Sarah Fey
Beiträge in merz
Sarah Fey: GG – E-Sport und Gaming Jugendzentrum
ZIELGRUPPE Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 12 und 27 Jahren
DURCHFÜHRUNG Ein Projekt des Evangelischen Jugendreferats Düsseldorf im Evangelischen Kirchenkreis Düsseldorf, finanziert durch den Evangelischen Kirchenkreis Düsseldorf und die Stadt Düsseldorf
LAUFZEIT Nach erfolgreicher Umsetzung als Pop-up über den Zeitraum von drei Monaten wurde das Projekt für den Kinder- und Jugendförderplan 2021 bis 2025 (vgl. Landeshauptstadt Düsseldorf 2021) zur Verstetigung anberaumt – und letztlich in 2021 bestätigt.
ZIELSETZUNG Mit E-Sport und Gaming ist es möglich, auf Basis eines pädagogischen Konzepts im Rahmen der Jugendhilfe zu arbeiten und neue Zielgruppen zu erschließen. So legt das Jugendzentrum den Fokus auf spezifische (neue) Zielgruppen, die sonst nicht von der bisherigen offenen Kinder- und Jugendarbeit angesprochen und oft grundsätzlich nicht von Einrichtungen der Jugendhilfe erreicht werden. Es eröffnet digitale und analoge (vorurteilsfreie) Schutzräume, die auch in der genderpädagogischen Arbeit aufgegriffen werden.
BESONDERHEIT GG ist Gamer*innensprache und bedeutet ‚Good Game‘. Es ist so viel wie der Handschlag am Ende eines Spiels wie es auch im Sport zu Tragen kommt – nur virtuell. So soll bereits im Namen darauf hingewiesen werden, wofür die Einrichtung steht: positives Gaming, Respekt und Fairness.
Das GG ist Vorreiter für gamingbezogene offene Kinder- und Jugendarbeit. Anstatt der üblichen Billard- oder Kickertische stehen Computer und Konsolen sowie Games als Medium der Kontaktaufnahme und Beziehungsarbeit zur Verfügung. Dies orientiert sich an den bereits hohen und kontinuierlich steigenden Zahlen junger Menschen, die Games zu ihren liebsten oder regelmäßigen Freizeitbeschäftigungen zählen (vgl. mpfs 2020, S. 13; S. 53; Albert et al. 2019, S. 29 f.).
Es greift nicht nur die Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf, die sonst aus diversen Gründen keinen Zugang zu etwaigen digitalen Medien hätten, sondern bindet auch all jene ein, die bereits Erfahrungen sammeln konnten, diese aber im GG gemeinsam mit Gleichgesinnten, Freund*innen und/oder pädagogischen Fachkräften austauschen und reflektieren können. Im GG werden soziale und personelle Kompetenzen unterstützt: So fördert es unter den Besuchenden einen vernetzenden Gemeinschaftsgedanken, wirkt Verinselung und Stigmatisierung entgegen und bietet Chancen der Teilhabe und Partizipation. Gleichzeitig unterstützt es Jugendliche bei der Entwicklung einer digitalen Medienbildung im Rahmen von Medienkompetenz. So werden unter anderem die technische (Nutzung) und inhaltliche Kompetenz (Inhaltsdechiffrierung) gefördert sowie Abhängigkeitsprävention betrieben.
DAS PROJEKT Die alltägliche Arbeit im GG richtet sich nach den Grundprinzipien der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Innerhalb dieser Prinzipien können Jugendliche die Einrichtung besuchen und sich (unter Einhaltung von Jugendschutzaspekten, wie USK-Vorgaben) Equipment ausleihen, um Konsolen-, Computer- oder VR-Games zu spielen. Sie
werden währenddessen von gaming-affinen pädagogischen Fachkräften und Ehrenamtler*innen begleitet, mit denen sie auf einer Augenhöhe über erlebte Inhalte, Faszination und Risikopotenziale sprechen können, während Gaming das Medium der Beziehungsarbeit darstellt. Dadurch ist das Aufgreifen der durchaus seit Jahrzehnten im Diskussionsfokus stehenden Themen wie Medienabhängigkeit oder Gewaltverherrlichung intuitiver und realitätsnaher möglich als es in einem dezidierten Aufklärungssetting der Fall wäre. Auch ist so eine Chance gegeben, den durchaus wirtschaftlich geprägten E-Sport unter pädagogischen und nicht-kommerziellen Aspekten mit jungen Menschen zu begutachten. Gefüllt wird dieses Angebot durch stetig weiterentwickelte gamingbezogene Aktivitäten und alternative Angebote wie Gesundes Kochen für Gamer*innen, Bouldern, Bogenschießen, Pen&Paper-Rollenspiele, Turniere, Kartenspiele. Auch bei Erwachsenen wird beispielsweise games literacy (vgl. Zagal 2008, S. 34) – also die Fähigkeit, Games hinsichtlich ihrer kulturellen Bedeutung oder auch inhaltlicher Teilaspekte zu dekodieren und zu verstehen – durch Spieleabende für Eltern oder Weiterbildungen für Fachkräfte aus Jugend-hilfe, Schule und anderen psychosozialen Betreuungskontexten gefördert. So können Erwachsene durch versierte Fachkräfte für eine offene Perspektive auf den Bereich Games und die Spielenden selbst sensibilisiert werden. Auch konnten im Verlauf des Projekts neben der regulären Öffnung Ferienange bote, die Etablierung einer genderpädagogischen Jugendgruppe, Elternabende sowie Fortbildungen für Fachkräfte umgesetzt werden.ENTWICKLUNGSPOTENZIALE Das Angebot hat sich aufgrund seines Alleinstellungsmerkmals sehr gut und zügig etabliert.
Dadurch konnte die anfängliche These über den Bedarf eines solchen Angebots bestätigt werden. Deutlich wird dadurch aber auch, dass es unbedingt mehr solcher Projekte bedarf, da Gaming und E-Sport lebensweltrelevante und wachsende Aspekte der Lebensphase Jugend (und darüber hinaus) sind.
ANREGUNG Allen, die sich nicht sicher sind, wo und wie sie im Bereich Games mit (medien-)pädagogischer Arbeit anfangen könnten, empfehlen wir, im Rahmen der Möglichkeiten einen Spieleabend mit niedrigschwelligen und kostengünstigen/-freien Games wie skribbl.io,Among Us oder Gartic Phone mit Jugendlichen auszuprobieren.Literatur
Albert, Mathias/Hurrelmann, Klaus/Quenzel, Gudrun (2019). Jugend 2019: Eine Generation meldet sich zu Wort. In: Deutsche Shell Holding (Hrsg.), 18. Shell Jugendstudie. Jugend 2019 – Eine Generation meldet sich zu Wort. Weinheim, Basel: Beltz, S. 313-324.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) (2020). JIM-Studie 2020. Jugend, Information, Medien. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. Stuttgart. www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2020/JIM-Studie-2020_Web_final.pdf [Stand: 17.06.2022]
Landeshauptstadt Düsseldorf (2021). Kinder und Jugendliche fördern. Kinder- und Jugendförderplan 2021-2025. Düsseldorf. www.duesseldorf.de/fileadmin/Amt51/jugendamt/PDF/Jugendhilfeplanung/51_Foerderplan_20210519_web_bf.pdf [Zugriff: 17.06.2022]
Zagal, Jose P. (2008). A Framework for Games Literacy and Understanding Games. In: Proceedings of the 2008 Conference on Future Play: Research, Play, Share, pp. 33-40. DOI: 10.1145/1496984.1496991.