Marvin Fendt
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Marvin Fendt: Von Videospielen und Cloud-Gaming. gamescom 2019
Jede Menge Spiel und Spaß für die Massen bietet die gamescom seit mehreren Jahren. Bereits zum elften Mal konnten sich Interessierte auf den Weg nach Köln zur weltweit größten Spielemesse machen, um Neuigkeiten rund um Videospiele, Nerdkultur und Hardware zu erhalten. Die Messe zeigte erneut, dass Spiele und Spielekultur längst in der breiten Masse angekommen sowie akzeptiert sind, was bereits auf der Eröffnungsveranstaltung deutlich wurde: Mehrere Politikerinnen und Politiker waren präsent – unter anderem Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, der die Innovationskraft der Branche betonte.
Spieleankündigungen
Eine vielfältige Mischung aktueller Spiele konnte ausprobiert werden – aufgrund des Ausbleibens größerer Neuankündigungen wurde allerdings auch Kritik laut. Gezockt werden konnte natürlich dennoch, beispielsweise das kommende Remake des Rollenspiel-Klassikers Final Fantasy VII. Beim nächsten Teil der Autorennspielserie Need for Speed: Heat konnten Straßen im Geschwindigkeitsrausch unsicher gemacht werden. Das Rollenspiel Watch Dogs: Legion, in dem die Rolle eines Hackers übernommen wird, zeigt sich ungewohnt politisch und spielt in einer diktatorisch regierten Post-Brexit-Stadt. In Planet Zoo kann eine grafisch beeindruckende Landschaft aufgebaut und verwaltet werden. Ebenso wurde das in Entwicklung befindliche Action-Adventure Death Stranding von Entwickler Hideo Kojima, der unter anderem für die Metal Gear Solid-Reihe verantwortlich ist, vorgezeigt. Minecraft hat sich mit einem neuen Update präsentiert, welches mit der neuen Raytracing-Technologie für Nividia-Grafikkarten eine akkuratere Lichtberechnung in dem bereits in die Jahre gekommenen Spiel ermöglicht. Auch unter den bereits erwarteten und allgemein bekannten Spielen waren einige Highlights zu finden: Im textbasierten Role-Playing Game-Adventure (RPG) Through the Darkest of Times können Spielende die dunkle Vergangenheit Deutschlands von 1933 bis 1945 – beginnend mit der Machtergreifung Hitlers – nachspielen und versuchen, eine Untergrundbewegung gegen das aufstrebende Nazi-Regime zu mobilisieren.
Wie schon im vergangenen Jahr bot die gamescom genügend Raum für einige Indie-Projekte in unterschiedlichsten Entwicklungsstadien. Einige dieser Entwicklerinnen und Entwickler waren mitunter so klein, dass sich mehrere Studios, gruppiert nach ihrem Herkunftsland, Entwürfe und Ideen vorzeigten, um mehr Reichweite zu erlangen. Die Bandbreite erstreckte sich von teils stark von anderen Spielen inspirierten Konzepten bis hin zu sehr vielversprechenden neuen Ideen, wie in dem Spiel VR Giants. Hierin kontrolliert eine Person mithilfe einer VR-Brille einen Riesen, welcher einem Mitspielenden in Gestalt eines Zwerges durch die Level hilft. Da erst kommendes Jahr eine neue Konsolengeneration erwartet wird mit mehr Ressourcen und Möglichkeiten für neue und aufwändigere Spiele, waren insgesamt weniger große Ankündigungen vertreten als üblich. Die angespielten Titel machten aber dennoch Lust auf mehr!
Cloud-Gaming im Trend
Der große Technik-Trend der Messe zeichnete sich im Cloud-Gaming ab. Hier wird ein Spiel nicht mehr am lokalen Endgerät, sondern von einem Server berechnet, der nur noch einen Videostream an das Gerät sendet. Besondere Aufmerksamkeit erhielt die vor kurzem vorgestellte Spiele-Streaming-Plattform Stadia von Google, die sich durch eine besonders niedrige Latenz auszeichnen soll. Da die Spiele auf speziellen Servern berechnet werden, fällt beim Streaming die Leistungsgrenze herkömmlicher PCs weg, wodurch es möglich sein soll, ein Spiel mit nahezu fotorealistischer Grafik auf einem Smartphone zu spielen. Hiervon soll unter anderem der kommende, zeitlich für Stadia exklusiv verfügbare Titel Orcs Must Die! 3 stark profitieren, in dem hunderte Gegnerinnen und Gegner gleichzeitig dargestellt werden.
Retro-Gaming, CosPlay, Kontroversen
Seit mehreren Jahren gibt es auf der Spielemesse eine Dauerausstellung rund um Retro-Games zu bewundern. Dort konnten alle Interessierten wieder an alten Konsolen wie dem Atari 2600 in Nostalgie schwelgen, an Arcade-Automaten die Finger wund spielen oder Erinnerungen an eine der ersten VR-Spielekonsolen, den VirtualBoy von Nintendo, auffrischen. Da diese VR-Konsole keinerlei Bewegungserkennung integriert hatte, war das Spielen daran allerdings – dank schnell auftretender Übelkeit – häufig ein eher kurzes Vergnügen.
Ebenfalls seit mehreren Jahren können im CosPlay Village Cosplayerinnen und -player bewundert werden, wie sie ihre Lieblingscharaktere aus Spielen, Mangas, Filmen oder ähnlichen in kunstvollen Kostümen und mitunter mit bemerkenswertem schauspielerischem Talent nachstellen.
Wie bereits die Bundeswehr auf der letztjährigen re:publica, hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz einen durchaus umstrittenen Auftritt zu verzeichnen, dessen Messeplatz durchzogen war mit standfüllenden Deutschlandfahnen, in die sich Salafistinnen und Salafisten, Neo-Nazis und Antifa einbrannten. Trotz Kontroverse im Vorfeld blieb der Stand eher zurückhaltend besucht. Besuchende, die aufgrund des Standdesigns mit spielerischen Highlights doch neugierig geworden waren, wurden allerdings enttäuscht: In der VR-Demo konnte – auf grafischer wie inhaltlicher Ebene unelegant gelöst – lediglich die Wohnung eines Salafisten anhand einfacher Kommandos durchsucht und Indizien für dessen Radikalisierung gefunden werden.
Deutlich beliebter war der Stand der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), bei dem die Besucherinnen und Besucher ihr Wissen rund um Spiele oder mediale Aufklärung testen konnten.
gamescom – bekannt und gut
Die Messe ist seit über einem Jahrzehnt fester Bestandteil der Spieleszene. Das verdeutlichen auch die stetig neuen Besucherrekorde und die stetig neuartigen Angebote – auch abseits des Gamings. Wer im kommenden Jahr mit in diese Welt eintauchen möchte, kann sich den 26. bis 29. August 2020 bereits vormerken.
Marvin Fendt ist Werkstudent im Medienzentrum München des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. Er studiert Soziale Arbeit an der Hochschule München.