Katrin Fleischmann
Beiträge in merz
Katrin Fleischmann: Klexikon: Eine Wikipedia für Kinder
Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet e. V. (2014). Klexikon. Online-Enzyklopädie, kostenfrei
„Wikipedia [,viki‘pe:dia] ist ein am 15. Januar 2001 gegründetes Projekt zur Erstellung eines freien Onlinelexikons in zahlreichen Sprachen. Die Wikipedia ist gegenwärtig das meistbenutzte Online-Nachschlagewerk und liegt auf Platz sieben der weltweit meistbesuchten Websites“ (Wikipedia 2015). So beginnt der Eintrag auf Wikipedia über Wikipedia. Für viele gehört es zur Internetnutzungsroutine, eben mal schnell etwas bei Wikipedia nachzuschauen. Auch 27 Prozent der Kinder zwischen sechs und 13 Jahren nutzen die Online-Enzyklopädie (vgl. mpfs 2015, S. 34). Allerdings sind die Artikel dort nicht kindgerecht aufbereitet. Einige Artikel werden von ausgesprochenen Fachleuten geschrieben, was sich in Umfang und Komplexität des Inhalts widerspiegelt. Häufig sind die Artikel deshalb selbst für Erwachsene als Einstieg in ein Thema kaum geeignet. Zwar gibt es zahlreiche Suchmaschinen für Kinder wie beispielsweise FragFinn oder Blinde Kuh – eine Wikipedia für Kinder gab es allerdings bislang noch nicht. Deshalb haben Michael Schulte und Ziko van Dijk des Projekt Klexikon (www.klexikon.de) gestartet, welches unschwer als Verschnitt aus den Wörtern Kinder und Lexikon zu erkennen ist. Michael Schulte hat als Redakteur viel Erfahrung mit Kindersendungen wie Kakadu oder Kiraka gesammelt, Ziko van Dijk engagiert sich seit Jahren für Wikipedia und Wikimedia.
Die Beiträge des Klexikon sind so geschrieben, dass sie für Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren gut verständlich sind. Interessant ist ein direkter Vergleich, so beginnt der Klexikon-Eintrag über Wikipedia folgendermaßen: „Die Wikipedia ist eine Enzyklopädie, also ein großes Lexikon, im Internet. Wenn man etwas nicht weiß, kann man es dort vielleicht erfahren. Dort sind also Texte gesammelt, in denen man etwas nachschlagen kann. Die Wikipedia ist das größte Nachschlagewerk der Welt“ (Klexikon 2015). Durch die Erklärung von Fachbegriffen und einer prägnanten einfachen Sprache wird die Passung an die Zielgruppe deutlich. In der Länge der Artikel wird die Zielgruppe ebenfalls berücksichtigt. Der Wikipedia-Eintrag umfasst etwa 7.000 Wörtern, der Klexikon- Beitrag nur rund 200 Wörter. Auch hinsichtlich der Präsentation der Inhalte ist Klexikon kindgerecht aufbereitet: Die Seite bietet über einen alphabetischen Zugriff und eine Suchleiste den Einstieg über zwölf Wissensgebiete. ‚Erdkunde‘ sowie ‚Wissenschaft und Technik‘ sind die Themen mit den meisten Einträgen. Bislang hat Klexikon etwa 750 Beiträge – bis Jahresende sollen 1.000 erreichet werden. Die Einträge orientieren sich im Wesentlichen an den kindlichen Interessensgebieten und auch an dem, was für den Schulunterricht interessant ist. Zusätzlich gibt es eine Wunschliste, in die Begriffe eingetragen werden können, zu denen ein Artikel geschrieben werden sollte. Um dem didaktischen Anspruch des eigenen Konzepts genügen zu können ist es wichtig, dass die Artikel von Personen geschrieben werden, die sich mit dem Wissenserwerb von Kindern auskennen. Wer also schreibt die Beiträge? Die Grundidee von Wikis ist, dass die Beiträge gemeinschaftlich erstellt werden.
Klexikon folgt dieser Idee. Um aber dennoch eine größere Kontrolle über die Beiträge zu haben, ist eine vorherige Registrierung der ehrenamtlichen Autorinnen und Autoren nötig. Auch Kinder ab etwa zehn Jahren können Beiträge verfassen, sie brauchen für ihre Registrierung jedoch eine Erwachsene Kontaktperson. Kinder nutzen das Internet, um zu recherchieren – das belegt die KIM-Studie regelmäßig. Vielen jedoch fehlt das Bewusstsein, dass nicht alle Informationen im Internet dieselbe Glaubwürdigkeit besitzen. Dafür zu sensibilisieren ist eine wichtige Aufgabe von Elternhäusern, Schulen und Bibliotheken. Da Klexikon eine Online- Informationsquelle mit relativ gesichertem Qualitätsanspruch darstellt, ist es ein gutes Beispiel für eine solide Internetquelle. Leicht irritierend stößt an dieser Stelle auf, dass in Klexikon eigene Quellen bei den Artikelnnicht angegeben werden. Dies steht in einem Widerspruch dazu, dass Kinder beispielsweise für den schulischen Kontext dafür sensibilisiert werden müssen, widergegebene Fremdinformationen auch als solche zu kennzeichnen. Die Klexikon-Beiträge orientieren sich unter anderem an schulischen Themen, weshalb sie eine geeignete Basis für Referate und Hausaufgaben sind. Gleichzeitig sollte es jedoch nicht beim bloßen Aufzeigen einer ‚guten‘ Quelle im Internet bleiben. Es bietet sich an, den Gesprächsanlass zu nutzen, über Kriterien zu sprechen, nach denen Internetquellen beurteilt werden können. Wichtig ist beispielsweise zu erkennen, wer Urheberin bzw. Urheber einer Information ist. Es ist Aufgabe von Erwachsenen, gemeinsam mit Kindern einen Weg zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Internetquellen zu finden.
Deshalb richtet sich Klexikon zwar inhaltlich an Kinder, als Vermittlerinnen und Vermittler sind jedoch in erster Linie Eltern sowie Pädagoginnen und Pädagogen die Zielgruppe. Eine solche Kinder-Wikipedia war längst überfällig, da sie Kindern gesichertes Text- und Bildmaterial zu interessanten Themen bietet. Um sich erfolgreich zu etablieren bedarf es jedoch zweier Faktoren: Zum einen wird die Nutzung vom Bekanntheitsgrad bei Vermittlerinnen und Vermittlern und deren Engagement abhängig sein, zum anderen braucht Klexikon Freiwillige, die das Online- Lexikon mit Inhalten füllen. Die Gründer gehen deshalb in Universitäten, um die Kinder-Wikipedia bei zukünftigen Lehrkräften bekannt zu machen und diese zum Mitmachen zu bewegen. Zusätzlich arbeiten sie mit Projektschulen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen.
Literaturn:
Klexikon (2015). Wikipedia. klexikon.zum.de/wiki/ Wikipedia [Zugriff: 05.07.2015].
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) (2015). KIM-Studie 2014.Kinder + Medien, Computer + Internet. www.mpfs.de/fileadmin/KIM-pdf14/KIM14.pdf [Zugriff: 05.07.2015].
Wikipedia (2015). Wikipedia. de.wikipedia.org/ wiki/Wikipedia [Zugriff: 05.07.2015]
Katrin Fleischmann: Tablet PCs für Seniorinnen und Senioren
Da Tablets wegen ihrer intuitiven Bedienung einen leichten Einstieg in die digitale Welt bieten können, hat die Stiftung Digitale Chancen mit Unterstützung der E-Plus Gruppe das Projekt „Tablet PCs für Seniorinnen und Senioren“ gestartet. Ziel des Projekts ist die Integration insbesondereder älteren Menschen ab 65 Jahren in die heutige digitale Gesellschaft. An dem Projekt, das von Anfang 2012 bis Ende 2014 durchgeführt wurde, haben bundesweit 39 Einrichtungen teilgenommen. Parallel wurde eine Evaluation durchgeführt, die auf die Besonderheiten der jeweiligen Einrichtung abgestimmt war. Fünf Faktoren wurden bei der Dokumentation der Nutzungserfahrungen berücksichtigt: Nutzungsverhalten, genutzte Inhalte, Nutzungsdauer bzw. -intensität, Motivation und Lernbereitschaft. An den quantitativen Befragungen haben insgesamt 180 Personen teilgenommen.
Zwar hatten zwei Drittel schon Erfahrung im Umgang mit Computern – der Großteil jedoch nutzte zum ersten Mal ein Touchscreen-Gerät. 57 Prozent der Teilnehmenden gaben an, zunächst Probleme bei der Nutzung gehabt zu haben: Primär gab es Schwierigkeiten bei der Navigation über den Touchscreen und der Eingabe über die virtuelle Tastatur. Ergebnisse der Evaluation lassen vermuten, dass Unterstützung bei der Gerätenutzung die Motivation und Lernbereitschaft steigert. Grundsätzlich werden die Geräte individuell genutzt, nach den eigenen Interessen und Bedürfnissen ausgerichtet. Das spricht für den Einsatz von Standart-Geräten, eine spezielle seniorentaugliche Software ist für die Zielgruppe nicht nötig. Begleitend ist eine Broschüre für ältere Menschen entstanden, die Bedienung und Nutzungsmöglichkeiten des Tablets erläutert. Diese und eine ausführliche Projektbeschreibung stehen online zur Verfügung.
Katrin Fleischmann: stichwort Social Reading
Dahinter verbirgt sich zunächst nichts anderes als Lesen in Gemeinschaft – und das hat schon seit der Antike Tradition. Im 21. Jahrhundert haben sich selbstverständlich die technischen Möglichkeiten der Kommunikation und Textdarstellung extrem gewandelt. Virtuelle Gespräche – auch angereichert durch Links, Podcasts, Bilder und Videos – finden über Kommunikationskanäle des Social Web statt. Uneinigkeit herrscht darüber, wie eng oder weit der Begriff des Social Reading zu fassen ist. Im weitesten Sinne wird schon das Frictionless Sharing, also das automatische Teilen von Inhalte in sozialen Netzwerken à la Spotify („Nutzer xy hat das Lied xy angehört“) verstanden. In engerem Sinne und in einem für Lehr- und Lernprozesse geeigneteren Verständnis braucht es für das soziale Leseerlebnis einen online geführten, zielgerichteten und dauerhaften Austausch über analoge oder digitale Texte. Ein großer Vorteil von Social Reading ist der orts- und zeitunabhängige Austausch zwischen Leserinnen und Lesern; außerdem wird der Weg zwischen Autorinnen und Autoren und Leserinnen und Lesern kürzer und direkter.
Es gibt weltweit eine Vielzahl an Diensten und Plattformen, die ein Gespräch über Texte nach dieser engeren Definition ermöglichen. Literatur- oder Lesecommunitys übertragen das Prinzip der analogen Lesekreise ins digitale Zeitalter – eine in Deutschland etablierte Literaturcommunity ist LovelyBooks der Verlagsgruppe Holtzbrinck. Innovativer jedoch sind Bücher-in-Browser-Dienste, mit deren Hilfe Gespräche direkt entlang des digitalen Textes möglich sind. Hier können Textstellen direkt kommentiert, diskutiert und geteilt werden. Beispiele für den englischsprachigen Markt sind readups.com und readsocial.net. In Deutschland gibt es seit Ende 2014 die eBook-Plattform sobooks.de, außerdem steht die Plattform LOG.OS in den Startlöchern, die verlagsunabhängig und formatübergreifend die Möglichkeit der gemeinsamen Lektüre am Text bieten möchte.
Mit Social Reading-Anwendungen können Inhalte gemeinsam und interaktiv bearbeitet werden. Dadurch können sie geeignete Werkzeuge sein, um kooperatives Lernen zu unterstützen. Aber ob der Einsatz nun sinnvoll ist oder nicht, hängt immer vom jeweiligen Lernsetting ab – und das kann trotz Social Reading gut oder schlecht sein.
Ulrich Tausend, Anna Bauregger und Katrin Fleischmann: Out of the Box – Ars Electronica Festival
Seit 40 Jahren stellt das Ars Electronica Festival eine Schnittstelle von Kunst, Technologie und Gesellschaft dar – und nutzt die künstlerische Herangehensweise, um einen kritischen Blick auf die digitale Revolution zu werfen.
Ganz im Zeichen der Zeit lautete das Jubiläumsthema „Out of the Box oder die Midlife-Crisis der digitalen Revolution“, auch hier mit unterschiedlichen Perspektiven. Zugleich wird reflektiert, welchen Einfluss Firmen auf die digitale Handlungsfähigkeit nehmen, und dazu aufgefordert, neue Ideen fern von ausgetretenen Pfaden zu denken.
Das fünftägige Programm zeigte sich extrem vielfältig. Aus medienpädagogischer Sicht besonders interessant war der Bereich u19 create your world mit diversen Labs und Projekten für und von Jugendlichen. Hier bot das Festival in Linz auch den Aktivistinnen und Aktivisten der Fridays for Future Raum, welche von hier in einen Demonstrationszug durch die Stadt zogen. Vom zentralen Veranstaltungsort der PostCity aus wurden auch weitere Locations integriert. Erreichbar via Shuttle rundete somit unter anderem das AIxMusic Festival im Stift St. Florian das Angebotsspektrum mit Vorträgen, Workshops, Installationen und auch Konzerten ab, auf denen Musik mit Hilfe künstlicher Intelligenz erzeugt wurde. Auf experimentellen Musikveranstaltungen wie der Nightline trafen zudem unterschiedlichste Akteurinnen und Akteure, wie das Bruckner Orchester Linz, digitale Klangkünstlerinnen bzw. -künstler, Visual Artists und sogar Industrieroboter aufeinander.
Herausragende Beiträge für Computerkunst aus aller Welt wurden abschließend mit dem Prix Ars Electronica im OÖ Kulturquartier gewürdigt.
Das Ars Electronica Festival eröffnete einen zum Teil recht unverhüllten Blick in aktuelle Entwicklungen und Dialoge von Kunst, Technologie und Gesellschaft. Dabei präsentierte es sich kritisch, oft auch lösungsorientiert und inspirierte Besuchende, im wahrsten Sinne des Wortes, außerhalb ihrer Box zu denken.
Katrin Fleischmann und Ulrich Tausend: May you live in interesting times – 58. Biennale Venedig
Alle zwei Jahre findet in Venedig die Biennale statt – eine der ältesten und wichtigsten Ausstellungen der Gegenwartskunst. Ein halbes Jahr (noch bis zum 4. November) heißt es, gemäß des diesjährigen Kurators, Ralph Rugoff: „May you live in interesting times“. Das vermeintlich chinesische Sprichwort eines britischen Diplomaten bezog sich ursprünglich auf den aufkommenden Faschismus in Europa und
verweist auf zahlreiche Kunstwerke der Biennale zu den Themen Umwelt, Flucht, Rassismus und Populismus. In der Hauptausstellung präsentieren sich 79 Künstlerinnen und Künstler jeglicher Couleur. Als besonders umstritten gilt die Barca Nostra, ein 2015 vor Lampedusa gesunkenes Flüchtlingsschiff, das hunderte Menschen in den Tod riss. Die Frage, ob das Kunst sei oder sein darf oder es sich vielmehr um Voyorismus handele, wurde vor Ort und in den Medien kontrovers diskutiert.Neben der Ausstellung präsentieren sich Künstlerinnen und Künstler aus 90 Länder in eigenen Pavillions. Während einige im Guadini Park eingebettet sind, finden andere ihren Platz verteilt über die Stadt. So auch der herausragende litauische Pavillion. Prämiert mit dem Goldenen Löwen wurde die aufwändige Opern-Performance Sun & Sea (Marina), welche das Erdgeschoss eines alten Gebäudes in einen Strand verwandelt und singenden Besucherinnen und Besuchern Einblicke in ihre alltäglichen Gedanken und Ängste gibt.
Die Biennale bietet einen vielfältigen Einblick in die Gegenwartskunst eingebettet in das malerische Venedig. Besucherinnen und Besucher erwarten fertig ausgearbeitete Kunstwerke. Im Gegensatz dazu hat das Ars Electronica Festival mehr den Charakter eines Labors, bei dem man die Gelegenheit hat, Einblicke in aktuelle mediale und technischen Entwicklungen zu bekommen.