein Instrument spielen. Klickt man die Torte an, sieht man sie aus der Nähe, doch nun hat man nur noch eine Figur, die ein Instrument spielt. Die anderen Musiker kann man in den einzelnen Themenbereichen der CD-ROM finden. Jeder dieser Musiker spielt einen kleinen Teil des Maus-Titelsongs, wenn man alle gefunden hat, kann man sich das Lied selbst zusammensetzen, oder besser gesagt, komponieren. Im Programmpunkt „Sachgeschichten“ sieht man einen Beitrag aus der „Sendung mit der Maus“ über Dudelsäcke. Dudelsäcke, sehr interessant! Ich möchte ja nicht unfair den Herstellern gegenüber sein, aber ich finde, dass es bestimmt lustigere Themen für diesen Abschnitt gäbe. Leider steht meine Meinung genau gegen die eines Vertreters der Zielgruppe dieser CD-ROM.
Dieser Vertreter ist acht Jahre alt und mein Bruder. Aber da wir immer gegenteiliger Meinung sind, außer in der Frage, ob wir heimlich Süßigkeiten aus Mamas Reservoir stehlen sollen, ist seine Sicht in dieser Frage nicht wichtig. Doch nun zurück zu den Dudelsäcken. Der Beitrag ist, um ihn aufzulockern, in kurze Teilabschnitte unterteilt. Zwischen denen gibt es kleine Spiele oder es werden Fragen gestellt, die per Klick beantwortet werden können. Anders als bei Günther Jauch, ist es hier egal, ob man nicht sofort auf die richtige Antwort klickt. Bei einem Fehlklick wird von Armin kurz erklärt, warum die Antwort falsch ist. Am meisten Spaß macht Kindern bestimmt das Klangmalen. Erst sucht man sich eins der vorgegebenen Instrumente aus, dann kann es losgehen. Auf einer Fläche kann man nun wie wild Häuser, Tiere oder einfach nur Striche malen. Das Beste daran ist, dass man sich nach vollendeter Arbeit sein Werk anhören kann, indem man auf den Play-Knopf am Bildschirmrand klickt. Wie das funktionieren soll? Ganz einfach, je weiter oben man auf der Fläche zeichnet, desto höher werden die Töne und umgekehrt. Das klingt schräg und vor allem laut. Und das macht nicht nur meinem Bruder, sondern auch mir Spaß.(Altersempfehlung: 4 bis 10 Jahre)
Günther Anfang: CD-ROM Löwenzahn die Fünfte
Auch die fünfte Ausgabe der inzwischen zum Klassiker gewordenen CD-ROM „Löwenzahn“ wartet wieder mit vielen Überraschungen auf. Schwerpunktthemen sind dieses Mal die Sinnesorgane Auge und Nase sowie alles Wissenswerte über das Wattenmeer und das Leben der Schnecken. Außerdem gibt es noch jede Menge Informationen über Eisenbahnen und Räder sowie über Heil- und Giftkräuter. Natürlich sind auch wieder eine ganze Reihe unterhaltsamer Spiele dabei, angefangen von einem lustigen Schneckenrennen über ein Geschicklichkeitsspiel mit dem Titel „Rettet die Wattwürmer“ bis hin zu einem liebevoll gestalteten Riechquiz. Dafür wurden der CD-ROM sogar Duftkarten beigelegt, die zum Herausfinden von verschiedenen Gerüchen benötigt werden.
Man muss schon eine feine Nase haben, um die verschiedenen Düfte voneinander unterscheiden zu können. Dies ist im übrigen auch eine der Stärken der neuen Löwenzahn CD-ROM: Sie regt an, die verschiedenen Sinne zu aktivieren. Wer vom Herumklicken auf der CD-ROM schließlich genug hat, kann auch noch selbst aktiv werden. Im Erfinderbuch gibt es eine Vielzahl von Anregungen, um sich als Erfinder zu profilieren. Hier sind Tüftler gefragt mit witzigen Ideen und kreativen Einfällen. Doch Löwenzahn-Fans dürften dabei keine Schwierigkeiten haben.(Empfohlen ab 6 Jahren)
Günther Anfang: CD-ROM KosmosKids experimentieren mit Licht, Erde und Schwerkraft
Die CD-ROM, die auf den Erfahrungen der erlebnisorientierten Vermittlung naturwissenschaftlicher Phänomene mit Experimentierkästen basiert, versucht Kinder ab dem Alter von neun Jahren zu erreichen. In über 100 interaktiven Experimenten werden die Gesetze der Natur, Technik und Umwelt erklärt und veranschaulicht: angefangen von physikalischen bis hin zu chemischen Fragestellungen.
Leider geschieht dies alles etwas trocken und erinnert an schulischen Wissensstoff, der vermittelt werden soll. Wer in der Schule schon wenig Interesse für Chemie und Physik hat, wird auch mit dieser CD-ROM nicht sehr weit kommen. Spielerische Elemente fehlen fast ganz.
m Gegensatz zum Vorbild, dem Kosmos-Experimentierkasten, fehlen hier die sinnlichen Teile eines naturwissenschaftlichen Experiments. Es wird zwar viel erklärt, wie was funktioniert, doch das Ausprobieren bleibt dabei manchmal auf der Strecke. „KosmosKids“ ist somit eher ein Nachschlagewerk für Referate und Hausaufgaben als eine Spiele-CD-ROM.
Günther Anfang: CD-ROM Emil und Pauline auf dem Bauernhof
Ein Lernspielspaß für die Jüngsten dürfte diese CD-ROM sein. Das nett animierte Spiel rund um einen Bauernhof enthält für Kinder im Vorschulalter verschiedene kleine Aufgaben, die sie per Mausklick erledigen können. So müssen sie zum Beispiel Hasen in der richtigen Reihenfolge in einen Zug setzen oder auf einem Schwarzweiß-Bild Gegenstände finden, die sich bei richtiger Lösung bunt verfärben. Nett ist auch das Memory-Spiel in einem Heuhaufen, wo Tiere ihren Stimmen zugeordnet werden müssen.
Da alle Aufgaben genau erklärt werden und die Kinder keine Texte lesen brauchen, eignet sich dieses Lernspiel für Kinder bereits ab vier Jahren. Leider sind die Aufgaben auf dem Bauernhof schnell erledigt, weshalb der Lernspaß nicht sehr lange anhält. Doch häufig hat in diesem Alter die Wiederholung immer gleicher Aufgaben auch seinen Reiz, weshalb die CD-ROM durchaus einen längeren Gebrauchswert haben dürfte.
Günther Anfang: CD-ROM Der Teddy und die Tiere
Als interaktives Lese- und Spielabenteuer ist der „Teddy“ nach den Bilderbuch von Michael Ende sicher eine gelungene CD-ROM für die allerjüngsten Computerkids. „Washable“ heißt der kleine Bär, der sich in dieser wunderbar illustrierten Geschichte auf den Weg macht, die Welt zu erkunden. Die Tiere, die er unterwegs trifft, haben alle eine Aufgabe im Leben, nur Washable weiß nicht, warum er eigentlich auf der Welt ist.
Nach und nach findet er es aber heraus und muss nicht mehr traurig sein. Eingebettet in diese von Rufus Beck erzählte Geschichte sind verschiedene Spiele, bei denen den Kindern kleine Aufgaben gestellt werden. So müssen zum Beispiel auf einer Eierrollbahn Kuckuckseier daran gehindert werden, in die Nester zu rollen oder die Puzzleteile einer Bienenwabe sollen wieder zusammengesetzt werden. Spaß machen dürfte den Kindern auch das Spiel, einen Bären anzuziehen oder einem Vogel beim Duschen die richtige Wassertemperatur einzustellen.
Alle Spiele sind bewusst einfach gehalten und sollen die Kleinen animieren, mit der Maus richtig umzugehen. Ob das jedoch bereits mit drei Jahren sein muss, wie es die Spielempfehlung vorsieht, sei dahingestellt.
Günther Anfang: Medienpädagogik zwischen Aus- und Fortbildung
Mit der Einrichtung der Aus- und Fortbildungskanäle (AFK) wurde Jugendlichen eine Plattform geschaffen, um unter professionellen Bedingungen Medienproduktionen zu erarbeiten und sie einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.
(merz 2001-02, S. 101-103)
Günther Anfang: Gutes Edutainment
Janosch Vorschule 1-3Windows 95/98/ME/XP, Terzio Verlag München 2003, je 19,95 €, Empfohlen ab 5 Jahren
Unter dem Motto „Fit für die Schule mit Tiger und Bär„ hat der Terzio Verlag gleich drei CD-ROMs für die Vorschule herausgebracht, die eine gezielte Förderung für Kinder bereits in der Kindergarten- und Vorschulzeit zum Ziel haben. CD 1 ist dem Themenbereich „Mathe und Logik“ gewidmet, CD 2 dem Themenbereich „Deutsch“ und CD 3 dem Themenbereich „Sachwissen“. Jede CD-ROM hält zehn Aufgaben bereit, die wiederum bis zu zehn Schwierigkeitsstufen vereinen. Dabei ist ein Schritt-für-Schritt-Vorgehen nach dem Motto "Übung macht den Meister" zu durchlaufen, was den Kindern spielerisch Zahlen, Buchstaben und ein grundlegendes Sachwissen vermitteln soll. Auf der CD-ROM „Mathe und Logik“ geht es darum, Zahlen, Farben und Formen, Muster und Mengen kennen zu lernen und zuzuordnen. Ganz spielerisch können diese Fähigkeiten beim Aufräumen mit der Maus, im Raupenspiel mit Tante Gans oder auch im Wettbewerb der Protzfische geübt werden, um sie anschließend im "Spiel mit mir"-Wettkampf gegen einen weiteren Mitspieler unter Beweis zu stellen.
Mit Hilfe der CD-ROM „Deutsch“ sollen Kinder ihre sprachlichen Fertigkeiten trainieren. Ob Wörter raten mit dem Blubberfisch, Geschichten mit dem Maulwurf, Kochen mit dem Bär oder das Merkspiel mit Fuchs und Gans, die CD-ROM enthält eine Menge Anregungen, sprachliche Fertigkeiten auszubilden und zu vertiefen. Die dritte CD-ROM zum Thema „Sachwissen“ vereint verschiedene Bereiche wie Fragen zum Umgang mit Geld, die Kenntnis elementarer Verkehrsschilder, das Lesen der Uhr, das Wissen um den eigenen Körper und seine Funktionen sowie eine kleine Einführung in den Computer. Witzige Spielchen, wie das Pilzfangen oder die Maus vom Käse fernhalten, wirken einerseits entspannend und fördern andererseits neben dem Sachwissen auch das Reaktions- und Konzentrationsvermögen. Zu allen Übungen auf den CD-ROMs gelangt man über eine Landkarte oder auch auf Vorschlag von Tiger und Bär, die hilfreich durch das Spiel begleiten.
Darüber hinaus gibt es zusätzliche Features, wie das Elternprotokoll, das dokumentiert, wie weit die Sprösslinge einzelne Aufgaben bewältigt haben sowie den Elternratgeber, der unter anderem Informationen zu einem gelungenen Schulstart parat hält, Schulfähigkeit und im Zusammenhang mit dem Computer eine mögliche Vereinsamung sowie eine angemessene Spieldauer thematisiert. Insgesamt machen die CD-ROMs Kindern sicher viel Spaß, da sie lustige Geschichten mit viel Wissenswertem verpacken. Solange Eltern die CD-ROMs nicht als Trainingsprogramm verwenden, um ihren Sprösslingen bereits vor der Schule Druck in Sachen Lernen zu machen, dürften diese Edutainmenttitel eine willkommene Abwechslung auf dem heiß umkämpften Lernsoftwaremarkt sein.
Günther Anfang: Europäische Jugendprojekte im Internet
Es gibt zwar eine Vielzahl von Internetadressen unter den Suchwörtern „Jugend“ und „Europa“, aber nur ein kleiner Teil verweist auf Vernetzungsprojekte von und für Jugendliche. Von diesen werden einige hier vorgestellt.
(merz 2000-03, S. 151-156)
Günther Anfang: Im Comedy-Schlaf
Ausgerüstet mit einer Tüte Popcorn, startete ich am Freitagabend den Versuch, eine Comedy-Night auf SAT 1 anzusehen. Schließlich gehört sie zu den Lieblingssendungen meines Sohnes Florian (12 Jahre), der mir versichert, dass man da viel lachen kann. Ich bin auf das Schlimmste gefaßt, denn „Comedy-Night“ klingt nach dummen Kalauern, sexistischen Sprüchen und jeder Menge billiger Unterhaltung. Der Abend beginnt mit „Genial daneben“, einer Ratesendung mit Hugo Egon Balder und Hella von Sinnen, bei der es darum geht, Begriffe zu definieren. Es sind natürlich keine normalen Begriffe, sondern irgendwie lustige Begriffe, die da erraten werden sollen, wie zum Beispiel „Was ist ein Brechhaufen“. Ich denke, ich brauche hier nicht auszuführen, wie die Ratekandidaten den Begriff definierten. Doch nun ist erst einmal eine längere Werbepause angesagt. Hier bietet sich die Gelegenheit, Werbespots zu raten. Wer am schnellsten eine Werbung erkennt, ist Sieger. Gegen meinen Sohn habe ich keine Chance. Um 21.15 Uhr geht es mit der Comedyshow „Was guckst du?!“ endlich weiter.
Diese Kultsendung mit Kaya Yanar hat wohl auch schon bessere Tage gesehen. Florian schwört zwar auf Kaya, jedoch kann er an diesem Abend auch nicht richtig lachen, denn die eingespielten Spielszenen sind eher langweilig und die Gags von Kaya laufen immer wieder Gefahr, genial daneben zu sein. Je später der Abend, desto tiefer das Niveau, denn ab 21.45 Uhr heißt es „Axel will’s wissen“. In dieser Serie geht es um die Komik im Alltag eines jungen und noch dazu schwer verliebten Erwachsenen. Hauptfigur Axel, gespielt von Axel Stein, scheitert immer wieder am Spagat zwischen seinem Leben als Azubi, bester Kumpel, Schwiegersohn, Lover und Freund. Dies ist durchaus ein netter Ausgangsplot. In der Umsetzung bleibt er jedoch platt und – erste Ermüdungserscheinungen machen sich bemerkbar – langweilig. In der Zwischenzeit – es ist jetzt 22.15 Uhr – haben wir bereits knapp 40 Minuten Werbung über uns ergehen lassen. Das hat immerhin zur Folge, dass ich beim Werberaten langsam besser werde. Doch nun geht es unerbittlich weiter mit der „Comedy-WG: Die dreisten Drei“.
Man könnte es ja schon als ziemlich spaßig einstufen, dass in dieser WG zwei Jungs mit einem Mädchen zusammen wohnen. Doch es reicht dann lediglich für mittelmäßige Gags, wenn der gutmütige Dicke und der quirlige Jungdynamiker auf die hart aber herzliche WG-Fee treffen. Warum es sich hier um eine Comedyserie handeln soll, bleibt mir schleierhaft. Florian findet sie zumindest cool, weil er so lange aufbleiben darf. Jetzt ist es allerdings Zeit für ihn. Für mich übrigens auch, denn nach so viel Comedy bin ich ziemlich müde. Doch bei SAT 1 ist noch lange nicht Schluss. Das Beste habe ich sicher versäumt, denn als nächstes stand die Comedyserie „Zack!“ auf dem Programm und schließlich um 23.15 Uhr die Serie „Bewegte Männer“, ab 23.45 Uhr „Die Wachmänner“ und schließlich um 0.45 Uhr „Frasier“. Doch da lagen Florian und ich schon lange im Bett.
Frauenfeindliches und Sexistisches haben wir nicht entdeckt, viel zum Lachen auch nicht. Oder war ich einfach nur zu müde und hab´ an den entscheidenden Stellen geschlafen?
Günther Anfang: Gehirnjogging mit Nintendo DS
Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging: Wie fit ist Ihr Gehirn. Videospiel für Nintendo DS, USK-Einstufung: Freigegeben ohne Altersbeschränkung. Preis für Spiel: 27,95 €; Preis für Konsole Nintendo DS Lite white: 139,95 €Eine interessante Entwicklung auf der Games Convention 2007 in Leipzig war, dass die Spieleindustrie die Zielgruppe der älteren Menschen und die der Familien entdeckte. Vor allem der Nintendo-Stand war umlagert von Spielerinnen und Spielern der älteren Generation, die ihr Gehirn mit Hilfe eines japanischen Programms trainieren wollten, das ein gewisser Dr. Kawashima, seines Zeichens Gehirnforscher, entwickelt hatte. In Japan verkaufte sich das Spiel bereits über 1,4 Millionen Mal. Nun versucht Nintendo den europäischen Markt damit zu erobern. Dabei ist Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging-Programm Wie fit ist Ihr Gehirn kein klassisches Videospiel, sondern die interaktive Ausgabe von Kawashimas Buchbestseller Train Your Brain. Gespielt wird es mit dem Nintendo DS, dem Nachfolgemodell des klassischen Gameboy. Der Nintendo DS ist eine tragbare Videospiel-Konsole, die über zwei LC Displays, ein eingebautes Mikrofon und eine Reihe weiterer technischer Neuerungen verfügt, die eine gegenüber früheren Konsolen vereinfachte Spielesteuerung ermöglicht. Durch das berührungsempfindliche Touchscreen sowie ein eingebautes Mikrofon können mobile Spiele erstmals durch Berührung oder Spracheingabe gesteuert werden. Außerdem können via WLAN mit Besitzern weiterer Nintendo DS-Konsolen kabellos Multiplayer-Spiele gespielt werden. Diese Möglichkeiten macht sich auch das Gehirnjogging-Programm von Dr. Kawashima zunutze. Mit einem mitgelieferten Stift kann das Spiel mit Hilfe des Touchscreens gestartet werden.
Zunächst wird mit ein paar kleineren Tests das geistige Alter festgestellt; eine für die meisten Spielerinnen und Spieler wohl recht deprimierende Angelegenheit, da die auf dem Display angezeigte Zahl in den meisten Fällen deutlich über dem tatsächlichen Alter der Testperson liegt. Dann geht es Tag für Tag daran, sich geistig zu verjüngen: Mit kleineren Rechenaufgaben oder einem Merkspiel, bei dem bestimmte Worte behalten werden müssen, kommt man dem Ziel näher, sein geistiges Alter der Zielmarke „20 Jahre“ anzunähern, denn nach Dr. Kawashima ist man mit 20 Jahren am fittesten. Die Aufgaben sind von ihrer Art her meist recht einfach strukturiert, trotzdem aber sehr abwechslungsreich gestaltet: Mal muss zum Beispiel gezählt werden, wie viele Bewohner sich in einem Haus befinden, was mit der Zeit schwierig wird, weil man nicht das Innere des Gebäudes sieht, sondern nur, wie viele Personen über die Zeit das Gebäude betreten oder verlassen. Oder aber es muss laut aufgesagt werden, welche Farbe die auf dem Screen dargestellten Buchstaben haben. Der Trick dabei ist, es erscheint zum Beispiel das Wort „Schwarz“ in blauen Buchstaben, so dass die richtige Antwort „Blau“ lautet. Da kann man sich leicht irritieren lassen, vor allem wenn es schnell gehen soll. Die Handschrift-Erkennung via Touchpad und die Spracherkennung via Mikrofon funktionieren erstaunlich gut.
Allerdings gibt es Probleme bei der Spracheingabe, wenn man zu laut spricht, dann wird man immer wieder aufgefordert, noch einmal zu sprechen und das kostet Zeit und Gehirnjogging-Punkte. Fraglich bleibt allerdings, ob man durch Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging-Programm wirklich schlauer wird. Nun ich denke, das lässt sich nicht eindeutig beantworten. Entscheidend ist aber, dass das Spiel Spaß macht und zumindest bei den Rechen- und Merkaufgaben die Spieler anregt werden, ihr Gehirn anzustrengen. Der Wettbewerbscharakter sorgt zusätzlich dafür, sich ständig verbessern zu wollen, denn wer will schon auf einem geistigen Alter von 65 Jahren stehen bleiben. Somit ist Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging-Programm sicher ein netter Zeitvertreib, der den Spielenden das Gefühl vermittelt, sich geistig fit zu halten.
Günther Anfang: documenta 12
Noch bis zum 23. September findet in Kassel die documenta 12 statt. Als eine der bedeutendsten Ausstellungen für zeitgenössische Kunst zieht sie alle vier Jahre eine Menge kunstinteressierter Menschen in das verschlafene Kassel. Ihr künstlerischer Leiter ist dieses Jahr Roger-Martin Buergel, als Kuratorin fungiert Ruth Noack. Gemeinsam entschieden sie über die Konzeption der Ausstellung und die Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. An sechs Ausstellungsorten werden über 500 Arbeiten von mehr als 100 Kunstschaffenden aus aller Welt gezeigt. Bereits während der Vorbereitung der documenta 12 wurde von den Ausstellungsmachern der hohe Stellenwert der Kunstvermittlung betont. Diese sei keine Zusatzdienstleistung, sondern „integraler Bestandteil der kuratorischen Komposition“. Die Macher betonten „Wie das Leben hat die Kunst keinen Sinn; Sinn muss ihr erst zu-gedacht werden“. Die Kunstvermittlung soll im Rahmen der „Bildungsinstitution“ documenta die „Kunstwerke sprechen [...] lassen“. Dies hat der gegenwärtigen documenta auch bereits den Ruf der Überdidaktisierung eingebracht, denn einige Maßnahmen, den Besucherinnen und Besuchern die documenta nahe zu bringen, schießen über das Ziel hinaus.
So gibt es einen Audio-Guide, der, von Martin Buergel selbst gesprochen, doch arg oberlehrerhaft daherkommt. Da wird man nicht neugierig auf die Kunstwerke gemacht, sondern aufgrund der monotonen Sprech- und Erklärungsweise eher eingeschläfert. Kunstvermittlung, wie sie nicht einmal mehr in der Schule erfolgt! Positiv ist jedoch, dass sich die documenta-Macher eine Menge für die jüngeren Besucherinnen und Besucher ausgedacht haben. So steht unter der Überschrift „aushecken“ für Kinder und Jugendliche ein eigener Ort innerhalb der 100 Tage Ausstellung zur Verfügung. Das Areal von „aushecken“ befindet sich in der Karlsaue in einem historischen Heckenkabinett der Orangerie. Betreten wird es durch eine große weiße Tür, hinter der sich Kinder und Jugendliche mit Zeichenmaterialien, digitalen Fotoapparaten und sogar einer Videokamera austoben können. Natürlich bietet die documenta aber auch für diejenigen, die nicht selbst aktiv werden wollen, eine Menge. Als Ausstellungsorte fungieren die bereits bewährten Gebäude Fridericianum, Neue Galerie und documenta-halle. Eigens gebaut wurde als temporäres Bauwerk der Aue-Pavillon. Außerdem bezieht die Ausstellung erstmals auch das Schloss Wilhelmshöhe im Bergpark Wilhelmshöhe sowie das Kulturzentrum Schlachthof ein.
Somit braucht man mindestens zwei Tage, um sich einigermaßen einen Überblick zu verschaffen. Von der ausgestopften Giraffe bis zum „Dream Boat“ sind eine Vielzahl von Kunstwerken zu bewundern, die eher unaufgeregt, aber oft auch sehr politisch, zu aktuellen gesellschaftlichen Situation Stellung beziehen. Mich hat am meisten eine Videoinstallation von Harun Farocki fasziniert. In „Deep Play“ werden an zwölf Monitoren verschiedene Perspektiven auf das Endspiel Italien gegen Frankreich der letzten Fußball WM gezeigt. Obwohl ich kein Fußballfan bin, hat mich diese Analyse und zeitgleiche Sicht auf ein und dasselbe Geschehen in den Bann gezogen. Ob das Kunst ist, weiß ich nicht, aber das ist, denke ich, nicht so wichtig. Vieles, was man auf der documenta sehen kann, hinterlässt einfach nur Eindrücke. Gehe jeder/jede selbst hin, um sie zu erfahren.
Anfang, Fiedler, Lutz, Kammerer: Aufwachsen in Medienwelten.
Diese Publikation ist die Dokumentation der gleichnamigen Fachtagung / Nürnberger Forum der Jugendarbeit, die vom 25. bis 27.09.2002 an der Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule stattgefunden hat. Die Verbindung von theoretisch-konzeptionellen Inhalten mit Einblicken in die praktische Werkstattarbeit ist ein wesentliches Ziel des Nürnberger Forums der Jugendarbeit.
Die nun vorliegende Dokumentation der letztjährigen Fachtagung gibt in den beiden Hauptgliederungspunkten: „Grundfragen der Medienpädagogik“ und „Praxisdarstellungen aus der medienpädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen“ dies wieder.
Die Publikation soll somit nicht nur einen Rückblick auf eine spannende, interessante und anregende Fachtagung ermöglichen, sondern auch Ausblicke für die pädagogische Praxis zeigen (Anfang, Fiedler, Lutz, Kammerer: Aufwachsen in Medienwelten. Perspektiven der medienpädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. emwe-verlag, Nürnberg 2003, 14,90 Euro).
Günther Anfang: Das Wetter war früher auch mal besser
Ja, alles wird schlechter. Die Weltwirtschaft steckt in der Krise, der FC Bayern ist nicht mehr das, was er mal war und die Wettervorhersagen sind schlichtweg eine Zumutung. A propos Wetterbericht. Da hat sich in den letzten Jahren einiges in der Aufbereitung getan. Früher gab es eine einfache Grafik. Da konnte man die Umrisse von Deutschland sehen und schell und ganz einfach erkennen, wo Wolken oder Regentropfen schlechtes Wetter ankündigten und wo lachende Sonnen uns auf schönes Wetter einstimmten. Dieser Grafik war in der Regel eine weitere vorangestellt, auf der man Zusammenhänge erkennen konnte. Denn hier wurde erläutert, warum es am nächsten Morgen im Süden schön und im Norden schon wieder schlecht wird. Ein Blick auf die europäische Wetterkarte ermöglichte es zu erkennen, dass zum Beispiel ein atlantisches Tief im Anzug und somit auch im Süden nicht mehr lange mit schönem Wetter zu rechnen ist. Das war sensationell, denn damit gelang es dem Fernsehen, Zusammenhänge aufzuzeigen, die man in den regulären Nachrichtensendungen vermisst. Da wird berichtet, dass eine Regierung gestürzt wurde und gleich darauf gemeldet, welche Opfer der Schweinegrippe-Virus fordert. Kurz darauf sind wir beim Börsenbericht und dann gibt’s noch ein bisschen Fußball und Kultur. Erläuterungen dazu: Fehlanzeige! Nun gut, wir haben ja noch das Wetter und eigentlich ist das für viele sowieso der einzige Grund, überhaupt noch Nachrichten zu sehen.
Doch die Zeiten eines Wetterberichts mit klaren Strukturen sind vorbei. Das Wetter ist nicht mehr Teil der Nachrichten, sondern eingebettet in einen Werbeblock. Da treten bei ARD und ZDF zwei Herren in grauen Anzügen mit einem Regenschirm auf. Sie kündigen an, dass uns nun das Wetter von der Commerzbank präsentiert wird. Das stimmt uns natürlich schon ein bisschen skeptisch, denn schließlich wissen wir seit einiger Zeit, dass sich die Herren von den Banken gewaltig verspekuliert haben. Ob wir ihnen da beim Wetter trauen können? Doch diese Überlegung müssen wir erst einmal beiseite schieben, schließlich wollen wir ja wissen, ob wir morgen mit dem Radl in den Biergarten fahren können. Also aufgepasst: Das Wetter von morgen präsentiert von den Sven Plögers und Jörg Kachelmanns. Sie stehen vor einer großen Wetterkarte auf der eine ganze Menge zu sehen ist. Und dann zeigen sie uns den Strömungsfilm mit vielen halbrunden Pfeilen, die alle wild durcheinander wirbeln. Anhand des Strömungsfilms erklären sie uns, wie der Wind das Wetter bestimmt. Verstehen kann man dieses Schaubild nicht, es ist lediglich zu erkennen, dass wir in einem ziemlich windigen Land leben. Doch die unterhaltsamen Wetterfrösche haben noch mehr auf Lager: Satellitenbilder, Unwetterkarten, Biowetterprognosen – damit will man uns weiß machen, dass die Wettervorhersage zu einer exakten Wissenschaft geworden ist.
Die Krönung ist dann der Wettertrend. Hier wird aus welchen Gründen auch immer irgendeine Stadt in Deutschland ausgewählt, anhand derer der Wettertrend aufgezeigt wird. Zu fragen bleibt da jedoch, ob es für uns hier in München interessant ist zu wissen, wie der Wettertrend in Kiel ist. Außer natürlich, wenn wir einen Urlaub an der Ostsee planen. Nach all den vielen Karten sind wir so verwirrt, dass wir gar nicht mehr genau wissen, wie das Wetter denn nun wird. Dafür gibt es dann noch die Zusammenfassung, damit wenigstens etwas hängen bleibt. Und schließlich machen uns die beiden Herren von der Commerzbank wieder darauf aufmerksam, dass das Wetter eigentlich eine Werbesendung war. Morgen wird’s wahrscheinlich eh regnen, auch wenn schönes Wetter vorhergesagt wurde. Aber das weiß ja schließlich jedes Kind, die Werbung macht uns immer was vor und stimmen tut sie sowieso nicht.
Günther Anfang: Frühe Kindheit und Medien
Brandt/Hoffmann/Kaulbach/Schmidt (Hrsg.) (2018). Frühe Kindheit und Medien – Aspekte der Medienkompetenzförderung in der Kita. Budrich Verlag Opladen. 209 S., 24,90 €.
Das Thema boomt, ob digitale Medien in der Kita, Kita digital oder Krippe, Kita und Kinderzimmer – Veröffentlichungen zur Medienarbeit im Kindergarten sind en vogue. Da könnte man fast den Verdacht haben, dass nun jeder und jede auf den Zug aufspringt, um mit der frühen Medienerziehung ein Geschäft zu machen. Deshalb wurde das gerade im Budrich-Verlag erschienene Buch "Frühe Kindheit und Medien" erst einmal kritisch unter die Lupe genommen. Wer schreibt da, mit welchem Background und welcher Expertise? Nun gut, die Herausgeberinnen und Herausgeber stammen alle von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Der Band wurde angeregt durch zwei Tagungen zur "Frühen Kindheit und Medien" im Juni 2014 und Oktober 2015 an der gleichnamigen Hochschule und versammelt eine Reihe bemerkenswerter Artikel zum Thema. Somit hebt er sich von herkömmlichen Tagungsbänden ab und versucht, sich aus verschiedenen Blickwinkeln dem Thema zu nähern. Dabei gliedert sich der Band in insgesamt vier Kapitel, vom "Aufwachsen und Leben in digitalen Welten" über "Professionelles pädagogisches Handeln" sowie der "Kita in Zeiten der Digitalisierung" bis hin zur Medienpädagogik in der frühen Kindheit". Jedes Kapitel ist mit zwei bis drei grundlegenden Artikeln von renommierten Medienpädagoginnen und -pädagogen ausgestattet. So beginnt das erste Kapitel gleich mit einem Beitrag von Friederike Tilemann zu "Foto, Film und Wachsmalstift" – Medienpädagogik mit jungen Kindern, in dem sie die Notwendigkeit, Kleinkinder bei der Verarbeitung von Medienerlebnissen zu unterstützen, unterstreicht. Sie betont den Bedarf an Medienkompetenzförderung in der frühen Kindheit und schildert Medienpädagogik als Teil des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Kita. Dass das alles nicht ohne Widerstände abgeht, wird gleich im nächsten Artikel von Dagmar Bergs-Winkels und Peter Winkels beschrieben. Medienerziehung wird noch zu oft als Bewahrung vor dem Übel gesehen. Dies liegt auch daran, dass der Widerstand gegen Bildmedien in den europäischen und islamisch geprägten Kulturen stark verankert ist. Auf dem Boden der Geringschätzung von Bildmedien hat es der Erwerb von Medienkompetenz somit nicht leicht. Berger-Winkels plädiert deshalb dafür, diese Grundhaltung zu überwinden und gemeinsam mit den Kindern zu lernen, wie mit dieser neuen Medienwelt umzugehen ist.
Im zweiten Kapitel stellt Henrike Friedrichs-Liesenkötter Medienerziehung in Kindertagesstätten unter dem Blickwinkel des medienerzieherischen Habitus angehender Erzieherinnen und Erzieher vor. In ihrer Untersuchung zur Ablehnung von digitalen Medienkompetenzprojekten durch pädagogische Fachkräfte wird deutlich, dass angehende Erzieherinnen gegenüber älteren Erzieherinnen dem Thema Medienerziehung nicht offener gegenüberstehen. Hier bedarf es praktischer Er¬fahrungen und struktureller Unterstützung, um Medienpädagogik in der Kita zu verankern und Vorurteile abzubauen. Welche Möglichkeiten und Grenzen der Aus- und Fortbildung pädagogischer Fachkräfte sich in Zeiten der Digitalisierung eröffnen, beschreiben Thomas Schmidt und Sebastian Karnoll in ihrem Beitrag zur Professionalisierung pädagogischen Handelns. Dabei führen sie aus, dass virtuelles Lernen erhebliche Potenziale für die Fort- und Weiterbildung frühpädagogischer Fachkräfte eröffnet, allerdings nur, wenn dafür auch die Voraussetzungen für onlinebasiertes Lernen geschaffen werden.
Im dritten Kapitel "Die Kita in Zeiten der Digitalisierung" beschreiben Sabine Eder und Susanne Roboom, wie im Zeitalter von "Big Data" das Kinderzimmer, die Kita und die ganze Lebenswelt der Kleinkinder immer stärker ausspioniert, überwacht und kontrolliert werden und wie die Erwachsenen und die Kita darauf reagieren sollten. Sie kommen zum Schluss, dass die digitalisierte Kindheit es notwendig macht, die digitalen Kinderrechte zu stärken und zu verankern. Das Recht auf digitale Bildung bringt aber auch die Bildungseinrichtung Kita mehr und mehr in die Verantwortung, Medienbildung konzeptionell einzubinden. Nehmen wir Medienbildung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe ernst, müssen auch pädagogische Fachkräfte medienpädagogisch fundierte und aktive Medienerziehung als Querschnittsaufgabe auffassen, die für alle Bereiche der frühkindlichen Bildung und Erziehung bedeutsam sind.
Im abschließenden Kapitel "Medienpädagogik in der frühen Kindheit" gehen Nadja Kutscher und Birgit Schäfer-Biermann noch auf verschiedene sozialpädagogische Aspekte der Medienbildung ein und schildern die Aufgaben, die sich dadurch für die Kita ergeben.
Frühe Kindheit und Medien richtet sich an die wichtigsten Hauptakteure im Bereich Kita und Medien, die in vier Kapiteln mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung adressiert werden. Während sich im ersten Kapitel gegen Katastrophenszenarien und ein utopisches ländliches Kindheitsidyll positioniert wird, erhalten hier insbesondere Eltern einen Aufgabenkatalog mit latenten Mahnungen zu mehr Offenheit, Kooperativität mit ihren Kindern und erhöhter Reflexion des Medien- und Familienalltags. Das Sichtbarmachen von Studienergebnissen und damit des Widerspruchs zum politischen Willen inklusive Bildungsauftrag gegenüber Kitas gelingt dagegen im folgenden Kapitel, gesteigert um eine, für die adressierten pädagogischen Fachkräfte angemessene, fachliche Aufbereitung. In einer anregenden Ursachenforschung über medialen Habitus und Dispositionen von Erziehenden werden schließlich neue Kompetenzbereiche für Fachkräfte in der Frühpädagogik erschlossen und damit gut begründet – neben dem 'An-die-eigene-Nase-fassen' – auf eine Verbesserung der Ausbildung und dem Ausbau der Kita hinsichtlich einer virtuellen Lehr-und Lernkultur verwiesen. Innerhalb eines Selbstverständnisses von Medienkompetenz als "vierte Kulturtechnik", neben Lesen, Schreiben und Rechnen, plädieren die Herausgeberinnen und Herausgeber schließlich für eine verstärkte Zuwendung zu einer informatischen Bildung in Kitas. Viele aktuelle Beispiele, politische Maßnahmen und insbesondere zukunftsträchtige Konzepte liefern Impulse zum Weiterdenken und regen zum Aktivwerden an. Der Band erreicht, trotz so einiger Mahnungen und Imperative samt latenter Instrumentalisierungen medienpädagogischer Koryphäen, einen Überblick über die jeweiligen aktuellen Fragestellungen. Geleistet wird dabei ein Zugang zu den jeweiligen Herausforderungen mit Chancen und neuen Aufgaben in allen angrenzenden Handlungsbereichen.
Als Fazit kann festgehalten werden, dass der Band wichtige Aspekte für eine frühe digitale Medienbildung liefert und damit in jedem Fall die aktuelle Diskussion bereichert. Eine Antwort darauf, welche Modelle der medienpädagogischen Arbeit in der Kita zu entwickeln sind, bleibt das Buch allerdings schuldig. Hier bräuchte es ein Praxisbuch Medienkompetenzförderung in der Kita.Günther Anfang
Günther Anfang: „Wie lange darf mein Kind jetzt eigentlich fernsehen?“
Mit dieser Frage wird man häufig auf Elternabenden zum Medienumgang von Kindern und Jugendlichen konfrontiert. Die Meinungen gehen da sehr auseinander. Während ein Teil der Eltern das Fernsehen am liebsten vollkommen verbieten würde, ist der andere Teil ziemlich verunsichert, da man ja immer wieder hört, dass zu viel Fernsehen schädlich ist. Wieder andere sind davon überzeugt, dass vor allem die hektischen Schnitte dafür verantwortlich sind, dass sich unsere Kinder nicht mehr konzentrieren können. „Ich hab da mal einen Artikel eines Hirnforschers gelesen, der nachweist, dass die schnellen Schnitte das Hirn der Kinder nachhaltig schädigen.“ Solche und ähnliche Sätze bekommt man immer wieder zu hören, wenn man in Sachen Elternabend zum Thema Medien unterwegs ist. In der Regel wird man dafür von einem besorgten Mitglied des Elternbeirats engagiert, mit dem Hinweis, dass das Thema Medien an der Schule gerade intensiv diskutiert wird und deshalb der Rat eines Experten hinzugezogen werden sollte.
Auf die Frage wie viele Eltern denn erwartet werden, bekommt man dann häufig die ausweichende Antwort: „ Also ziemlich viele. Wir machen den Elternabend auf alle Fälle in der großen Aula.“ Am Elternabend selbst sieht es dann leider häufig sehr ernüchternd aus. Zwar ist die große Aula bestuhlt, doch weist die Art der Bestuhlung schon einmal darauf hin, dass nicht so viele Eltern kommen werden wie erwartet. „Ja, leider haben schon einige Eltern abgesagt, da sie einen anderen Termin haben. Und heute Abend ist ja auch noch das Fußballspiel im Fernsehen.“ Nun gut, dann werden es halt wieder die üblichen zehn bis 15 Eltern, die eigentlich schon alles wissen und nur noch kommen, um Bestätigung zu erfahren. Sie wissen jedenfalls, wie viel Fernsehen sein darf, nur bei den Computerspielen sind sie häufig noch ratlos. „Mein Sohn ist in letzter Zeit nicht mehr von diesen Spielen wegzubringen. Ist er schon computersüchtig?“ Hier beginnt in der Regel eine heftige Diskussion über Sucht und Suchtgefahren, doch stellt sich schnell heraus, dass das exzessive Spielen eine vorübergehende Erscheinung ist, von Sucht noch sehr weit entfernt. Ein weiteres Thema sind natürlich auch die ‚Killerspiele‘.
Zwar sind alle Eltern davon überzeugt, dass ihr Kind durch die Spiele nicht zum Killer wird, aber über Wirkungen lässt sich trotzdem trefflich streiten. Und: „Ich hab da mal einen Artikel gelesen ...“. Dies gipfelt dann nur noch in der Aussage eines Elternteils oder einer Lehrkraft, dass die Kinder heutzutage viel aggressiver sind und noch zutreten, wenn ein Kind schon am Boden liegt. Spätestens dann ist für viele bestätigt, dass die Medien die Ursache allen Übels sind. Am Ende des Elternabends ist man sich jedenfalls einig, dass es gut war, sich mit den Problemen des Medienumgangs der Kinder auseinandergesetzt zu haben. Und man ist sich sicher, Erziehungsrezepte für diejenigen gewonnen zu haben, die nicht da waren.
Günther Anfang: TalkMan
Rezension:Sony Playstation portable, Preis ca. 200,- €, in der Regel als Bundle mit einem Spiel. Ohne Spiel ab ca. 160,- €. Zubehör: memorystick ab 15,- € (64 MB) bis 50,- € (2 GB), Lernspiel Talkman inkl. Mikro: Preis: ca. 50,- €
(merz 2007-3, S. 34)
Günther Anfang: TrackMania United
TrackMania United, Windows 2000/XP/x64/Vista, Pentium IV 1.6GHz, 256 MB RAM Direct X 9,09 kompatible Grafikkarte mit mind. 16 MB, Direct X 9.0c kompatibel Soundkarte. Festplattenbedarf 1,5 GB; USK: Ohne Altersbeschränkung; 35 €
Jungs lieben Autorennen, ob real oder virtuell. Aus diesem Grund sind Rennspiele für den Computer bei dieser Zielgruppe seit Jahren sehr erfolgreich. Klassiker des Genres sind Need for Speed oder Midtown Madness. Bei diesen Spielen geht es in erster Linie darum, Rennen in verschiedenen Städten wie London oder Washington D. C. zu fahren und dabei auch diverse Crashs mit anderen Fahrzeugen und Personen zu riskieren. Anders ist das bei TrackMania, das ebenfalls als Klassiker dieses Genres eingestuft werden kann. Hier geht es vor allem darum, Strecken zu bauen und darauf die eigenen Fahrkünste zu testen. Von der Vielzahl von Rennspielen hebt es sich durch einen integrierten Editor ab, mit welchem der Spieler auf einfache Weise eigene Strecken gestalten kann.
Damit ist TrackMania sozusagen ‚Die SIMS für Jungen’. Über 300 Streckenbauteile, von Geraden und Kurven über Schanzen, Loopings und Röhren bis hin zu Schlaglöchern, Tunnels und Dekorationselementen stehen zur Auswahl. Die erstellten Strecken lassen sich danach in 3D-Grafik sowohl im Einzelspieler- wie auch im Mehrspieler-Modus befahren. Auf Kollisionsmöglichkeiten der Fahrzeuge untereinander wurde zugunsten des Spielprinzips verzichtet.Ausgehend vom TrackMania Original, das bereits 1995 auf dem Markt gekommen ist, sind in der Zwischenzeit viele weitere Versionen erschienen unter anderen TrackMania Sunrise, TrackMania Nations und als neueste Variante TrackMania United.Der neueste Teil der mehrfach preisgekrönten TrackMania-Serie bietet zwar nicht umwerfend viel Neues, doch durch die Überarbeitung kamen einige nette Effekte hinzu.
So sind die Hin-tergründe besser gemalt und auch die Autos mit mehr Details ausgestattet. In drei verschiedenen Modi und auf rund 200 neuen Kursen kann man sein Können unter Beweis stellen. Das Spiel kann sowohl online mit Gleichgesinnten rund um die Welt als auch allein gespielt werden. Als Onlinespiel bietet TrackMania die Mö-glichkeit im Netzwerk gemeinsam an Strecken zu basteln und dafür auch sogenannte ,Coppers’ und Bewertungen zu erhalten. Wie bei allen Onlinespielen ist damit aber auch ein Zeitfresser eingebaut. So schön und kreativ das Spiel ist, so problematisch ist es in Bezug auf den Zeitfaktor. Alle Rennbegeisterten können sich hier mehrere Stunden in einer virtuellen Welt verlieren und vergessen darüber ihre Hausaufgaben.
Günther Anfang: Löwenzahn, die siebte
Zum siebten Mal geht Peter Lustig auf Entdeckungsreise und hat wieder eine ganze Menge an Themen im Gepäck: Diesmal möchte er etwas über die Entstehung der Schrift und den Buchdruck erfahren und stößt dabei auf ein Geheimnis. In einer Schokoladenfabrik bekommt er alles über die Herstellung von Schokolade erklärt, in einem Moor will er nach seinen Urahnen forschen und macht dabei eine gruselige Entdeckung. Auch über Fotografie macht sich Peter Lustig schlau und zeigt, wie eine Lochkamera funktioniert. Sogar auf die Frage, warum Schweine im Dreck suhlen, findet er eine Antwort.
Vor allem für Musikfans hat er diesmal etwas ganz Besonderes auf Lager: wer sein musikalisches Gehör testen will, kann dies beim Hör-Memory tun. Außerdem erklärt Peter Lustig auf einer Zeitreise durch die Geschichte der Musik die wichtigsten musikalischen Stile von Barock bis zur Moderne. Aufschlussreich ist auch Peters Tonstudio. Hier zeigt er, wie sich durch die Untermalung mit unterschiedlicher Musik der Charakter eines Films verändert.
In Peters Bauwagen sind natürlich wieder jede Menge Spiele und Videos zu entdecken. Und wer schon lange einmal die Latzhose von Peter Lustig schneidern wollte, findet einen Schnittmusterbogen für eine original Peter Lustig-Latzhose. Somit bietet Peter Lustig auch in der siebten Ausgabe eine abwechslungs- und lehrreiche CD-ROM, die Kindern nicht nur Spaß macht, sondern auch als Edutainment-Programm die Erfolgsserien fortsetzt.
Günther Anfang: Oh wie schön ist Panama
Ein Wunder, dass es diese CD-ROM nicht schon lange gibt. Schließlich hat das gleichnamige Kinderbuch von Janosch nicht nur sämtliche Kinderzimmer erobert, sondern vor allem bei Eltern und Großeltern einen Janosch-Wahn ausgelöst, der sich auf Fahrräder, Trinkflaschen und Wickelkommoden austoben durfte. Der Tiger und der Bär sind Synonym geworden für nette und harmlose Kinderunterhaltung. Doch um Janosch ist es in letzter Zeit still geworden. In den Regalen der Buchhandlungen findet man ihn kaum noch.
Kommentar eines Buchhändlers: „Der hat sich totgelaufen. Doch das wundert mich nicht, schließlich sind die Figuren auf jedem Joghurtbecher zu finden.“ Die CD-ROM kann da vielleicht das Geschäft neu beleben. Natürlich wird die Geschichte vom Tiger und vom Bären erzählt und kann Wort für Wort mitgelesen werden. Spannender ist aber das interaktive Abenteuer auf der Reise nach Panama. So muss man z.B. dem Tiger beim Pilze finden helfen und durch frei rubbeln 20 Pilze einsammeln. Das dauert leider ein bisschen und könnte nicht alle Tiger- und Bärfans zufrieden stellen.
Auch das Angelspiel und die anderen Konzentrations-, Gedächtnis- und Geduldsspiele machen Spaß. Einige Spiele erfordern jedoch vor allem für jüngere Kinder hohe Geschicklichkeit. Doch da werden sicher die Eltern nachhelfen, die sich mit den Figuren ja häufig mehr identifizieren, als die Kinder.
Günther Anfang: Ehrensache
EhrensacheRegie: Dagmar GellertProduktion: Deutschland 1999, Betacam SP-82 MinutenBezug: Dagmar Gellert, Geor-Grönig-Str.20, 28209 Bremen"von unseren türkischen Tradition ist da Wichtigste das mit der Ehre." Mit dieser Überzeugung ist Ali nicht allein. Er ist 18 Jahre und wurde wie viele seiner Freunde schon öfter durch Gewalttätigkeit und Kleinkriminalität auffällig.ein Jahr lang hat Dagmar Gellert Jugendliche einer deutsch-türkischen Clique begleitet und ihr Leben dokumentiert. Herausgekommen ist dabei ein bemerkenswerter Dokumentarfilm über die Probleme türkischer Jungen in Deutschland. Sie wachsen zwischen zwei Kulturen auf und kommen häufig nicht mit ihrem Leben zurecht. Zu Hause betimmt der Vater, das Oberhaupt der Familie, das Leben und Tun und Lassen, ohne diese Einbindung sind sie auf sich gestellt und lassennicht selten 'die Sau raus', da sie keiner Kontrolle mehr unterliegen. In ihrem Leben wollen sie etwas "ganz Großes schaffen, damit alle zufrieden sind", doch Misserfolge pflastern ihren schulischen und beruflichen Weg.
Sie verteidigen die Geschlechtertrennung und das Verbot von vorehelichem Sex, doch gleichzeitig suchen sie die Nähe von deutschen Mädchen, mit denen sie schlafen können. Voller Widersprüche balancieren sie auf dem schmalen Grat "zwischen Lüge und Wahrheit" und haben riesige Angst vorm Absturz - in die Arbeitslosigkeit, Illegalität und Drogensucht.Dagmar Gellerts Film zeigt die Widersprüchlichkeit dieses Lebens einfühlsam und manchmal schockierend. Sie will dazu beitragen, die Schwierigkeiten türkischer Jungen begreifbar zu machen, um sie besser verstehen zu lernen. Das gelingt dem Film hervorragend, da die Gruppe über einen längeren Zeitraum begleitet wird. Im Rahmen einer Projekts, bei dem eine Gruppe aus deutschen und nicht-deutschen Jugendlichen ein Theaterstück erarbeitet, werden sie von der Filmemacherin portraitiert. Das Ergebnis des Theaterprojekts bleibt zwar zwiespälitg, aber die Jugendlichen können erfahren dass sie etwas zu leisten vermögen. Ob sie dadurch für das Leben etwas gelernt haben, bleibt offen. Doch was heißt schon für das Leben lernen. Für sie kommt es darauf an, sich irgendwie zu behaupten und das ist schließlich für sie "Ehrensache".
Günther Anfang: Wenn zwei sich streiten...
Wenn zwei sich streiten freut sich nicht immer der Dritte, denn häufig gibt es ihn gar nicht. Lediglich die Streitenden fragen sich hinterher, warum es überhaupt zum Konflikt kam und warum er eskalieren musste. Diese Frage stellten sich auch Kinder des städtischen Kinderhorts an der Malmedystraße in München-Sendling. Im Rahmen des Projektes „Medienarbeit gegen Gewalt“, das das JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis in Kooperation mit der GMK – Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur zur Zeit bundesweit durchführt, produzierten sie einen Videofilm zum Thema Streit und dessen Ursachen. Ziel des Projektes war es, Kinder zur Auseinandersetzung mit Gewalt anzuregen und die Entstehung von Konflikten zu reflektieren. Ausgangspunkt des Projektes waren Konflikterfahrungen der Kinder in ihrem Alltag. Konflikte kennzeichnen dabei in unterschiedlicher Art und Weise den Alltag von Kindern, sei es als Schlägerei im Schulhof oder als Streit zu Hause mit den Geschwistern bzw. mit den Eltern.
Diese Konflikte sind häufig auch mit Gewalterfahrungen verbunden. So berichtete ein Junge, dass ein Streit oft ganz harmlos mit einer Rempelei im Schulhof beginnt und dann unerwartet eskaliert. „Plötzlich ist man mitten in einer Schlägerei und kommt nicht mehr raus.“ Ein Mädchen schilderte, wie in der Regel zu Hause ein Streit abläuft: „Häufig gibt es Streit mit den Geschwistern um Belangloses, wer was kriegt oder so. Hinterher weiß man oft gar nicht mehr, warum man überhaupt gestritten hat. Aber um sich durchzusetzen, schubst man schon mal den kleinen Bruder weg.“ Gewalt im Alltag von Kindern hat somit verschiedene Gesichter und unterschiedliche Ursachen. Die Kinder berichteten auch, dass Streit häufig durch Vorurteile entsteht. Vor allem durch Vorurteile, die Jungs gegenüber Mädchen oder Mädchen gegenüber Jungs haben. So zum Beispiel, wenn sich Jungen abfällig über Mädchen äußern und sie als „Zicken“ bezeichnen oder wenn Mädchen Jungen als Schläger stigmatisieren. Da das Thema Vorurteile gegenüber dem anderen Geschlecht die Kinder stark beschäftigte, wurde es zum Ausgangspunkt des Filmprojekts gewählt. Die Filmgeschichte sollte den Streit zwischen einer Jungen- und einer Mädchenclique aufgreifen und zeigen, wie ein Streit entsteht und wie er eskaliert. Den Kindern war es aber auch wichtig zu zeigen, wie es dazu kommt, dass man sich am Schluss wieder vertragen kann. Aus diesem Grund wurde folgende Geschichte entwickelt...
( merz 2002/01, S. 46 - 48 )
Günther Anfang: Inky - English for Cool Kids
INKY – English for Cool Kids ist eine Lernsoftware für sieben- bis elfjährige Kinder, die noch kein oder nur wenig Englisch sprechen. Inky und seine Freunde Polly, Ciao und Patrone helfen dabei, die fremde Sprache zu erlernen. Dies geschieht ebenfalls auf einem Bauernhof, auf dem an unterschiedlichen Orten Lernangebote für die Kinder enthalten sind.
So können sich die Kinder z.B. im Taubenhaus Briefe vorlesen lassen, in denen englische Kinder aus ihrem Leben berichten. Sie können aber auch im Wohnzimmer des Bauernhauses Bildergeschichten mit den „Adventures of Clara“ aufrufen oder sich im Wintergarten englische Lieder anhören. In der Scheune des Bauernhofes können die Kinder schließlich aktiv werden und im Zeichenatelier an Hand grafischer Vorlagen Bilder entwerfen. Hier können Bastelbögen ausgedruckt und zu kleinen Modellen der Tower Bridge oder des Big Ben zusammengefügt werden.
Zum Programm gehört auch ein Sprachlabor, in dem die Kinder hören, sprechen und ihre Aussprache vergleichen können. Insgesamt bietet die CD-ROM somit ein vielschichtiges Lernprogramm für den Einstieg in Englisch. Doch der Schein trügt, denn dieses Programm ist nur bedingt geeignet, Kindern Grundzüge des Englischen zu vermitteln. Die verschiedenen Rubriken sind didaktisch viel zu schlecht aufbereitet und zum Teil lieblos zusammengestellt. Kinder werden in diesem Programm lediglich ein bisschen herumklicken, da sie vieles aufgrund mangelnder Erklärung nicht verstehen können. Was bleibt sind coole Kids, die sich attraktiverer Software zuwenden.
Günther Anfang: Lernen macht Spass - Auf dem Bauernhof
Mit der Reihe „Lernen macht Spaß“ hat Terzio eine Lernsoftware für den Grundschulbereich entwickelt, bei der Aufgaben zu verschiedenen schulischen Bereichen spielerisch in eine Rahmenhandlungen einbettet sind. Erschienen sind bisher die CD-ROMS „Auf dem Bauernhof“ für die 1. Grundschulklasse und „Im Dschungel“ für die 4. Klasse. Beide CD-ROMS sind sehr ansprechend aufgemacht und regen Kinder an, sich erst einmal spielerisch durch die jeweilige Rahmenhandlung zu bewegen. So sind die Aufgaben zu Mathematik, Deutsch, Verkehrserziehung und Konzentration der CD-ROM für die 1. Klasse überall auf dem Bauernhof versteckt und warten darauf, bearbeitet zu werden. Insgesamt 10 verschiedene Orte können auf dem Bauernhof aufgesucht werden: so z.B. die Werkstatt, die Weide, der Obstgarten, der Hühnerstall und viele weitere Schauplätze, die für Kinder von Interesse sind.
Die nette Bäuerin Anna und das freche Huhn Alberta begleiten den Spieler bei seiner Entdeckungsreise. Hilfe bei allen Problemen gibt es vom Schwein Willi. Auch bei den Lernaufgaben haben sich die Macher der CD-ROM viel Mühe gegeben nette Geschichten und Aufgabenstellungen zu finden. So müssen die Kinder z.B. im Fach Mathematik Getreidesäcke in der richtigen Reihenfolge aufhängen, damit die Maus sie nicht anknabbern kann. Ganz nebenbei lernen sie dabei die Zahlenfolge von 1 bis 20 kennen und vielleicht sogar ein bisschen Spaß an Mathematik. In Deutsch geht es darum passende Sätze zu Bildern zu finden. Für die, die noch nicht lesen können, werden die Sätze vorgelesen. Nun kann man spielerisch Satz und Bildaussage zusammenbringen. Beim Konzentrationsspiel müssen schließlich bestimmte Gegenstände, die nicht zu einer Menge gehören aussortiert werden, bevor sie mit dem Förderband in der Scheune des Bauern landen.
Alle Aufgaben haben ihren Sinn darin, dass sie mit dem Bauernhof in Verbindung stehen. Schließlich geht es bei allen Spielen darum, der Bäuerin bei der Arbeit auf dem Bauernhof zu helfen. Und wenn man dabei manchmal seinen Grips ein bisschen anstrengen muss, dann schadet das nichts. Die CD-ROM ist schön illustriert und bietet für Kinder vielfältige und abwechslungsreiche Aufgaben mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen. Fazit: eine CD-ROM bei der Lernen Spaß macht und die spielerische Entdeckungsfreude nicht zu kurz kommt.
Günther Anfang: Neue Lernadventures
Mit den Klassikern „Physikus“ und „Chemicus“ hat der Verlag Heureka-Klett bei der Entwicklung von Lernadventures Maßstäbe gesetzt, die sowohl in Bezug auf die Grafik als auch bei der Vermittlung von Wissen in unterhaltsamer Form bestechend sind (s. merz 3/2000). Mit „Mathica“ und „Historion“ sind nun zwei weitere Lernadventures erschienen, die vom gleichen Entwicklerteam Ruske & Pühretmaier entworfen wurden. Als Krimi-Lernadventure ist außerdem das Spiel „Brand im Hafen?“ erschienen, bei dem es sowohl darum geht, praktisches Denken zu entwickeln, als auch Wissen aus Biologie, Physik und Wirtschaft kombinatorisch bei der Lösung eines Falls einzusetzen. Alle drei Spiele richten sich sowohl an Jugendliche ab 12 Jahren, als auch an Erwachsene, die Spaß haben, knifflige Aufgaben zu lösen und ganz nebenbei eine ganze Menge lernen wollen.
Mathica
Heureka-Klett.ISBN 3-12-135062-5; 49,90 €, ab 12 Jahre; Systemvoraussetzungen: Multimedia-PC, Pentium III, 500 Mhz, Windows 98/2000/NT/ME/XP, 64 MB RAM, Festplatte mit 150 MB oder Mac, G3, 233 Mhz, System 8.6, 64 MB RAM, Festplatte mit 150 MBEine Kleinstadt, in der Kassen mit Teilbarkeitscodes gesichert sind, seltsame Zahlenfolgen, mathematische Phänomene und ein mysteriöses Schloss - all das und noch viel mehr erwartet den Spieler in „Mathica“, einem Lernadventure, mit dem Mathematik zum Abenteuer wird. Der exzentrische Prof. Alfons Numerus hatte sich vor langer Zeit, besessen von der Idee, die Quadratur des Kreises zu lösen, in seinem Schloss verbarrikadiert. Nächtelang rechnete und rechnete er, bis er schließlich, ohne sein Lebenswerk zu vollenden, verstarb. Doch sein ruheloser Geist spukt bis heute, hält Mathica, seine unglückliche Stieftochter, im Schloss fest und zwingt sie, die unlösbare Aufgabe zu Ende zu bringen. Die Bewohner der Kleinstadt quält er mit mathematischen Rätseln und Gemeinheiten. Erst, wenn der Spieler die Formel findet, die dem Geist des Prof. Numerus die Unlösbarkeit der Aufgabe beweist, ist der Bann gebrochen und Mathica wird frei sein. Doch bis dahin gilt es, so manche mathematische Herausforderung zu meistern und nebenbei den nötigen Grips und Mut zu beweisen. Hilfreich sind dabei die Lernteile zu den Bereichen Zahlen, Geometrie, Kombinatorik, Zahlenphänomene, Wahrscheinlichkeiten und Gleichungen mit über 120 Kapiteln. Wie spannend und knifflig Mathematik sein kann, beweisen die zahlreichen Rätsel. Da müssen Codes geknackt werden, an der Tankstelle gilt es, Gallonen in Liter umzurechnen und die Kirchenorgel öffnet eine Geheimtür nur dann, wenn eine Primzahlenmelodie gespielt wird. Die liebevoll gestaltete Atmosphäre einer kleinen Stadt, der mysteriöse Irrgarten, das geheimnisvolle Schloss und die unzähligen Details machen aus Mathica nicht nur ein spannendes, sondern auch ein optisch beeindruckendes Erlebnis.
Historion
Heureka-Klett.ISBN 3-12-135058-7; 49,90 €, ab 12 Jahre; Systemvoraussetzungen: Multimedia-PC, Pentium III, 500 Mhz, Windows 98/2000/NT/ME/XP, 64 MB RAM, Festplatte mit 150 MB oder Mac, G3, 233 Mhz, System 8.6, 64 MB RAM, Festplatte mit 150 MBAls spannendes Spiel, bei dem man in vergangene Epochen eintauchen und den Alltag längst verschwundener Hochkulturen miterleben kann, wurde „Historion“ entwickelt, um Geschichte anders als in der Schule erfahrbar zu machen. Die Ausgangssituation des Spieles ist folgendermaßen umschrieben: In naher Zukunft ist die Weltgeschichte nur noch in digitaler Form in einer riesigen Bibliothek zugänglich, diese wird jedoch durch einen Virus bedroht. Der Spieler reist in Gestalt des Helden per Zeitmaschine zurück in die Vergangenheit, um vier geheimnisvolle, magische Steine zu finden und so den Virus dingfest zu machen. Der Rückweg in die Zukunft ist leider versperrt und so muss der Held sich im antiken Griechenland, zur Zeit Alexanders des Großen und im ausgehenden Mittelalter im Alltag bewähren und so manch gefährliche Situation überstehen. So ganz nebenbei erfährt er dabei Hilfreiches und Wissenswertes aus den Bereichen Gesellschaft, Kunst, Religion, Landeskunde, Militär, Wirtschaft und Persönlichkeiten zu den jeweiligen Epochen und besuchten Orten. Doch auch der Virus ist nicht untätig. Gefährliche Gegner in Form mystischer Gestalten lauern dem Helden auf und müssen geschickt bekämpft werden. Und selbstverständlich ist es auch notwendig, dass der Held sich um rechtzeitigen Energie- und Nahrungsnachschub kümmert. Um die gefährlichen Situationen zu meistern, sind List, Tücke und zündende Ideen gefordert. Erst wenn alle vier magischen Steine gefunden wurden, ist der Virus gebannt und die Geschichte der Menschheit gerettet. Soweit so gut. Das Spiel wäre sicher von der Konzeption ein spannendes Lernadventure, wenn es nicht ständig abstürzen würde. Hier hat der Klett-Verlag ein Spiel auf den Markt gebracht, das noch nicht ganz ausgereift ist und somit viel Verärgerung bei der Spielergemeinschaft erzeugt hat. Zwar hat der Verlag in der Zwischenzeit ein Patch herausgebracht, das die auftretenden Fehler behebt, doch insgesamt hat man bei diesem Spiel das Gefühl, hier wurde schnell noch etwas vor der Buchmesse auf den Markt geworfen, ohne es genügend getestet zu haben. Schade!
Krimi-Lernadventure: Brand im Hafen?
Heureka-Klett.ISBN 3-12-135068-4; 49,-- €, ab 11 Jahre; Systemvoraussetzungen: Multimedia-PC, Pentium III, 500 Mhz, Windows 98/2000/ME/XP, 128 MB RAM, Festplatte mit 250 MB, 3D-fähige GrafikkarteBesser konzipiert und für den Markt erprobt wurde dafür das Krimi-Lernadventure „Brand im Hafen?“, das bei der Frankfurter Buchmesse auch mit der „GIGA-MAUS 2002", dem Software-Preis der Zeitschrift "Eltern for family" ausgezeichnet wurde. Aufgabe des Spielers ist herauszufinden, wer den Brand im Hafen gelegt hat. Nicht nur Janny, die eigentlich nur mit einem Aushilfsjob ein bisschen Geld dazu verdienen wollte, stellt sich diese Frage. Egal, ob Lore, die alteingesessene Besitzerin des Tatooshops, Goldy, der freundliche, aber eindeutig verrückte Penner - jeder der Hafenbewohner hat seine ganz eigene Meinung zu diesem Vorfall. Und so wird aus der Geschichte unversehens ein vertrackter Kriminalfall. Janny erkundet von ihrem Hausboot aus das weitläufige Hafengelände und stößt auf so manche Unstimmigkeit. Mit Hilfe des Braintools führt sie Gespräche und hat immer den kompletten Überblick: Sie sieht jederzeit, wer ihr welche Informationen gegeben hat - und vielleicht nicht ganz die Wahrheit sagt. Das Braintool zeichnet auf einen Blick den Stand der Ermittlungen auf und bietet wertvolle Hinweise - ein unentbehrliches und einzigartiges Mind-Map als Hilfsmittel!
Doch nicht nur psychologisches Gespür und Kombinationsgabe, auch Wissen aus ganz unterschiedlichen Gebieten ist gefordert. Um zu beweisen, dass es sich bei der Ware im verlassenen Bunker um Schmuggelgut handelt, braucht es Informationen über die Zusammensetzung des ASIN-Codes und ein bisschen Kopfrechenarbeit. Morsezeichen können in einer gefährlichen Situation extrem hilfreich sein, und den geheimen Code zum Boxkampf entschlüsselt nur derjenige, der sich in englischer Landeskunde auskennt. Gut, dass im Hafengelände einige Hilfsmittel zu finden sind und dass den Bewohnern mit der richtigen Gesprächsführung doch so manches Wissen zu entlocken ist - wertvolle Hinweise, die Janny bei der Auflösung dieser verzwickten Geschichte helfen.Das Spiel ist spannend in Szene gesetzt und grafisch gut aufbereitet. Die Lösung der Aufgaben, denen man sich gegenübersieht, wird durch das Sammeln von Informationen, Gesprächen und genauen Recherchen erleichtert. Das knifflige Abenteuer, das neben Unterhaltung auch so manchen Lehrinhalt vermittelt, ist somit durchaus überzeugend.Günther Anfang: Spielend Englisch lernen
In der legendären Ritter-Rost Reihe ist nun auch eine Lernsoftware erschienen, die versucht den Spaß der Ritter Rost Geschichten mit Lernanregungen für den Englischunterricht in der Grundschule zu verbinden. Jörg Hilbert und Felix Janosa, die Autoren von Ritter Rost, haben zusammen mit den Sprachenlernexperten von Langenscheidt ein sehr ansprechendes Englischlernprogramm für Grundschüler entwickelt, das spielerisch Kinder in die Grundlagen der englischen Sprache einführt. Aufgabe der Spieler ist es, als Dolmetscher im Spiel zu fungieren.
Ein Filmteam aus Hollywood besucht nämlich das Schloss von Ritter Rost, um dort einen Ritterfilm zu drehen. Allein der Regisseur spricht Deutsch, mixt dies aber immer wieder mit englischen Vokabeln. Damit sich die Burgbewohner und das Filmteam verständigen können, brauchen sie die Hilfe des Spielers. Überall finden sich Übersetzungshinweise, damit der Spieler die englischen Begriffe kennen lernen kann. So verraten Gegenstände im Schloss per Mausklick ihre englische Bedeutung. Außerdem gibt es ein gutes Dutzend unterschiedlicher Lernspiele und zusätzlich je ein Musik-Video. Die Lernspiele sind Klassiker in neuen Gewändern. Das Hörverständnis wird zum Beispiel trainiert, indem die Kinder Mini-Bilder mit Bewegungen des Ritters auf eine Filmspule ziehen. ,,Move right’’, ,,Head down’’ - der fertige Tanz zeigt dann, ob alles richtig verstanden wurde.Ansporn fürs Lernen sind Filmrollen, die in eine Sammlung wandern.
Die Szenen können im Cutter-Studio frei zu abendfüllenden Streifen zusammen gestellt werden. Natürlich sind die Text-Einschübe nach Stummfilm-Art in Englisch. ,,Englisch lernen mit Ritter Rost’’ ist ein völlig neues Sprachlernkonzept, das Lernen in eine große Geschichte packt, das Spielerische stark betont, den Inhalt dabei aber nicht vernachlässigt. Nicht über dröge Wortschatzspiele, sondern über den elementaren Spieltrieb wird den Kindern hier das Englische näher gebracht. Vielleicht lässt sich der eine oder andere Lehrer ja einmal überzeugen, so ein Spiel im Unterricht einzusetzen. Die Schüler werden es ihm sicher danken.
Günther Anfang: Mathe macht Spass: Der Zahlenteufel
War bereits das Buch „Der Zahlenteufel“ von Hans Magnus Enzensberger eine gelungene und preisgekrönte Mischung aus Unterhaltung, Belehrung und Spannung, so ist mit der CD-ROM nun eine Edutainment Software auf den Mark gekommen, die auch Schüler begeistern wird, die mit Mathematik sonst auf Kriegsfuß stehen. Denn die CD-ROM verpackt Fragen der Mathematik in spannende Geschichten, amüsante Spiele und lehrreiche Exkursionen in die Tiefen mathematischer Phänomene. Im Mittelpunkt der CD-ROM steht wie bereits im Buch der Mathemuffel Robert, der wie viele Schüler Mathematik einfach nur schrecklich findet. Das wird jedoch anders, als er eines Tages den Zahlenteufel kennen lernt. Der besucht ihn immer nachts in seinen Träumen und nimmt ihn mit auf fantastische Reisen in die Welt der Mathematik.
Was Robert nämlich bisher nicht wusste, ist, dass die Welt der Zahlen nicht nur aus langweiligen Rechenaufgaben besteht, sondern aus kniffligen Rätseln, erstaunlichen Zaubertricks und völlig verrückten Experimenten.In 11 Nächten erkundet Robert mit seinem neuen, eigenwilligen Freund die Welt der Mathematik. Und dabei gerät er immer tiefer in Gebiete der Mathematik, die ihm bisher völlig verborgen blieben. Anders als im Buch kann man auf der CD-ROM alles selbst ausprobieren und das Geheimnis der Primzahlen genauso lüften wie das der Kaninchenvermehrung. Dreiecks-, Vierecks- und sogar eingebildete und unvernünftige Zahlen werden erfahrbar gemacht und dem Spieler nahe gebracht. Zu jedem Thema gibt es Mathe-Action-Spiele und Lernrätsel, die nicht nur Spaß machen, sondern auch das Gelernte vertiefen. Die CD-ROM ist zwar kein Paukprogramm für Schüler, die gerade in der Schule Nachhilfeunterricht in Mathematik brauchen, denn mit dem Lehrplan sind die vermittelten Erkenntnisse nicht abgestimmt. Es ist aber eine CD-ROM, die Schülern und natürlich auch Erwachsenen Spaß an Mathematik vermitteln kann und die Welt der Zahlen in unterhaltsamer Art und Weise näher bringt.
Deshalb legt der Zahlenteufel auch Wert darauf, dass es nicht darauf ankommt, irgendwelche Zahlenaufgaben zu rechnen, dafür hat man schließlich einen Rechner. Viel wichtiger ist es, sich mit mathematischen Fragen und Problemen auseinander zu setzen und sich in die faszinierende Welt der Mathematik hinein zu begeben. Bei den Aufgaben wird deshalb, wenn es etwas zu rechnen gibt, automatisch ein Rechner eingeblendet. Schließlich ist es viel zu mühsam auszurechnen, wie viel 13 x 17 ist, dazu gibt es Hilfsmittel. Schade ist nur, dass dieses Prinzip nicht ganz durchgehalten wurde und dann doch Aufgaben gestellt werden, ohne einen Rechner zur Verfügung zu stellen. Insgesamt ist die CD-ROM, die in enger Zusammenarbeit mit dem Autor Hans Magnus Enzensberger entstanden ist, eine hervorragende Lernsoftware über Mathematik zum Zuhören, Zuschauen und Mitmachen. Die Bilder stammen im übrigen aus der Feder von Rotraut Susanne Berner, die bereits die millionenfach verkaufte Buchvorlage illustrierte.
Günther Anfang: 40 Jahre medienpädagogische Arbeit
Medien beeinflussen alle Lebensbereiche und sind deshalb eines der prägenden Zukunftsthemen unserer Zeit. Längst sind Medien ein zentrales Element im Bildungsalltag. Die Aussage „keine Bildung ohne Medien“ der Bildungsinitiative führender Medienpädagoginnen und Medienpädagogen bringt dies gut auf den Punkt. Wo liegen die Gründe, dass die Medienpädagogik in den letzten Jahrzehnten so immens an Bedeutung gewonnen hat? Wo liegen die Wurzeln der aktiven Medienarbeit? Klaus Lutz hat sich mit Günther Anfang – ein Medienpädagoge der ersten Stunde – über die Entwicklung der Medienpädagogik und deren Bedeutung in der heutigen Bildungslandschaft unterhalten.
Günther Anfang: Die Kunst der Welt. Zu Gast in Kassel und Venedig
Den Anspruch, die Kunst der Welt zu präsentieren, teilen sich Kassel und Venedig: Die alle fünf Jahre stattfindende documenta in Kassel wie auch die im Zweijahresrhythmus durchgeführte Biennale in Venedig sind Weltkunstausstellungen, die den Stand der gegenwärtigen Kunst dokumentieren. Daneben gibt es nur noch die Art Basel, die als größte Kunstmesse des internationalen Kunstmarktes gilt, und vor allem den Verkauf gegenwärtiger Kunst zum Ziel hat. Aber zurück zu Kassel und Venedig. Wenn man die Wahl zwischen den beiden hat, ist man zunächst geneigt, das Ticket nach Venedig zu lösen, denn das etwas verschlafene Kassel ist wahrlich kein Reiseziel erster Wahl. Allerdings gilt die documenta seit Jahren als wichtigster Seismograph für aktuelle Kunst und legendäre Aktionen. Die Pflanzung von 7.000 Eichen durch Joseph Beuys auf der do-cumenta 7 oder die Präsenz von Ai Weiwei auf der documenta 12 belegen die außergewöhnliche Bedeutung dieser Kunstausstellung. Die Biennale in Venedig punktet allein schon aufgrund der Verortung in der Lagunenstadt und der attraktiven Ausstellungsflächen im Gelände. Und auch hier fand Legendäres statt, sowohl im kuratierten Teil der Arsenale als auch in den Länderpavillons der Giardinis. Künstler wie Christoph Schlingensief oder Ai Weiwei gaben sich im deutschen Pavillon ein Stell-dichein und veranschaulichten, was in Sachen Kunst gerade angesagt ist. Darüber hinaus ist die Biennale die älteste internationale Ausstellung zeitgenössischer Kunst, da sie bereits seit 1895 alle zwei Jahre stattfindet. Schließlich gehören zur Biennale auch noch ein Musikfestival (seit 1930), die Filmfestspiele (seit 1932), ein Theaterfestival (seit 1934) und ein Festival für zeitgenössischen Tanz (seit 1999). Ganz zu schweigen von der Architekturbiennale, die seit 1980 regelmäßig in den geraden Jahren zwischen den Kunst-Biennalen stattfindet. Somit ist ein Abwägen schwierig, ob man nun nach Kassel oder Venedig fährt. Die Lösung: beide Kunstausstellungen besuchen!
DOCUMENTA FIFTEEN
Die documenta fifteen hatte einen schwierigen Start, der im Prinzip die gesamte Ausstellung überschattete. Der Antisemitismus-Eklat beherrschte nicht nur die Diskussion, was man in Deutschland und der Welt zeigen darf und was nicht, sondern auch, wer, wann, wo und wie Verantwortung übernehmen muss. Es war durchaus revolutionär, die diesjährige documenta von dem indonesischen Kollektiv Ruangrupa künstlerisch leiten zu lassen und den Blick der Kunstbetrachtung von der nördlichen auf die südliche Halbkugel zu lenken. Aber er war verantwortungslos, judenfeindliche Darstellungen einfach durchzuwinken. Angehörige des Jugentums als Blutsauger darzustellen mit blutroten Augen, Schläfenlocken und Vampirzähnen ist nicht nur im deutschen Kontext der Geschichte ein No-Go, sondern generell unzulässig.
Auch wenn sich die indonesische Künstlergruppe Taring Padi schließlich entschuldigte, die Generaldirektorin der documenta fifteen, Sabine Schormann, schritt viel zu spät ein, um den Skandal zu entschärfen. Das war auch deshalb schade, da damit der
Blick auf die vielen anderen künstlerischen Werke zu kurz kam. So zum Beispiel auf das des ostafrikanischen The Nest Collectiv, das mit seiner Installation Return to Sender – Delivery Details ein Statement zum Verhältnis zwischen Europa und Afrika abgibt. Afrika, das Europa als Müllabladeplatz für Altkleider und Computerschrott dient, schickt den Müll der Welt zurück nach Deutschland in die Karlsauen von Kassel. Hier liegt er nun, gut verschnürt und in Stoffballen aufgeschichtet, um einen Pavillon zu bilden. Im Innern kann man Videos sehen, in denen Afrikaner*innen berichten, was die Kleiderspenden aus deutschen Containern anrichten, wie die Lieferant*innen die afrikanische Textilindustrie zerstören und die kleinen Straßenhändler*innen und Ladenbesitzer*innen in Mitleidenschaft ziehen. Mehr als 30 Veranstaltungsorte sind auf dem documenta-Plan verzeichnet, mit mehr als 1.500 Künstler*innen und Aktivist*innen. Da gibt es viel zu entdecken, auch wenn einiges fragwürdig ist und als politische Aussage in der Agitation stecken bleibt. Hier wäre weniger manchmal mehr und eine bewusste und gezielte Auswahl besser gewesen.59. BIENNALE
Das Fehlen einer gezielten Auswahl kann man der 59. Biennale in Venedig mit dem verheißungswürdigen Titel The milk of dreams, angelehnt an das gleichnamige Kinderbuch der Surrealistin Leonora Carrington, nicht vorwerfen. Vielmehr ist die von Cecilia Alemani kuratierte Weltkunstausstellung ein Spiegelbild vor allem der weiblichen Sicht auf die Welt und die Kunst. Fast 90 Prozent der Küstler*innen sind weiblichen Geschlechts und was Alemani hier zusammengetragen hat, ist durchaus beeindruckend. Allein schon in den Hallen der Arsenale, einer ehemaligen Schiffswerft, finden sich unzählige Installationen, Gemälde, Plastiken und Objekte, die Besucher*innen in den Bann ziehen. Da reihen sich riesige Tontöpfe neben einer gigantischen Frauenskulptur ohne Augen aneinander, Wandgobelins neben Korbgeflechten und immer wieder beeindruckende Gemälde von Künstler*innen aus allen Teilen der Welt. Verstörend auch ein ganzer Saal, der mit Erde gefüllt wurde, aus dem nichts außer eine Stahltreppe wächst. Beeindruckend auch die Schwarz-Weiß-Bilder mit figuralen weiblichen Darstellungen oder die skurrilen Figuren, die aus einem Karnevalszug stammen könnten. Das braucht Zeit, um das alles verarbeiten zu können. Und das ist erst der Beginn einer traumhaften Reise durch die Milk of dreams, die sich in den Giardinis fortsetzt. 80 Länder stellen hier in ihren Pavillons die jeweils aktuelle Kunst des Landes aus. So zum Beispiel Frankreich, das der arabischen Künstlerin Zineb Sedira den Pavillon zur Gestaltung anvertraut hat. Im Inneren des Pavillons sehen wir verschiedene Filmkulissen – mit viel Musik und einer Kamera. Das Ganze steht unter dem Titel Les rêves n‘ont pas de titre / Dreams Have No Titles und erinnert an Casablanca und das große französische Kino. Auch Großbritannien zeigt, wo es seine Stärken in der Kunst hat, nämlich in der Musik. Im Mittelpunkt der musikalischen Installation der Künstlerin Sonia Boyce stehen fünf schwarze Sängerinnen, die in den Abby Road Studio seine Musikaufnahme machen. Eine davon ist Tanita Tikaram, die mit dem Song Twist in My Sobriety international bekannt wurde.
Da tut sich Deutschland etwas schwerer, seine Kunst zu präsentieren. Denn der geschichtsträchtige deutsche Pavillon ist immer
wieder Anlass, sich mit der deutschen Geschichte und dem Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Die Berliner Künstlerin Maria Eichhorn hat die Geschichte des Hauses recherchiert und dabei festgestellt, dass der 1909 hier errichtete Vorgängerbau, der Bayerische Pavillon, 1938 nicht beseitigt, sondern überformt und erweitert worden ist. Eichhorn hat die Übergänge beider Bauten sichtbar gemacht, und man begreift, dass das hier einst ein ganz angenehmer Ort gewesen sein muss, weniger einschüchternd, eher wie bei den Franzos*innen und den Brit*innen nebenan.Da bleibt nur noch, im russischen Pavillon vorbeizuschauen, der allerdings verbarrikadiert ist. Vor dem Gebäude kontrolliert ein Wachmann. Nach Kriegsausbruch in der Ukraine sagten die russischen Künstler*innen ihre Teilnahme an der Biennale ab – so bleibt er leer, nur außen kann man die Jahreszahl 1914 erkennen. Wenn das nicht bezeichnend ist. Auch in Kassel auf der documenta sind russische Künstler*innen nur schwer auszumachen. Sie wollen anonym bleiben, da sie gegen den Krieg Stellung beziehen. Und eine geplante gemeinsame Ausstellung von russischen und ukrainischen Künstler*innen musste abgesagt werden, da sie für Unmut bei einigen ukrainischen Künstler*innen gesorgt hatte. Damit ist das wenig Verbindende zwischen Kassel und Venedig der Krieg in der Ukraine. Er wirft auf beide Weltkunstausstellungen seinen Schatten, so unterschiedlich die Ausstellungen auch sind. Die documenta lief bis 25.09.2022. Die Biennale läuft noch bis 27.11.2022.
Günther Anfang/Kathrin Demmler/Klaus Lutz: Editorial. Und sie tun es doch: Kleinkinder nutzen Medien, aber wie?
Mitte November 2023 sorgte die Forderung eines Moratoriums (Aufschubs) der Digitalisierung in Kitas und Schulen1 für Verunsicherung in Teilen der Bildungslandschaft. An diesem Ereignis wird deutlich, wie aktuell in Deutschland Themen der Bildung und insbesondere der frühen Bildung diskutiert werden. 40 Wissenschaftler*innen hatten sich zusammengetan, um eine Technologiefolgenabschätzung zu fordern, „bevor weitere Versuche an schutzbefohlenen Kindern und Jugendlichen mit ungewissem Ausgang vorgenommen werden.“ Besonders erstaunlich ist dabei, dass das Ende von Medienbildungsangeboten in Kita und Schule mit der vermeintlich schädlichen Wirkung von konsumtiver Nutzung von Medien im Familienalltag begründet wird. Was soll sich für Kinder und Jugendliche verbessern, wenn sie mit ihrer Mediennutzung von den Bildungsinstitutionen allein gelassen werden? All jenen, die sich sehr ernsthaft und reflektiert und dem Wohl der Kinder zugewandt mit Fragen der frühen Bildung mit Medien befassen, danken ganz herzlich für diese populistsche Herangehensweise an das Thema. Ebenso sehen Wissenschaftler*innen, die sich differenziert und faktenbasiert mit der Medienaneignung von Kindern befassen, ein Moratorium als nicht zielführend. Leider wird hier erneut deutlich, dass markige Aussagen in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich mehr fruchten, als es Potenziale und Gefahren abwägende, differenzierende Publikationen können.
Wir wollen mit der vorliegenden Ausgabe zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen und all jene mit Hintergrundinformationen und praktischen Tipps unterstützen, die sich tagtäglich für ein gutes Aufwachsen von Kindern einsetzen. Statt programmatischer Forderungen geht es schließlich darum, die Allerkleinsten im Prozess des Aufwachsens mit besonderer Sorgfalt zu begleiten und ihre Kompetenzen im Umgang mit Medien zu stärken. Die explodierende Medienwelt sorgt zu Recht für große Verunsicherung, da die Wirkung von Medien auf Kinder schwer einschätzbar ist. Andererseits müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass sich Zweijähre im familiären Umfeld selbstverständlich die Geräte aneignen und neugierig auf diese bunte, lustige Bilderwelt sind. Vor allem die selbstständige Nutzung von Medien wie zum Beispiel interaktiven Kinderbüchern, YouTube-Hits oder Hörspielen auf Spotify hat eine neue Dimension erreicht, deren Auswirkungen kritisch beleuchtet werden müssen. So ermöglicht es die Sprachsteuerung schon sehr kleinen Kindern, sich selbstständig im Internet zu bewegen, was nicht frei von Risiken und Gefahren ist. An dieser Stelle halten wir es in der aktuellen Diskussion für nötig, klarzustellen: Dies sind die Fakten alltäglichen Medienhandelns in Familien und nicht unsere Wunschvorstellungen. In der familiären Alltagswelt sind nämlich viele unterschiedliche Medien in Gebrauch und so in das Familienleben integriert, dass die Medien den Alltag in der Familie zu einem maßgeblichen Teil auch mitbestimmen.
Im Mittelpunkt dieses Hefts steht somit die Frage, wie sich Medien auf die Entwicklung der Allerkleinsten im Alter von ein bis drei Jahren auswirken und wie eine sinnvolle Befassung mit den Medienerfahrungen aussehen kann, im Kontext der Familiensituation, der Bedingungen in Einrichtungen der frühen Bildung sowie unter den gegebenen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.
Ausgehend von den Medienerfahrungen der Allerkleinsten beleuchtet im einleitenden Artikel Sonja DiVetta das Medienangebot für die Ein- bis Dreijährigen. Durchschnittlich mit einem Jahr kommen Kinder das erste Mal mit digitalen Medien in Kontakt. Für diese Zielgruppe gibt es bereits einen großen Bereich an medialen Angeboten wie Apps, Spiele und weitere Gadgets. Im Mittelpunkt des Beitrags steht dabei die Frage, welche Angebote in den Familien und Bildungseinrichtungen sinnvoll und nachhaltig eingesetzt werden können.
Auf eine Entdeckungsreise, wie wir die Jüngsten beim Erkunden der Medienwelt unterstützen können, begibt sich Karolina Böhm in ihrem Beitrag. Ihrer Meinung nach wirft die Mediennutzung von Kindern unter drei Jahren viele Fragen und Sorgen auf. Familien und pädagogische Fachkräfte benötigen ein vielfältiges Wissen, um Angebote für die Jüngsten alters- und alltagsgerecht aufzubereiten. Es zahlt sich ihrer Meinung nach jedoch aus, für Kinder und Erwachsene, den gemeinsamen Weg zu einem kreativen und aktiven Medienumgang bereits früh zu begehen.
Einen Überblick über den wissenschaftlchen Stand der internationalen Forschung zur frühkindlichen Mediennutzung gibt der Artikel von Stefan Aufenanger. Er zeigt auf, dass in fast allen Ländern der Medienkonsum der Null- bis Dreijährigen in den letzten Jahren angestiegen ist, die daraus gezogenen Konsequenzen aber unterschiedlich sind.
Was das Umfeld den Kindern bietet, zeigen die folgenden Interviews, in denen Eltern einen Einblick in die Mediennutzung verschiedener Familien in Deutschland gewähren, sowie exemplarische Erfahrungsberichte über frühkindliche Medienbildung in anderen europäischen Ländern.
Eine Studie des DJI zu digitalen Bilderbüchern rundet den Thementeil im Heft ab und geht der Frage nach, ob die Unterscheidung zwischen digital und analog überhaupt Sinn macht.
Begleitend zum Heft werden außerdem online beispielhafte Modellprojekte zur frühen Medienbildung vorgestellt, wie die Kampagne Startchance kita.digital aus Bayern, das Projekt medienBunt aus Rheinland-Pfalz sowie die landesweite Qualifizierungsinitiative KiM – Kindgerechte Medienbildung in Niedersachsen.
Ergänzend zum Überblick über die frühe Bildschirmnutzung im internationalen Kontext von Stefan Aufenanger wirft Susanne Eggert einen Blick hinter die Zahlen. In einer Studie des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis wurden Familien mit Kindern im Kleinkindalter dreieinhalb Jahre lang begleitet. Dabei zeigte sich, dass eine frühe Bildschirmnutzung je nach der familiären Situation sehr unterschiedlich sein kann.
Wir wünschen eine anregende Lektüre und hoffen, damit die Diskussion um die Digitalisierung in Kitas ein Stück weiter zu bringen, weg von Verboten, hin zu aktiver Gestaltung und sinnvoller Medienerziehung im frühkindlichen Bereich.
Günther Anfang: In Liebe, Eure Hilde
Berlin Tegel, September 1942: Hilde Coppi wird beim Erdbeerpflücken festgenommen. „Wie lange wird es dauern?“, fragt sie und folgt angsterfüllt, aber ruhig den Männern, die kurz zuvor das Laubengrundstück betreten haben, wo sie mit ihrem Mann Hans Coppi lebt. Mit diesen letzten Minuten in Freiheit beginnt im Film In Liebe, Eure Hilde die Geschichte Hilde Coppis, die in Rückblenden aus ihrer Haft im Frauengefängnis Barnimstraße erzählt wird. Es ist eine leise, aber umso eindringlichere Geschichte der Widerstandsgruppe Rote Kapelle, die in der DDR zum Kanon gehörte, im Westen aber aus ideologischen Gründen eher unbekannt ist: Hilde Coppi und die Rote Kapelle, eine nach Moskau funkende kommunistische Widerstandsgruppe gegen Hitler. In zwei Linien erzählen der Regisseur Andreas Dresen und die Drehbuchautorin Laila Stieler die Geschichte einer Frau, die sehr bewusst Widerstand gegen die Nazis geleistet hat. Hilde Coppi (1909–1943) klebte Flugblätter, hörte Radio Moskau und gab Informationen weiter, setzte zusammen mit ihrem Mann Funksprüche in die Sowjetunion ab. Das Regime ahndete das mit der Todesstrafe. Liv Lisa Fries, bekannt aus Babylon Berlin, spielt Hilde, eine kluge junge Frau mit Brille, die sich in Hans (Johannes Hegemann) verliebt, der der Roten Kapelle angehört. Der Film beginnt mit ihrer Verhaftung, die sich mit Erinnerungen vermischt, die bis zur ersten Begegnung mit ihrem Mann reichen. Es ist eine Geschichte von jungen Menschen, die die Freiheit lieben und ganz normal leben wollen. Sie gehen baden, machen Ausflüge und verbringen ihre Freizeit beim Zelten.
Viele Geschichten von Nazi-Gegner*innen sind fürs Kino dramatisiert worden, Filme über Sophie Scholl von der Weißen Rose, oder über die so unterschiedlichen Hitler-Attentäter Georg Elser und Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Andreas Dresen beschäftigt sich mit einer beinahe vergessenen Widerstandskämpferin, die sich seiner Ansicht nach selbst wohl gar nicht so verstanden hat. Einer der Erzählstränge führt durch die Haftzeit, die für Hilde bedeutet, dass sie in einer dramatischen Geburt, unterstützt von einer mitfühlenden Hebamme (Fritzi Haberlandt), ihren Sohn zur Welt bringt, und daraufhin das zuerst schwächliche Kind versorgt und andere Mütter unterstützt.
Am Ende hat Coppi Angst vor dem Sterben, so wie die rund ein Dutzend Frauen, die im Gefängnishof Berlin-Plötzensee in grauen Kitteln und Holzschuhen Schlange stehen für ihre eigene Hinrichtung. Angst vor dem Leben hat sie nicht mehr. Sie lehnt den Kopf zurück in die Sonne, die an diesem Augustabend 1943 gerade noch über die Mauer scheint. Die Geburt ihres Sohnes Hans gibt Coppi Stärke. „Bitte vergiss mich nicht. Und werd’ glücklich. Unbedingt“, sagt sie, als sie sich von dem acht Monate alten Kind verabschieden und es ihrer Gefängniswärterin in den Arm drücken muss. Von nun an werden sich die Großeltern um Hans kümmern. Die Gefangene bittet ihre Wärterin, unbedingt auszurichten, dass ihre Schwiegermutter die Regentonnen abdecken solle. Damit Hans nicht versehentlich hineinfällt. Diese Aufforderung ist überliefert wie so vieles in diesem genau recherchierten Film.
Die Gefängniswärterin Kühn (Lisa Wagner) ist eine ambivalente Filmfigur. Zunächst ist sie ihrem Häftling gegenüber feindlich gestimmt. Dann lässt sie sich von Coppi anrühren. Nicht nur ihr geht das so: Ein Gestapomann offeriert Coppi ein Leberwurstbrot. Kein einziger schreiender Nazi weit und breit in diesem Film. Aber alle dienen, ohne zu zögern, dem Unterdrückungsapparat. „Es geht schnell“, hat der Pfarrer Harald Poelchau (Alexander Scheer) im Gefängnis gesagt. So schnell haben wir im Kino aber noch keine Hinrichtung ablaufen gesehen. Töten im Akkord: Mehr als 50 Mitglieder der Roten Kapelle wurden in Berlin-Plötzensee ermordet. Am Ende hören wir die Stimme von Hans Coppi Junior, dem im Gefängnis geborenen Sohn. Der heute 81 Jahre alte Historiker hat sich sein Leben lang mit dem Schicksal seiner Eltern beschäftigt. Nur ein einziger Funkspruch aus Berlin, so sagt er, sei damals nach Moskau durchgekommen: „1000 Grüße an alle Freunde.“ Aber schmälert das den Mut seiner Eltern?
Günther Anfang ist freiberuflicher Medienpädagoge.
In Liebe, Eure Hilde
Deutschland 2024, 124 Minuten, Regie: Andreas Dresen, Buch: Laila Stieler, Darstellende: Lisa Fries, Johannes Hegemann
Günther Anfang: Alter Wein in neuen Schläuchen
Sieht man sich die aktuelle Landschaft der Kinderlernsoftware an, so kann man feststellen, dass sich nicht viel Neues tut. Alte Programme werden in neuen Formaten wiederaufgelegt und Bewährtes zum wiederholten Mal vermarktet. So gibt es für die Vierjährigen den PC-Klassiker Oskar der Ballonfahrer, der zum ersten Mal als PC-Spiel vor über zehn Jahren erschienen ist, nun auf Nintendo DS in der Ausgabe Tierische Abenteuer. Das Spiel ist immer noch hervorragend und macht Kindern sicher viel Spaß, auch wenn das kleine Display des Nintendo DS den Vierjährigen sicher ein bisschen Fingerfertigkeit abverlangt. Trotzdem enthält die Neuausgabe zehn spannende Spiele mit drei verschiedenen Schwierigkeitsstufen. Und Oskar muss natürlich viele Aufgaben lösen, wie zum Beispiel Kokosnüsse sammeln, Muscheln sortieren und eine Hütte bauen, die Kinder anregen, sich intensiv mit dem Spiel zu beschäftigen. Darüber hinaus gibt es interessante Informationen über die verschiedenen Tiere auf der Insel und viele knifflige und spannende Spiele.
Ebenfalls für die gleiche Zielgruppe erschien im letzten Jahr Lernerfolg Vorschule – Capt‘n Sharky. Dieses didaktisch und grafisch gut gestaltete Spiel ist ebenfalls von seiner Konzeption nicht neu. In vielen kleinen Übungen erlernen die Spielenden den Umgang mit Buchstaben und Zahlen, trainieren ihr Gedächtnis, üben den Umgang mit Geld und müssen kleine Logikspiele lösen. Als Belohnung für ein erfolgreiches Lernen werden immer mehr Level eines Bonusspiels freigeschaltet. Kinder lernen dabei die ersten Buchstaben und Zahlen kennen sowie erste Vokabeln in Englisch. Erinnerungsvermögen und logisches Denken werden trainiert. Wortgruppen und einfache Zahlenreihen können spielerisch erlernt werden. Diese Art der Lernsoftware gibt es schon seit einigen Jahren für PCs, in der Version für Nintendo DS kann es nun aber immer und überall gespielt werden und ist mobil dabei. Die Frage bleibt allerdings, ob sich Kinder immer und überall mit Lernspielen beschäftigen wollen.
Auch die bei Terzio erschiene JanoschVorschulbox zielt in die gleiche Richtung. Sie erschien bereits 2007 und setzt ebenfalls darauf, Kinder möglichst frühzeitig mit Rechnen, Schreiben und Lesen zu konfrontieren. Interessant bei diesem Spiel ist die langsame und behutsame Vorgehensweise. Alle Anweisungen werden betulich vorgelesen und erfordern vom Kind viel Geduld, bis es spielen kann. Denn solange vorgelesen wird, kann man nichts tun. Hier fragt man sich, ob Kinder derartige Spiele nicht viel intuitiver angehen. Sie wollen klicken und dann sehen, was passiert. Und natürlich viele lustige Geschichten mit dem Tiger und dem Bären erleben. So schön und liebevoll die Zeichnungen sind, und Janosch-Fans werden die CD schon wegen Tiger und Bär kaufen, so altbacken kommt das Spiel daher.
Neu zumindest in Bezug auf das Spielsystem ist der bei Tivola im letzten Jahr erschienene Lernerfolg GS Mathematik. Mit den Schwerpunkten Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division und Geometrie geht es durch die Lehrpläne der ersten vier Klassen. Freddy der kleine Vampir gibt dabei Tipps und korrigiert Fehler. Ursprünglich erschien das Spiel für den PC, nun jedoch wurde es für die Wii überarbeitet und kann nun auch per Wii-Fernbedienung intuitiv gesteuert werden. Allerdings bleibt die Steuerung bei weiten Teilen des Programms sehr konventionell und statt mit der Maus, muss man nun mit der Wii-Fernbedienung das richtige Ergebnis anklicken. Anscheinend war Tivola von der Wii-Lösung auch nicht ganz überzeugt, weshalb sie sich entschieden haben, den gesamten Lernerfolg Grundschule nun als Lernportal im Internet anzubieten. Ich denke, das ist zumindest zukunftsweisend, denn die CD-ROM ist schon länger ein Auslaufmodell und inwieweit sich Lernprogramme auf Nintendo DS oder Wii bewähren, ist fraglich.
Zum Schluss aber noch ein sehr nettes Spiel, das zwar von der Konzeption auch nicht neu ist, aber als interaktives Bilderbuch sehr gelungen. Grundlage dieses Lernspiels zur Frühförderung am PC ist das Kinderbuch Klopf an! von Anne- Clara Tidholms. Kinder ab drei Jahren können sich hier sehr intuitiv in verschiedenen bunten Zimmern bewegen und auf Entdeckungsreise gehen. Wenn man an eine Tür klopft, kann man dahinter farbenfrohe Bilder, Geschichten, Melodien, Animationen und Spiele entdecken. Eine CD, die Kindern sichtlich Spaß macht und vollkommen frei von vielem Schnickschnack und großen Lernzielen ist.
Übersicht über die besprochenen Spiele
Ab 3 Jahren
Klopf an! Frühes Fördern am PC
Erscheinungsjahr: 2008
Genre: Lernspiel
System: PC
Preis in Euro: 7,95
Verlag: TerzioAb 4 Jahren
Oscar der Ballonfahrer – Tierische Abenteuer
Erscheinungsjahr: 2010
Genre: Lernspiel
System: Nintendo DS
Preis in Euro: 30,00
Verlag: TivolaLernerfolg Vorschule - Capt‘n Sharky
Erscheinungsjahr: 2010
Genre: Lernspiel
System: Nintendo DS
Preis in Euro: 28,00
Verlag: TivolaAb 5 Jahren
Janosch – Meine große Vorschulbox: Lesen, Schreiben, Erstes Englisch
Erscheinungsjahr: 2007
Genre: Lernspiel
System: PC
Preis in Euro: 12,95
Verlag: TerzioAb 6 Jahre
Lernerfolg GS Mathematik
Erscheinungsjahr: 2010
Genre: Lernspiel
System: Wii
Preis in Euro: 40,00
Verlag: TivolaLernerfolg Grundschule
Erscheinungsjahr: 2011
Genre: Lernportal
System: www.lernerfolg.de
Preis in Euro: 9,99,--/pro Monat (bei längerer Buchung billiger)
Verlag: Tivola
Günther Anfang / Kathrin Demmler: Medienpädagoge – (k)ein geschützter Begriff?
Wenige Berufe haben in den letzten Jahren einen derartigen Boom erlebt, wie der Beruf des Medienpädagogen. Dabei ist für die Berufsbezeichnung nicht entscheidend, ob jemand eine Ausbildung in diesem Bereich gemacht hat, sondern ob Medien in der pädagogischen Praxis eingesetzt werden oder die Arbeit als medienpädagogisch bezeichnet wird. So verstehen sich zum Beispiel Mitarbeiter eines Jugendzentrums, die ein Internetcafé betreiben, als Medienpädagogen, da sie ja Jugendlichen den Zugang zum Computer eröffnen.
Aber auch aus einem Lehrer, der ein Filmprojekt an einer Schule betreut, wird schnell ein Medienpädagoge, wenn er dies regelmäßig macht. Und schließlich gibt es jede Menge Medienpädagogen und Medienpädagoginnen im Bereich der Kinder- und Jugendkulturarbeit. Fast jeder weiß inzwischen oder glaubt zu wissen, was Medienpädagogik ist. Fragt man jedoch genauer nach, so haben viele in der Regel Schwierigkeiten, das Berufsfeld zu definieren ...
(merz 04/2003, S. 27-32)
Günther Anfang und Kathrin Demmler: Spielen und Lernen mit mobilen Medien
Die mobile Mediennutzung spielt für Kinder und Jugendliche eine immer größere Rolle. Transportable und multifunktionale Geräte, wie Handy, Spielkonsole und Laptop, machen die Lieblingsmusik, das favorisierte Computerspiel oder den Lieblingsfilm jederzeit und überall verfügbar.
Für die Kinder- und Jugendarbeit ergeben sich daraus vielfältige Möglichkeiten des pädagogischen Einsatzes. Praxisbeispiele aus dem pädagogisch und kulturellen Bereich zeigen wie mobile Me-dien zum Spielen und Lernen eingesetzt werden können. Der Artikel kann all denjenigen als Leitfaden dienen, die medienpädagogische Projekte planen und durchführen.
(merz 2007-3, S. 35-41)
Günther Anfang, Kathrin Demmler: Jugend im pädagogischen Netz
Seit die Jugendarbeit das Internet entdeckt hat, wurde darüber nachgedacht, wie man diesen Raum auch als Jugendplattform gestalten kann. Da das Netz der Netze von immer mehr Jugendlichen genutzt wurde, konnte es nicht ganz falsch sein, das Internet auch für die offene Jugendarbeit in Dienst zu nehmen. Als virtuelle Jugend-zentren oder Jugendserver starteten deshalb Ende der 90er Jahre einige Internet-plattformen, die sich die Aufgabe stellten, Jugendlichen neben den kommerziellen Internetportalen ein pädagogisches Angebot im Netz zu machen. Ziel war es neben Unterhaltung auch jugendrelevante Informationen zur Verfügung zu stellen und Mög-lichkeiten zur kreativen Nutzung zu eröffnen. Die Angebote wurden mit viel Euphorie gestartet, doch der Konkurrenzdruck im Netz zeigte bald, dass nur die überleben, die etwas besonderes für Jugendliche bieten und die intensiv betreut werden. Denn schließlich stehen im Zentrum des Interesses von Jugendlichen Internetangebote, die etwas zu bieten haben, wie zum Beispiel Möglichkeiten zur Kommunikation (Chaträume, e-mail etc.) oder Serviceleistungen zum down loaden (Handy-Klingeltöne, Logos, Bildschirmschoner etc.). Natürlich sind auch das Layout der Website und der Bekanntheitsgrad der Adresse entscheidend dafür, ob eine Jugend-plattform von einer größeren Gruppe Jugendlicher genutzt wird. Das alles hat immer auch ein bisschen damit zu tun, wie viel Geld und „Manpower“ in eine derartige Platt-form investiert wird. Kommerzielle Anbieter haben es hier in der Regel leicht, denn sie stecken viel Geld und Zeit in ihren Internetauftritt, da sie sich davon auch eine Menge an Werbeeffekt erwarten. Im Bereich der Jugendarbeit sieht es allerdings häufig anders aus, denn in Zeiten knapper Kassen werden die Mittel immer spärli-cher und eher Maßnahmen gestrichen, als mit zusätzlichen Finanzmitteln ausgestat-tet.
So muss auch eines der ersten virtuellen Jugendzentren, das vom Medienzentrum München (MZM), Kreisjugendring München-Stadt und SIN - Studio im Netz betriebe-ne Projekt „up2xTrakt“ (www.up2xtrakt.de) im Jahr 2004 seine Pforten schließen, weil die Stadt München auf Grund der Haushaltskonsolidierung die Finanzierung ein-stellt. In Zeiten von Sparzwängen sieht sich die Stadt nicht mehr in der Lage, ein Pro-jekt, das noch im Aufbau ist, weiter zu fördern. Da wird dann zwischen Pflichtaufga-ben und freiwilligen Leistungen abgewogen und bevor man ein reales Jugendzent-rum schließt, stellt man lieber ein virtuelles Jugendangebot ein. Denn schließlich gibt es im Netz genug Ausweichmöglichkeiten, während im Stadtteil nur ein reales Ju-gendzentrum existiert. Trotzdem sollte man das eine nicht gegen das andere aus-spielen. Was bleibt ist die Frage, welche Bedingungen gegeben sein müssen, damit ein virtuelles Jugendzentrum Erfolg hat. Um dieser Frage auf die Spur zu kommen, haben wir einen Online-Fragebogen an fünf deutschsprachige Jugendplattformen geschickt, die exemplarisch für die Vielzahl der zur Zeit betriebenen virtuellen Ju-gendzentren stehen. Im Einzelnen handelt es sich um youngpoint aus Nürnberg , den Jugendserver in Mecklenburg-Vorpommern , den deutschen Jugendserver , die Jukobox aus Köln , das Cyberjuz aus Linz und die Cyberland-Jugendcommunity aus Berlin .Die von uns betrachteten Plattformen lassen sich grob in drei Genres unterteilen. Einerseits handelt es sich um Angebote, die sich der Jugendinformation verschrieben haben, andererseits um Plattformen, die Jugendlichen Möglichkeiten zur Veröffentli-chung ihrer eigenen Produkte geben und schließlich um Kommunikationsangebote. Zwischen diesen Polen lassen sich alle von uns untersuchten virtuellen Jugendzent-ren einordnen, wobei es allerdings die unterschiedlichsten Mischformen gibt ...(den vollständigen Artikel finden Sie in merz 2003/02, S. 82-86)
Günther Anfang/Kathrin Demmler: Medienkompetenzförderung in der Kita
An welchen Grundbedürfnissen und Fähigkeiten der Kinder muss sich Medienarbeit in der Kita orientieren? Welche Rolle spielen dabei mobile Medien in der praktischen Arbeit im Kindergarten und Hort? Ausgehend von grundsätzlichen Überlegungen zu Voraussetzungen und Zielen medienpädagogischer Arbeit in der Kita werden am Beispiel eines Modellprojekts in einer Münchner Kindertageseinrichtung wichtige Kriterien der frühen Medienarbeit mit Kindern herausgearbeitet und praktisch erprobt.
Literatur:
Largo, Remo H. (1999). Kinderjahre. Müchen: Piper, S. 229.
Theunert, Helga (Hrsg.) (2007). Medienkinder von Geburt an: Medienaneignung in den ersten sechs Lebensjahren. München: kopaed.
Theunert, Helga (2009). Medienkompetenz. In: Schorb, Bernd/Anfang, Günther/Demmler, Kathrin (Hrsg.), Grundbegriffe der Medienpädagogik. Praxis. München: kopaed.
Spanhel, Dieter (2009). Medienerziehung. In: Schorb, Bernd/Anfang, Günther/Demmler, Kathrin (Hrsg.), Grundbegriffe der Medienpädagogik. Praxis. München: kopaed.
Wagner, Ulrike/Eggert, Susanne/Schubert, Gisela (2016). MoFam – Mobile Medien in der Familie. Kurzfassung der Studie. www.jff.de/studie_mofam [Zugriff: 15.01.2018 ]
www.medienfuehrerschein.bayern.de/Elementarbereich.n149.html [Zugriff: 15.01.2018]
www.kinderfotopreis.de [Zugriff: 15.01.2018]www.medienzentrum-muc.de/angebotevent/medienprojekte-mit-kindern [Zugriff: 15.01.2018]
Anfang, Günther (2016). Frühe Medienerziehung digital – Konzeption eines medialen Erfahrungsraums für Krippenkinder. In: Lauffer, Jürgen/Röllecke, Renate (Hrsg.). Krippe, Kita, Kinderzimmer. München: kopaed.
Günther Anfang, Kaus Lutz, Kathrin Demmler: Mit Kamera, Maus und Mikro.
Die Interessen und Bedürfnisse der Kinder im Umgang mit Medien stehen im Mittelpunkt des von Günther Anfang, Kathrin Demmler und Klaus Lutz herausgegebenen Bandes „Mit Kamera, Maus und Mikro“.
Dabei geht es nicht darum, Kinder möglichst frühzeitig im Umgang mit den Medien zu qualifizieren, sondern altersgemäße Formen der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Medien aufzuzeigen.
Neben der theoretischen Fundierung einer Medienarbeit mit Kindern vermittelt der Band als praktische Handreichung Ideen und Konzepte für die medienpädagogische Arbeit mit Kindern (Materialien zur Medienpädagogik Band 4, kopaed, München 2003, 190 S., 14,50 Euro).
Günther Anfang/Kathrin Demmler: Medienarbeit im Kindergarten
Da Medien bereits im frühesten Kindesalter eine wichtige Rolle spielen, sollte auch eine Auseinandersetzung mit diesen frühzeitig beginnen. Allerdings muss diese altersgerecht sein und den Entwicklungsstand der Kinder berücksichtigen. Während für die Altersgruppe der Drei- bis Fünfjährigen eher rezeptive und spielerische Formen der Verarbeitung von Medien im Vordergrund stehen, können ab fünf Jahren auch aktive Medienprojekte mit Kindern gemacht werden. Beispielhafte Medienprojekte im Kindergarten veranschaulichen, dass angefangen von der Fotoarbeit bis hin zu Projekten mit dem Computer ein breites Spektrum aktiver Medienarbeit mit dieser Altersgruppe möglich ist.
(merz 2006-01, S. 47-52)
Bernd Schorb und Günther Anfang: Editorial
Jugend und Musik ist ein Thema, dem sich die Medienpädagogik immer wieder von Neuem zuwenden muss. Die zentrale Position, die Musik im Fühlen, aber auch im Denken und Handeln der Menschen einnimmt und ihre Einbindung in die Medienwelt als Präsentation von Wünschen und Ängsten, wie als Quelle des Kommerzes und der mentalen Ausbeutung, machen es notwendig, immer wieder zu fragen, welche Bedeutung Musik aktuell im Leben der Menschen einnimmt und wie die Pädagogik produktiv und mit dem Ziel der Selbstverwirklichung der Subjekte damit umgehen kann. Gern wird dies unter zwei Aspekten getan, die hier ausgespart bleiben sollen.
Einmal wird Musik funktionalistisch als Managerin betrachtet, die das Gemüt von Menschen beeinf lusst und es werden entsprechend die Quantitäten und Spezialitäten des Mood Management zu beschreiben gesucht. Auf einer ganz anderen Ebene wird praktizistisch beschrieben, was man alles mit Musik machen kann und wie sie die Ausdrucksfähigkeit junger Menschen erweitern kann, es wird aber nicht gefragt, welche musikalischen Inhalte in welchem pädagogischen und sozialen Kontext angeeignet werden. Entkleidet die Forschung des Mood Management die Musik aller ihrer sinnlichen und sozialen Qualitäten, so wird das bloße Musikmachen zur Geräuschproduktion.
Musik hat einen zentralen Stellenwert für Menschen, insbesondere für junge Menschen. Sie rahmen mit – in der Regel kommerzieller – Musik ihr Leben situativ und sozial. Sie nehmen Musik mit in ihr Leben und überall wird ihnen Musik offeriert, als Angebot, das sie suchen und dem sie sich nicht entziehen können. Musik tritt in verschiedenen Formen auf und ist meist nicht allein, sondern eingebettet in ein Medienensemble und in unterschiedlichste soziale Situationen. Die Vielfalt der Aneignung und Präsentation von Musik soll in diesem Schwerpunkt von merz dargelegt werden. Dabei zeigen die Autorinnen und Autoren, dass es sowohl höchst differenzierte Herangehensweisen an die Erfassung der Musikaneignung, als auch realisierbare und realisierte medienpädagogische Modelle gibt, die den unterschiedlichen Lebenszusammenhängen und Modi der Medienaneignung Jugendlicher in produktiver Weise Rechnung tragen.
Zu den Beiträgen
Claudia Bullerjahn veranschaulicht, wie sich Bilder, Geschehen und Musik in der Rezeption aufeinander beziehen. Sie beschreibt einerseits, unter welchen psychischen aber auch physiologischen Bedingungen Musik oder das Bild auf Seiten der Subjekte interpretative Priorität gewinnen. Sie macht andererseits deutlich, wie Musik als Mitgestalterin und Verstärkerin medialer Produkte Bedeutung durch die Produzenten zugewiesen wird und illustriert, wie die Symbiose von Musik und medialer Präsentation in Computerspielen zum konstitutiven Gestaltungselement wird. David Hesmondhalgh stellt führende Modelle vor, die sich mit dem Stellenwert auseinandersetzen, den Musik im Prozess des Heranwachsens übernimmt und weist unter Bezug auf Autorinnen und Autoren aus dem theoretischen Umkreis der interaktionistischen Theorien und der Cultural Studies auf die Bedeutung der Musik für die Ausbildung von Selbstkonzepten hin. Er macht deutlich, dass die positiven Konnotationen, die in der Regel mit der Beschreibung der Konstitution solcher Selbstkonzepte verbunden sind und dem Subjekt Autonomie und Unabhängigkeit zuweisen, kritisch zu befragen sind. Auch Musik kann sich nicht dem Primat von Politik und Kommerz entziehen und trägt damit auch die Widersprüche der Gesellschaft in den Identitätsprozess Jugendlicher hinein.Anja Hartung verdeutlicht auf der Basis empirischer Untersuchungen, dass, wo und wie Musik eine kommunikations- und interaktionsanregende Funktion zukommt. Gerade in der Familie wird sie als sozialer Faktor genutzt, zur Distinktion, zur Abgrenzung des eignen Ich vom anderen, sowie zur Attraktion, zur Annäherung an den anderen über seine Musikvorlieben, die sowohl das Selbst als auch die Biograf ie erschließen können. Diese soziale Funktion des Musikhörens und des Austausches über Musik und deren generationenübergreifende Bedeutung wird in der wissenschaftlichen wie praktischen Auseinandersetzung höchst selten wahrgenommen, wodurch sich die Musikpädagogik Handlungspotenziale verschließt.
Für die medien- bzw. musikpädagogische Praxis ist der Beitrag über Creative Commons von Marco Medkour von großer Bedeutung. Die Klage über den Zwang, den die GEMA auf die freie (und arme) Medienarbeit ausübt, die auch mal als Vorwand für mangelndes Engagement dient, kann nicht aufrechterhalten werden, wenn man sich die Möglichkeiten der kommerzfreien Musikszene erschließt.
Mit der Vielfalt der jugendlichen Musikszene beschäftigt sich Wolfgang Reißmann. Er stellt die sozialen Plattformen des Internets als Ebenen dar, auf denen sich, auch angeleitet, kreativ mit Musik umgehen lässt. Musik wird hier dem sozialen Handeln unterworfen. Sie wird eingesetzt als Gruß, Geschenk, Selbstdarstellung ... Musik ist Folie des sozialen Austausches, in bestätigender aber auch ironisch abweisender Form.
Dirk Wagner öffnet das Kaleidoskop heutiger Musikszenen. Neben der Würdigung sozialer Netzwerke und ihrer Möglichkeiten zur Veröffentlichung eigenproduzierter Musik veranschaulicht er, dass nicht Stilreinheit die Entwicklung der Popmusik kennzeichnet, sondern die vielfältige Vermischung von Stilen, Quellen und Formen. Laut Wagner kann und macht populäre Musik heute fast alles bis zur Kopulation mit Volksmusik.
Die Praxismodelle zeigen, wenngleich sie nur Ausschnitte medienpraktischer Musikarbeit wiedergeben können, dass heutige Musikarbeit an der jugendlichen Zuwendung zu Musik ansetzt, aber über die Performanz hinaus die Erweiterung der sozialen Fähigkeit der Zielgruppe im Auge hat.
Daniel Diegmann zeigt am Projekt Manege wie es Jugendlichen gelingt, Musik zur eigenen Positionierung im sozialen Raum einzusetzen. Im Modell der Cranfords ermöglicht der Einsatz von Rechner und Software Jugendlichen unterschiedlichen Hintergrundes nicht nur das Erfolgserlebnis der Musikproduktion, sondern auch das Erlernen praktischer und sozialer Kompetenzen.
Bei Iwan Pasuchin werden Schülerinnen und Schüler unter Rückgriff auf ein Musikvideo von YouTube zu Komponistinnen und Komponisten, die digitale Techniken und ‚natürliche‘ Geräusche nutzen, um ein Musikstück zu kompilieren, komponieren und produzieren um es dann wieder dem medialen Raum zuzuführen.
Dirk Wagner gibt einen Einblick in die konkrete Praxis der Musikredaktion des Störfunks, eines über den Äther verbreiteten Jugendprogramms in München.
Sascha Düx stellt die Roots&Routes International Association vor, ein europaweites Projekt in dem Jugendliche Musik erleben und machen, mit konkreter Unterstützung bereits erfolgreicher musikalischer Protagonisten.
Günther Anfang, Susanne Eggert, Klaus Lutz: Editorial
Das Medienangebot für Kinder hat sich in den letzten Jahren enorm verändert und vergrößert. Angefangen vom digitalen Fotoapparat, den Kinder bereits im Alter von zwei Jahren bedienen, um das Familienalbum zu bereichern, bis hin zu den diversen Apps für Smartphones und Tabletcomputer, die Kindern von lustigen Spielen bis ernsthaften Lernprogrammen eine breite Palette von Nutzungen ermöglichen. Vor allem die Touch-Screen-Funktion der Tablets und Smartphones hat es Kindern angetan. Die intuitive und kindgerechte Bedienungsoberfläche macht es Kindern leicht, diese digitale Welt zu erobern. Das schreckt natürlich nicht nur Hirnforscher auf, die die Gefahr einer digitalen Demenz heraufbeschwören, sondern auch Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen, die verunsichert sind, ob das denn nun alles zum Heil der Kinder ist. Denn im Prozess des Aufwachsens werden die Allerkleinsten mit besonderer Sorgfalt bedacht. Die Sorge ist groß, es könnten in diesem frühen Stadium durch pädagogisches Fehlverhalten die Grundlagen für spätere Probleme gelegt werden. So ist die Elementarpädagogik eher geprägt vom Schonraumgedanken als von Experimentierräumen, wie wir sie aus der Jugendarbeit kennen. Hier gibt es viele Bedenkenträger, die eine Mediennutzung unter fünf Jahren strikt ablehnen und bei Zweijährigen die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Andererseits kann man aber gerade diese Zweijährigen beobachten, wie sie munter und ohne Scheu auf die Geräte zugehen und neugierig auf diese bunte, lustige Bilderwelt sind. Medien sind für sie Alltag und warum sollten sie diese nicht nutzen? Als attraktives Spielgerät sind sie allemal tauglich, auch wenn sie gerne mal im Eifer des Gefechts zu Boden fallen.
Da müssen diese Geräte eben robuster gebaut werden. In der familiären Alltagswelt des Kindes sind viele unterschiedliche Medien in Gebrauch und so in das Familienleben integriert, dass die Medien den Alltag in der Familie zu einem maßgeblichen Teil auch mitbestimmen. Diese Entwicklung hat auch den Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (mpfs) dazu veranlasst, zusätzlich zur KIM-Studie erstmals die miniKIM durchzuführen, in der die Eltern von Zwei- bis Fünfjährigen zum Medienumgang ihrer Kinder befragt wurden. Die Ergebnisse liegen der KIM-Studie 2012 bei, die Mitte April erschienen wird. Wenn Kinder aber in eine Welt hineingeboren werden, in der sie von Anfang an mit der ganzen Bandbreite der Medien in Berührung kommen, so stellt sich für die pädagogische Praxis die Frage, wie sie darauf reagieren muss? Im Mittelpunkt dieses Hefts steht somit die Frage, welche Antworten die Pädagogik auf die veränderten Medienumgebungen und damit einhergehend auf den veränderten Medienumgang von kleinen Kindern hat. Soll sie diesen verteufeln, aussitzen oder kreativ produktiv nutzen, um die Medienkompetenz von Kindern von Anfang an zu stärken? Einen Einblick in den veränderten Medienumgang von Kindern auf der Basis neuester Studien gibt zunächst Stefan Aufenanger. Er kommt zum Schluss, dass sich die vorliegenden Studien zur Mediennutzung von Kindern unter fünf Jahren fast ausschließlich auf traditionelle elektronische Medien, insbesondere das Fernsehen, konzentrieren. Aktuelle digitale Medien wie etwa Smartphones, Videospiele oder Tablets wurden bisher kaum in den Blick genommen.
Um einen ersten repräsentativen Einblick in die aktuelle Mediennutzung in der jüngsten Altersgruppe zu bekommen, wurde deshalb von Aufenanger im Frühjahr 2011 eine Befragung von Müttern mit Kindern im Alter von null bis fünf Jahre durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass zum einen das Fernsehen bei den Kindern dieser Altersgruppe mit dem Alter stetig zunimmt und dieses Medium bei diesen Kindern nach wie vor das beliebteste Medium ist. Zugleich wird aber deutlich, dass auch bei der Gruppe der unter Fünfjährigen die neuen, digitalen Medien zunehmend Einfluss gewinnen. Hier bedarf es jedoch weiterer Studien, die gerade die Veränderungen der letzten beiden Jahre in den Blick nehmen, da Smartphones und Tablets einen deutlichen Zugewinn erfahren haben.Welche Veränderungen die digitalen Medien im Kindergarten mit sich gebracht haben, ist Thema des Artikels von Gudrun Marci-Boehncke, Anita Müller und Sarah Kristina Strehlow. Ausgangspunkt des Artikels ist, dass Kindergartenkinder heute Zugriff auf ein breites Medienarsenal haben. Während sich neue Technologien wie Digitalkamera, iPod und (Kinder-)Computer in den Kinderzimmern der ‚Kleinen‘ etabliert haben, scheinen die Institutionen der Frühen Bildung von der digitalen Welt noch weit entfernt zu sein. Der Medieneinsatz in der Kita beschränkt sich vorrangig auf Printmedien und der Computer ist auch in den meisten Bildungsplänen nicht explizit als zu nutzendes oder zu reflektierendes Medium aufgeführt. Statt an der Medienrealität heutiger Kindergenerationen mit aktiven und kreativen Angeboten anzuschließen, stellen eine Überbetonung des Gefahrenpotenzials und die Schaffung medienfreier Räume noch immer die gängigen Reaktionen auf die neuen Anforderungen der Mediatisierung der Lebenswelt dar.
Das Interventions- und Forschungsprojekt KidSmart – Medienkompetent zum Schulübergang, das von den Autorinnen vorgestellt wird, versucht dem entgegenzuwirken und macht sich zur Aufgabe, Medienbildung exemplarisch in Dortmunder Kitas auf den Weg zu bringen. Über einen Zeitraum von drei Jahren (2010-2013) begleitete das Projekt Erzieherinnen und Erzieher sowie Kinder in ihrer aktiven Medienarbeit vor Ort. Anhand erster Ergebnisse wird dargestellt, inwiefern ein Projekt wie KidSmart durch interventive Medienbildungsmaßnahmen die pädagogische Praxis in Kitas verbessern kann.Im Mittelpunkt des Beitrags von Simone Ehmig, Leiterin des Instituts für Lese- und Medienforschung der Stiftung Lesen steht die frühe Sprach- und Leseförderung mit Medien. Nach den Erkenntnissen der Stiftung Lesen können digitale Medien auf verschiedene Weise eingesetzt und in einem positiven Sinne wirksam werden. Sie sind Trägermedien für E-Book-Formate, setzen begleitende und ergänzende Impulse, zum Beispiel mit Animationen, Musik und Spielen bei Vorlese- Apps und bieten spielerisch-pädagogische Anreize in Gestalt von Lernsoftware sowie spielerisch- motorische Elemente mit Angeboten für Konsolen, die mit Bewegungssensoren arbeiten.
Digitale Medien setzen Anreize und machen Inhalte attraktiv, die in gedruckter Form schwerer zugänglich sind. Somit schaffen sie einen medialen Raum, in dem ein sprach- und leseförderndes Klima entstehen kann. Einen Überblick über den Medienmarkt für Kinder in Bezug auf Fernsehen, Apps und Internetseiten geben Kati Struckmeyer und Michael Gurt. Angefangen von den Fernsehlieblingen on- und offline, über Internetangebote für die Kleinsten bis hin zu unterhaltsamen und lehrreichen Apps wird der Medienmarkt für die Jüngsten kritisch unter die Lupe genommen und in seinen verschiedenen Facetten dargestellt. Den Dauerkonflikt rund um die Mediennutzung in der alltäglichen (elterlichen) Erziehungspraxis zeigt Klaus Lutz in seinem Artikel auf. Er weist darauf hin, unter welchem Druck Erziehende stehen, die Mediennutzung von Kindern in gesellschaftlich gewünschte Bahnen zu lenken. Dabei ist die Familie ein Ort, an dem unterschiedlichste Einstellungen zum Umgang mit Medien aufeinandertreffen. Daraus entstehen nicht selten Konflikte unter den Erziehungsberechtigten und in deren Umfeld, die der vor allem im Vorschulalter geforderten Konsequenz in der Erziehung entgegenwirken.
Im Mittelpunkt des Praxisteils stehen erste Erfahrungen beim Einsatz von Tablets in der Kita sowie Konzepte der aktiven Medienarbeit mit Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren. Im Beitrag von Susanne Roboom vom Verein Blickwechsel e. V. werden die Risiken und Chancen von Tablets in der Kita beschrieben. Die Vorzüge von Tablets liegen auf der Hand: Sie vereinen in einem einzigen Gerät Fotoapparat, Videokamera, Mikrofon und PC sowie eine Fülle von kreativen Werkzeugen und Anwendungsmöglichkeiten. Wo sonst viele Kaufentscheidungen nötig waren, muss sich das Team nun nur für ein Gerät entscheiden und kann aus einer Fülle von Apps wählen. Die „digitalen Alleskönner“ sind außerdem kinderleicht zu bedienen und machen den Kindern sehr viel Spaß. Wie grundsätzlich beim Einsatz von Medien kommt es aber auch hier darauf an, sie gezielt und pädagogisch begründet einzusetzen. Wie eine Medienerziehung in der Krippe aussehen kann, beschreibt Günther Anfang in seinem Artikel, in dem er erste Versuche der aktiven Medienarbeit mit Krippenkindern aufzeigt.
Im Mittelpunkt der konzeptionellen Überlegungen einer Medienpädagogik in der Krippe steht dabei die Frage, was Kinder in diesem Alter können und wo Medienerziehung ansetzen muss, die Kinder in ihren Kompetenzen fördert und spielerisch eine Auseinandersetzung mit Medien ermöglicht. Beispielhaft wird das Konzept eines Medienvormittags für Krippenkinder beschrieben, bei dem den Kindern neben Unterhaltung und vielen Ess- und Trinkpausen auch jede Menge an aktiven Gestaltungsmöglichkeiten geboten werden. Mit den Medienzwergen wird am Schluss von Birgit Hock noch ein Konzept der aktiven Medienarbeit in der Kita vorgestellt, das von der Stiftung MedienKompetenz des Forums Südwest als Broschüre nun auch allen Erziehenden zur Verfügung steht.
Günther Anfang und Niels Brüggen: Editorial
Wie gut ist Medienpädagogik?
Die Frage der Qualitätssicherung spielte in der Kinder- und Jugendarbeit in den letzten Jahren eine zentrale Rolle. So wurde vor allem mit der Einführung eines neuen Steuerungsmodells im Bereich der Jugendämter der Versuch unternommen den Output pädagogischer Maßnahmen zu messen und Kriterien für die Vergabe von Mitteln für die geförderten Projekte daran festzumachen. Dass die rein quantitativen Messungen von Besucherzahlen, Zahl der Projektangeboten und durchgeführten Aktionen weder die Qualität der Arbeit noch die Wirkung der pädagogischen Maßnahme auf die Zielgruppe erfassen kann, wurde schnell einsichtig. Viele Träger der Kinder- und Jugendarbeit sind jedoch seither gezwungen genau zu erheben wie viele Jugendliche mit welchem Migrationshintergrund zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort an einem Projekt teilgenommen haben und dies in Relation zum eingesetzten pädagogischen Personal. All diese Daten lassen sich hervorragend in Exeldateien eingeben und abheften. Gedient ist damit niemandem, allerdings können die Zahlen, falls sie nicht umfangreich genug sind oder nach unten gehen, gegen die jeweilige Einrichtung verwendet werden. Qualitätssicherung sollte jedoch anders aussehen. Sie sollte dazu dienen, die jeweilige pädagogische Praxis auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Denn nicht die Zahlen sind für den Erfolg einer pädagogischen Maßnahme ausschlaggebend, sondern die vermittelten Inhalte bzw. das was bei den Kindern und Jugendlichen ankommt. Doch wie das messen? In der Medienpädagogik wird häufig der Versuch unternommen, den Erfolg einer medienpädagogischen Maßnahme lediglich am Produkt festzumachen.
Ein gelungener Film, eine schön gestaltetet Website oder ein spritziger Radiobeitrag sind Zeichen für ein erfolgreiches Projekt. Die Diskussion über Produkt oder Prozessorientierung bei medienpädagogischen Projekten hat sich dabei längst auf die Produktseite verlagert. Schließlich kommt es in erster Linie darauf an ein Produkt vorzuweisen, auf das sowohl die beteiligten Jugendlichen, als auch die PädagogInnen stolz sein können. Ein Filmbeitrag zum Thema Umweltschutz spricht schließlich für sich und muss nicht mehr hinterfragt werden. Ob hier wirklich eine Auseinandersetzung mit dem Thema stattgefunden hat oder lediglich vorhandenes Wissen in eine Story gepackt wurde, bleibt offen. Und ein Schulprojekt zum Thema Handy wird schon dadurch wertvoll, dass zumindest das Thema Handy in der Schule angesprochen wurde. Ob die Schülerinnen und Schüler sich nachhaltiges Wissen im Umgang mit dem Handy angeeignet haben, ist häufig nicht nachvollziehbar. Der Frage der Qualitätssicherung im pädagogischen und speziell im medienpädagogischen Bereich soll deshalb in diesem Heft eingehender nachgegangen werden. Ausgehend vom Wunsch der Pädagogik nachhaltig zu wirken und der Problematisierung der Forderungen nach Qualitätssicherung sollen Ansätze und Ergebnisse medienpädagogischer Evaluation aufgezeigt werden. So weisen Wolfgang Beywl und Marc Jelitto in ihrem einführenden Artikel darauf hin, dass Evaluation die Entscheidung zu medienpädagogischen Leistungen sowie deren Optimierung unterstützen kann. Sie zeigen aber auch auf, dass es für die praktische Durchführung von Evaluationen kein Patentrezept gibt. Dafür sind die praktischen Umsetzungen und Schwerpunkte zu vielseitig. Im zweiten Artikel von Niels Brüggen werden die Grundlagen und Prinzipien einer medienpädagogischen Evaluation beschrieben. Dabei wird der Frage nachgegangen, wie medienpädagogische Projekte wissenschaftlich erfasst und in ihrer Wirksamkeit überprüft werden können. Ergebnisse evaluierter Projekte sind Schwerpunk des dritten Teils. Hier zeigt Susanne Eggert am Beispiel des Projekts ausdrucksstark – Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderungwie integrative medienpädagogische Arbeit gelingen kann und welche Ergebnisse die Evaluation des Projekts erbrachte. Klaus Lutz veranschaulicht an zwei Sprachförderprojekten wie mit Hilfe von Medien Sprache im Vorschulbereich gefördert werden kann. Am Beispiel der Projekte Parole – Deutsch spielend gelernt und des Projekts erzählkultur zeigt er auf, welche Potentiale in der aktiven Medienarbeit stecken. Wie Medienkompetenz im schulischen Umfeld gefördert werden kann, wird im Artikel von N.N. aufgezeigt. Im vierten Teil veranschaulicht Michael Bloech Ansätze nachhaltiger Medienpädagogik auf Landesebene an Hand der Medienfachberatung in Bayern.
Dabei wird deutlich, wie sich innerhalb von 50 Jahren diese Struktur immer mehr professionalisiert hat und damit Kontinuität und Qualität sicher gestellt werden konnte. Im letzten Kapitel wird darauf eingegangen wie Wettbewerbe und medienpädagogische Preise dazu beitragen können, Qualität in der medienpädagogischen Praxis zu sichern. Sowohl der Dieter Baacke-Preis, der Deutsche Multimediapreis mb 21, als auch der Kinder-Medien-Preis der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) sind Beispiele für gelungene Wettbewerbe, die zur Qualitätssicherung im medienpädagogischen Bereich beitragen. Wir hoffen, dass Sie an Hand der Beiträge Anregungen bekommen, wie Sie Ihre eigene Praxis evaluieren können bzw. wie Sie sicher stellen können, dass Ihre medienpädagogischen Ziele auch wirksam werden.
Ida Pöttinger, Günther Anfang: Editorial
Die Tendenz, dass in Deutschland immer mehr Ganztagsschulen eingerichtet werden, wird von Medienpädagoginnen und -pädagogen mit Freude wahrgenommen. Sie hoffen, dass sich dadurch die Chance erhöht, Medienpädagogik endlich in den Schulalltag integrieren zu können.Tatsächlich ist im Zuge der Ganztagsschuldiskussion in vielen Ländern Bewegung in die Förderung von Medienkompetenz gekommen: Einige Bundesländer investieren in die Zusammenarbeit von schulischen und außerschulischen Partnern, andere feilen an Standards zur Ergänzung von Bildungsplänen, wieder andere gründen Abteilungen, die gezielte Angebote an Schulen machen. Es tut sich etwas in der Medienbildungslandschaft, auch in Bezug auf die Stimmung.In den letzten Jahren erschienen sowohl auf Portalen als auch auf dem Fachbuchmarkt unzählige Projektbeschreibungen, Handreichungen und Medienmodule, die sich mehr oder weniger in Schule und Unterricht integrieren ließen. Während früher vor allem die außerschulische Medienpädagogik führend war, was Innovation und Kreativität anbelangt, so haben sich mittlerweile auch für den schulischen Bereich Neuerungen eingestellt. Die Beschreibungen sind so gut, dass sie auch Lehrkräften umsetzbar erscheinen. Auch die Angst, dass nur ausgewiesene Technikfreaks Medienprojekte an Schulen durchführen können, ist dank mehrjähriger Erfahrung der Lehrkräfte am eigenen PC einer größeren Gelassenheit gewichen. Für jeden ist in den Veröffentlichungen etwas dabei: Ob man nun den Zweiten Weltkrieg mit Medien plastischer darstellen möchte, ob man Arbeitsblätter zur Honigbiene braucht oder ob man Medien an sich thematisieren möchte. Jede und jeder findet im Netz oder bei Verlagen das, was sie oder er braucht. Das motiviert zumindest jene, die das Thema Medienkompetenz auf ihre Agenda gesetzt haben. Nicht immer kommt der Ruf nach Medienpädagogik an Ganztagsschulen aus der Ecke der Medieninteressierten. Einige Lehrkräfte haben das Potenzial von Medien in Bezug auf selbstgesteuertes Lernen mit Medien entdeckt. Die scharfe Trennung zwischen Mediendidaktik und Medienerziehung lässt sich nicht mehr aufrechterhalten. Der Umgang mit Medien wie PC und Internet zog eine Erosion des lehrerzentrierten Unterrichts mit sich. Und, auch wenn es manche nicht glauben, nicht allen Lehrkräften gefällt der Frontalunterricht. Sie genießen es, wenn Schülerinnen und Schüler selbständig in Gruppen arbeiten und eifrig nach eigenen Lösungen suchen. Es ist ihnen auch kein Dorn im Auge, wenn sie sich etwas beibringen lassen müssen und die kreative Gestaltung des Endprodukts einen Stellenwert einnimmt. Die Erkenntnis, dass Medienwissen zur Allgemeinbildung gehört, teilt vermutlich mittlerweile ein Großteil der Lehrkräfte.
Ein ähnliches Aufweichen der Fronten zwischen Schule und außerschulischer Bildung ist in Bezug auf Kooperationen zu beobachten. Nicht nur (aber auch) wegen Sparmaßnahmen oder dem Nicht-Vorhanden-Sein öffentlicher Mittel sind beide Partner mehr und mehr gezwungen, Kooperationen einzugehen. Das Gerangel um Eigenständigkeit ist einer praktisch, pragmatischen Sichtweise gewichen: Während anfangs versucht wurde, Kinder und Jugendliche im Rahmen von Nachmittagsangeboten in die Jugendhäuser zu lotsen, hat sich herausgestellt, dass es einfacher ist, die Geräte statt der Personen zu transportieren. Umgekehrt erkennen Schulen an, dass Medienpädagoginnen und -pädagogen nicht einfach durch Lehrkräfte oder billiges Hilfspersonal zu ersetzen sind. Eines der wichtigsten Argumente für die Integration von Medienpädagogik in Ganztagsschulen ist, dass Schülerinnen und Schüler damit ein Angebot erhalten, bei dem sie Selbstwirksamkeit erfahren, das sie motiviert und in ihrer Persönlichkeitsentwicklung nachhaltig stärkt. Nicht das Wissen über die Funktionsweise von Medien spielt immer die entscheidende Rolle. Gerade in der Pubertät sind Experimente mit Ausdrucksmitteln und Identitätssuche entscheidend. Das Beispiel einer Brennpunkt-Hauptschule, in der mehrere Videokurse eingeführt wurden, zeigt, dass Gewalt auf Schulhöfen durch die vielfältigen Möglichkeiten der Medien zur Selbstdarstellung fast vollständig verschwand.Das entscheidende Argument vieler Planer von Ganztagsschulen ist, dass es endlich genügend Zeit gibt, um sich einem so wichtigen Thema wie Medienkompetenz zu widmen. Zwar gibt es noch eine Menge Verfechter von medienabstinenten Schulen, der Großteil der Menschen, die sich mit Zukunft und Bildung beschäftigen, wissen jedoch, dass zur Wahrnehmung eigener Interessen, zu einer vernünftigen Argumentationskultur, kurz zur Demokratie ein großer Fundus an Wissen über Medien gehört.Sowohl die Planer von Ganztagsschulen als auch Medienpädagoginnen und -pädagogen sollten in Zeiten des Umbruchs – also jetzt! – ihre Chance nutzen.
Die Politik in Deutschland ist in Bezug auf Ganztagsschulen sehr uneinheitlich. Umso genauer sollte man sich Modelle ansehen, die anderen Bundesländern besonders gut gelungen sind. Eine Auswahl innovativer Ideen wird in diesem Heft vorgestellt. Im einleitenden Artikel weist Gerhard Tulodziecki zunächst darauf hin, dass mit der zunehmenden Zahl von Ganztagsschulen vor allem die zeitlichen Bedingungen für eine Umsetzung der Medienbildung verbessert werden konnten. Allerdings bedarf es seiner Ansicht nach Standards für die Medienbildung, um sie auch in der notwendigen Breite und Tiefe an Ganztagsschulen umsetzen zu können. Eine ähnliche Ansicht vertritt Jürg Fraefel, der fordert, dass Schulen ihr jeweiliges Profil schärfen müssen. Eine Schule, die sich der Medienbildung verschrieben hat, muss somit Medien systematisch in den Unterricht und in die schulischen Handlungsfelder integrieren. Nur so kann gewährleistet werden, dass Medienbildung auch in allen Facetten an der Schule Fuß fasst und das Profil der Schule gestärkt wird. Wie Medienbildung konkret umgesetzt werden kann, zeigt das Beispiel der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK). Unter dem Titel „Landesmedienanstalt goes Ganztagsschule“ beschreibt Katja Friedrich, Geschäftsführerin von medien+ bildung.com (m+b.com), einer Tochtergesellschaft der LMK, wie in Rheinland-Pfalz Medienbildung im Bildungsalltag verankert werden konnte. Einen anderen Weg beschritt das Bundesland Baden-Württemberg mit seinem Schüler-Medienmentoren-Programm (SMEP), den Ida Pöttinger, Karin Zinkgräf und Karin Schneider-Weber beschreiben. SMEP ist ein Projekt, das Schülerinnen und Schüler befähigt, an der eigenen Schule selbst Kurse zu Medienthemen anzubieten. Im Laufe eines Schuljahres erhalten sie Einblicke in multimediale Technik und außerdem das pädagogische Rüstzeug, eigene Arbeitsgemeinschaften zu leiten. Die Erfahrung zeigt, dass 75 Prozent der Schülerinnen und Schüler im darauffolgenden Jahr selbst aktiv werden. Ein weiteres Projekt, das bundesweit vom Verein Schulen ans Netz e. V. erprobt wurde, stellt schließlich Daniela Bickler vor. Unter dem Motto „Freie Lernorte – Raum für mehr“ haben sich 60 Schulen aus ganz Deutschland auf den Weg gemacht, das Potenzial (neuer) Medien für Schule und Unterricht mit dem Mehr an Zeit an Ganztagsschulen zu verbinden. Aus der anfangs vagen Idee von ‚Freien Lernorten’ als attraktive Medienräume im Schulalltag wurde mehr: Entstanden ist ein ganzheitlicher pädagogischer Ansatz, der konsequent die Schülerin bzw. den Schüler als Gestalter des eigenen Lernprozesses in den Vordergrund rückt. Damit wird Schule nicht nur inhaltlich in Bezug auf die Einbindung von Medien umgestaltet, sondern auch pädagogisch in Form von selbstbestimmtem Lernen. In diesem Sinne, denken wir, kann Medienpädagogik an der Ganztagesschule eine Menge verändern. Wir hoffen, die Beispiele geben dazu einige Anregungen.Medienpädagogik in Ganztagsschulen: Ihre Meinung, Ihre Erfahrungen ... diskutieren Sie mit im neu eingerichteten Forum.
Günther Anfang: "Genius - Task Force Biologie" und "Genius - Unternehmen Physik"
Windows 98/2000/XP, Pentium II 700, 128 MB RAM, DirectX 8.1 kompatible Grafikkarte mit 32 MB Speicher (GeForce 1 oder höher, ATI Radeon 8500 oder höher), DirectX 8.1 kompatible 16 Bit Soundkarte, Festplattenbedarf: ca. 1,3 GB. Cornelsen 2004 und 2005, je 19,95 €
Mit dem beiden 3D-Aufbausimulationsspielen „Genius – Unternehmen Physik“ und „Genius – Task Force Biologie“ hat der Cornelsen Verlag zwei Spiele auf den Markt gebracht, die Jugendliche und Erwachsene mit Interesse für Naturwissenschaften sicher ansprechen. Während „Unternehmen Physik“ bereits im letzten Jahr herauskam, ist das Spiel „Task Force Biologie“ neu auf dem Markt. Beide Spiele haben einige Preise gewonnen und zählen zu den anspruchsvollen Wissens- und Lernspielen, die ihr Publikum eher bei Gymnasiasten und Tüftler, als bei reinen Spielefreaks treffen. Ging es bei „Unternehmen Physik“ darum, auf dem Weg zu einem Großunternehmen wichtige wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen, technische Problem zu lösen und Erfindungen zu machen, so steht im Mittelpunkt von „Task Force Biologie“, als Leiter eines Spezialteams von Medizinern und Biologen zerstörte Landstriche im Auftrag der Vereinten Nationen wieder in ihr natürliches Gleichgewicht zu bringen. Aufgabe des Spielers ist es, ökologisch heruntergewirtschaftete Landstriche von der afrikanischen Savanne bis zur kanadischen Tundra wieder zu bepflanzen und fruchtbar zu machen. Da dazu umfangreiche finanzielle und technische Ressourcen nötig sind, kommt der Spieler nicht umhin, ein komplettes Unternehmen mit Gärtnereien, Forschungseinrichtungen und Wohnanlagen zu errichten. Wie im klassischen Simulationsspiel Sim City werden dabei zuerst Straßen angelegt sowie Energie- und Wasserversorgung sichergestellt. Je nach Kassenlage kommen dann diverse landwirtschaftliche Produktionsstätten und unverzichtbare Einrichtungen wie beispielsweise Feuerwehren hinzu. Mit dem bloßen Aufstellen der unterschiedlichen Einrichtungen ist es jedoch nicht getan, denn auch die Zahlen des Unternehmens müssen stimmen. Um dies sicherzustellen, lassen sich die Bilanzen jedes Einzelbetriebs einsehen und eventuell die Löhne anpassen. Gelangt jedoch zu wenig Geld in die Lohntüten, kann unter den Arbeitern schnell ein Streik ausbrechen. Von Zeit zu Zeit müssen zudem wissenschaftliche Experimente ausgeführt oder Aufgaben gelöst werden, die sich aus den Bereichen Flora und Fauna, Medizin, Mikrobiologie, Genetik sowie Ökologie und Landwirtschaft rekrutieren. Dazu ist einiges an Fachwissen nötig, dies kann man sich im Lernteil aneignen. Solchermaßen mit Know-how versorgt, erreicht man schließlich auch das Ziel des Spiels: Die Renaturierung der verseuchten Landstriche. Ganz nebenbei hat man dabei jede Menge über Biologie gelernt. Beide Spiele sind grafisch anspruchsvoll umgesetzt und mit viel Liebe zum Detail entwickelt. Allerdings ist Übung erforderlich, damit man die gestellten Aufgaben lösen kann. Für Spieler, die wenig Geduld haben, sich in die Materie hineinzuversetzen, dürften beide Spiele jedoch wenig geeignet sein.
Günther Anfang: "Worauf es ankommt"
Worauf es ankommtRegie: Eckart LottmannProduktion: ELB Filmproduktion und Gangway e.V., Berlin 2000, VHS - 1.Teil: Ausfälle und Einfälle, 48 Minuten, 2.Teil: Abstand und Nähe, 34 Minuten - Bezug: Gangway e.V., Schumannstr.5, 10117 BerlinEinen Einblick in die Arbeit der Straßensozialarbeit mit Jugendlichen vermitteln diese Videos des Berliner Vereins "Gangway". Vieles, was von Sozialarbeitern bewirkt wird, lässt sich nicht quantitativ messen. Der Erfolg der Arbeit ist häufig nicht darstellbar und schon gar nicht an Zahlen abzulesen. Die betreuten Jugendlichen werden durchStreetwork nicht plötzlich clean oder zu angepassten Staatsbürgern. Sie sind weder weniger kriminell, noch weniger drogenabhängig und schon gar nicht beruflich erfolgreicher. Streetworker haben keinen leichten Job. Vieles, was sie initiieren, ist zum Scheitern verurteilt. Trotzdem stellen sie einen Orientierungspunkt für Jugendliche dar, die mehr oder weniger auf der Straße leben. Streetworker sind da, wenn sie gebraucht werden, stehen für Gespräche zur Verfügung, organisieren Treffpunkte und helfen immer wieder aus der Patsche.In "Ausfälle und Einfälle" wird die Arbeit von "Gangway" dokumentiert. 13 Teams mit 44 Streetworkern sind in Berlin unterwegs.
Exemplarisch werden fünf Projekte vorgestellt. Zum Beispiel das Stadtteilprojekt in Hohenschönhausen, einer Trabantensiedlung im Osten Berlins. Die Plattenbauten sid zwar inzwischen saniert, doch es gibt keine sozialen Treffpunkte. "Hier ist nix los. Mich nervt hier alles" oder "Hier wird gefeiert, um zu vergessen" ist das Resümee von Jugendlichen. Viele sind drogenabhängig und wissen mit sich nichts anzufangen. Die Streetworker haben einen Bauwagen als Treffpunkt organisiert.Ganz anders stellen sich die Probleme im Stadtteil Wedding dar. Hier leben vor allem türkische Jugendliche. Viele sind arbeitslos und haben keine berufliche Perspektive. Was bleibt ist die Jugendgang: die im Stadtteil berüchtigte Gang "Leo" hat sich vor allem Respekt durch ihre Gewalttätigkeit verschafft.Auch die übrigen Gruppen, die das Video portraitiert, haben wenig Perspektiven. Weder die Gruppe der junggen Asylbewerber aus dem Irak, die sich am Alexanderplatz trifft, noch die Gruppe der Aussiedler in Berlin-Mahrzahn.Das Fazit: Streetwork kann zwar für die Jugendlichen viele Hilfsstellungen anbieten, doch an der Perspektivelosigkeit wird sich nichts ändern.
Der zweite Teil "Abstand und Nähe" konzentriert sich auf drei junge Erwachsene, die bereits im ersten Teil des Videos zu sehen waren. "Abstand und Nähe" wurde fünf Jahre nach einem ähnlichen Projekt gedreht. Ivonne gehörte zu einer Gruppe in Hohenschönhausen, die wegen verschiedener Straftaten immer wieder von der Polizei Besuch bekam. Mittlerweile arbeitet Yvonne in einem Restaurant und verdient ihren Unterhalt. Sie hat eine kleine Wohnung und scheint es geschafft zu haben. Vor allem auch, weil sie sich von ihrem Freund getrennt hat, der einen schlechten Einfluss auf sie ausübte. Früher war die Clique alles für sie. Jetzt hat sie begtriffen, dass sie nur weiterkommt, wenn sie auf sich selbst schaut. Hakan und Iso waren Mitglieder der "Leo-Gruppe" und sind durchverschiedene Delikte straffällig geworden. Ihre Perspektive ist nicht rosig, denn Kriminalität zeichnet ihren Lebensweg. Iso hat in der Zwischenzeit zweieinhalb Jahre Knastaufenthalt in Berlin-Plötzensee hinter sich, er spricht nur schlecht Deutsch und ist arbeitslos. Seine Chancen, einen Job zu bekommen, sind gering. Hakan arbeitete als Veranstaltungshelfer, doch dies war nur von kurzer Dauer. Er verlor seinen Job und arbeitet seitdem als Bauhelfer.Diese Lebensläufe zeigen die Schwierigkeit, aus dem Teufelskreis von Perspektivlosigkeit und Kriminalität herauszukommen.
Günther Anfang: 25-jähriges Jubiläum Medienzentrum München des JFF
Als vor 25 Jahren der Münchner Stadtrat beschloss, ein Medienzentrum einzurichten, war noch nicht abzusehen, welche Entwicklungen die Medienlandschaft in den nächsten Jahren nehmen würde. Die Büros waren noch mit Schreibmaschinen ausgestattet und Computer allenfalls in großen Rechenanlagen vorhanden. Die neuen Medien waren noch nicht in aller Munde und von Medienkompetenz sprach damals auch noch niemand. Trotzdem gab es vor 25 Jahren schon eine Menge medienpädagogischer Herausforderungen. Die Gewaltdiskussion – ein Dauerbrenner der Medienpädagogik – entzündete sich gerade an der Videogewalt und der Umgang mit den Medien, damals noch in erster Linie das Fernsehen, wollte gelernt sein. Vorbilder für das Medienzentrum gab es ebenfalls, die Medienoperative in Berlin, das MPZ in Hamburg und der Jugendfilmclub in Köln. Sie kamen ent-weder aus der alternativen Videobewegung oder aus der Spielstellenarbeit. In München ging man bei der Überlegung ein Medienzentrum ins Leben zu rufen, jedoch erst einmal einen viel pragmatischeren Weg. Die Stadt wollte eigentlich einen Medienpool einrichten. Dieser sollte gewährleisten, dass die Mediengeräte zentral verwaltet, gewartet und zum Einsatz vor Ort gebracht werden. Im Antragstext des damaligen Jugendwohlfahrtsausschusses wurde dazu festgestellt: „Die Situation in der Münchner Jugendarbeit im Hinblick auf den Umgang mit Medien ist unbefriedigend. Den Mitarbeitern der Jugendarbeit fehlt häufig das nötige medienpädagogische Wissen; es gibt keine Weiterbildungsmöglichkeiten und keinen Erfahrungsaustausch.
Dazu kommt: Geräte sind nicht überall vorhanden, Geräte werden nicht genügend genutzt, weil sie nur einer Einrichtung gehören, Geräte werden unsachgemäß behandelt, defekte Geräte kostspielig instand gesetzt.“ (Beschluss vom 03.12.1981) Der Medienpool sollte also nur gewährleisten, dass die Mediengeräte gewartet und funktionstüchtig verliehen werden können. Durch geschicktes Verhandeln gelang es dem JFF jedoch, aus dem Medienpool mehr zu machen, und zwar ein Medienzentrum, das den Namen auch verdient. Es sollte nicht nur Mediengeräte ausgeben, sondern Jugendmediengruppen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendarbeit beraten, wie sie mit den Medien sinnvolle Medienprojekte machen können. Auch die Aus- und Weiterbildung von Multiplikatorinnen bzw. Multiplikatoren der Kinder- und Jugendarbeit stand im Konzept. Und schließlich sollte der aktiven Medienarbeit ein Schwerpunkt eingeräumt werden, um Impulse für die Medienarbeit in der Stadt zu setzen. Mit diesem Konzept konnte das Medienzentrum München am 2. Mai 1982 dann schließlich an den Start gehen und sich in der medienpädagogischen Szene bundesweit schnell etablieren. Mittlerweile gehört das MZM zu den ältesten medienpädagogischen Einrichtungen in Deutschland und wurde selbst zum Vorbild für Medienzentren und Medienstellen in anderen Kommunen und Städten. Seit seiner Gründung hat das MZM zahlreiche medienpädagogische Aktivitäten initiiert und vielfältige Impulse für die Jugendmedienarbeit in München gesetzt.
Das Jugendfilmfest flimmern & rauschen oder das Engagement bei der Veranstaltungsreihe Inter@ktiv sind dafür beispielhaft. Aber auch das Jugendradio Störfunk und das Jugendfernsehmagazin maTz-TV auf Münchner Lokalsendern sind wichtige Beiträge einer aktiven Medienarbeit, die Kindern und Jugendlichen den selbständigen Umgang mit Medien nahe bringt. Im Vordergrund der Arbeit des Medienzentrums stand dabei immer, Kinder und Jugendliche zum kritischen Medienkonsum zu befähigen und sie bei der Entwicklung von Medienkompetenz zu fördern. In der Woche vom 23. bis 28. April feiert das Medienzentrum sein 25-jähriges Jubiläum. Im Rahmen des Jubiläums gibt es eine Rückschau auf 25 Jahre Jugendfilmkultur. Gezeigt werden Filme aus den letzten 25 Jahren, die die Entwicklung der Jugendfilmarbeit verdeutlichen. Hier kann man sehen, wie sich die Themen der Jugendlichen verändert haben. So dominierten in den 80er Jahren noch Filme, die sich mit gesamtgesellschaftlichen Problemen wie zum Beispiel den Gefahren der neuen Medien auseinander setzten oder das Thema Umwelt in den Mittelpunkt stellten, während in den späteren Jahren die Probleme Jugendlicher immer individueller wurden. Natürlich zeigt die Rückschau auch, dass ein Thema immer gleich geblieben ist: das Thema erste Liebe und zwischenmenschliche Beziehungen. Den Abschluss der Reihe bildet eine Festveranstaltung am 27. April und ein Treffen der Medienzentren am 28. April.
Informationen zum Programm der Filmwoche und zur Festveranstaltung gibt es auf der Seite des Medienzentrums unter www.medienzen-trum-muc.de.Günther Anfang
Günther Anfang: ADDY Kids
Das Addy Kids Programm für Mathematik richtet sich an Schüler und Schülerinnen der ersten bis vierten Klassen und ist auf die Lehrpläne der Schulen abgestimmt. Durch das Lernprogramm führt ADDY, ein Außerirdischer, der die Kinder in locker flockiger Art zum Lernen animieren soll. Dabei können grundsätzlich zwei Umgebungen aufgesucht werden: Addys Raumsschiff, in dem vor allem die Spielmöglichkeiten entdeckt werden können und Addys Raumstation mit den Lernprogrammen, Übungen und Recherchemöglichkeiten. Technisch ist ADDYs Raumschiff komplett in 3D angelegt und bietet dieMöglichkeit, sich in einem Radius von 180° zu bewegen. Die einzelnen Umgebungen in ADDYs Raumschiff und in der Raumstation sind sehr detailgetreu und vielfältig dargestellt. Häufig wirken sie aber überladen, was die Orientierung und die Handhabung desProgramms erschwert.
So kann es bei der Arbeit mit dem Programm zu Schwierigkeiten kommen, da oft schwer erkenntlich ist, was zu tun ist. So ist es für den Einsteiger in das Programm durchaus schwierig überhaupt das Mathe-Lernprogramm zu finden, sofern er oder sie überhaupt Interesse haben es aufzusuchen. Man erhält anfangs weder im Programm noch im Beiheft Hinweise, wie man zu den Lernprogrammen gelangt. Erst dadurch, dass man vom Raumschiff auf die Raumstation wechselt, gelangt man in das Lernprogramm. Wer das nicht weiß, bleibt sicher bei den Spielen auf dem Raumschiff hängen. Doch auch hier wird er bald genervt, denn viele Spiele können erst gespielt werden, wenn man Punkte im Lernprogramm gesammelt hat.
Belohnung als Prinzip wird nämlich bei ADDY groß geschrieben. Beschränkungen gibt es außerdem beim Zugang zu den Klassen: hat man sichz.B. als Viertklässler angemeldet, kann man die Raumstation der Klasse 3 Mathematik nicht besuchen. Dies ist unsinnig, da auch ein Viertklässler die Möglichkeit haben sollte, etwas aus einer früheren Klassenstufe zu wiederholen. Insgesamt ist das Lernprogramm somit zwar ein umfangreiches Lernpaket, das jedoch didaktisch schlecht aufbereitet ist und Schüler eher verwirrt, als beim Lernen unterstützt. In der ADDY-Reihe sind im übrigen noch Lernprogramme für Deutsch, Englisch und Erdkunde erschienen.
Günther Anfang: Alles Playback?
Neulich bei der ars electronica und der in diesem Rahmen präsentierten Linzer Klangwolke war es wieder einmal so weit. Eine gigantische Inszenierung zum Thema „Bruckner lebt!“ am Donauufer in Linz mit vier Riesenleinwänden, einer Livebühne und jeder Menge pyro- und lasertechnischer Effekte wurde aufgefahren, um das Werk von Anton Bruckner zeitgemäß einem Massenpublikum zu präsentieren. Aber: Alles war playback! Der Schauspieler, der Anton Bruckner darstellte, der Chor, der die Musik von Anton Bruckner zum Besten gab, die Akteure und die Tänzerinnen und Tänzer auf der Bühne, die Szenen aus Bruckners Leben nachspielten. Nun klar, wir alle wissen, dass Bruckner nicht mehr lebt, aber muss dann alles, was über ihn erzählt und musikalisch dargeboten wird, aus der Konserve kommen? Im Fernsehen sind wir ja schon lange daran gewöhnt, dass niemand mehr live singt oder spielt. Das würde wahrscheinlich auch zu schrecklich klingen. Aber wenn auch Sprechakteure wie bei „Bruckner lebt!“ nun playback auftreten, dann stellt sich die Frage, ob hier nicht etwas Schule macht, das noch ganz andere Auswirkungen nach sich ziehen könnte. Stellen wir uns vor, die Nachrichten werden in Zukunft playback gesprochen oder in den diversen Talksendungen wird alles vom Band eingespielt. Dann kann zwar nichts mehr schiefgehen, weil alles vorab exakt geplant ist, aber wollen wir das dann noch sehen?
Nun gut, bei Politikerinnen und Politkern hat man ja sowieso das Gefühl, dass sie playback sprechen, so einstudiert und auswendig gelernt klingt da alles. Am Beispiel der Klangwolke kann aber auch gezeigt werden, dass sich niemand mehr zutraut, etwas live zu inszenieren. Alle Teile der Inszenierung werden auf Knopfdruck gestartet und exakt vom Computerprogramm gesteuert. Die Maschinerie des Liveevents wird sekundengenau abgefahren und in Szene gesetzt. Da können auch das Feuerwerk und die Lasershow genau auf den Punkt gestartet werden und niemand muss mehr manuell auf ein bestimmtes Stichwort warten. Einziges Problem bei dieser Zeitsteuerung ist wieder einmal der Mensch. Denn die Playbacktexte müssen ja auch von den Akteurinnen und Akteuren gesprochen bzw. gesungen werden. Wenn da der Mund zu früh aufgemacht wird, denkt man zunächst noch an einen Audio Delay, aber wenn es das eine Mal zu früh und das andere Mal zu spät passiert, ist der Schwindel schnell durchschaut. Sobald sich aber das Gefühl einschleicht, dass wir um die Wirklichkeit gebracht werden, trauen wir der ganzen Sache nicht mehr.
Und schließlich stellen wir uns die Frage, wie wirklich ist eigentlich die Wirklichkeit? Und wer dann noch weiter ins Fragen kommt, landet schnell bei populärwissenschaftlichen Büchern, die anscheinend Aufschluss darüber geben, „Wer bin ich? Und wenn ja wie viele?“ Spätestens hier kommen wir dann zu dem Schluss, dass wir eigentlich auf Konzerte, die so tun, als ob sie Bruckner wieder zum Leben erwecken, gerne verzichten können. Ebenso wie auf alle Schlager- und Popsternchen, die so munter playback trällern, aber eigentlich nichts zu sagen haben.
Günther Anfang/Klaus Lutz: Medienerziehung in der Kita
Die voranschreitende Digitalisierung macht auch vor der Kita nicht Halt. Diese Entwicklung wird sowohl in der Fachwelt wie auch unter den Eltern sehr ambivalent beurteilt. Vor allem im Elementarbereich besteht ein breiter Konsens, dass ein möglichst „naturnahes Aufwachsen“ die ideale Grundlage für eine gesunde Entwicklung der Kinder bietet. Das Konzept der Waldkindergärten hat vor allem in der Stadt eine zunehmend hohe Akzeptanz. Natürlich ist es für Kinder von großem Wert, wenn sie die Möglichkeit haben, auf Bäume zu klettern, im Matsch zu spielen oder Käfer und Regenwürmer zu sammeln.
Bedenklich wird es aber dann, wenn diese Form des Aufwachsens so stark idealisiert wird, dass jede Minute, die das Kind mit anderen Dingen als der primären Naturerfahrung verbringt, zu vermeiden sei. Vor allem die Medien sind dabei Zielscheibe der Kritik. Viele Eltern und pädagogische Fachkräfte erleben das Interesse der Kinder an Mediennutzung als Bedrohung in der Eltern-Kind-Beziehung, weit vor der Entfremdungsphase in der Adoleszenz. Es herrscht Unverständnis, nicht selten sogar Entsetzen über die magische Anziehungskraft digitaler Geräte wie Handys, Tablets oder Spielekonsolen. Die Probleme, die das Aufwachsen mit sich bringt, werden nicht selten direkt den Medien zugeschrieben – schlechte Schulleistungen, Übergewicht, Konzentrationsschwierigkeiten und vieles mehr. Vor allem die Hirnforschung liefert hierfür den wissenschaftlichen Unterbau: Kaum ein schwarzes Brett in einem Kindergarten, an welchem nicht Artikel über die Mutation von Kinderhirnen durch den Mediengebrauch angepinnt sind, die oft in apokalyptischer Weise die Zukunft beschreiben, in die unsere Kinder hineinwachsen. Einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem Thema ist hierdurch oft der Weg verstellt. Die Welt ist aber nicht schwarz oder weiß, für Erziehung gibt es keine Patentrezepte, und die Überzeugung, dass früher alles besser war, hilft auch selten weiter.
Es gilt also vielmehr, sich differenziert mit dem Aufwachsen in einer digitalisierten Gesellschaft auseinanderzusetzen. Denn der Mensch ist ein „Hybridwesen“ – wie es der französische Soziologe Bruno Latour beschreibt. In diesem Sinne definiert sich der Mensch sowohl durch sein Verhältnis zur Natur, als auch zu der von ihm geschaffenen technischen Welt. Wenn wir diese Wechselseitigkeit ernstnehmen und die Interessen der Kinder ins Zentrum unserer Bemühungen stellen, gilt es, ihnen den Zugang zu einer vielfältigen, facettenreichen Welt zu erschließen.
Dies ist auch ganz im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention. Kinder haben ein Recht auf Information, auf Bildung, auf Teilhabe – auch mit, durch und in den Medien. In diesem Heft wird der Frage nachgegangen, vor welchen Herausforderungen Kitas stehen, wenn sie sich entschließen, die digitalen Medien in ihre Konzeptionen mit einzubeziehen. Dabei sind mehrere Hürden zu überwinden: Skeptische Eltern, die Medien kritisch betrachten und zumindest teilweise am liebsten eher die medienfreien Kitas bevorzugen, medienpädagogisch unerfahrenes pädagogisches Personal sowie fehlende technische Ausstattung, die einen sinnvollen Medieneinsatz in der Kita erschwert.
Es gibt aber auch positive Erfahrungen in Modellversuchen sowie politische Signale, die sich für eine frühkindliche Medienbildung stark machen. In diesem Heft wird deshalb der aktuelle Stand der Diskussion um eine zukünftige medienpädagogische Ausrichtung der Kita beleuchtet und es werden Erfahrungen, Konzepte und Modellprojekte vorgestellt, die den Weg zur ‚Kita digital‘ eröffnen.
1Zu diesem Heft
Medienarbeit in der Kita sollte sich nach Günther Anfang und Kathrin Demmler an den Grundbedürfnissen der Kinder und ihren altersbedingten Fähigkeiten orientieren. In ihrem Beitrag zur Medienkompetenzförderung in der Kita formulieren sie, dass sich die dortige Medienarbeit immer in ein pädagogisches Gesamtkonzept einordnen muss und niemals der körperlichen, gesellschaftlichen, gefühlsmäßigen und gedanklichen Entwicklung der Kinder im Wege stehen darf. Aus medienpädagogischer Sicht bedeutet dies, Medien für Kinder frühzeitig als Produktionsmittel erfahrbar zu machen, um aufzuzeigen, dass die Medien für unterschiedlichste Begabungen und Interessen Möglichkeiten bieten, sich kreativ auszudrücken und anderen die eigene Sichtweise der Welt mitzuteilen. Medien werden dabei als integrativer Bestandteil des sozialen und gesellschaftlichen Lebens begriffen und die Vermittlung von Medienkompetenz als grundlegende Aufgabe der Kita umrissen. Ziel einer Medienarbeit in der Kita ist, nach Anfang und Demmler, Kinder und Jugendliche für ein souveränes Leben mit Medien stark zu machen und ihre Medienkompetenz zu fördern.
Am Beispiel eines Modellprojekts einer Münchner Kita zeigen die Autorin und der Autor auf, dass Medienarbeit in der Kita gelingen kann und dies viele Potenziale der Förderung von Medienkompetenz beinhaltet. Wissenschaftlich fundiert wird diese Erkenntnis im Beitrag von Jasmin Bastian, Stefan Aufenanger und Hans-Uwe Daumann. Im Projekt KiTab.rlp wurde die Verwendung von Tablets über ein Jahr lang in drei rheinland-pfälzischen Kindereinrichtungen erprobt. In regelmäßigen Abständen wurden dabei Erziehende sowie Eltern zu ihren Einstellungen, Meinungen und Erwartungen befragt und parallel die Tablet- Nutzung beobachtet. KiTab.rlp beleuchtet darüber hinaus die Wahrnehmung der Erzieherinnen und Erzieher zum Umgang mit dem Tablet und die Einschätzung eigener Kompetenzen im Rahmen des Einsatzes digitaler Medien in der Kindertageseinrichtung.
Die Auswertung gibt wichtige Aufschlüsse über die Hürden und Stolpersteine, aber vor allem über den Nutzen und die Potenziale sowie den Abbau von Vorurteilen gegenüber mobilen Geräten, die mit dem Einsatz des digitalen Werkzeugs Tablet in Kindereinrichtungen verknüpft sind. Im Interview mit Eva Reichert-Garschhammer zu Chancen der Digitalisierung im Bildungssystem Kita wird deutlich, dass noch einige Hürden zu überwinden sind, um auch Eltern und pädagogische Fachkräfte von Medienpädagogik in der Kita zu überzeugen. Sie zeigt auf, dass sich Kitas in einem enormen Spannungsfeld befinden, da sie nach den Bildungsplänen der Länder im Sinne einer kind- und lebensweltorientierten Frühpädagogik seit inzwischen 15 Jahren verpflichtet sind, Medienbildung zu leisten, die Diskussion um eine medienfreie Kita dem jedoch immer wieder entgegensteht. Kinder sind nach Meinung Reichert-Garschhammers am besten vor Medienrisiken geschützt, je früher sie sich in einem begleiteten, kindgerechten und zeitlich dosierten Rahmen mit Medien aktiv, kreativ und kritisch auseinandersetzen und so Medienkompetenz entwickeln. Sie plädiert deshalb dafür, Eltern und Fachkräfte darüber zu informieren und Vorurteile abzubauen.
Klaus Lutz beschreibt in seinem Artikel, dass eine Unterscheidung zwischen realer und virtueller Welt so nicht mehr gegeben ist und Kinder von Anfang an mit Medien aufwachsen. Während in der Schule der Umgang mit Medien als wichtiges Ziel erkannt wurde, herrscht im Bereich der Kita nach wie vor große Skepsis. Viele Eltern von Kindern im Alter bis sechs Jahren sind der Überzeugung, dass die Verfügbarkeit von Medien oder eine hohe Mediennutzung den natürlichen Lehr- und Lernraum für ein gesundes Aufwachsen empfindlich stören. Dem stellt Lutz einen Paradigmenwechsel mit Blick auf die Medien gegenüber, die unser Leben in einer atemberaubenden Geschwindigkeit zunehmend verändern. Sich mit ihnen zu beschäftigen, bedeutet nicht, sie unkritisch und mit blinder Technikbegeisterung in all unsere Lebensbereiche aufzunehmen. Als aktiv genutztes Gestaltungsinstrument ermöglichen sie jedoch vielen Menschen, die Zukunft zu begreifen. Um dies zu gewährleisten, bedarf es einer Annäherung an Medien, auch schon bei den Allerkleinsten. Dass digitale Technologien auch in der musikalischen Kinder- und Jugendbildung stetig an Bedeutung gewinnen, beschreibt Matthias Krebs in seinem Artikel zu Musikmachen mit dem Tablet in der Kita. In Musikschulen, im Nachmittags-bereich von Schulen, in Sozial- und Kultureinrichtungen werden Angebote erprobt, in denen Kinder und Jugendliche kreativ-gestalterisch mit Musik-Apps umgehen. Dabei steht im Mittelpunkt, dass Kinder ohne Zwang und Überforderung an gestalterische, kollaborative Projekte mit digitalen Technologien herangeführt werden. Der Autor beschreibt einige Musik-Apps, die in begleiteten Settings das klangliche Experimentieren unterstützen können. Darin werden die bekannten und etablierten Instrumente der ‚analogen Welt‘ nicht ersetzt, sondern durch neue Ausdrucksmöglichkeiten ergänzt. Neue Zielgruppen können sich einen kreativen Umgang mit Musik erschließen und sich damit neue Erfahrungsräume eröffnen.
Im Interview mit Sabine Eder vom Verein Blickwechsel e.V. wird deutlich, dass sich durch den raschen Wandel der Medienlandschaft in der Kita einiges geändert hat. Vieles ist handlicher und einfacher geworden. Medienpädagoginnen und -pädagogen stehen andererseits vor Her-ausforderungen vernetzer Welten, zum Beispiel in Bezug auf den Datenschutz oder die Persönlichkeits- und Urheberrechte. Hier herrscht, laut Eder, eine große Verunsicherung. In vielen Kitas dürfen keine Fotos mehr gemacht werden, weil die Sorge darüber, wo sie verbreitet werden, zu groß geworden ist. Hinzu kommt eine unglaubliche Schnelllebigkeit, angefangen von Apps, die ständig aktualisiert werden, bis hin zu Streamingdiensten, auf denen Kinder Filme oder Serien schauen, von denen Erziehende zumeist zuvor noch nichts gehört haben. Umso wichtiger sei das Interesse und die Offenheit, mit den Kindern und deren Eltern in den Austausch zu kommen und neugierig zu bleiben, sie zu begleiten und sie dabei zu unterstützen, ihren Medienkonsum zu reflektieren.
Abschließend zeigt Anna Hielscher in ihrem Artikel auf, wie eine Frühförderung von sehbehinderten Kindern mit Medien aussehen kann. Für Menschen mit Beeinträchtigung eröffnen digitale Medien große Chancen. Mögliche sinnesspezifische Förderziele beim Einsatz digitaler Medien können so unter anderem die Förderung von Fähigkeiten zum Abgleich und Vergleich sowie zur Raum-Lage-Orientierung, Detailerkennung, Abstraktionsfähigkeit und Beweglichkeit der Augen darstellen. In der Frühförderung können digitale Medien und Apps daher sinnvoll eingesetzt werden, um die Wahrnehmungsbedingungen und Handlungsspielräume von Kindern sowie Pädagoginnen und Pädagogen zu erweitern. Grundsätzlich weisen alle Beiträge des Hefts darauf hin, dass Medien in der Praxis der Kita immer mehr an Bedeutung gewinnen, ob als Instrumente, um Menschen mit Beeinträchtigung zu fördern, oder als kreative Werkzeuge zur Gestaltung des Alltags oder einfach nur, um Spaß zu haben.
Günther Anfang ist Leiter des Medienzentrums München des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. Seine Schwerpunkte sind Medienprojekte mit Kindern und Jugendlichen, auch an Schulen und in Kindertagesstätten.Klaus Lutz ist pädagogischer Leiter des Medienzentrum PARABOL e. V. in Nürnberg, Fachberater für Medienpädagogik im Bezirk Mittelfranken sowie Dozent an der Simon-Georg-Ohm Hochschule in Nürnberg.
Günther Anfang: BKJ, KuPoGe und KS-Muc
Sind Sie nicht auch schon über Sätze gestolpert wie „Jeder VoIP-Fan kennt X-Lite und X-Pro. Vom Hersteller dieser ausgefeilten Must-have-Software stammt auch X-PDA, ein SIP-Softphone für Windows Mobile 5 für Pocket PC:“ (Connect 12/2006, S. 46) oder „Das CMS unterstützt jetzt auch JSR-170, eine Java-API für standardisierte Content-Ablage.“ (c’t 19/2004, S. 194) Nun, der eingefleischte Kenner von X-Lite und X-Pro wird hier nur müde lächeln, denn er oder sie hat sich sicher bereits diese „Must-have-Software“ besorgt. Wir als eifrige Leserinnen und Leser diverser Fachzeitschriften verzweifeln jedoch nicht selten an Abkürzungen, die wir nicht verstehen. Bei vielen Abkürzungen hat man zudem die Vermutung, es geht nicht darum, sie zu verstehen, sondern den Produkten einen Nimbus des Außergewöhnlichen zu geben, um sie besser vermarkten zu können. Abkürzungen eignen sich auch hervorragend zur Schaffung von Gemeinden, also Communitys. Damit können hervorragend „User“ von „Nichtusern“ unterschieden und diejenigen vom Gespräch ausgeschlossen werden, die die Kürzel nicht verstehen. Und das betrifft beileibe nicht nur die Welt der Computer und neuen Medien. Auch in der pädagogischen Fachszene wird gerne in Kürzeln gesprochen. Jeder, der diese Zeitschrift liest, weiß beim Kürzel JFF sofort, welche medienpädagogische Fachinstitution gemeint ist. Allerdings stolpern viele über die ausgeschriebene Version „JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis“. JFF kann ja schließlich nicht die Abkürzung von Institut für Medienpädagogik sein. Das Geheimnis des Kürzels liegt in der Geschichte des JFF, als es noch „Jugend, Film, Fernsehen“ hieß und noch nicht 50 Jahre alt war. Das nur für diejenigen, die beim nächsten medienpädagogischen Diskurs nicht schon beim Kürzel JFF ausgeschlossen werden wollen.
Für alle, die gerne noch andere Abkürzungen erklärt haben wollen, hier eine kleine Auswahl: Noch relativ einfach zu erklären sind Kürzel wie KuPoGe und BKJ. KuPoGe bedeutet Kulturpolitische Gesellschaft und BKJ Bundesvereinigung kultureller Kinder- und Jugendbildung. Das ist einleuchtend, denn die Abkürzungen stehen für in der Fachszene bekannte bundesweite Einrichtungen. Schwieriger wird es bei Begriffen wie KS-Muc, KS-Nue und KS-Aug. Denn wer außer Kulturschaffende in München, Nürnberg und Augsburg weiß schon, dass damit Netzwerke gemeint sind, die sich der Vermittlung von außerschulischen Angeboten im schulischen Bereich verschrieben haben und sich Kulturservice München, Nürnberg und Augsburg nennen. Vielleicht ist das ja auch so in Ordnung. Spätestens beim BMFSFJ stößt man aber wieder auf eine bundesweit wichtige Einrichtung, bei der man nie sicher ist, ob die Abkürzung gerade richtig geschrieben wird. Schließlich hat sich das dahinter stehende Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mehrfach in seiner Geschichte umbenannt. Und man weiß ja nie, welche Aufgabenfelder gerade unter dem Dach dieses ominösen Ministeriums zusammengefasst werden. Doch kehren wir am Schluss wieder zu den technischen Begriffen zurück. Was X-Lite von X-Pro unterscheidet, ist mir nach wie vor egal.
Mit dem Stichwort CMS verbinde ich zumindest das Content Mangagement System eines Internetauftritts. Warum das aber jetzt auch noch die Java-API JSR-170 unterstützt, wird mir ewig schleierhaft bleiben. Somit verbleibe ich mfG G.A.
Günther Anfang: C … what it takes to change – Ars Electronica 2014
Mit dem Motto „C … what it takes to change“ hat sich die Ars Electronica dieses Jahr die Frage gestellt, welche Voraussetzungen und Rahmenbedingungen es braucht, damit sich gesellschaftliche Innovationen und Erneuerungen entfalten und wirksam werden können. Das C steht dabei für creativity, community collaboration, content, chaos, culture, cooperation, crossover und vieles mehr. Nach Ansicht des künstlerischen Leiters, Gerfried Stocker, sind Wissen, Kreativität und Ideen die Rohstoffe der Zukunft. Was und wen es braucht, damit sich Kreativität und Innovation nicht nur entwickeln, sondern auch ganz konkrete Wirkung entfalten können, diskutierten Expertinnen und Experten aus aller Welt. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, welche Rolle die Kunst dabei als Katalysator spielt. Wer aufmerksam durch die verschiedenen Ausstellungsbereiche der Ars Electronica schlenderte, konnte dazu eine Vielzahl von Antworten finden. Allerdings auch häufig auf sehr abstrakte Art und Weise. Deshalb war es durchaus wohltuend, den Jugendbereich des Wettbewerbs U19 mit dem Motto „Create your World“ aufzusuchen, wo man wieder ein wenig geerdet wurde.
Im Innenhof des Akademischen Gymnasiums an der Spittelwiese gab es jede Menge zu entdecken und gestalten. Hier wurde getüftelt, entwickelt, geschraubt, programmiert und gefilmt. Der Schwerpunkt lag dabei auf dem Medium Film. Angefangen vom MusicLab, bei dem sich alles um Sampling drehte, bis hin zum FilmLab, in dem eigene Kurzfilme erstellt werden konnten, gab es viele Möglichkeiten aktiv mitzumachen. So ließen sich in der Lötwerkstatt nach eigenen Vorstellungen Fahrzeuge produzieren oder in der Kostümwerkstatt recycelte Kostüme für den eigenen Trickfilm. Das alles war sehr anregend und machte vor allem Kindern Spaß. Weniger Spaß machten die Preisträger der Ars Electronica und ihre Präsentation. Das Festival vom 04. bis 08. September wurde dieses Jahr in die Fußgängerzone von Linz verlegt, um noch mehr Besucherinnen und Besucher anzuziehen und es stärker in der Stadt zu verankern.
Allerdings hatte das zur Folge, dass die Preisträger zum Teil im Ursulinensaal im OÖ Kulturquartier in verwirrenden Gängen untergebracht waren und somit nicht richtig zur Geltung kamen. Somit war es schwierig, die Preisträger der Goldenen Nica wie zum Beispiel Matt Paykes Walking City oder Paola Cirios Loophole for All zu finden. Außerdem wurde mit dem Project Fumbaro Eastern Japan ein Crowdsourcing Projekt ausgezeichnet, das zwar sehr ambitioniert war aber künstlerisch und ästhetisch wenig hergab, da es nur in Form einer Videodokumentation zugänglich war. Last but not least war dieses Jahr die Klangwolke am Samstagabend, die ja eigentlich mit der Ars Electronica nichts zu tun hat, aber trotzdem jedes Jahr das Highlight des Festivals darstellt, eine bittere Enttäuschung. Die Idee, 25 Jahre nach Fall es eisernen Vorhangs, die neun Anrainerstaaten der Donau mit ihrer Musik auf verschiedenen auf der Donau vorbeiziehenden Schiffen zu präsentieren, war zwar ganz nett, die Umsetzung aber sehr klischeehaft und leider auch wenig ansprechend.
So ließen sich den ganzen Abend mehr recht als schlecht einzelne Schiffe auf der Donau ausmachen, die eingebunden in eine Erzählung die Musik der verschiedenen Länder präsentierten. Am Schluss gab es dann wie jedes Jahr ein riesiges Feuerwerk, das noch kurz davor von einem laut lärmenden Hubschrauber unterbrochen wurde. Und das war‘s dann. Schade! Alle Preise des Festivals sind übrigens zu finden unter
Günther Anfang: Nachruf
"Das Ästhetische lauert immer und überall. Medien sind prinzipiell ästhetisch signiert, irgendwie und sowieso: Sie verbinden, vermitteln zwischen Sinn und Sinnlichkeit, Bildern und Bedeutungen, Sachen und Symbolen, Wahrnehmungen und Werten."
Mit dieser Kernaussage in einer merz- Kolumne von Wolfgang Zacharias aus dem Jahr 2005 war sein Verständnis von Medienpädagogik umrissen. Seine Texte zu lesen, war immer ein Abenteuer; sie forderten zum Widerspruch heraus und haben sich doch immer wieder verfestigt. Seine Liebe für den "homo ludens digitalis" war grenzenlos und seine Fähigkeit zu vernetzen genial. Mit dem Tod von Wolfgang Zacharias verlieren wir einen Vordenker für die Sache der ästhetischen und kulturellen Bildung. Bereits in frühen Jahren verfasste er gemeinsam mit Hans Mayrhofer das Standardwerk der kulturellen Bildung "Ästhetische Erziehung". Als junger Student in den 1970er Jahren war dies meine erste Begegnung mit dem Gedankengut der Kulturpädagogik, die der sich ebenfalls formierenden Medienpädagogik gegenüberstand. Später sollten sich diese Begegnungen vertiefen und schließlich in gemeinsame Aktionen münden.
Als Gründer des Münchner Netzwerks Interaktiv und als Impulsgeber für zahlreiche medienpädagogische Projekte hat er die medienpädagogische Landschaft in Deutschland entscheidend geprägt. Er verfasste zahlreiche Standardwerke der kulturell-ästhetischen Medienbildung und war schließlich auch Redaktionsmitglied der Zeitschrift merz–medien+erziehung. Mit Wolfgang Zacharias haben wir einen Kollegen, Freund und Inspirator verloren, der die medienpädagogische Diskussion nachhaltig beeinflusst hat. Wir verlieren aber auch einen engagierten Verfechter der Spielpädagogik, der den berühmten Satz Schillers wie kaum ein anderer verinnerlicht hatte und als Maxime vor sich hertrug: "Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt" (Schiller 1793/2000, S.62). In die Gegenwart übertragen, taugt Schiller durchaus auch für das 21. Jahrhundert, für eine, wie es Zacharias in seiner Glosse formuliert "… nachhaltige kulturelle Medienbildung in einer "glokalen" und "virealen" Netzwerkgesellschaft". Dem ist nichts hinzuzufügen. Wolfgang, wir werden dich vermissen!
Günther Anfang: Chancen der Digitalisierung im Bildungssystem Kita
Wenn digitale Medien in den Kindergarten einziehen, werden selten nur Vorteile gesehen. Insbesondere Eltern und pädagogische Fachkräfte sehen den Einsatz kritisch. Dabei gibt es bereits erfolgreiche Projekte wie KiTab.rlp in Rheinland-Pfalz, aber auch gute Konzepte in anderen Bundesländern. Günther Anfang im Gespräch mit Eva Reichert-Garschhammer, Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP), unter anderem über Potenziale von digitaler Bildung in der Kita und Qualifizierung des Personals.
Günther Anfang: Die frühe Medienpädagogik steht vor großen Herausforderungen
Die Digitalisierung und veränderte Techniken in der Arbeit mit Kindern machen vieles einfacher, stellen zugleich jedoch große Herausforderungen an eine frühe Medienpädagogik. Pädagogische Fachkräfte und Erziehende sind verunsichert, insbesondere, wenn es um Datenschutz oder Persönlichkeits- und Urheberrechte in Kindertageseinrichtung geht. Günther Anfang, Leiter des Medienzentrums München, sprach mit Sabine Eder von Blickwechsel e. V. über Medienausstattung und Projekte in Kindergärten und die medienpädagogische Ausbildung von Erziehenden sowie Erfahrungen mit Eltern.
Günther Anfang: VIVA ARTE VIVA
Neulich fragte mich meine Tochter (8 Jahre), ob ich mit ihr nicht in die Pinakothek der Moderne in München gehen will, denn sie wolle mir dort etwas zeigen. Ich war erst einmal erstaunt, da die Pinakotheken ja nicht unbedingt ein Ort sind, den Kinder als erstes nennen, wenn sie Spaß haben wollen. Hintergrund war allerdings gleichzeitig auch, dass meine Tochter die Pinakotheken mit mir schon immer gerne besucht hat, da es da leckere Trinkschokolade (= Spaßfakator) gibt, und sie kurze Zeit zuvor mit ihrer Schulklasse eine Führung in dem Museum besucht hatte. So ließ ich mich gerne auf diesen Vorschlag ein und machte mich zusammen mit meinen beiden Töchtern (7 und 8 Jahre) auf den Weg ins Museum. Am Ort angekommen wurde ich auch gleich zielgerichtet zu drei Kunstwerken geführt. Das erste Bild war eines von Pablo Picasso, Madame Soler (1903), aus seiner blauen Periode. „Schau, das hat der Picasso in blau gemalt, weil die Frau traurig ist. Und jetzt zeig ich dir noch eines!“
Das nächste Bild stammte von Max Beckmann: Bildnis Quappi in Blau. „Hier ist die Frau auch in blau gemalt, weil sie auch traurig ist!“. Auf die Frage, woher sie das denn wisse, antwortete sie: „Von einer Frau, die uns das letzte Woche bei unserem Schulausflug gesagt hat. Und die hat uns noch ein Bild gezeigt!“. Sofort wurde ich an der Hand genommen und durch drei weitere Räume dirigiert, bis wir vor einem ziemlich düsteren Bild von Georg Baselitz standen. „Hier musst du dich auf den Kopf stellen, um das Bild erkennen zu können!“ Okay, nachdem ich mich auf den Kopf gestellt hatte, erkannte ich zwei männliche Figuren. „Der hat alles auf dem Kopf gemalt!“ Nun gut, ich hatte verstanden: blau ist traurig und Baselitz kopfüber. Die Erkenntnis über Kunst war für diesen Tag erst einmal perfekt, nun war Trinkschokolade angesagt. Mit Kindern Kunstausstellungen zu besuchen ist immer wieder spannend und macht Spaß. Vor allem dann, wenn es gelingt, dass die Kinder selbst durch die Ausstellung führen. Da reichen auch drei Exponate. Ganz anders ist es natürlich, wenn man ein ganzes Kunstfestival wie die Biennale 2017 in Venedig besucht, die dieses Jahr unter dem Motto VIVA ARTE VIVA steht. Auch da gelingt es, Kunst und Spaß miteinander zu verbinden, wenn man nur der Entdeckerfreude freien Raum lässt. Bei der Biennale wird vor allem im Arsenale, der ehemaligen Schiffswerft von Venedig, einiges geboten. In den riesigen Lagerhallen gelangt man von einer Installation zur anderen. Vieles ist beindruckend allein dadurch, dass es groß und farbenprächtig ist.
Auch bei der diesjährigen Biennale gibt es dort einiges zu bestaunen. Gleich am Eingang der Arsenale stößt man auf mehrere riesige Marmorkugeln der aus Polen stammenden Künstlerin Alicja Kwade: Pars pro Toto (2017, Naturstein, Sand). Hier könnte man natürlich herrlich damit spielen. Zumindest anfassen darf man die Kugeln und das ist ja auch schon etwas Besonderes. Für Kinder ist aber auch ein netzartiges Zeltdach, in das man hineinschlüpfen und darin auf Trommel-Musik machen kann, beeindruckend. Die Installation Um Sagrado Lugar (A Sacred Place) stammt von Ernesto Neto. In diesem Zelt können sich die Besucherinnen und Besucher in brasilianische Schamanenrituale einweisen lassen und Einblicke in das Leben von Huni-Kuin- Indianern aus dem Amazonas erhalten. Den Kindern bereit das sehr viel Freude, denn wer will nicht gerne mit anderen in einem Zelt trommeln und Schamanenrituale kennenlernen. Ebenso beeindruckend ist ein Kunstwerk, das aus bepflanzten Schuhen besteht. Die von Michel Blazy gestaltete Collection de Chaussures zeigt eine Installation mit Schuhen, Pflanzen, Erde und Wasser und sticht schon deshalb hervor, da man unweigerlich plötzlich aus allen Schuhen Pflanzen sprießen sieht. Genauso überwältigend ist ein Kunstwerk des Schweizer Künstlers Julian Charriere, der in Berlin lebt. In Venedig zeigt er eine Installation aus Salz des bolivianischen Salzsees Salar de Uyuni mit dem Titel Future Fossil Spaces. Die riesigen Salzsäulen kann man umrunden und sich dazwischen verstecken. Wenn das kein Abenteuer ist! Schließlich und endlich gelangt man bei der Biennale 2017 noch zu einer riesigen Textilinstallation der US-amerikanischen Künstlerin Sheila Hicks, die in Paris lebt. In Venedig zeigt sie ihre Installation Scalata al di la dei terreni cromatici / Escalade Beyond Chromatic Lands, das sind bunte Wollknäuel im gigantischen Ausmaß. Bei deren Anblick möchte man sich am liebsten mittenreinlegen und Pause machen. Doch beim Stichwort Pause machen sollte man nicht vergessen, dass Kinder beim Besuch von Kunstausstellungen einige Pausen brauchen, in denen es Eis, Getränke und Zeit zum Spielen gibt. Dann kann ein Besuch einer Kunstausstellung gelingen, und muss auch nicht immer mit heißer Schokolade sein. Die 57. Biennale in Venedig läuft noch bis 26. November 2017.
Günther Anfang: Von Athen lernen?
Vielleicht wäre es für die documenta 14, die aktuell in Kassel stattfindet, besser gewesen, erst einmal von den Erfahrungen der vergangenen documentas zu lernen. Denn was diese documenta auszeichnet, ist eher Beliebigkeit als ein stringentes und pfiffiges Konzept. Neues steht neben Altem, Kunst aus Griechenland neben Leihgaben aus aller Welt und das Ganze ist wenig inspirierend. Schon das Programmheft ist so unübersichtlich, dass man immer wieder darin blättert, um nachzuvollziehen, wo was warum ausgestellt wird. Relativ sicher ist dabei, dass alles, was im Fridericianeum ausgestellt wird, aus dem Athener Nationales Museum für Zeitgenössische Kunst (EMST) stammt. Im Gegenzug wurde alles aus dem Fridericianeum nach Athen verfrachtet. Kulturaustausch nennt man das. Die Grundidee des Kurators der documenta 14, Adam Szymczyk, war ja, die documenta dieses Mal an zwei Orten – in Kassel und in Athen – stattfinden zu lassen.
Da waren die Athener gar nicht so begeistert, denn wieso sollen sie plötzlich eine Veranstaltung gut finden, die nicht ihre eigene ist? Kunst haben sie in Griechenland wahrlich genug. Und Sorgen haben sie wahrlich auch andere. Wir schenken euch ein bisschen Kunst, aber die Kredite erlassen wir euch nicht, könnte man böse behaupten. Einige sprechen sogar von Kulturimperialismus. Nun gut, das Festival in Athen kann von meiner Seite aus nicht weiter bewertet werden, da ich nicht selbst dort war. Aber dafür können Eindrücke von Kassel wiedergegeben werden. Und die sind leider nur bedingt positiv. Es fängt schon damit an, dass Kassel an und für sich keine besonders attraktive Stadt ist. Die documenta hätte da die Chance, alle fünf Jahre Glanz in die Stadt zu bringen. Auf dem Friedrichsplatz gelingt das auch ein bisschen, denn da steht ein großer, aus verbotenen Büchern bestehender Parthenon. Der macht erst einmal was her. Allerdings wird bei näherem Betrachten klar, welche Bücher da alles als verboten verbaut wurden. Da sind die Buddenbrooks ebenso dabei wie der Da Vinci Code. Insgesamt 50.000 Bücher, die irgendwo auf der Welt einmal verboten waren oder es heute sind, sollen den Parthenon der Bücher nach dem Willen der argentinischen Künstlerin Marta Minujín bilden. Als Kunstprojekt ist es eine Neuauflage des Parthenons, den sie 1983 in Argentinien zum Ende der Militärdiktatur errichten ließ. Damals waren es aber verbotene Bücher der Militärdiktatur. In Kassel sind es alle Bücher, die irgendwo und irgendwann einmal verboten waren.
Hier fängt die Beliebigkeit dieser documenta an. Vieles erschließt sich den Besucherinnen und Besuchern nicht, und bei vielen Exponaten bleibt unklar, warum sie ausgestellt wurden. Die Kunst der Gegenwart ist dieses Mal an viel zu vielen Orten verteilt und geht im Sammelsurium der bestehenden Ausstellungen unter. Irgendwie weiß man nie genau, gehört das nun dazu oder hängt es auch normalerweise im jeweiligen Ausstellungsgebäude. Somit bleiben wenig erhellende Eindrücke. Da sticht noch am meisten die Neue Galerie heraus, die in der ehemaligen Hauptpost und Briefzentrum von Kassel untergebracht ist. Hier beeindrucken sowohl der Ort der Ausstellung, eine riesige Industriehalle, als auch die verschiedenen zum Teil großflächigen Exponate. Und hier wird die documenta endlich auch politisch. Das Video 77sqm_9.26min (2017) rekonstruiert die Ermordung des 21-jährigen Halit Yozgat in seinem Internetcafé im Jahr 2006. Forscher des Forensic Architecture Institute London bezweifeln in dem Video, dass der damalige hessische Verfassungsschützer Andreas Temme von dem Mord durch den NSU nichts mitbekommen hat. Das Video ist auf drei Bildschirme aufgeteilt: Auf einem ist eine Zeitleiste zu sehen, auf dem anderen nachgestellte Szenen mit Schauspielern, auf einem anderen laufen Computeranimationen ab. Obwohl oder gerade weil es nüchtern gehalten ist, berührt das Video und lässt Besucherinnen und Besucher der documenta mit vielen Fragen zurück.
Mit einer ganz anderen Ausprägung von Gewalt beschäftigt sich eine Künstlerin, die der Gemeinschaft der Sámi in Norwegen angehört. Máret Ánne Sara hat einen morbiden Vorhang aus 300 Rentierschädeln mit Einschusslöchern (Pile o’ Sápmi, 2017) geknüpft. Sie erinnert damit an den Kampf der Sámi um die eigene Identität, zu der das Halten kleiner Rentierherden gehört. Die wiederum waren immer wieder von massenhaften Zwangskeulungen betroffen. Auch hier ist man unwillkürlich mit Fragen konfrontiert, die den Umgang mit Minderheiten im Land betreffen und warum sich hier niemand dagegen stellt. Eine weitere wichtige Fragestellung, die die documenta aufgreift, ist der Umgang mit Flucht in Europa. Diesem Thema widmen sich vor allem die Exponate in der documenta Halle. Der mexikanische Künstler Guillermo Galindo macht hier mit Wrackteilen von Booten (Fluchtzieleuropahavarieschallkörper, 2017) auf das Leid von Flüchtlingen aufmerksam. Allerdings stellt sich Besucherinnen und Besuchern auch hier die Frage, inwieweit ein pittoreskes kaputtes Boot das Leid der Flüchtlinge sichtbar machen kann. Hier steht man als Gaffer vor einer tragischen Geschichte und bekommt das Gefühl nicht los, sich am Leid der Flüchtlinge noch zu ergötzen.
Schließlich und endlich wird man auf der documenta 14 dann doch noch provoziert und es bleibt offen, ob hier nicht ein Skandal riskiert wird. Provokateur ist der Peruaner Sergio Zevallos, der in der Neuen Galerie seine Arbeit A War Machine ausstellt. Zavallos übernimmt in seiner Installation pseudodokumentarisch die Schädelmaße, mit denen Ethnologen zu Kolonialzeiten beweisen wollten, dass ‚Wilde‘ von Natur aus dumm sind. Die Maße legt er an (vermeintlich) geborene Kriminelle an. Am Ende formt er daraus Schrumpfköpfe und erstellt eine Fotowand mit Fotos, auf der man zum Beispiel das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe findet. Aber auch ein Foto von der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen oder der IWF-Chefin Christine Lagarde. Fraglich bleibt hier, ob das dumm dreist oder einfach nur oberflächlich provokativ ist. Ich weiß es nicht, genau so wenig, wie ich etwas über das Konzept dieser documenta weiß.
Die documenta 14 in Kassel läuft noch bis 17. September 2017.
Günther Anfang: Der Beruf des Journalisten war nie so wichtig wie heute
Digitalisierung, neue Technologien und ein Überangebot an Informationen haben den Berufsalltag von Journalistinnen und Journalisten teilweise verändert. Sind wir in Anbetracht dessen, dass mittlerweilejeder Nachrichten produzieren kann, überhaupt noch auf diese professionalisierte Berufsgruppe angewiesen? Kann ein Journalismus-Studium überhaupt noch empfohlen werden?
Günther Anfang, Leiter der Abteilung Praxis am JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis, im Gespräch mit Bernhard Goodwin.
Günther Anfang: nachruf Hans Strobel
Das Kinderkino in Deutschland wäre ohne Hans Strobel nicht das, was es heute ist. Als Vater des modernen Kinderkinos war Hans Strobel nicht nur bundesweit bekannt und hoch geschätzt, sondern auch in ganz Europa und in der Welt in Sachen Kinderfilm unterwegs. Und als engagierter Vertreter und Lobbyist der Kinderfilmarbeit setzte er seine Leidenschaft auch gleich in die Praxis um und gründete zusammen mit seiner Frau Christel 1979 das Kinderkino München im Forum 2 im Olympiadorf. Schon damals zeigte er auf, welches Potenzial im Kinderkino für die medienpädagogische Arbeit steckt. Er entdeckte spannende und kindgerechte Filme vor allem in den Ostblockländern, die er nach Deutschland brachte, da bei uns der Kinderfilm eher ein Schattendasein führte. Aber auch deutschen Kinderfilmen galt seine Leidenschaft, wie beispielsweise Nordsee ist Mordsee von Hark Bohm, den er immer wieder als beispielhaften Kinderfilm für die verschiedensten Anlässe anpries.
Ein absoluter Lieblingsfilm vom ihm war The Kid von Charles Chaplin – und natürlich die vielen Entdeckungen, die er im tschechischen Kinderkino machte. All diese Erfahrungen versammelte er in seiner einzigartigen Handreichung zur Kinderfilmarbeit Erlebnis Kinderkino – Theorie und Praxis der Kinderfilmarbeit, die noch heute ein Standardwert der rezeptiven Medienarbeit ist. Doch nicht nur die Kinderfilmarbeit war ihm wichtig, er setzte sich generell für die Arbeit mit dem Medium Film ein und betreute am JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis – welches damals noch Institut Jugend Film Fernsehen hieß – über viele Jahre hinweg die Spielfilm- und Kurzfilmliste. Diese Listen hatten für die medienpädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen einen unschätzbaren Wert, da sie sowohl zu jedem Thema einen passenden Film auswiesen als auch viele wertvolle Informationen über Bezugsquellen, Stabangaben und Einsatzempfehlungen enthielten.
Ein besonderer Clou seiner Karriere war sicher, dem Filmfest München ein Kinderfilmfest unterzujubeln. Und das ist in einer Stadt, in der gerne der Glamour im Mittelpunkt steht, sicher eine große Leistung. Als Mitglieder der Filmstadt München hat er aber auch immer wieder die alternative Filmszene unterstützt und beraten. In den letzten Jahren litt Hans Strobel immer stärker an seiner Parkinson-Erkrankung. In der Nacht zum 24. Dezember 2016 ist Hans Strobel nur wenige Tage vor seinem 79. Geburtstag verstorben. Am Nachmittag zuvor hatte er noch mit seiner Frau Christel im Münchner Gasteig das Konzert zu dem Film Drei Haselnüsse für Aschenbrödel besucht, das ihr Sohn Frank als Dirigent leitete.
Mit Hans Strobel haben wir einen wichtigen Wegbereiter des modernen Kinderkinos und der rezeptiven Medienarbeit verloren.
Günther Anfang: Schule als ein Milliardenmarkt für Apple, Microsoft, Samsung & Co.
Tablet-Klassen sind nicht nur modern, sondern auch ein wirtschaftlicher Faktor für Schulen. Große Medienanbieter profitieren von diesem riesigen Markt, der an Schulen nicht immer zu deren Vorteil ausgetragen wird. Günther Anfang, Leiter der Abteilung Praxis des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis, hat mit Martina Schmerr, Referentin im Vorstandsbereich Schule des Hauptvorstands der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), gesprochen, um Gefahren und Chancen dieser Entwicklung auszuloten.
Literatur:
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (2013). GEW Privatisierungsreport Nr. 15: Propaganda und Produktwerbung. Wie Unternehmen mit kostenlosen Unterrichtsmaterialien Einfluss auf Schulen ausüben. www.gew.de/index.php?eID =dumpFile&t=f&f=24014&token=8e016d2111510301ff25 aff75e7ac0340507fda4&sdownload= [Zugriff: 25.11.2015] .
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (im Erscheinen). „Erfolgreich mit Neuen Medien! – Was bringt das Lernen im Netz?“.
Holland-Letz, Matthias (2015). Einfallstor für Microsoft, Apple und Co. In: E&W Erziehung und Wissenschaft, 10. www.gew.de/zeitschriften/eundw/aktuelles/detailseite/ neuigkeiten/ew-102015-digitale-bildung-auf-den-mehrwert- kommt-es-an [Zugriff: 25.11.2015].
www.gew.de/schule/medienbildung [Zugriff: 25.11.2015].
Stefan Welling, Marion Brüggemann und Günther Anfang: Das Ende der Kreidezeit. Können Tablets und Smartphones Schule verändern?
Seit geraumer Zeit nehmen, unabhängig von der Schulform, scheinbar kontinuierlich sogenannte Tablet-Klassen in verschiedensten Konstellationen den Betrieb auf. Auch der Slogan ‚Bring Your Own Device‘ wird in diesem Zusammenhang immer wieder zitiert, häufig zusammen mit dem Versprechen einer Revolution im Unterrichtsalltag, da nun Schülerinnen und Schüler endlich ihre eigenen mobilen Endgeräte in die Schule mitbringen dürfen, um damit nach Herzenslust zu lernen und zu arbeiten. Glaubt man den Herstellern mobiler Endgeräte, so stehen wir an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter schulischen Lernens, das durch leistungsstarke Kreativwerkzeuge, interaktive Lehrbücher und unzähligen Apps bestimmt ist, die grenzenlose Möglichkeiten des Lernens aufzeigen (vgl. z. B. Apple Inc. 2015). Damit einher gehen große Erwartungen der Schuladministration hinsichtlich des Mehrwerts dieser Medien für die Verbesserung von Lern- und Lehrprozessen. Viele (Erfahrungs-)Berichte über die Arbeit mit diesen Geräten scheinen die positiven Erwartungen zu bestätigen. Empirisch sind sie aber häufig nicht ausreichend, zumindest nicht, um Verallgemeinerungen über den Mehrwert des Lernens und Lehrens mit Tablets und Smartphones zu treffen. Technische Innovationen wurden schon häufig dazu benutzt, das Ende der Kreidezeit auszurufen und die Schule der Zukunft einzuläuten.
Waren es in den 1960er-Jahren die Sprachlabors, mit denen man neue Wege des Sprachunterrichts eröffnen wollte, so sollten in den 1980er-Jahren der Informatikunterricht und die allerorts an Schulen neu installierten Computerräume dafür sorgen, dass Schule den Anschluss an das neue technische Zeitalter nicht verliert. Schließlich und endlich folgten die Laptop-Klassen, mit denen man glaubte, das Lernen mobiler und individueller gestalten zu können und die interaktiven Whiteboards, die Lehrkräften neue Möglichkeiten der Vermittlung von Lehr- und Lerninhalten zur Verfügung stellen sollen. Bislang haben sich die hohen Erwartungen an das unterrichtliche Innovationspotenzial neuer Technologien in der Regel nicht erfüllt. Von Sprachlabors redet niemand mehr, Computerräume werden von vielen Lehrkräften gemieden und interaktive Whiteboards werden primär im Kontext bestehender Unterrichtsmethoden genutzt. Laptop-Klassen sind angesichts der inzwischen viel attraktiveren Tablets scheinbar Schnee von gestern und anscheinend nicht mehr zeitgemäß, obwohl sich Anzeichen mehren, dass die ersten Schulen schon wieder von Tablets zugunsten von Laptops abrücken, da sie mehr Einsatzmöglichkeiten bieten.
Oversold and underused?
Die Schule sichert ihre Zukunftsfähigkeit also nicht, indem die dortigen Akteurinnen und Akteure möglichst rasch auf die jeweils neuesten Technologien aufspringen. Will man Lernen und Lehren weiterentwickeln, müssen vor allem die etablierten Handlungsmuster im Lehr-Lernkontext sowie die institutionellen und technischorganisatorischen Bedingungen, unter denen gelernt und gelehrt wird, als Ganzes in den Blick genommen werden. Das bedarf einer größeren Anstrengung als nur in Technologien zu investieren. Die von Cuban et al. (2001) gemachte Feststellung, dass der schulische Einsatz digitaler Medien in keinem adäquaten Verhältnis zu den dafür getätigten Aufwendungen stehe („Oversold and underused“), hat demnach möglicherweise weiterhin Bestand? Was sind die positiven Effekte des schulischen Lernens und Lehrens mit Tablets, die den hohen Aufwand an Ausstattung, Content-Entwicklung und Fortbildung rechtfertigen? Welche Faktoren machen den Tablet-Einsatz in der Schule so wertvoll für Lernen und Lehren, dass die Tablet-Einführung als zukunftsfähige Investition erscheint, und sich längerfristig für die Schule lohnt?
Die vorliegende Ausgabe von merz kann diese Fragen nicht erschöpfend beantworten, allein schon, weil der dafür betrachtete Gegenstand zum einen viel zu dynamisch und zum anderen noch viel zu neu ist. Es stellt insofern eher eine Momentaufnahme dar, die dazu einlädt, innezuhalten und mit etwas Distanz auf das schulische Lernen mit Tablets zu blicken. Denn dann wird man schnell feststellen, dass das Lernen mit Tablets einerseits sicherlich vielfältiges Potenzial für die Verbesserung von Lern- und Lehrprozessen birgt. Andererseits wird man auch sehen, dass damit auch vielfältige Herausforderungen einhergehen, teils bekannter, teils aber auch neuer Natur, sodass es verfrüht wäre, sich schon von der schulischen Kreidezeit zu verabschieden. Vielmehr bedarf die Integration von Tablets in den Schulbetrieb einer kritischen und konstruktiven Begleitung.Rudolf Kammerl diskutiert anhand ausgewählter aktueller empirischer Befunde den Mehrwert digitaler Medien für das schulische Lernen. Was rechtfertigt die Forderung nach mehr digitalem Lernen an Schulen? Was wird tatsächlich besser oder anders, wenn digitale Medien in Lernprozesse integriert werden und welchen Nutzen hat das für die schulische Medienbildung an allgemeinbildenden Schulen?Im Anschluss daran betrachtet Stefan Welling die unterrichtlichen Auswirkungen des Lernens und Lehrens mit Tablets vor allem anhand internationaler Untersuchungen. Neben offensichtlich positiven Effekten wird dabei auch deutlich, dass sich die intensive Nutzung solcher Medien gerade in 1:1-Settings offenbar auch nachteilig auf den Erwerb bestimmter fachlicher Kompetenzen auswirken kann. Ein Aspekt, der im Diskurs über das Lernen mit Tablets bislang keine Beachtung findet. Vor dem Hintergrund des großen ökonomischen Potenzials, das die Vermarktung von Tablets, Apps und Inhalten birgt, verwundert das nicht. Dass es bei zahlreichen Ausstattungsoffensiven nicht nur um eine Verbesserung der Lern- und Lehrumgebung geht, verdeutlicht Martina Schmerr im Gespräch mit Günther Anfang. So sind Tablet- Klassen nicht nur modern, sondern auch ein wirtschaftlicher Faktor. Große Medienanbieter profitieren von diesem riesigen Markt, der nicht immer zum Vorteil der Schulen agiert.Daran schließt sich der Beitrag von Marion Brüggemannan.
Sie betrachtet die Einführung von Tablets an Schulen als komplexen Innovationsprozess, der auf den Ebenen der Lehr-Lernprozesse, der Organisations- und Kommunikationsstrukturen, der technischen Entwicklung sowie auf der Ebene des Selbst- und Aufgabenverständnisses der Lehrkräfte basiert. Es wird gezeigt, dass ein Mehrwert von Tablets für die schulische Bildung erzielt werden kann, wenn ihre Nutzung in Prozesse der schulischen Organisationsentwicklung eingebettet wird. Daran anschließend vermisst Thomas Knaus die Potentiale des Digitalen aus einer theoretischdidaktischen Perspektive. Ausgehend von einem interaktionistisch-konstruktivistischen Verständnis von Lernen werden aus allgemeinpädagogischer und lernpsychologischer Perspektive Voraussetzungen nachhaltigen und motivierenden Lernens identifiziert. Dies fließt in eine vergleichende Analyse der scheinbar konträren Unterrichtsmedien Schulheft und Tablet ein. In dieser Gegenüberstellung offenbaren sich die konzeptionellen Potentiale des Digitalen.Gisela Schubert und Kerstin Heinemann werfen schließlich einen Blick auf Konzepte des Peer-Involvement in der Schule. Dass dieser Ansatz nicht nur in außerschulischen Bildungssettings, sondern auch im Kontext von Schule funktioniert, wird unter anderem durch die zunehmende Anzahl an Medienscout-Projekten an Schulen im gesamten Bundesgebiet sichtbar. Im Mittelpunkt dieser Projekte steht dabei, Schülerinnen und Schüler aktiv zu beteiligen und ihre Kompetenzen im Umgang mit Medien zu stärken. An Beispielprojekten wie Medienscouts, Breakradio, MinecraftEdu und NetKids Pankow wird dies anschaulich erläutert.1
Anmerkung 1 Olivier Steiner und Rahel Heeg gehen im ersten Artikel der Rubrik spektrum auf die Förderung von Medienkompetenzen durch Peer-Involvement im Allgemeinen ein.
Literatur:
Apple Inc. (2015). Das iPad im Unterricht. www.apple.com/de/education/ipad [Zugriff: 11.01.2016].
Cuban, Larry (2001). Oversold and underused. Computers in the classroom. Cambridge (MA), London. Harvard University Press.
Günther Anfang: „Das Unbewusste der digitalen Kultur bewusst machen“
Stiegler, Christian/Breitenbach, Patrick/Zorbach, Thomas (Hrsg.) (2015). New Media Culture. Mediale Phänomene der Netzkultur. Bielefeld: transcript. 299 S., 29,90 €.
Shitstorm, Selfies, Big Data, Gamification – wir alle kennen diese Begriffe der ‚New Media Culture‘. Woher sie kommen und wie sie einzuordnen sind, ist vielen aber nicht klar. Welche Auswirkungen die Netzkultur auf unsere tagtägliche Wahrnehmung von Kommunikation auf Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und ästhetische Entwürfe haben kann, erläutert der Sammelband New Media Culture von Christian Stiegler, Patrick Breitenbach und Thomas Zorbach, die alle aus dem Umfeld der Karlshochschule in Karlsruhe kommen. Insgesamt 15 Phänomene der Netzkultur werden darin von verschiedenen Autorinnen und Autoren behandelt. Unter anderem von Judith Ackermann das Phänomen der Avatare als Identitäten und digitale (Ab-)Bilder im Netz. Auf Selfies und Selfie-Sticks als Automedialität des digitalen Selbstmanagements geht Christian Stiegler ein. Alle Artikel sind in der Publikation in ihrer Struktur ähnlich aufgebaut, um eine gemeinsame Basis für die sehr unterschiedlichen Phänomene und Sichtweisen zu bieten. Nach einleitenden Worten ist jedem Kapitel eine theoretische Einführung vorangestellt, die es ermöglichen soll, Begriffsdefinitionen zu erläutern und das jeweilige Phänomen in einen diskursiven Zusammenhang zu stellen.
Praxisbezüge machen in einem nächsten Schritt das jeweilige Phänomen greifbar(er) – auch durch die Einbindung von Anwendungsmöglichkeiten. Abschließend werden perspektivische Entwicklungen aufgezeigt und Literaturtipps zur eigenen weiteren Recherche gegeben. Ein grundlegender Einführungsartikel zu Digitalen Medientheorien führt in die Thematik ein und zeigt auf, dass der von Marshall McLuhan formulierte Begriff der neuen Medien bzw. New Media immer nur in Abgrenzung der alten Medien zu sehen ist. Die Bezeichnung New Media ist somit irreführend, denn was McLuhan 1960 darunter verstanden hat ist heute etwas ganz anderes als damals, und wird morgen wieder etwas anderes sein. So wird aktuell das Netz mit dem Begriff New Media gleichgesetzt – allerdings nur solange es kein neueres Medium gibt, das alle zuvor existierenden Medien in sich einschließt, inklusive der für das Internet charakteristischen ausgeprägten sozialen, digitalen Lebenswelt. Digitale Medientheorien haben dann aber auch Auswirkungen auf die Praxis und erfordern die Entwicklung digitaler Kompetenzen. Dazu gehört die Fähigkeit, kompetent und reflektiert mit digitalen Informationen und neuen Medien umzugehen, sich Zugang zum Netz zu verschaffen, sich dort eigenständig zu bewegen, eine partizipatorische Teilhabe wahrzunehmen und Informationen zu kreieren, zu verbreiten und zu evaluieren.
Ein Weg dazu ist auch, sich mit den Ausformulierungen der ‚New Media Culture‘ auseinanderzusetzen und Phänomene der Netzkultur aus akademischer und praktischer Sicht zu überdenken und zu hinterfragen. In New Media Culture wird also mit der Aufbereitung von 15 Phänomenen der Netzkultur ein Grundstein für ein besseres Verständnis gelegt. Dieser liefert sowohl Studierenden und Lehrenden der Kultur- und Medienwissenschaften als auch Praktikerinnen und Praktikern wertvolle Erkenntnisse, sich mit diesen Phänomenen (weiter) auseinanderzusetzen und im praktischen Diskurs mit den sogenannten Digital Natives zu erörtern. Nur ein reflektierter Umgang mit den Phänomenen der digitalen Kultur kann gewährleisten, dass wir nicht zum Spielball, sondern zur Akteurin bzw. zum Akteur dieser Kultur werden. Dazu will die Publikation beitragen oder wie es Mitherausgeber Christian Stiegler in einem Interview formuliert: „‚New Media Culture‘ will das Unbewusste der digitalen Kultur bewusst machen“ (transcript 2015).
Literatur:
transcript (2015). Autoreninterview mit Christian Stiegler. www.transcript-verlag.de/978-3-8376-2907-1/new-media- culture-mediale-phaenomene-der-netzkultur [Zugriff: 05.08.2015].
Günther Anfang: Olympiade der Kunst
Als eine der ältesten Kunstausstellungen der Welt – erstmals fand sie 1895 statt – steht die Biennale dieses Jahr erneut einem kunstbeflissenen Publikum von Anfang Juni bis 24. November in Venedig offen. Unter dem Motto „Palazzo Enciclopedico“ und unter der künstlerischen Leitung von Massimiliano Gioni versammelt diese 55. Biennale 155 Künstler und Künstlerinnen aus 88 Nationen. Zehn Länder sind dabei zum ersten Mal dabei, unter anderem Kuwait, Paraguay, Bahamas, der Vatikan und Angola. Angola hat auch gleich den Preis für den besten Pavillon abgestaubt, der vor zwei Jahren an Deutschland für seine Schlingensief-Installation ging. Somit ist diese Olympiade der Kunst nicht nur eine Schau der neuesten und interessantesten Kunstentwicklungen, sondern immer auch eine Leistungsschau der Kunst in den verschiedenen Ländern. Damit diese Leistungsschau aber auch etwas zurückgenommen wird, wurde mit dem Motto bewusst auf eine enzyklopädische Gesamtkunst abgezielt, die nicht die Einzelwerke in den Vordergrund stellt, sondern die Vielfalt und Vollständigkeit künstlerischen Schaffens. Dass dieses Ansinnen in einer Zeit des vergoogelten Weltwissens nur bruchstückhaft gelingt, war den Ausstellungsmachern durchaus bewusst. Doch gerade deshalb haben sie dieses Motto gewählt. Als Ausstellungsbesucherin oder -besucher muss man somit viel Zeit mitbringen. Denn um alle Kunstwerke in den Giardini und im Arsenale sowie in ganz Venedig einigermaßen erfassen zu können, braucht man Zeit.
Gerade die Videoinstallationen dauern häufig 30 und mehr Minuten, sind zum Teil auf mehrere Leinwände verteilt und wirken erst in der Gesamtschau wie zum Beispiel eine Installation im türkischen Pavillon zum Thema Körperinszenierung. Aber auch Gerüche müssen von den Besucherinnen und Besuchern in ihrer Vielschichtigkeit erfasst und eingefangen werden wie im lateinamerikanischen Pavillon, in dem Hunderte von Gewürzmischungen aufgetürmt und wie im Basar in ihrer bunten Farbenpracht präsentiert werden. Da träumt man sich schnell in eine orientalische Welt und will erst einmal ein bisschen dort verweilen. Doch weiter geht es, durchs Arsenale Gelände, vorbei an vielen interessanten Installationen bis zum Italienischen Pavillon, der dieses Jahr jedoch wenig überzeugt. Somit bleiben als weitere Station die Giardini im Stadtteil Castello, wo sich 28 Länder in ihren nationalen Pavillons präsentieren. Hier haben schon in den Anfängen der Biennale die verschiedenen Länder zum Teil imposante Kunstpavillons gebaut. Der Hässlichste ist übrigens der Deutsche, der ursprünglich 1909 erbaut, jedoch 1938 von den Nazis verunstaltet wurde. Dieses Jahr haben die Franzosen und die Deutschen jedoch ihren Pavillon getauscht, somit fand die Ausstellung der deutschen Kunst im französischen Pavillon und die der Franzosen im Deutschen Pavillon statt.
Um die Besucherinnen und Besucher noch mehr zu verwirren, sind außerdem im Deutschen Pavillon keine ursprünglich deutschen Künstlerinnen und Künstler zu sehen, sondern auf Einladung von Susanne Gaensheimer Arbeiten von Ai Weiwei, Romuald Karmakar, Santu Mofokeng und Dayanita Singh. Doch was soll´s, Hauptsache dem Publikum gefällt es. Und Ai Weiwei konnte mit einer Installation von dreibeinigen Stühlen durchaus Eindruck erzeugen, auch wenn sie stark an seine Installation auf der documenta vor fünf Jahren erinnerte. Was bleibt, ist auf alle Fälle ein vielschichtiger Eindruck von dieser 55. Biennale und die Gewissheit, dass die künstlerischen Ausdrucksformen unermesslich sind. Und in einem Ambiente wie Venedig einfach großartig zur Wirkung kommen.
Günther Anfang: Medienerziehung in der Krippe
Kinder äußern immer früher den Wunsch, digitale Medien zu bedienen und sie auszuprobieren. In einem Projekt des Medienzentrums München des JFF (MZM) in Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten werden Kinder an Medien wie Film und iPad herangeführt. Das Projekt befindet sich noch in seiner Anfangsphase, wurde aber bereits einige Male mit Kindern zwischen etwa zwei und drei Jahren durchgeführt. Dabei ließ sich auch erkennen, welche Medieninhalte sich für diese Altersgruppe eignen und welche weniger.
Literatur:
Theunert, Helga (Hrsg.) (2007). Medienkinder von Geburt an. Medienaneignung in den ersten sechs Lebensjahren. München: kopaed.
Günther Anfang: Documenta 13
Alle fünf Jahre ist es wieder soweit. Die kunstbeflissene Szene macht sich auf nach Kassel, um zu sehen, was in Sachen Kunst der Stand der Dinge ist. Auch dieses Jahr kann man wieder 100 Tage lang bis einschließlich 16. September in Kassel der Frage nachgehen, was aktuell unter Kunst zu verstehen ist. Nun wenn es nach Meinung der Kuratorin Carolin Christov-Bakorgiev geht, dann sind es nicht nur wir, die sich diese Frage stellen können, sondern schlichtweg auch der Hund, den diese Kunst ansprechen soll. Zwar sind die Äußerungen von Christov-Bakorgiev zum Konzept der documenta 13 äußerst kryptisch, doch Fragen wie „Welches Wissen haben andere Wesen und Dinge?“ bis hin zu „Wäre das Kunst, die auch Tiere anspricht – in deren Sprache?“ stammen aus ihrem Mund und stehen im Mittelpunkt der diesjährigen documenta. Diese Fragen lassen einen jedoch ziemlich ratlos zurück. Das beginnt schon damit, dass man im Erdgeschoss des Fridericianeums, einem der Hauptausstellungsgebäude der documenta, einen leeren Raum betritt. Einzig eine Vitrine ist zu sehen, in der sich die Absage eines Künstlers hier ausstellen zu wollen, befindet. Auch der Rest der Ausstellung im Fridericianeum stimmt die Kunsthungrigen ratlos.
Experimente zur Quantenphysik erinnern eher an einen Besuch des Deutschen Museums, wo ähnlich wie hier, irgendetwas blinkt oder leuchtet, aber man nicht versteht, was da gerade passiert. Doch Gott sei Dank gibt es ja noch weitere Ausstellungshallen und so wandert man schnell weiter zur Documenta Halle, gegenüber dem Fridericianeum. Hier wird man schon eher fündig, wenn man in der Haupthalle die Werke eines Thomas Bayerle bestaunen kann, der Flugzeugmotoren als Gebetsmühlen inszeniert. Im Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens steht die Maschine und ihr Verhältnis zum biologischen wie auch zum künstlerischen Leben. Eine überdimensionierte Fotomontage eines Flugzeugs und der Lärm diverser Automotoren versinnbildlichen dieses Verhältnis. Ebenso überzeugend in der Halle ist das Konzept des chinesischen Künstlers Yan Lei. Er hat 360 Gemälde in einem Raum angeordnet, die er innerhalb eines Jahres gemalt hat (der chinesische Kalender hat nur 360 Tage). Jeden Tag ein Bild, so lautete der selbstgestellte Auftrag des Künstlers. Als Vorlage dienten Bilder aus dem Internet, die ihm zufällig ins Auge sprangen. Dadurch entstand ein subjektives Tagebuch der täglichen Bilderflut, die uns das Internet beschert. Dieses Tagebuch ist nun auf der documenta 100 Tage lang zu sehen und wird vom Künstler sukzessive wieder zerstört, indem die Bilder mit Autolack übermalt werden. Die Quellbilder und ihre Geschichte werden somit versiegelt und so für die Ewigkeit unzugänglich gemacht.
Mit diesen gewaltigen Bildeindrücken schlendert man nun hinunter zur Karlsaue, dem Herzstück der documenta. Doch hier herrscht ebenso erst einmal Leere, wie im Fridericianeum. Die Ausstellungsobjekte sind auf dem Gelände der Karlsaue weit verstreut und man hätte gut daran getan, sich ein Fahrrad zu mieten. Der Fußmarsch ist leider sehr anstrengend und irgendwie auch nicht sehr erquicklich. Die einzelnen Pavillons erinnern eher an Gartenhäuschen, die willkürlich in den Park gestellt wurden, als an Gebäude, die den verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern gerecht werden. Ach wie schön sind da im Vergleich die Länderpavillons in den Giardinis auf der Biennale in Venedig. Ja man findet sie natürlich auch hier, die interessanten Kunstobjekte, wie zum Beispiel die Bienenskulptur von Pierre Huyghe oder die Idee di pietra, einen riesigen Stein in Mitten einer Baumkrone von Guiseppe Penone. Beeindruckend sind auch die Holzinstallation aus verschiedenen Galgen von Sam Durant, die die Geschichte der Todesstrafe in Amerika visualisiert und die Toninstallation von Janet Cardiff & George Bures Miller inmitten einer Waldlichtung. Hier kann man eine komplexe Audiokomposition erleben, die von 30 in der Natur angeordneten Lautsprechern erzeugt wird. Die Geräusche führen die Zuhörerinnen und Zuhörer in eine imaginäre Welt zwischen Fiktion und Realität umstürzender Bäume und herabstürzender Bomben.
Wäre man nicht zu weit in die Karlsaue vorgedrungen, so wäre das ein schöner Abschluss eines documenta Besuchs gewesen. Leider aber wird man darauf verwiesen, dass der Rückweg lang und beschwerlich ist. Eine komprimiertere Form der Darbietung auf engerem Raum hätte dem Ganzen gut getan. Übrigens die documenta 13 findet auch noch in Kabul, Alexandria/Kairo und Banff statt. Da genügt dann für einen Besuch auch ein Fahrrad nicht mehr.