Florian Fahrbach
Beiträge in merz
Wibke Weber/ Florian Fahrbach: Multikids: Web-Portal für Kinder
Immer mehr Kinder gehen online. Mit zunehmender Computer- und Internetausstattung der Haushalte wächst auch die Zahl der jüngeren Internet-Nutzer. 70 Prozent der 6- bis 13-Jährigen in Deutschland verfügen über erste Erfahrungen mit dem Computer (vgl. KIM-Studie 2003). Davon surfen 60 Prozent auch im Internet, doppelt so viele wie im Jahr 2000. Fragt man Grundschulkinder, nach was sie im Web suchen, so sind es oft die Lieblingshelden, die sie aus anderen Medien kennen. Daneben sind Spiel und Unterhaltung das Ziel ihrer Internet-Reise: Puzzles, Memories, kleine Lernspiele, Seiten zum Malen (vgl. BMFSFJ 2004). Anregungen, bestimmte Webseiten aufzusuchen, bekommen Kinder aus unterschiedlichen Quellen: aus Zeitschriften und Fernsehen, aber auch von Lehrern, Freunden und Eltern (KIM-Studie 2003, S.45-47).
Hier setzt das Projekt „Multikids.de“ an1, eine Linksammlung, spezialisiert auf das Thema Kindermedien. Das Webangebot versteht sich als Wegweiser durch den Internet-Dschungel und richtet sich in erster Linie an Grundschulkinder; aber auch Eltern, Lehrer und Medienpädagogen finden hier Surf-Tipps. Sechs Rubriken umfasst die Multikids-Website: Bücher und Zeitschriften; Museen und Kunst; Kinderlieder, Radio und Geschichten; Computer und Internet; Spiele; Fernsehen und Film. In je-der Rubrik finden sich derzeit zwischen 10 und 20 kommentierte Links. Das Angebot an Kinderseiten im Web ist groß. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bieten eine Reihe von qualitativ hochwertigen Web-seiten; hier ist gewährleistet, dass die Seiten ständig aktualisiert werden und stabil laufen, Chats moderiert sind und E-Mails beantwortet werden. Aber auch private Fernsehsender und Medienunternehmen, Verlage und Zeitschriften, Museen und Bibliotheken, Vereine und private Anbieter sind mit kinderspezifischen Seiten im Web vertreten. Neben informativen Inhalten (Wissenswertes, Lexika, Buchempfehlungen, Tipps & Tricks) und kommunikativen Funktionen (Chat, Gästebücher, Foren, Newsletter, Email, E-Cards) bieten die Seiten vor allem unterhaltende Elemente: Geschicklichkeits-Spiele mit Pfeiltasten und Maus, Bilderrätsel, Hörgeschichten, Filmaus-schnitte, Lieder zum Mitsingen, Tonleiter zum Komponieren, Geschichten zum Weiterschreiben, Bilder zum Ausmalen.
Was dort an Content geboten wird, ist alles andere als eintönig: Dschungelatmo im Tierpark, Schiffsgeräusche bei Käpt’n Blaubär, der Pippi Langstrumpfs Titelsong zum Downloaden und Benjamin Blümchens vertraute Stimme; dazu animierte Buttons, überraschende Mouse-over-Effekte, Websites in aufwändiger Flash-Version (wie die von Käpt’n Blaubär), akustische Sprechblasen und virtuelle Museumsrundgänge.Kriterien für gute KinderseitenWoran erkennt man nun die guten Seiten im Web? Welche eignen sich für Kinder, welche nicht? Die Webseiten wurden nach folgenden Kriterien ausgewählt: Navigation und Benutzerführung, ansprechendes Design, kindgerechte Inhalte, Interaktivität und Multimedialität. Nicht immer wurde die gesamte Website empfohlen, sondern nur auf einen bestimmten Inhalt verlinkt.Navigation und Benutzerführung:Usability (Benutzungsfreundlichkeit) darf bei Kinderseiten nicht außen vor bleiben, auch wenn manche Kinderseiten zu einem spielerischen, explorativen Umgang auffordern. Generell sollte einer Website eine übersichtliche, intuitiv verständliche Navigation zugrunde liegen. Die Symbole zum Navigieren müssen kindgerecht und eindeutig gestaltet sein; die Navigation sollte auf allen Seiten des Webangebots konsistent und logisch aufgebaut sein und dem Nutzer Orientierung geben. Design: Für gutes Web-Design gilt: „Einfachheit steht immer über Komplexität.“ Natürlich soll das Seiten-Design Kinder ansprechen und nicht zu nüchtern daherkommen. Doch oft ist gerade die Startseite – das Flagschiff einer jeden Website - mit blinkenden Symbolen, Animationen, Bildern, Info-Kästen und Texten überfrachtet. Diese Startseiten sind nicht nur unübersichtlich, sondern haben oft auch längere Ladezeiten (was ein zusätzliches k.o.-Kriterium ist) – wegklicken ist da garantiert.Content: Er sollte einlösen, was das Design verspricht – damit die Website nicht zur Mogelpackung wird.
Die Texte einer Webseite sollten auf die Zielgruppe abgestimmt sein: Eine einfache, kindgerechte Sprache, gut lesbare Bildschirm-Schriften, strukturierte Texte portioniert in kürzere Textabschnitte, angemessene Zeilenlänge und maximal drei Bildschirmlängen zum Scrollen.Interaktivität: Interaktivität ist ein herausragendes Kennzeichen des Internet: Der Nutzer agiert, der Computer reagiert. Das interaktive Angebot im Web animiert Kinder zum Mitmachen: zum Chatten, Spielen, Geschichten schreiben, Malen, Lieder komponieren. Multimedialität: Längst ist das Web kein reines Textmedium mehr. Töne, Bilder, animierte Grafiken, Filmsequenzen – multimediale Webseiten sprechen Kinder mit allen Sinnen an, und mittlerweile spielt auch die Technik mit. Dennoch empfiehlt es sich, neben der Flash-Version eine HTML-Version anzubieten.Auch für „Multikids.de“ sind die genannten Kriterien maßgeblich. Ausgangspunkt für die Reise ins Netz ist ein Spielzimmer. Dieses Spielzimmer dient als Metapher für die Navigation. Die Medien im Kinderzimmer (Bücherregal, Fernseher, Computer...) lassen sich anklicken und leiten den Nutzer auf die entsprechende Rubrik weiter. Ein Mädchen nimmt die kleinen Internetnutzer symbolisch an die Hand und führt sie durch das Angebot von „Multikids.de“. Bewusst wurden die Kommentare zu den Links kurz gehalten und die Seitenlänge auf sechs Link-Kommentare begrenzt, denn: Textlastige Seiten am Bildschirm ermüden jeden Nutzer. Bewusst wurde auch das Text-Design dem Seiten-Design angepasst, denn reine Linklisten wirken schnell unübersichtlich und überfordern jüngere Kinder, die erst über eine geringe Lesekompetenz verfügen. Realisiert wurde „Multikids.de“ mit dem Content-Management-System Zope, was die Pflege und das Aktualisieren der Seiten vereinfacht. Denn genau das erfordert ein Link-Angebot, will es für die Nutzer attraktiv bleiben. Die Links müssen ständig kontrolliert und immer wieder auf ihre Inhalte hin überprüft werden; tote Links müssen gelöscht, neue Seiten aufgenommen werden.
Anmerkungen1
Die Links wurden von Studierenden der Hochschule der Medien, Stuttgart (HdM) im Rahmen eines Projekt-Seminars im Wintersemester 04/05 ausgewählt. Die Studenten waren auch für Webdesign, Navigation, Texte und Programmierung verantwortlich. Die AutorInnen betreuten das Projekt. S.a. www.zope.org
Wibke Weber ist Professorin für Informationsdesign an der Hochschule der Medien (HdM) in Stuttgart, Florian Fahrbach ist Content Manager der HdM.
Literatur
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.) (2003). KIM-Studie 2003. Kinder und Medien, Computer und Internet. Basisuntersuchung zum Medienumgang 6- bis 13-Jähriger. Baden-Baden
Nielsen, Jakob (2000). Erfolg des Einfachen. München Markt + Technik, S. 22.Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.) (2004). Ein Netz für Kinder. Surfen ohne Risiko? Ein praktischer Leitfaden für Eltern und Pädagogen. Berlin