Prof. Dr. Ben Bachmair
Beiträge in merz
Ben Bachmair: European Programme in Media, Communication and Cultural Studies
European Master und European Certificate sind Studiengänge für Medien-, Kultur- und Geisteswissenschaftler, die von verschiedenen europäischen Universitäten mit den entsprechenden Leistungsnachweisen angeboten werden.
(merz 2000-03, S. 152-159)
Ben Bachmair: Abenteuer Fernsehen
Die Fernsehfiguren, die Kinder in der Regel als Helden erwählen, sind aus Elternsicht zumindest merkwürdig, oft genug sogar fragwürdig. Deshalb ist das Fernsehen für viele Eltern Feindbild Nummer eins - eine Feindschaft, die nicht selten aus Unwissenheit entsteht. Nach der Lektüre von Ben Bachmairs Begleitbuch kann von Unwissenheit jedoch keine Rede mehr sein. Die wichtigste Lehre, die Eltern und Erzieher aus der Lektüre ziehen sollten: Kinder benutzen die Geschichten des Fernsehens, um eigene Botschaften zu vermitteln. Sie bauen, wie Bachmair das mal nannte, Kunstwerke aus Fernsehschrott. Diese Botschaften zu dechiffrieren ist gleichzeitig der Schlüssel zum Kind; allerdings kann man sie nur dann decodieren, wenn man sich auch in dem benutzten Material auskennt.
Für Kenner Bachmairscher Schriften ist diese Erkenntnis natürlich nichts Neues: Sowohl im Aufbau wie auch im Inhalt entspricht das vorliegende Buch dem 1993 erschienenen Ratgeber „TV-Kids“; ganze Passagen sind wörtlich übernommen. Selbst Lesern, die das frühere Buch nicht kennen, dürfte auffallen, dass so manches Zeitungszitat zehn Jahre alt ist und diverse der erwähnten Medienhelden (Alf, Bill Cosby, Mad Max) in jeder Hinsicht von gestern sind.Die Gretchenfrage aber ist gleich geblieben: Macht Fernsehen dumm und gewalttätig? Naturgemäß hat sich auch an der Antwort nicht viel geändert. Bachmair will den Eltern aber helfen, das Beste daraus zu machen: Kinder nutzen das Fernsehen „als direkte und unmittelbare Erfahrungswelt“. Und wie sie das tun, erläutert der Medienpädagoge anhand vieler anschaulicher Beispiele. Verblüffend sind immer wieder Dialoge zwischen Kindern, die sich scheinbar auf TV-Erlebnisse beschränken; erst Bachmairs Dechiffrierung offenbart den Subtext.Trotzdem bleibt ein gewisser Unmut.
Selbst wenn die entsprechenden Fernsehserien bloß Mittel zum Zweck sind: Eltern könnten sich Bachmairs Schilderungen vermutlich besser vergegenwärtigen, wenn die erwähnten Helden aus dem aktuellen Programm stammten.Neu gegenüber „TV-Kids“ ist allerdings das abschließende Kapitel über Multimedia im Kinderalltag, schließlich hat sich die Medienwelt der Kinder in den letzten zehn Jahren sprunghaft vergrößert; von den erfolgreichen Versuchen der Industrie, das Taschengeld im Medienverbund anzuzapfen, ganz zu schweigen. Auch dem Phänomen „Pokémon“ begegnet Bachmair aber mit gewohnter Gelassenheit; eine Haltung, die nach der Lektüre auch bei Eltern überwiegen sollte.Ben Bachmair: Abenteuer Fernsehen. Ein Begleitbuch für Eltern. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2001, 224 Seiten, Euro 9,50