Dr. Karin Ehler
Beiträge in merz
Karin Ehler: Förderung von Talent und Interesse
Für Jugendliche mit besonderem Interesse an dem Themengebiet Medien und Technologie organisiert das Fraunhofer Institut IDMT in Erfurt jedes Jahr eine dreitägige Veranstaltung, in der sie das wissenschaftlicheArbeiten kennenlernen und in der Praxis erproben können.
Karin Ehler: Kinderfernsehen weltweit
Im Rahmen der Prix Jeunesse-Veranstaltung lud das IZI, das Internationale Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen, ein zur Präsentation neuer Forschungsergebnisse. Ziel war es, Guidelines, die aufgrund der Forschungsergebnisse und Workshops erstellt wurden, an Produzenten weiterzugeben, so dass diese sich in ihrer Arbeit daran orientieren können. Thema war die Wahrnehmung von Kriegsberichterstattung im Fernsehen durch Kinder, speziell die Berichte über den Irakkrieg, dessen Beginn in die Zeit der Untersuchung fiel.
Die Präsentation bezog sich auf internationale Forschungsprojekte aus dem Jahr 2003. In nationalen Vergleichsstudien wurde etwa untersucht, welche Einstellung zum Irakkrieg Kinder in verschiedenen Ländern überwiegend hatten. Das methodische Vorgehen bestand darin, in vier Ländern Kinder anhand von Interviewleitfäden zu befragen und sie aufzufordern, ihre Vorstellungen vom Krieg sowie das, was sie im Fernsehen darüber sehen möchten, zu malen. In Deutschland zeigte die von Maya Götz durchgeführte Studie, dass die Kinder relativ gut informiert waren – Quellen waren die eigenen Familien, das Fernsehen und auch die Schule – und die ablehnende Haltung teilten, die die deutsche Gesellschaft mehrheitlich zum Krieg hatte. Auch in Österreich hatten die Kinder einen hohen Informationsstand, der aber im Gegensatz zu Deutschland hauptsächlich durch Familie und Fernsehen zustande kam und nicht auch durch den Einfluss der Schulen. In beiden Ländern haben Kinder Zugang zu pädagogisch gut konzipierten Kindernachrichten, die Informationen so aufbereiten, dass sie für Kinder zu bewältigen sind. Israelische Kinder waren, wie Dafna Lemish ausführte, ebenfalls gut informiert, weil die Gesellschaft dies angesichts der allgegenwärtigen Bedrohung grundsätzlich als erzieherisches Ziel sieht. In Anbetracht der Nähe des Kriegsschauplatzes und befürchteter Angriffe durch den Irak waren allen Kindern ständig die Gefahren bewusst und zusammen mit der Schule und dem Elternhaus übernahm gerade auch das Kinderfernsehen die Rolle des Informationsmediums. Hier bemühte man sich, selbst beunruhigende Nachrichten so darzustellen, dass sie für Kinder möglichst dennoch nicht beängstigend wirken. Gleichzeitig wurde durch die Studie deutlich, dass durch die Vermittlung der Medien die israelischen Kinder den Krieg zwischen den USA und dem Irak als „ihren“ Krieg und Bush in erster Linie als Beschützer Israels wahrnahmen.
Ellen Seiter befragte amerikanische Kinder in San Diego und kam zu dem Ergebnis, dass sie sehr wenig Informationen über den Krieg und seine Hintergründe hatten, weil es in der Gesellschaft die Haltung gibt, Kinder vor Informationen zu „schützen“. Auch gibt es keine expliziten Kindernachrichten, wie sie Deutschland oder Österreich haben. Sowohl Familien als auch Schulen und Medien sehen hier ihre Aufgabe eher darin, beunruhigende Informationen von den Kindern fernzuhalten. Dies hatte zur Folge, dass die amerikanischen Kinder oft verzerrte, cartoonhafte Vorstellungen vom Krieg hatten.Nach der Präsentation von Forschungsergebnissen und Guidelines für Fernsehproduzenten fand eine Podiumsdiskussion mit Kinderfernseh-RedakteurInnen aus verschiedenen Ländern statt. Gerade auch Fernsehmacher aus Ländern, in denen keine Kindernachrichten gesendet werden, konnten dabei vielerlei Anregungen und Argumente finden, mit denen sie gegenüber ihren vorgesetzten Instanzen hochwertiges informatives Kinderfernsehen vertreten können.„Krieg im Kinderfernsehen“, Televizion 16/2003 und „War in Children’s Television“, 17/2004, kostenlos zu bestellen unter Fon 089.5900-2991, IZI@brnet.de.
(merz 2004-04, S. 77)
Karin Ehler: Papi liest im Krieg
Dass Familienmitglieder durch Medienkonsum voneinander getrennt werden, wird vielfach beklagt. Die Eltern schauen Sportschau bzw. Bella Block, die Kinder sitzen zur gleichen Zeit, wenn sie Glück und einen eigenen Fernseher haben, vor SpongeBob oder Jörg Pilawa. Oder die Kinder sind nicht dazu zu bewegen, einen Familienausflug mitzumachen, weil sie sich nicht vom Handy oder dem Computer mit ihren vielen Möglichkeiten trennen können. Der Effekt: Jeder geht seinem und ihrem eigenen Interesse nach und die gemeinsam verbrachte Zeit schwindet. Doch Medien können Familien auch zusammenführen: Telefon und E-Mail dienen bekanntermaßen dazu, miteinander zu kommunizieren, gerade auch innerhalb von weit verstreut lebenden Familien. Dazu kommt jetzt in den USA noch eine weitere Möglichkeit: Ein Elternteil ist als Angehöriger der Navy oder des Marine Corps für längere Zeit fern der Heimat unterwegs, etwa auf einem Marineschiff, das im Nahen Osten in Stellung geht. Trotzdem liest der abwesende Papa, die abwesende Mama den zu Hause gebliebenen Kindern Bücher vor. Wie das geht? Mit Hilfe des Projekts „United Through Reading“ (http://read2kids.org/united.htm), einem Angebot der Family Literacy Foundation. Dort werden Leselisten und Bücher angeboten und die technische Ausrüstung sowie Anleitung zur Verfügung gestellt, so dass die ins Ausland versetzten Väter oder Mütter ein Video oder eine DVD aufnehmen können, welches dann der daheim weilenden Familie geschickt wird. Die Kinder wiederum werden beim Anschauen der Aufnahme gefilmt, und dieses Band wird zurückgeschickt zum entsandten Elternteil, eventuell mit einem weiteren Buch, das als nächstes vorgelesen wird. Das Ganze hat laut Darstellung der Organisatoren viele Vorteile: Vorgelesen zu bekommen ist essenziell für den akademischen Erfolg von Kindern; tausende Kinder und Eltern fühlen sich einander näher als zuvor; die Kinder haben weniger Angst vor der Abwesenheit eines Elternteils; das Wiedersehen nach der Heimkehr ist einfacher, das zu Hause gebliebene Elternteil fühlt sich vom anderen unterstützt, und, gut versteckt zwischen all den anderen Argumenten: Die Moral „aller Beteiligten“ ist höher.
Man muss sich die Zahlen von Augen halten: Derzeit haben 10.000 fern der Heimat dienstverpflichtete Angehörige des Marine Corps Kinder zwischen einem und zehn Jahren, die getrennt von ihnen leben. Bei der Navy sind es noch weit mehr: “At any given moment during the year, 63,000 navy families are separated due to military obligations.”In Folge dessen ist die Trennung von der Familie der häufigste Grund, weshalb Marineangehörige ihre Jobs hinschmeißen. Das ist schlecht für die Truppen. Da muss man gegensteuern, ist doch klar. Ein nettes, harmloses Medienprojekt, das noch dazu kaum was kostet und dem Image gut tut, kann da nur recht sein.
(merz 2006-02, S. 42)
Karin Ehler: Mittler zwischen den Generationen?
Die Landesstelle Kinder- und Jugendschutz Sachsen-Anhalt e.V. bietet Beratungen, Informationsveranstaltungen, Fortbildungen und Workshops zu Themen an, die im Zusammenhang mit dem Kinder- und Jugendschutzgesetz (JuSchG) oder dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) relevant sind, etwa im Bereich Computerspiele, Filme, aber eben auch Handy.
Für merz führte Karin Ehler ein Interview mit dem Geschäftsführer der Landesstelle, Arnfried Böker, über die jugendschutzrelevanten Aspekte des Handygebrauchs.
(merz 2005-03, S.35-39)
Karin Ehler: Was macht Bildungssoftware gut?
Anfang März wurde auf der Bildungsmesse Didakta der digita verliehen, der Deutsche Bildungssoftware-Preis. So wurde in der Kategorie Privates Lernen unter 10 Jahren etwa der Lernspaß für Kinder: The Story of Santa Claus vom Max Hueber Verlag, Ismaning ausgezeichnet, eine Geschichte von Santa Claus, die über verschiedene Medien (Bilderbuch, Audio-CD, DVD) in englischer Sprache präsentiert wird. In acht Kategorien (Allgemeinbildende Schule, Privates Lernen, Berufliche Bildung, Nachschlagewerke, Didaktische Werkzeuge sowie in drei Förderpreiskategorien) wird alljährlich von der Jury das jeweils beste Produkt aus den zuvor von den Herstellern eingereichten Einsendungen ausgewählt. Die Entscheidung beruht auf Gutachten, die zuvor von einem Gutachterausschuss angefertigt wurden. Die Zahl der Einsendungen startete 1995 mit 61 Produkten und liegt seit einigen Jahren bei ungefähr 100. Für den digita 2005 waren 95 Produkte in der Auswertung. Karin Ehler sprach für merz mit Prof. Dr. Wilfried Hendricks, dem wissenschaftlichen Direktor des Deutschen Bildungssoftware-Preises digita.Herr Hendricks, welches Ziel verfolgen Sie mit der Verleihung des digita-Bildungssoftware Preises?Der Preis wurde von 10 Jahren etabliert. Hintergrund war die Feststellung, dass auf dem Bildungssoftwaremarkt auf Seiten der Hersteller wie der Käufer große Desorientierung herrschte, man fand damals nicht so richtig zusammen. Und auf der anderen Seite konnte und kann man auch heute noch nicht richtig einschätzen, welche Produkte den Kauf lohnen. Man kann nicht wie bei einem Buch durchblättern und sich vor dem Kauf ein Bild davon machen.
Damit es am Markt markante Zeichen gibt, die auf Qualität hinweisen, etablierten wir einen Preis. Mit diesen Auszeichnungen sollen Zeichen gesetzt werden, die auch auf die anderen Hersteller zurückwirken. Wir wollen nicht die Richtung vorgeben, in der Software entwickelt werden soll, aber wir wollen ermuntern und zeigen, dass man mit guter Qualität am Markt erfolgreich sein kann. Auf der anderen Seite stellen wir fest, dass man richtige Markterfolge über den Verkaufspreis erzielt, dass also preisgünstige Produkte sich eher rechnen als die hochpreisigen, qualitativ wertvollen. Diese Problemlage wird nicht so leicht zu lösen sein. Ob wir das Ziel erreicht haben, ist eine andere Sache. Auf dem Markt wird registriert, welche Produkte einen Preis bekommen, nur heißt das nicht, dass die anderen nicht gut wären, weil ja nur die Produkte am Wettbewerb teilnehmen, die von den Herstellern eingereicht wurden. Die Jury der digita besteht nur aus Erwachsenen, kann die bei einer Beurteilung von Software für Kinder und Jugendliche überhaupt das letzte Wort haben?In der Jury und unter den Gutachtern haben wir keine Kinder, sondern erwachsene Fachleute. Aber dort, wo es um Kinderprodukte geht, beziehen die Gutachter in der Regel Kinder ein und sichern ihr Urteil durch Kinder ab. Manchmal kommt es auch vor, dass das Kindervotum ein eher verhaltenes Urteil noch verbessert hat. Wenn ein Gutachter etwas toll findet, aber hinterher feststellt, dass sich die Kinder langweilen, dann wird er auch sein Urteil anpassen.Wie sehen Sie Deutschland im Bezug auf Bildungssoftware im internationalen Vergleich?Die deutschen Hersteller halten sich mindestens ganz oben auf – von der Spitze zu reden wäre vermessen, weil man dazu den Markt weltweit überblicken müsste – und könnten mehr Entschlossenheit zeigen, um mit ihren Produkten auch im Ausland tätig zu werden. Können Sie den inländischen Markt charakterisieren?Grundsätzlich ist der Markt dreigeteilt: Wir haben den schulbezogenen Markt, den Markt für privates Lernen und den der berufsbezogenen Weiterbildung. Wir beobachten, dass sich dieser Weiterbildungsmarkt zunehmend dem Lernen mit neuen Medien öffnet. Der Nachmittagsmarkt scheint gerade eine Durststrecke zu erleben.
Im Moment gehen die Erwartungen der Hersteller dahin, dass der Schulmarkt sich stärker öffnen könnte und dass andererseits Lernsoftware, die mit einem bestimmten Lehrwerk verbunden ist, sich besser verkaufen lässt. Aber man kann mit einem Produkt, das für den Nachmittagsmarkt entwickelt wurde, auch sehr gut im Unterricht arbeiten. Insofern sind die Grenzen fließend.In Deutschland wird derzeit Lernsoftware kaum in der Schule eingesetzt. Sollte man das Ihrer Meinung nach versuchen zu ändern?In den 20 Jahren, seit denen ich die Entwicklung verfolge, sind wir schon relativ weit gekommen. Ich denke, dass das Lernen mit neuen Medien völlig neue Impulse für die jungen Menschen – wie auch für die alten – setzen kann. Wir haben mehrere Probleme zu lösen: Wir haben ein Medium, das die Mehrheit der Lehrer und Lehrerinnen in ihrer Kindheit so nicht erlebt hat, so dass sie auch nicht unbedingt an die positiven Effekte davon glauben. Der nächste Punkt ist die Ausstattung an Schulen. In Deutschland wurden extra Computerräume eingerichtet, was dazu führt, dass die Lehrer immer mitplanen müssen, wann der Computerraum gerade frei und damit verfügbar ist. Einer spontanen Nutzung dieses Mediums ist damit der Weg verbaut. Der Vorteil der Software ist gerade das Lernen nach Bedarf, aber das ist nicht möglich. In der Grundschule hat man Medienecken in den Klassenzimmern, dort aber nur wenige Rechner, so dass die Kinder womöglich davor Schlange stehen.
Früher war das nicht so schlimm, da war die Beschäftigung mit Computern die Aufgabe weniger Lehrer, aber inzwischen wurde viel Lehrerfortbildung betrieben, so dass das Gros der Lehrer in technischer Sicht mit diesen Geräten umgehen können müsste. Der Engpass ist im didaktischen Bereich zu sehen. Die Lehrkräfte müssen jetzt eigentlich den Lehr- und Lernprozess anders sehen und eine neue Rolle für sich finden, aber das ist nicht einfach, weil sie in einer bestimmten Weise sozialisiert sind. Hier jetzt den richtigen Weg zu finden, wie man die Software in ein etabliertes Konzept einfügt oder das etablierte Konzept ändert, das ist das eigentliche Problem. Das könnte gelöst werden, indem man in Lehrerfortbildungen vermittelt, wie auf der fachdidaktischen Ebene Unterricht unter Einbeziehung von Lernsoftware gestaltet werden und zu ganz anderen Ergebnissen führen kann. Das heißt nicht, dass man in jeder Stunde von dem Rechner sitzen muss, sondern der Lehrer muss abwägen, welches Medium unter welcher Zielsetzung gerade adäquat ist. Hier braucht die Bildungspolitik mehr Mut.Das ganze Lernen verändert sich. Wenn man in die berufliche Ausbildungssphäre hineinschaut, dann sieht man, dass selbstständiges Agieren, Team- und Kommuniukationsfähigkeit gefragt sind. Das sind Dinge, die man mit Unterstützung von Software sehr viel besser entfalten kann als ohne. Welches Alter sehen Sie als geeignet an, um mit Lernsoftware zu beginnen?
Die Kinder wachsen heute mehr oder weniger natürlich in die Computerthematik rein. Sie sehen, wie die Eltern oder größeren Geschwister zu Hause am Computer irgendetwas tun, und das wollen sie auch machen, genau wie sie alles andere durch Nachahmen lernen. Es gibt ein Angebot von ausgesprochen guten und kindgerechten Produkten, die auch schon im frühen Alter von 3 Jahren sinnvoll einsetzbar sind. Das heißt nicht, dass die Kinder damit alleine zurecht kommen, sondern sie brauchen Eltern oder ältere Geschwister, die sich die Zeit nehmen müssen, dem Kind dabei zu helfen. Denn wie auch beim Fernsehen sollten kleinere Kinder bei einer solchen Beschäftigung begleitet werden. Wenn ein Kind also feststellt, dass es durch Eingaben am Computer Aktionen auslöst, die es versteht, wenn es akustische oder optische Signale des Computers umsetzen kann, dann kann man dem Kind ein schönes und adäquates Produkt aussuchen. Was sind Ihre Maßstäbe für gute Bildungssoftware?Gute Bildungssoftware zeichnet sich durch gut ausgewählten Inhalt aus, der in einer Art und Weise lernbar gemacht wird, die sehr stark an den potenziellen Interessen der Nutzer orientiert ist. Die Nutzer müssen das Gefühl haben, dass sie sich ihren eigenen Vorstellungen entsprechend in der Software gut bewegen können. Sie müssen ihre Fragen in einer Art beantwortet bekommen, die zu konstruktivem Handeln oder Denken führt. Die grafische Gestaltung darf die Inhalte nicht überlagern, sondern muss eine eher dienende Funktion haben. Die Navigation soll es ermöglichen, dass der Nutzer jeden Moment weiß, wo er sich befindet. Die Interaktivität muss reales Interagieren simulieren.
Sehen Sie auch problematische Aspekte an Lernsoftware? Ich denke an Prof. Pfeiffer, der als Kriminologe eine enge Verbindung zwischen Computerspielen und „dümmeren Kindern“ herstellt.Da bin ich vorsichtig. Als ich Kind war, wurde immer vor der Schundliteratur gewarnt, dann kam das Fernsehen auf und galt als gefährlich und noch später die Comics. Natürlich gibt es eine problematische Weise der Nutzung, aber die Problematik fängt im Elternhaus an, lange bevor die Schule eine Chance hat einzugreifen. Man muss die Entwicklung von Medienkompetenz im Elternhaus schon im Kindesalter anbahnen. Kinder müssen, wie auch in allen anderen Bereichen, lernen, mit den Dingen vernünftig umzugehen. Wenn man ausschließlich Computerspiele spielt, die Gewalt verherrlichen und in denen Unterdrückungsmechanismen vorgemacht werden, ist das eine Konditionierung, die ungünstig ist. Dasselbe gilt für gewaltverherrlichende Filme. Aber auch wer den ganzen Tag nur liest, hat zu wenig Bewegung. Generell ist es wichtig, Maß zu halten. Da muss man als Eltern aufpassen und für ausgewogene Beschäftigungen sorgen.
Milena Chieffo / Karin Ehler: Sachwissen zum Hören
Der Trend zum Hörbuch, der bei der Hörfassung von Romanen und anderen Gattungen der fiktionalen Literatur begonnen hat und dabei auch die Kinderbücher zum Hören geschaffen hat, ist einen Schritt weiter gegangen. Mittlerweile gibt es auch Sachbücher zum Hören. Viele von uns sind mit Büchern der Sachbuchreihe „Was ist was?“ aus dem Tessloff-Verlag groß geworden, die zu praktisch jedem Sachthema einen eigenen Band (mittlerweile 117) mit vielen Bildern und anspruchsvollen informativen Texten veröffentlichten. In Zeiten von Medienkonvergenz und Merchandising ist das nicht mehr genug, erfolgreiche Produkte werden auch via TV, Video, Kassette oder CD und am besten noch Game vermarktet (vgl. www.wasist was.de). Ob und wie es gelingt, Kindern und Jugendlichen Wissen ohne Bilder, die in Büchern und in der TV-Serie (auf Super RTL) ein so wichtige Rolle spielen, als reine Ton-Produktionen zu vermitteln, das soll hier untersucht werden.Was ist Was – Spinnen / Dinosaurier. CD. Universal Family Entertainment 2004, ab 6 Jahren, ca. 50 Min. Vertrieb über www.universalfamily.de ; 7,49 €
Um gleich beim Eingangsbeispiel zu bleiben: Von den 117 Bänden der Was ist Was?-Reihe sind mittlerweile achtzehn Themen auf Kassette und CD erschienen, jeweils zwei auf einem Tonträger, so dass also neun CDs auf dem Markt sind. Sie richten sich an Kinder ab 6 Jahren. Die Kombination der Themen ist nicht immer naheliegend (Dinosaurier und Spinnen), aber man bemüht sich im allgemeinen doch, in eine ähnliche Richtung zu gehen (Ritter und Burgen / Das alte Rom, Seeräuber / Schiffe). Theo, Tess und Quentin (ein Ausrufezeichen, ein Fragezeichen und ein Punkt) begleiten jedenfalls durch das Programm und erleben dabei immer wieder neue Geschichten. Im Dinosaurierkapitel zum Beispiel gräbt Theo den Garten um und findet dabei einen Knochen. Ob es sich dabei wohl um ein Dino-Skelett handelt? Ein Erzähler erklärt die wichtigsten Begriffe und beantwortet Fragen wie: Was haben Dinosaurier gefressen? Warum starben sie aus? Insgesamt eine gelungenes Hörspiel, das durch den Einsatz vieler Soundeffekte Spannung erzeugt und gleichzeitig durch Erzählblöcke informiert und durch dialogische Abschnitte zwischen den drei Protagonisten unterhält.Wieso? Weshalb? Warum? Alles über Dinosaurier. CD. Jumbo Neue Medien & Verlag GmbH 2004, ab 4 Jahren, ca. 55 Min. Vertrieb über www.jumbo-medien.de, 12,80 €
Eine andere erfolgreiche Buchreihe ist bei Ravensburger erschienen und richtet sich an jüngere Kinder im Kindergarten- und Vorschulalter. Gemeint sind die Wieso? Weshalb? Warum?-Bücher, die Kindern mit vielen Klappen, Fenstern und Drehscheiben Einblicke in elementare Sachthemen und Lebensbereiche bieten. Von den über 20 Bilderbüchern wurden bei Jumbo nun die Themen „Alles über Dinosaurier“, „Technik bei uns zu Hause“, „Wir entdecken unseren Körper“, „Wir entdecken die Ritterburg“ und „Auf dem Bauernhof“ als Audio-CD produziert. Die Umsetzung der in Buchform so ansprechenden Themen (Klappen, Drehscheiben, Fühlbahnen für die Finger...) gelingt trotz der rein auditiven Übermittlung recht gut: Mit Hilfe von Hintergrundgeräuschen und geschickter sprachlicher Beschreibung, von Dialogen und einer anschaulichen Rahmengeschichte wird auch ohne Bilder deutlich, wie ein Kühlschrank funktioniert, ein Fachwerkhaus aussieht oder ein Dino gelebt hat. Dabei sind die Dialoge hier, im Gegensatz zu denen der Was ist was?-Reihe, ruhiger und erklärender und verzichten auf Spannung erzeugende Geräuschkulissen. Auch die Sachinformationen werden im Dialog vermittelt. Jeder Track klingt mit einem Musikstück aus, so dass die Informationen in Ruhe nachwirken können. Ob sich jedoch die jüngere anvisierte Zielgruppe ab 4 Jahren schon so lange – rund 55 Minuten – auf ein Thema konzentrieren kann, ist fraglich. Für ältere Kinder allerdings sind die CDs eine echte Bereicherung.1000 Themen: Was Kinder wissen wollen. Dinosaurier. CD. Universal Family Entertainment 2001, ab 5 Jahren, ca. 32 Min. Vertrieb über www.universalfamily.de; 7,49 €
Mehr wie in einer Märchenstunde geht es zu bei den CDs der Reihe 1000 Themen. Eine ruhige Frauenstimme erzählt mit geheimnisvollem Ton alles über Dinosaurier (oder Piraten, den Körper, Pflanzen oder ein anderes der insgesamt neun vertonten Themen), unterbrochen von Musikstücken, die in peppigem, rockigen Stil die Inhalte noch einmal aufgreifen. Die Lieder sind an aktuelle Pop-Stücke angelehnt, welche sie besonders eingängig und mitsingbar machen. Auf dialogische Elemente oder Soundeffekte verzichtet diese zwischen 2001 und 2003 produzierte Reihe mit neun CDs vollständig, trotzdem werden besonders jüngere Kinder durch die einfache Vermittlung der Inhalte und die Mischung von Erzählungen und Liedern profitieren können.Ulrich Janßen und Ulla Steuernagel: Die Kinder – Uni. Warum bin ich Ich? und Warum fallen die Sterne nicht vom Himmelt? CD, 2004, Hörverlag, 14,95 €
Um eher abstrakte oder philosophische Themen geht es bei den Audio-CDs aus der Reihe der Kinderuni-Vertonungen (vgl. auch Beitrag auf S. 3f. in merz 5-04). Sie richten sich an ältere Kinder (das empfohlene Alter ab 6 scheint manchmal noch zu jung) und geben Erläuterungen zu philosophischen Fragen, die Kinder beschäftigen (Warum bin ich Ich?, Warum dürfen die Erwachsenen mehr als Kinder?, Warum gibt es Arme und Reiche?) oder auch zu naturwissenschaftlichen Gebieten, die sie interessieren, etwa Warum speien Vulkane Feuer?Entstanden sind die CDs aus speziellen Kinder-Vorlesungen an der Universität Tübingen, die ab 2002 gehalten wurden. Auf Basis dieser Vorträge haben die Journalisten Ulrich Janßen und Ulla Steuernagel ein Buch herausgegeben, das wiederum die Grundlage bildet für die Hör-Produktionen. Neun CDs sind mittlerweile erschienen, auf denen jeweils zwei Vorlesungen Platz finden. Regelmäßig stellen Kinder Fragen, auf die vom Sprecher Ulrich Noethen (bzw. bei früheren Produktionen Rufus Beck) ohne szenische Hintergrundgeräusche in halb dialogischer, halb vortragender Form Antworten gesucht werden. Der Sprecher geht dabei immer auch auf alle Hintergründe ein, Begriffserklärungen und der Einbezug mehrerer Sichtweisen werden in die Antwort gepackt. Die Vorlesungen werden an mehreren Stellen mit Musik untermalt.Diese CD ist ein anspruchsvolles Hörerlebnis, das Kinder und Erwachsene mit vielen Informationen gerade auch zu ungewöhnlichen Themen versorgt.
Karin Ehler: Alte und junge Computerfans
Mittlerweile findet man auf dem Weiterbildungsmarkt einige Angebote im Bereich Computer und Internet, die sich speziell an ältere TeilnehmerInnen richten.
Im folgenden Beitrag werden zwei solche Kurse aus München vorgestellt. In den grau unterlegten Kästen geben die TeilnehmerInnen Auskunft darüber, mit welchen Motiven sie die Kurse besuchen.
Schließlich berichtet eine Kursleiterin in einem Interview von ihren Erfahrungen.
(merz 2004-04, S. 34-38)
Karin Ehler: Architektur im Blick
In einer Ausstellung in Berlin wird das Werk von Erich Mendelsohn gezeigt, dem großen Architekten der Moderne (1887 bis 1953), der vor allem durch seinen Einsteinturm in Potsdam einem breiten Publikum bekannt ist. Diesen baute er während seiner längsten und wichtigsten Schaffensperiode, die er von 1914 bis 1933 in Berlin verbrachte. Er hatte damals ein eigenes Büro mit vielen Mitarbeitern und schuf zahlreiche Gebäude in und um Berlin: u. a. 1922 den Einsteinturm, der als Observatorium und astrophysikalisches Institut der Erforschung der Einsteinschen Relativitätstheorie diente, 1923 das Verlagshaus Rudolf Mosse und 1930 das Kaufhaus Schocken. 1933 musste Mendelsohn vor den Nazis flüchten und emigrierte nach Amsterdam, um später nach Südfrankreich, London, Jerusalem, New York und schließlich San Francisco weiterzuziehen. Überall schuf er seine Werke, aber gerade Berlin und die Umgebung sind besonders reich an seinen Bauten. Neben seinen Werken, die auf Fotos und durch Modelle, auf Skizzen und Plänen dargestellt sind, ist ein wichtiger Teil der Ausstellung auch seinem Leben und seinen Visionen gewidmet, dabei kommt den Biografien von Erich Mendelsohn und seiner Frau Luise sowie den Memoiren von Luise Mendelsohn besondere Bedeutung zu.
Schließlich stellt die Ausstellung die Frage nach der Erhaltung und Instandsetzung der frühen, experimentellen Bauten und zeigt den heutigen Zustand einiger seiner Gebäude.Die Ausstellung der Akademie der Künste, Berlin, des Instituts für Auslandsbeziehungen, Stuttgart, der Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin und der Wüstenrot Stiftung, Ludwigsburg, ist noch bis 2. Mai in der Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, 10557 Berlin-Tiergarten zu sehen. Der Ausstellungskatalog kostet 35,- €.Einen kritischen (Kamera-)Blick auf die Architektur der Moderne, wie sie sich nach Mendelsohn weiterentwickelt hat, zeigt eine Ausstellung, die zur gleichen Zeit in München zu sehen ist. Aus der Perspektive des Monsieur Hulot, der Hauptperson in den Filmen des Franzosen Jacques Tati (1907 bis 1982), stellt sie die moderne Architektur und die Technisierung des Alltags als unbarmherzig und kalt dar. Jacques Tati hat fünf Kinofilme gedreht und dafür mehrere Preise (Grand Prix du Cinéma Francais, Academy Award, César) gewonnen: „Jour de Fete“ (Das Schützenfest, 1949), „Les Vacances de Monsieur Hulot“ (Die Ferien des Monsieur Hulot, 1953), „Mon Oncle“ (Mein Onkel, 1958), „Play Time“ (Tatis herrliche Zeiten, 1967) und „Trafic“ (Tati im Stoßverkehr, 1971). Monsieur Hulot, ein schüchterner, liebenswerter Mann mit Hochwasserhosen und Regenschirm und von Tati selbst gespielt, verzweifelt darin immer wieder an den Tücken, die das Leben in der modernen Großstadt und im absurd technisierten Haushalt mit sich bringt: Küchen, die alleine arbeiten, aber den Menschen überfordern und seine Bedürfnisse ignorieren, Verkehrsmassen, die in absolutem Chaos enden, gigantische Hochhäuser und sterilgläserne Bürocontainer, die die Bewohner und Arbeiter in der Anonymität verschwinden lassen bzw. sie der permanenten Beobachtung ausliefern – so beschreibt Tati das Leben in seinen Filmen und macht dadurch seinem Publikum die Probleme der Modernisierung bewusst. Tati hat dafür mit dem Filmarchitekten Jacques Lagrange zusammengearbeitet.
Nicht nur die Technisierung und die Gebäude sind im Film gigantisch, auch die Kosten sind es: Bei der Filmarchitektur für „Play Time“ musste er sich so sehr verschulden, dass seine Produktionsfirma in Konkurs gegangen ist und er selbst die Nutzungsrechte an seinen Filmen verloren hat.Die Ausstellung ist analog zu Le Corbusiers „Charta von Athen“ gegliedert, weil deren Leitbegriffe Wohnen, Arbeiten, Verkehr, Freizeit und Kultur nach dem zweiten Weltkrieg oft Wiederaufbau und Neubau der Städte prägten; ein prägnantes Beispiel dafür ist die Konstruktion von Brasiliens Hauptstadt Brasilia. Exponate sind Standbilder, Fotos, Zeichnungen, ein Modell der Villa Arpel aus dem Film „Mon Oncle“ und Filmdokumente. Täglich werden „Mon Oncle“ und „Play Time“ im Ausstellungskino gezeigt. Die vom Institut francais d’architecture/Cité de l’architecture et du patrimoine erarbeitete und in Kooperation mit „Les Films de Mon Oncle“ und dem Institut National Audiovisuel in Paris produzierte Ausstellung wird vom Architekturmuseum der TU München präsentiert. Sie ist noch bis zum 2. Mai zu sehen in der Pinakothek der Moderne, Kunstareal, Barer Straße 29, 80799 München. Der Ausstellungskatalog kostet 12 €.