Stefanie Brosz
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Stefanie Brosz: Heroes in New Dimensions
Ganze 20 Minuten lang ein brandneues, noch nicht erschienenes Game anzocken? Dafür stellt man sich doch gerne vier Stunden lang an eine Menschenschlange an! Zumindest nahmen viele begeisterte Spielefans diese Wartezeit auf sich, um Final Fantasy XV, Mafia 3, Battlefield 1, Titanfall 2 oder FIFA 17 vor den offiziellen Releases schon einmal exklusiv auf der gamescom 2016 ausprobieren zu können. Die diesjährige Spielemesse stand unter dem Motto ‚Heroes in New Dimensions' und öffnete am 17. August für Fachbesucherinnen und -besucher sowie die Presse und vom 18. bis zum 21. August für alle Spiel- und Medienbegeisterten die Tore. Beim Einlass gab es die bereits angekündigten verstärkten Kontrollen von Taschen und Rucksäcken. Wer wie gewohnt in einer ausgefallenen Cosplay-Verkleidung kommen wollte, musste dieses Jahr die gebastelten Spielzeugwaffen nämlich zuhause lassen. Das tat der Messe selbst aber überhaupt keinen Abbruch: Bereits am ersten Messetag für die Öffentlichkeit war sofort ordentlich was los, es füllten sich alle elf Hallen des riesigen Messegeländes bis zum letzten Winkel.
Insgesamt konnte sich die gamescom 2016 über einen Besucheransturm von etwa 345.000 Schaulustigen aus 97 Ländern erfreuen. Ein neuer Rekord konnte mit den 877 teilgenommenen Unternehmen aus 54 Ländern vermerkt werden. Es gab auch in der Tat viel zu sehen: VR-Spiele sind zwar keine Weltneuheiten, doch trotzdem noch in den Kinderschuhen unter den Spieletechniken. Mit dem VR-Kletterspiel The Climb von Crytek konnte beispielsweise die Virtual Reality- Technologie ganz unblutrünstig ausprobiert werden. Neue Spielversionen oder Erweiterungen wie Final Fantasy Teil einhundert ... beziehungsweiseoffiziell Teil XV, Tekken 7 bis Gears of War 4 wurden vorgestellt und konnten meist entweder um die 20 Minuten lang am Computer oder einer Konsole angespielt werden – oder aber es gab, wie bei dem Action-Adventure Dishonored 2, einen exklusiven detaillierten Trailer zum Spiel zu sehen.
Hier ließ der Publisher Bethesda es sich nicht nehmen, gleich im Anschluss auch noch den Ego-Shooter Prey vorzustellen, der erst im Jahr 2017 veröffentlicht wird. Auch Spiele, die bereits auf dem Markt sind, konnten auf der Messe gezockt werden. Denn wenn der amerikanische Computerspiele-Entwickler Blizzard Entertainment schon gefühlt zwei Drittel einer gesamten Halle einnimmt, hat er natürlich alles im Gepäck, was der Konzern aktuell so zu bieten hat: Neben dem neuen World of Warcraft: Legion gab es auch Overwatch, anlässlich des 20. Geburtstags von Diablo gleich alle drei Teile dieses Action- Rollenspiels, außerdem noch Starcraft II, Heroes of the Storm und Hearthstone– alles zum Selberspielen auf insgesamt über 500 Gaming-Computern.
Wenn man selber keine Lust hatte, den Controller oder die Maus in die Hand zu nehmen, konnte man auch einfach nur als neugierige Beobachterin bzw. neugieriger Beobachter zuschauen, wie die Spielhungrigen nach bis zu vier Stunden Wartezeit endlich mal ran durften. Einfach mal testen So landeten beispielsweise auch wir irgendwann im neuen Deus Ex Teil Mankind Devided, in welchem ein Kampf von Mensch-Maschinen geschlagen werden muss. Denn durch einen Hackerangriff drehen die kypernetischen Verbesserungen in Form von Implantaten durch und die sogenannten augmentierten Menschen greifen plötzlich Mitmenschen an. Besonders war, dass wir auf der gamescom auch viele unbekanntere Spiele in der Beta-Version anzocken konnten. So zum Beispiel The Black Death, ein Survival-Spiel, das im Mittelalter stattfindet. Hierbei spielt, wie der Name schon sagt, die Pest eine Rolle und man sollte sich vor Infizierten in Acht nehmen. Sollte es aber doch zu einer zombieähnlichen Begegnung kommen, muss gekämpft werden. Es soll aber auch ein friedliches Spiel möglich sein, man muss sich eben nur gut genug verstecken.
Dieses Massively Multiplayer Online Role-Playing Game (MMORPG), in dem Spielende in bis zu zehn verschiedene Rollen schlüpfen können, befindet sich zwar noch in der Testphase, das interessante Setting und Roleplay lässt aber schon jetzt auf ein spannendes Spiel hoffen. Es kommt übrigens von einem Entwicklerteam der Syrin Studios aus England, auf die wir in der sogenannten Indie Arena gestoßen sind. In dieser Indie Arena Booth – auf einer Fläche von 620 Quadratmetern – wurden tatsächlich 80 unterschiedliche Indie-Spiele präsentiert. Indie steht kurz für ‚independent‘ – so ist das Besondere an den Spielen, dass sich deren Entwicklerinnen und Entwickler oft in ganz neue Richtungen, weg von der breiten Mainstream- Masse begeben (können), da sie unabhängig von großen Entwicklerfirmen arbeiten. Langes Anstehen gab es in dieser facettenreichen Entertainment- Area nicht, trotzdem wurde man mit Energizern wie Snacks und Getränken gut versorgt und konnte sich so leicht in den vielen Angeboten verlieren. Ein Highlight war beispielsweise das Jump’n'Run-Game Huntdown, das mit seiner oldschool-mäßigen 8-Bit-Grafik richtig Lust auf einen gemütlichen Nintendo- Abend macht. Für retrobegeisterte Spielerinnen und Spieler ohne Konsole gibt es das Spiel übrigens auch für das Smartphone zum Download. Die Indie Booth Arena ist – gerade für junge Studios und Newcomer – ein Raum für kreative Ausgestaltung.
Kein Wunder, dass die Organisatoren des Gemeinschaftsstands für Indie-Entwicklerinnen und -entwickler bereits mit einigen Preisen ausgezeichnet wurden, wie dem Deutschen Entwicklerpreis für die beste Marketing- Kampagne und dem Sonderpreis der Jury 2015 beim Deutschen Computerspielpreis. Die Zukunft spielt Wie schon erwähnt gab es einige Virtual Reality- Spiele – wie The Climb von Crytek oder mit etwas mehr Action von Ubisoft die neuen Spiele Eagle Flight und Star Trek: Brigde Crew – mit verschiedenen Herstellerbrillen zu testen. Zu Beginn ist diese VR-Technik leicht verwirrend, denn man befindet sich optisch in einem komplett anderen Raum, welcher dazu noch sehr invasiv wirkt. Bei gefährlichen oder angsteinflößenden Situationen im Spiel kann man damit nicht mal eben wegschauen oder mit einem Blick auf die eigenen Füße die Erinnerung zurückholen, dass alles nicht echt ist. Den Blick auf die eigenen Füße gibt es damit schlichtweg nicht mehr, man sieht ausschließlich jenen virtuellen Raum, ohne eigene Körperwahrnehmung. Ein fantastisches, sehr real wahrgenommenes Erlebnis, das nicht ohne Grund in vielen Vorträgen für die Fachbesucherinnen und -besuchern im Congress- Centrum aufgegriffen wurde. Unter anderem konnte man sich dort beispielsweise ausgiebig mit der Frage auseinandersetzen, ob Virtual Realtiy zu einnehmend sein könnte. Unter dem Dachthema „Die Zukunft spielt“ wurden insgesamt über 80 nationale und internationale Referentinnen und Referenten eingeladen, die über Wissen, Zukunftsvisionen und Potenziale, Einsatzmöglichkeiten von Computerspielen und Applied Interactive Technologies (APITS), aber auch über branchenübergreifende Grundlagenforschung beim Einsatz digitaler Technologien referierten.
Fazit Die gamescom hat damit auch dieses Jahr wieder die unterschiedlichsten Interessengruppen ausreichend bedient; egal, ob man sich nun einfach treiben lassen wollte oder mit festen Vorsätzen kam, spezielle Spiele definitiv anzuspielen. Die Indie Arena Booth ist dazu dieses Jahr ein Stück angewachsen, die VR-Technologie wurde deutlich präsenter ebenso wie die Sicherheitskontrollen. Und so kann davon ausgegangen werden, dass auch vom 22. bis 26. August 2017 Spaß und Action für alle Technik- und Spielebegeisterten wieder garantiert sein werden. Dann vornehmlich zu den vier Schwerpunkten ‚Interaktive Spiele', ‚Virtual Reality', ‚Neuerscheinungen' sowie ‚Medienkompetenz und -pädagogik‘.
Stefanie Brosz ist studentische Hilfskraft am JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. Derzeit studiert sie den Masterstudiengang Medien- und Kommunikation mit Schwerpunkt Mediendidaktik an der Universität Augsburg.
Jana Schreiner/Stefanie Brosz: Self-Tracking im Freizeitsport
Ob wir mit einer Fitness-App körperbezogene Daten allein für uns oder als kommerzielle Grundlage für die unternehmerischen Tätigkeiten der Anbieter*innen tracken, macht eigentlich keinen Unterschied – zumindest datenschutztechnisch.
Steile These, aber tatsächlich gibt es kaum Fitnesstracker-Apps und -Uhren, die einen guten Datenschutz der sensiblen Daten gewährleisten. Dies sollte durchaus kritisch gesehen werden. Welche Perspektive haben Jugendliche darauf? Wie gehen Jugendliche mit Self-Tracking-Technologien um? Welche Potenziale und Risiken sehen sie? Und wie können Heranwachsende in einem souveränen Umgang mit Self-Tracking unterstützt werden? Diese Fragen interessieren nicht nur das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und die Bayerische Sportjugend, die das Projekt Self-Tracking im Freizeitsport fördern, sondern auch das JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis als umsetzende Institution.
So wurden medienpädagogische Methoden und Materialien für Übungsleiter*innen, ehrenamtliche Jugendleiter*innen und Sportlehrkräfte entwickelt, um die Verwendung von Fitness-Apps und -Armbändern in der Arbeit mit Jugendlichen kritisch zu reflektieren. Ziel war es dabei, das Bewusstsein über Nutzen und Risiken von Self-Tracking-Angeboten zu stärken und einen souveränen Umgang damit zu fördern. Begleitend zur Materialentwicklung wurden die Self-Tracking-Erfahrungen von Jugendlichen in einer explorativen Studie erforscht. Die Studie gibt einen Einblick in die unterschiedlichen Nutzungsmotive der Heranwachsenden und zeigt, welche Potenziale, Risiken und Unterstützungsbedarfe sie in der Nutzung sehen.
Durch die Einbindung des Themas Self-Tracking in den Vereins-und Schulsport bieten die Methoden den Jugendlichen Raum, sich mit Fragestellungen beispielsweise zu Datenschutz, Motivation und Identitätsbildung auseinanderzusetzen. Die entwickelten Methodenpakete regen dazu an, positiv wahrgenommene Aspekte, wie Motivation und Wissen über den eigenen Körper, sowie herausfordernde Gesichtspunkte von Self-Tracking bewusst zu machen.
Da hinter Fitness-Apps und -Uhren wirtschaftliche Unternehmen und ihre Interessen stehen, ist ein kritischer Umgang mit den Produkten und mit der Speicherung von erzeugten Daten enorm wichtig. Die Methodenpakete haben die Förderung eines kompetenten und reflektierten Umgangs mit Self-Tracking-Technologien zum Ziel.Katharina Jäntschi/Steff Brosz: Reflexionen zu Gendersensibler Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen
Grundlage des Artikels ist ein Praxis- und Forschungsprojekt, in dem Geschlechterbilder in Social Media untersucht und Methoden für die Arbeit mit Schüler*innen erarbeitet wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass Soziale Medien eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung bei jungen Menschen spielen, diese Plattformen aber meist Geschlechterstereotypen präsentieren. Eine gendersensible Medienerziehung ist notwendig, um das Problem anzugehen. Zu ihren Zielen gehören die Förderung der individuellen Vielfalt, der Abbau struktureller Ungleichheiten und die Entwicklung eines stimmigen Ich-Konzepts.
Literatur
Debus, K. (2012). Dramatisierung, Entdramatisierung und Nicht-Dramatisierung in der geschlechterreflektierten Bildung. Oder: (Wie) Kann ich geschlechterreflektiert arbeiten, ohne geschlechtsbezogene Stereotype zu verstärken? In Dissens e. V., K. Debus, B. Könnecke, K. Schwerma & O. Stuve (Hrsg.), Geschlechterreflektierte Arbeit mit Jungen an der Schule. Texte zu Pädagogik und Fortbildung rund um Jungenarbeit, Geschlecht und Bildung (S. 149–158). Dissens e. V.
Ertl, B. & Helling, K. (2015). Gender-Re-Skripting. Eine Methode zur Reduktion stereotyper Verhaltensweisen im Unterricht. In J. Wedl & A. Bartsch (Hrsg.), Teaching Gender? Zum reflektierten Umgang mit Geschlecht im Schulunterricht und in der Lehramtsausbildung (S. 353–373). transcript.
Jochim, V. & Gebel, C. (2022). „Der will das nicht zeigen, ob er jetzt ganz weiblich oder ganz männlich ist.“ In JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis (Hrsg.), GenderONline – Geschlechterbilder und Social Media zum Thema machen: Online-Forschungswerkstätten mit 10- bis 16-Jährigen. https://doi.org/10.25656/01:25774
Owens, J. & Massey, D. (2011). Stereotype Threat and College Academic Performance. A Latent Variables Approach. Social Science Research, 40(1), 150/166.