Kai Hanke
Zur Person
(Jahrgang 1978) Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft, Psychologie und Erziehungswissenschaft an der Universität Leipzig und der Binghamton University, New York. Seit Januar 2007 Volontariat am JFF, Redaktion merz.Beiträge in merz
Kai Hanke: Lost in Communities
Wie sich die Zeiten ändern! Gestern haben 68er und Spontis mit ihren Kinder geübt, sich auszuziehen und – spielerisch, ganz Nackedei – ihre Scham vor der Welt und sich selbst abzulegen. Heute sieht das schon anders aus. Ausziehen gehört im konkreten wie übertragenen Sinne zum Standardprogramm der durchschnittlichen Po-Mo-Jugend. Bestes Beispiel für die Mitteilungsfreude heutiger junger und sich jung fühlender Menschen: Die verwirrende Vielfalt und begeisterte Nutzung sozialer, internetbasierter Communitys. Ein unüberschaubares Geflecht von Social Communitys bietet uns die Möglichkeit, (endlich?) allen zu zeigen, wie wir wirklich sind. Wenn wir dabei nicht durch’s Coolness-Raster rauschen, haben wir sogar gute Chancen, uns die Hauptfunktion der sozialen Online-Netzwerke zunutze zu machen: In Kontakt bleiben, Netzwerke bilden. Das ist schön, denn nun können uns alle Bekannten – seit langem in mühseliger Arbeit mehr oder weniger sensibel losgeworden – endlich wieder als Freunde „adden“. Wenn wir Glück haben, begnügen sie sich damit. Und wenn wir so richtig Glück haben, melden sich darüber hinaus auch neue, interessante Menschen bei uns, mit denen der Kontakt sich dann sogar lohnt. Doch auch so wird es kompliziert. Denn sind die kommunikationsstarken, patchwork-identitären (oder doch eher -identitischen?) Community-Junkies von heute erstmal in Netzwerken aktiv, beginnt der permanente, freiheitlich-lästige Prozess der Selbstreflexion (Wer bin ich und: wer will ich sein?). Ein bisschen über sich selbst nachzudenken hat zwar noch niemandem geschadet. Aber immer dieser Identitätszwang! Bin ich überhaupt oft genug an der Uni, um bei meiner Community richtig am Platz zu sein (hallo, studiVZ!)? Ab wann bin ich zu alt für meine Community (hallöchen, schülerVZ!)? Ist mein Leben schon zu überregional für meine Community (servus, Lokalisten!)? Fühle ich mich eher als akademische Upper-Class-Mietze (hello, facebook!) oder als proletarische Plattformerin (whazzup, MySpace!)? Und wie schick muss mein Foto sein, um doch noch einen sinnlosen Job mit unverständlichem Tätigkeitsprofil zu finden, (guten Tag, XING!)? All diese Fragen müssen geklärt sein, will man sich kompetent in Netzwerken bewegen. Freilich kann man sich auch wie die Mehrheit für die nicht-kompetente Nutzungsvariante entscheiden. In diesem Fall bleibt immerhin die Ausrede Patchwork-identität: „Ach du, weißte, ich bin so der Typ Mensch so ... ich fühle mich so facettenreich, da muss ich einfach in mehreren Netzwerken sein, so ...“ Außerdem erleben durch Social Communitys sogenannte Fake-Identitäten sogar in Zeiten der Krise eine echte Hausse. Insofern darf ja ohnehin alles nicht mehr so ernst genommen werden. Ob internationalistischer Netz-Nazi oder Konsum-Antikapitalist – Sich-ernst-nehmen war gestern. Aufpassen ist trotzdem angebracht. Wahret den Überblick! Ein Jobgesuch mit dem Nickname Bienchen223 oder der Visage von Brad Pitt macht sich ebenso unvorteilhaft wie zahllose Sondereinträge im Handy-Adressbuch zur Ultrageheimverwahrung entsprechender Community-Passwörter. Im Kopf behält sich diese Unzahl ja kaum noch jemand. So oder so – verlieren wir uns doch einfach alle in der Vielseitigkeit. Sozusagen in guten wie in schlechten Seiten. Dann stört es auch niemanden, dass nicht nur Amnesie-Betroffene vergangener Abendveranstaltungen sich vergewissern können, wirklich auf derselben Party wie man selbst beim peinlich Sein fotografiert worden zu sein. Auch zukünftige Chefinnen – ach, oder überhaupt der Rest der Community-Welt – darf ruhig einen Blick riskieren. Hereinspaziert, das bin ich beim Ausziehen. Die Offenheit frisst ihre Kinder. Wie sich doch die Zeiten ändern ...
Kai Hanke: Genius - Im Zentrum der Macht
Genius – Im Zentrum der Macht. Cornelsen 2007. Windows 2000/XP SP2/Vista; Systemanforderungen: PIII 1,4GHz/512MB RAM; USK: Freigegeben ohne Altersbeschränkung; Bestellung über die Bundeszentrale für politische Bildung, 6 € Bereitstellungspauschale
Der Markt für Computer- und Konsolenspiele boomt. So viel steht fest. Besonders Jugendliche verbringen große Teile ihrer Freizeit am PC, zum Chatten, Arbeiten oder eben: zum Spielen. Insofern ist es kaum verwunderlich, dass Cornelsen in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) diesen Umstand nun nutzt, um der politischen Bildung Einzug in die Welt von Gamerinnen und Gamern zu eröffnen. Die Hersteller folgen damit dem Trend, Lernstoffe in spielerischen Formaten aufzubereiten: Sogenannte ‚Serious Games’ haben den Anspruch, Wissensvermittlung mit handelndem spielerischem Lernen zu kombinieren. Genius Politik reiht sich in dieses ehrgeizige Vorhaben ein, und zwar durchaus mit Erfolg: 2007 wurde das Spiel mit der GIGA-Maus sowie dem Serious-Games-Award ausgezeichnet.
Genius Politik erinnert an Aufbausimulationen wie SimCity oder Anno 1602. In einer detailreichen 3D-Spielewelt steht die Spielerin oder der Spieler vor der Aufgabe, Politik in leitender Position verantwortungsvoll zu gestalten. Lebenspraktische Fragestellungen müssen mit den Spielregeln des Rechtsstaates und der politischen Grundordnung verknüpft werden und es gilt, Verkehrs-, Wirtschafts-, Bildungs- und Familienpolitik aktiv zu beeinflussen. Gelingt es dabei, die Bedürfnisse von Bürgerinnen und Bürger zu befriedigen, so werden Wahlen gewonnen, die politische Karriere setzt sich fort: In jedem Level wartet eine größere Herausforderung. So steigt man von einer kleinen Gemeinde im Allgäu über das Ministerpräsidentenamt in NRW schließlich sogar auf zur Bundeskanzlerin bzw. zum Bundeskanzler. Dazu braucht es nicht nur die Fähigkeit zur strategischen Planung und Gestaltung der Region, auch der geschickte Umgang mit der eigenen Partei oder dem politischen Gegner sind gefragt. Die Steuerung des grafisch aufwändigen Spiels ist schnell und bequem zu erlernen, das Gameplay durchaus mit dem von etablierten Aufbausimulationen vergleichbar (in Anbetracht des Preises durchaus keine Selbstverständlichkeit). Die aufwändigen Animationen und die durchgehende 3D-Grafik stellen andererseits aber auch hohe Anforderungen an die Systemleistung – ein Hindernis gerade für Zielgruppen mit technisch nicht ganz aktueller Medienausstattung. Diesem Hindernis versucht Cornelsen mit einem Patch zu begegnen, das die technischen Anforderungen reduziert und kostenfrei auf der Internetseite des Spiels zum Download bereit steht. Ein weiteres Manko ist der relativ unflexible Spielablauf. Einige politische Entscheidungen werden nahezu vorgegeben, den Spielenden bleibt also nicht vollkommen freie Hand bei politischen Entscheidungen. Insofern – und auch durch die wiederholten, etwas überdidaktisierten Lernspiele, die den Spielfluss unterbrechen – bleibt der pädagogische Zeigefinger nicht unsichtbar.
Alles in allem jedoch ist Genius – im Zentrum der Macht ein äußert gelungenes Serious Game, durchaus geeignet für Jugendliche, die sich spielerisch mit Politik beschäftigen wollen. Auch der Einsatz im Schulunterricht ist denkbar, wobei von Seiten der Entwickler offen bleibt, wie genau das Spiel in den Unterricht eingebunden werden soll. Im Hinblick auf die Zielgruppe ‚politikfernen Jugendliche’ bleibt zweifelhaft, ob Politikmuffel mit niedrigem Bildungsniveau, Leseunlust und einer Neigung zu actionorientierten Spielen von einem klassischen Strategiespiel wie Genius Politik angesprochen werden. So sind viele der Aufgaben oft nur mit leseintensiver Vorbereitung im spielinternen Pressearchiv zu lösen. So ist das mit politischer Bildung: Die zu vermittelnden Inhalte sind komplex, demokratische Partizipation ist Übungssache. Und trotzdem füllt das Spiel eine Lücke. Ein so differenziertes Spiel, das die komplizierte Welt der strategischen Politik interessant und kreativ zum Thema macht, war bislang nicht auf dem Markt. Und auch, wenn es wohl nicht zum Kassenschlager werden wird: Genius – Im Zentrum der Macht schafft es, Spaß und Unterhaltung in die politische Bildung zu bringen.
Kai Hanke: Eine eigene Welt
Für Außenstehende liest sich das Programmangebot von GIGA TV wie ein Fachmagazin für Informatik: GIGA Games Maxx, WC3L Qualifikation bei GIGA eSports oder YAVIDO. Die Moderationen, Themen und Schlagwörter in den Sendungen muten oft ebenso fremd an – kaum zu verstehen für viele Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen, die sich nur selten mit Computer- oder Konsolenspielen befassen. Doch darauf kommt es dem Sender auch gar nicht an. Denn bei GIGA TV handelt es sich um einen Special-Interest-Sender, der sich mit einem entsprechenden Programmangebot auf eine spezielle Zielgruppe konzentriert. Für GIGA besteht sie vor allem aus denjenigen, die sich für Video-, PC- oder Konsolenspiele begeistern oder einfach nur interessieren.
Das Angebot reicht von ausgiebigen Informationen zu Spielen und ihren Spielerinnen und Spielern bis hin zu Musiksendungen und Datingshows. Beiträge über Hard- und Software werden ergänzt durch News zu Spam-Mails, Internet-Videos oder Berichte über Online-Games. Für Letztere haben sich regelrechte Spielgemeinschaften und eSport-Ligen gebildet, in denen Einzelspieler oder Teams um den obersten Tabellenplatz streiten. GIGA eSports berichtet darüber, auch wenn mittlerweile Sender wie DSF vergleichbare Formate im Programm haben. MedienkonvergenzAls Sender schafft GIGA dem Konvergenzgedanken in Bezug auf Medien einen speziellen Raum. Dies zeigt sich sowohl programm- als auch marketingtechnisch. Programmtechnisch fällt die Fülle der thematisierten Medien auf. Aufgrund des Senderschwerpunkts stehen dabei Software und Hardware als Basis für On- und Offline-Spiele im Mittelpunkt der Berichterstattung. Jedoch wird immer wieder auch auf andere Medien wie MP3-Player, Mobilfunktechnik, Zeitschriften oder Neuerungen im Bereich der Internet-Kommuniaktion eingegangen. Zudem scheint GIGA TV davon auszugehen, dass das Publikum auch eine Vielfalt von Medien nutzt und sie gegebenenfalls auch zum Empfang von GIGA TV einsetzt. Darüber hinaus werden im Programm von GIGA TV immer wieder Marketingprinzipien reproduziert, die auf eine multimediale Vermarktung von Produkten setzen: In den Kino-News wird der dritte Teil einer großen Filmproduktion besprochen, in der darauffolgenden Sendung dreht sich alles um das dazugehörige Computerspiel und tags darauf schließ-lich läuft dann noch der Titelsong des Films als Musikvideo in einer Musiksendung.
Empfang
GIGA TV ist in den meisten Regionen Deutschlands als normales Fernsehprogramm über Kabel und Satellit zu empfangen. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, das Programm übers Internet anzusehen. Seit Juni 2006 ist mit GIGA 2 sogar ein weiteres, jedoch kostenpflichtiges Pay-TV-Programm von GIGA auf den Markt gekommen, das als Internetfernsehen funktioniert, jedoch inhaltlich dieselben programmlichen Schwerpunkte setzt wie GIGA TV. Abgesehen von den inhaltlichen Schwerpunkten zeichnen sich die Programme von GIGA durch einen regen Einsatz des Internets aus. Das Fernsehprogramm wird durch ein Internetangebot ergänzt, bei dem die Zuschauerinnen und Zuschauer oftmals ganze Sendungen interaktiv begleiten und mitbestimmen können. Zusätzlich bieten die Internetseiten des Kanals den Nutzerinnen und Nutzern durch ein Forum und einen Communitybereich die Möglichkeit, sich gezielt über Themen und Spiele auszutauschen und neue Online-Bekanntschaften zu knüpfen.Einschätzung aus medienpädagogischer PerspektiveIn der Förderung von interaktiven Teilhabemöglichkeiten sowie der programmlichen Spezialisierung liegt auch einer der Gründe, weshalb Kinder und Jugendliche sich (möglicherweise) dem Programm von GIGA TV zuwenden.
Denn all diejenigen, die Computer- oder andere Spiele lieben und sie auch regelmäßig spielen, finden bei GIGA Anregungen und Tipps dafür und erfahren Wissenswertes über die Entwicklung ihrer Lieblingsspiele. Außerdem können sie sich durch die spezielle Programmausrichtung und die zahlreichen Teilhabemöglichkeiten für Zuschauerinnen und Zuschauer über das Internet als Teil einer Gemeinschaft fühlen, die ähnliche Interessen hat wie sie selbst. Durch die Vorstellung von Spielen und neuen Techniken macht GIGA TV allerdings immer auch Werbung für kommerziell zu erwerbende Produkte. Gerade für jüngere Kinder ist diese versteckte, crossmediale Werbung nicht leicht zu durchschauen. Ein zusätzliches Problem kann die Auswahl der besprochenen und live im Fernsehen gespielten Spiele darstellen. Einige von ihnen, zum Beispiel der Ego-Shooter Counterstrike, sind von der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) nicht für alle Altersgruppen freigegeben. Auch wenn GIGA TV versichert, entsprechende Spiele erst ab 22.00 Uhr ins Programm zu nehmen, sind sie dort für Kinder und Jugendliche leicht zu verfolgen. Aus medienpädagogischer Perspektive ist es in jedem Fall sinnvoll, sich einen vorurteilsfreien Eindruck vom GIGA-Programm zu verschaffen, der einerseits die Nutzungsgewohnheiten von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt und darauf aufbauend mögliche Risiken bei der Rezeption verschiedener Programminhalte und -formate offen legt.
Kai Hanke
Kai Hanke: Die Lust am Spiel ist immer und überall?!
Wo Jugendliche auch auftauchen, allein oder in der Gruppe, in der Schule, Disco oder an der Bushaltestelle: Das Handy ist immer dabei. Längst besitzen nahezu alle Jugendlichen (94 Prozent) ein eigenes Mobiltelefon und nutzen es ebenso oft wie gerne (vgl. JIM 2007). Doch was genau tun sie damit? Wie verbreitet ist zum Beispiel das Spielen auf dem Handy bei aller Beliebtheit des Mobiltelefons? Und wie sind entsprechende Spiele zu beurteilen? Die steigenden Verkaufszahlen der Gaming-Industrie deuten auf eine zunehmende Nutzung und damit verbunden auf einen wachsenden Markt hin – bei Jugendlichen wie Erwachsenen gleichermaßen. Grund genug, einen Blick auf die Bandbreite von Handyspielen zu werfen, auf ihre Eigenarten, ihre Mängel, ihre Verbreitung.
Verbreitung und Nutzung von Handyspielen
Bekanntermaßen verfügen heutige Mobiltelefone über eine Vielzahl von Funktionen. Und obwohl SMS und Telefonieren nach wie vor den Großteil der Aktivitäten mit dem Handy ausmachen, ist auch Handy-Gaming durchaus beliebt. Laut aktueller JIM-Studie ist das Spielen mit dem Handy heute für immerhin knapp ein Fünftel (18 Prozent) aller Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren üblich. Ähnliche Ergebnisse bringt auch eine Studie des JFF – Institut für Medienpädagogik (in Kooperation mit dem Kopäd e. V.) zutage. Bei dieser Erhebung auf der Games-Convention 2007 wurden Jugendliche zu ihren Mobile-Gaming-Vorlieben befragt. Das Handy stellt demnach für 49 Prozent aller Jugendlichen das wichtigste mobile Spielgerät dar. Dieses Interesse am Spielen auf dem Handy wird vor allem mit der permanenten Verfügbarkeit und Handlichkeit des Mobiltelefons als Spielgerät begründet (vgl. JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis/Kopäd e. V. 2008, S. 8). Bezüglich der Genres von Handyspielen liegen Geschicklichkeitsspiele (Jump&Run) sowie Strategie-/Denk- und Wissensspiele bei den Jugendlichen vorn (36 bzw. 33 Prozent). Die größere Beliebtheit dieser Genres „ist vermutlich auf deren geringere technische Anforderungen sowie die häufige Vorinstallation dieser Spiele auf dem Handy zurückzuführen“ (ebd., S. 13). Die meisten Jugendlichen (61 Prozent) geben an, dass die von ihnen am häufigsten genutzten Spiele schon auf dem Handy installiert waren, rund ein Viertel erwirbt Spiele auch per Internet-Download.
Vorstellung exemplarischer Spiele
Wie auch immer Handyspiele erworben werden, als Download oder als im Kaufpreis des Mobiltelefons inbegriffene, vorinstallierte Versionen – sie unterscheiden sich deutlich von Spielen für PC oder Konsole. Zum einen sind sie günstiger als herkömmliche PC- oder Konsolenspiele: Je nach Format und Anbieter kostet ein Spiel durchschnittlich zwischen drei und zehn Euro, teilweise sind sogar kostenfreie Angebote zu finden. Bei letzteren ist jedoch in der Regel eine Registrierung notwendig, die mit Spam-SMS oder sogar ungewollten Abonnements verbunden ist. Zum anderen zeichnen sich Spiele für das Handy derzeit noch durch eine – verglichen mit aktuellen Konsolenspielen – eher anspruchslose Grafik sowie ein eingeschränktes Gameplay aus – nicht zuletzt aufgrund der Begrenzung von Bedienungselementen durch die Handy-Tastatur. Grundsätzlich lassen sich bei den Spielen verschiedene Genres unterscheiden, die jeweils besser oder schlechter mit den Geräteeigenschaften des Handys harmonieren. Hier sollen vor allem Actionspiele, Geschicklichkeits-, Wissens- und Strategiespiele sowie Sportspiele eingehender betrachtet werden.
Action – Shooter und Jump&Run
Actionspiele gehören vor allem für Jungen zu den beliebtesten Spielen. Auf dem Handy allerdings sind die Möglichkeiten für ein anspruchsvolles Actionspiel eingeschränkt. Das relativ kleine Display und die geringe Verarbeitungskapazität hinsichtlich grafischer Daten sorgt dafür, dass Actionspiele auf dem Handy meist deutlich hinter ihren Pendants auf PC und Konsole zurückbleiben. Beispiele hierfür sind die zahlreichen Jump& Run-Spiele wie Prince of Persia oder Merchandising-Produkte zu Kinofilmen und Serien (KungFu Panda oder 24 – Special Ops). Als Beispiel für Actionspiele auf dem Handy soll hier 24 – Special Ops herangezogen werden. Die Story des Spiels ist bezogen auf die in der TV-Serie erzählte Geschichte eines Terroristenjägers, der nicht nur gegen fiese Schurken, sondern auch gegen die Zeit kämpft. Der Spieler oder die Spielerin muss sich seinen bzw. ihren Weg dabei durch verschiedene Levels bahnen und Geiseln mit brachialer Gewalt aus der Hand von Terroristen befreien. Verschiedene Waffen und Items helfen dabei, alle Level erfolgreich zu bewältigen. Das Spiel kann kaum überzeugen. Neben der wenig abwechslungsreichen Levelgestaltung und der mehr oder weniger einfallslosen Story enttäuscht das Spiel vor allem auch durch eine ausbleibende Steigerung der Schwierigkeit von Level zu Level, Spielflow mag so gar nicht aufkommen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Attraktivität von Actionspielen eben auf diesem Spielflow aufbaut. Auf dem Handy jedoch wird häufig nebenbei und mit vielen parallelen Ablenkungsmöglichkeiten gespielt. Dem Spielspaß bei einem solchen Genre kann das oftmals schaden. Auch sind keine weiteren Spielfunktionen, also Variationen oder Multiplayer-Sessions möglich. Allein die gelegentlichen kurzen Minigames (Autofahrten, Puzzle) sorgen für kleine Variationen.
Wissen – Wer wird Millionär?/Trivial Pursuit
Um Spielflow geht es bei den folgenden Spielen weniger, gefragt ist vor allem Wissen und ein Quäntchen Glück. Wissensspiele wie Wer wird Millionär? oder Trivial Pursuit basieren auf den Spielprinzipien ihrer Vorbilder im Fernsehen bzw. auf dem Spielbrett. Da sie ohne anspruchvolle grafische Inszenierungen auskommen und das Spielprinzip weniger auf spielinterne Action als auf die kognitive Herausforderung beim Spieler bzw. der Spielerin abzielt, sind sie besser für das Handy geeignet. Trivial Pursuit Deluxe Edition zum Beispiel funktioniert genauso wie das Brettspiel, entweder alleine oder gegen maximal sechs Mitspielerinnen und -spieler, die mit demselben Handy spielen. Je nach zufällig bestimmtem Würfelwert bewegt man sich mit seinem Spielstein auf verschiedenen Feldern, um Fragen in verschiedenen Wissensgebieten zu beantowrten. Ziel ist es, alle Wissensgebiete abzudecken. Neben diesem vom Brettspiel bekannten Spielmodus lassen sich auch zwei weitere Varianten wählen: Das Spiel gegen die Zeit oder der „Überleben“-Modus, bei dem die Anzahl der erlaubten falschen Antworten begrenzt ist. Insgesamt ist Trivial Pursuit ein gelungenes Handyspiel, vor allem weil die Voraussetzungen für Spielspaß nicht in einer grafisch und technisch anspruchsvollen Umsetzung liegen.
Geschicklichkeit – Tetris/Snake
Die bekanntesten Handyspiele überhaupt sind sicherlich Klassiker wie Tetris oder Snake. Schon seit den Anfängen der Computerspiele bekannt, finden sie heute, angepasst an moderne Ästhetik, als Handyspiel Verbreitung. Snake III ist wie Tetris grafisch und technisch weniger anspruchsvoll. Dafür sind allerdings Geschicklichkeit und Nachdenken gefordert. Entsprechende Spiele sind oftmals schon auf gekauften Mobiltelefonen vorinstalliert, auch dies trägt zu ihrer großen Verbreitung bei (vgl. JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis/Kopäd e. V. 2008, S. 13). Das Spielziel lautet wie im Original: Eine stets in Bewegung befindliche Schlange muss durch ein Labyrinth gesteuert werden und möglichst schnell sämtliches vorgefundenes Futter vertilgen. Mit jedem Happen wird die Schlange länger und kommt sich daher immer öfter selbst in den Weg. Stößt die zu lenkende Schlange an ein Hindernis oder beißt sich gar selbst in den Schwanz, so ist das Spiel bzw. eines von drei Leben verloren. Dieses einfache Prinzip ermöglicht bei aller Anspruchslosigkeit unerwartet großen Spielspaß, zumal bei diesem Genre durchaus von einer gewissen (selbstverständlich nicht klinischen!) Suchtgefahr ausgegangen werden kann. Eine Multiplayerfunktion ist allerdings auch hier nicht integriert.
Strategie – Catan/Sims
Ein ebenfalls verbreitetes Handyspiel-Genre stellen die Strategiespiele dar. In der Regel sind dies entweder vereinfachte Versionen von Strategiespielen auf PC oder Konsole wie Die Sims oder aber Handyspielversionen von Brettspielen wie Catan – Die erste Insel oder Monopoly. Bei Catan beispielsweise gilt es wie im Original, mit Rohstoffen zu haushalten und zu handeln, sich mit Straßen neues Siedlungsgebiet zu erschließen, Siedlungen zu gründen und diese zu Städten auszubauen. Gehandelt wird entweder mit den computergesteuerten Kontrahenten oder mit bis zu drei weiteren Mitspielerinnen und -spielern, die wahlweise auf demselben Gerät spielen oder per Bluetooth verbunden sind. Die Animationen sind eher unaufwendig gestaltet. Da jedoch der Charakter des Originals durchaus erhalten bleibt, entfaltet das Spiel eine relativ hohe Komplexität und damit Spielspaß. Wie bei den schon erwähnten Wissensspielen wird hier nicht gegen die Zeit gespielt. Insofern eignen sich derartige Spiele sehr für Situationen, in denen dem Spiel zwar nicht uneingeschränkte und permanente Aufmerksamkeit gilt, das Spielen jedoch auch nicht gänzlich unterbrochen wird.
Sport – UEFA Champions League
Auf PC und der Konsole erfreuen sich auch Sportspiele großer Beliebtheit. Ob Fußballspiele wie UEFA Champions League, Golfen mit EA SPORTS Tiger Woods PGA TOUR 07 oder Tennisturniere mit Tennis Open 2007 – sie alle sollen den sportlichen Spielspaß auch auf dem Handy ermöglichen. Meist jedoch bleiben die Angebote deutlich hinter den Vorbildern auf dem PC- und Konsolenmarkt zurück. Vor allem weil Grafiken und Animationen, damit also auch Bewegungsabläufe und -kombinationsmöglichkeiten limitiert sind. Bei UEFA Champions League zum Beispiel, einem klassischen Fußballspiel, muss eine Mannschaft gesteuert werden. Dabei stehen jeweils verschiedene defensive oder offensive Spielzüge zur Verfügung, Schüsse, Flanken und verschiedene Umgangsformen mit dem Gegenspieler – mehr oder weniger fair. Der Spielspaß wird hier durch den mangelhaften Spielflow gehemmt, da Bewegungen und Spielzüge nicht einfach im Spiel per Tastendruck vollzogen werden, sondern erst in einem aufzurufenden Pop-Up-Menü angeklickt werden. Andererseits bietet das Spiel breite Auswahl an Einstellungen von Schwierigkeitsgraden, einzelnen Mannschaftsaufstellungen und Ähnlichem. Insgesamt hält es aber keineswegs mit Sportspielen auf nichtmobilen Trägermedien mit. Den größten Spielspaß bieten in diesem Bereich am ehesten noch Sportspiele wie Playman Summer Games 3 oder Yeti Sports 3, die weniger auf möglichst realitätsnahe Inszenierungen von Sportarten bauen als auf drollige Animationen und eine Abfolge kleiner, wenig komplexer Wettbewerbe in verschiedenen Disziplinen – oftmals auch im Multiplayer-Modus.
Folgerungen
Fasst man die Ergebnisse dieses sehr ausschnitthaften Überblicks zusammen, so lassen sich folgende Schlüsse ziehen:- Handyspiele sind PC- und Konsolenspielen aufgrund geringer technischer Leistungsfähigkeit der Mobiltelefone sowohl in grafischer Hinsicht als auch soundtechnisch bislang weit unterlegen. Ein noch immer relativ kleines Display führt dazu, dass entweder Figuren und Motive zu klein oder Bildausschnitte für komplexe Situationen im Spiel nicht groß genug dargestellt sind.- Handyspiele weisen wegen der kleinen Tastatur und den oftmals eher bescheidenen Handlungsentwicklungen der Spiele oft noch Mängel im Gameplay und dem Spielfluss auf. Navigation und komplexe Bewegungsabläufe gestalten sich schwierig.- Einige Handyspiele sind nicht auf die spezifische Spielsituation eingerichtet, die das Handy als Trägermedium mit sich bringt. Viele verfügen nicht über eine Pausenfunktion, so dass sie sich oftmals nur mit uneingeschränkter Aufmerksamkeit und unter Zeitdruck spielen lassen. Dies fällt insbesondere in Situationen ins Gewicht, in denen Handyspiele eigentlich als Beschäftigung dienen könnten (in der U-Bahn, beim Warten auf den Bus oder Bekannte etc.).-
Diese Schwierigkeiten wirken sich bei actionorientierten Formaten negativer aus. Für Handys auf dem heutigen technischen Stand sind Spiele besser geeignet, die mehr auf originelle mediumsgerechte Spielideen setzen und Spielspaß auch ohne anspruchsvolle Grafik oder Zeitdruck im Spiel ermöglichen. Es ist anzunehmen, dass die technische Leistungsfähigkeit und damit auch Kapazität von Mobiltelefonen für anspruchsvollere Spiele in naher Zukunft zunehmen wird. Damit wird sich ein entscheidendes Argument gegen die Nutzung von Handyspielen erübrigen. Ist derzeit gerade das von Jungen bevorzugten Action-Genre noch unzureichend umgesetzt, so wird mit zunehmender Qualität jedoch auch der Anteil männlicher Handygamer weiter zunehmen. Ein anderes Argument, das für den Erfolg eines bestimmten Genres von Spielen spricht, wäre damit allerdings nach wie vor gültig: Die Spielgenres werden sich verstärkt auf die speziellen Situationen hin ausrichten müssen, in denen Handyspiele genutzt werden. Die Dauer eines Spiels oder die Aufmerksamkeitsanforderung werden über den Erfolg eines Spiels in verschiedenen Situationen entscheiden.
Insgesamt ist eine Vervielfachung von Mobile-Gaming-Angeboten zu erwarten. Unter der Voraussetzung, dass das Spielen mit dem Handy weiterhin finanziell so günstig bleibt wie bislang und immer billigere mobile Internetzugänge auch spontane Downloads ermöglichen, ist es durchaus plausibel, dass im Zuge dieser Entwicklung der Anteil der Nutzerinnen und Nutzer von Handyspielen tendenziell zunimmt. Und auch Erwachsenen wird gerade mit dem wachsenden Angebot von Strategie- und Wissensspielen ein Zugang zum Mobile-Gaming ermöglicht. Das beweisen nicht zuletzt die kommerziellen Erfolge von Spiel- und Trainingsangeboten für die mobile Nintendo DS. Morgen oder Übermorgen, früher oder später, sitzen wir vermutlich alle im Bus oder der U-Bahn, im Zug oder Flugzeug. Und zwar ohne Sudoku-Heftchen, ohne ständig auf die Uhr zu sehen. Stattdessen besiedeln wir Gaming-Welten oder spielen – jeder für sich – was die Gaming-Branche schon jetzt voller Enthusiamus pflegt: Wer wird Millionär?!
Literatur
JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis/Kopäd e. V. (Hg.) (2008). Mit Handy, Spielkonsole und Laptop: Allerorten mobil spielen. www.jff.de/dateien/Mobilspielen_JFF.pdf
mpfs (2007). JIM 2007 Jugend, Information, (Multi-) Media. Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-jähriger in Deutschland. Stuttgart: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest.
(merz 2008-4, S. 80-84)
Kai Hanke: Eine kleinere Welt ist möglich
Der Atlas ist der Inbegriff der Schulzeit, der Fixpunkt des Erdkundeunterrichts. Ein muffiges Exemplar aus der Schulbibliothek und der Blick für die Beschaffenheit der Erde öffnet sich, der Globus schrumpft zu einer Sammlung informationsträchtiger Karten und Übersichten. Freilich stets unter den Augen und Vorgaben der Lehrerinnen und Lehrer. Atlanten waren und sind Faszinosum einerseits, Quelle nerviger Hausaufgaben andererseits. Für diejenigen, die keinen eignen zu Hause hatten, ein kostenfreies Stück Welt im Buchformat. Nun ergänzt der Westermann Verlag zum 150. Jubiläum des Diercke Weltatlas diese romantische Erinnerung um die Vorzüge des Web 2.0: Mit der neuesten Auflage des Atlas’ erhalten Käuferinnen und Käufer sowie Schülerinnen, Schüler, Lehr- und sonstige Fachpersonen neben dem herkömmlichen (anspruchsvollen) Karten-Spektrum einen Zugangscode zur Online-Version des Diercke Weltatlas. Ein Novum, im Guten wie im Schlechten.
Das Online-Angebot von Diercke umfasst im Wesentlichen drei Funktionen: den Onlineglobus, ein webbasiertes Geoinformationssystem (GIS) für den Einsatz in der Schule und den Diercke-Coach, einen interaktiven Erdkundetrainer, den Lehrkräfte in ihren Unterricht einbauen können. Der Onlineglobus umfasst 450 digitalisierte physische und Wirtschaftskarten, zudem geben Diagramme und Grafiken zusätzliche Informationen zu Klimaveränderung, Globalisierung, Städtewachstum, Migration über die geografische Beschaffenheit von Ländern und Kontinenten. Der Atlas bietet 3D-Ansichten aus frei wählbaren Winkeln und Perspektiven, mit Zoom, hochaufgelösten Satellitenbildern und Nachtansichten. Die Legendenzusammenstellungen sind individuell einstellbar, die Karten können mittels einer Zeichenfunktion markiert und bearbeitet werden. Das webbasierte GIS hingegen bietet interaktiv bearbeitbare aktuelle Statistiken für die meisten Atlaskarten sowie kostenfreie Web-GIS-Arbeitsblätter. Und auch die Coach-Funktion für Lehrerinnen und Lehrer ermöglicht den Lehrkräften die Erstellung und Nutzung interaktiver Lerneinheiten zu zahlreichen Atlaskarten. Die Einheiten sind orientiert an den Kernlehrplänen der Bundesländer, wobei die Schwierigkeitsgrade flexibel verstellbar sind. Die Schülerinnen und Schüler können so am PC in der Schule oder zu Hause Fragen beantworten und Erdkunde-Tests mit individualisiertem Feedback absolvieren.
All dies erweitert nicht nur das qualitativ anspruchsvolle Angebot der Printversion des Weltatlas’, sondern ermöglicht Lehrerinnen und Lehrern zudem die multimediale und ortsunabhängige Bearbeitung von Erdkundethemen im Unterricht. Die Lexikon-Funktion, das heißt, die automatische Weiterleitung von Städte- und Regionenbezeichnungen zu entsprechenden Einträgen in der Online-Enzyklopädie Wikipedia mag problematisch wirken, wenn man bedenkt, dass dadurch möglicherweise andere Quellen der Hintergrundrecherche ausgeblendet werden. Allerdings könnte dieses Problem von Lehrkräften auch leicht konstruktiv als Impuls für die kritische Reflektion und Einübung von Online-Recherchen genutzt werden. Ein großes Manko jedoch: Viele Funktionen sind (bislang) noch nicht aktiviert. Laut Hersteller ist „[...] der Diercke Globus Online noch eine zeitlich beschränkte „beta“-Version, in der einige Funktionen, zum Beispiel die Möglichkeit auf dem Globus zu zeichnen und eigene Ansichten abzuspeichern [...]“ fehlen. Hinzu kommen diverse Probleme mit grafischen Darstellungen, einige Regionen, Städte und so weiter sind noch nicht digitalisiert verfügbar. Insgesamt jedoch bietet die Jubiläumsausgabe des Diercke Weltatlas mit den zusätzlichen Online-Angeboten ein vielversprechendes Mittel, um den Erdkundeunterricht sinnvoll zu bereichern und die Welt – man gewöhnt sich daran – wieder mal ein kleines Stück kleiner, wenigstens aber (geografisch) übersichtlicher zu machen.
(merz 2008-4, S. 86-87)
Kai Hanke: Klassenkampf ... und die Menschen dahinter
Man könnte meinen, die Diskussion um das dreigliedrige Schulsystem in Deutschland wäre abgedroschen, ein alter Hut, irgendwie langweilig. Zumal Alternativen zum deutschen Muster zwar vielerorts skizziert, in Anbetracht eines lahmen, reformunwilligen Politik- und Verwaltungsapparates aber kaum realistisch scheinen. Andererseits: wo kämen wir hin, wenn sich Erwachsene keine Gedanken mehr darüber machen würden, wie, wo und was ihre Kinder in der Schule lernen sollen? – Ja, wohin eigentlich?!Vielleicht ist die Hauptschulklasse, die Uli Kick in seinem Dokumentarfilm Klassenkampf ein Jahr lang begleitet hat, ein Ausblick auf das, was droht, wenn eine Schule sich selbst überlassen bleibt. Wenn Eltern desinteressiert, Lehrerinnen und Lehrer überfordert, Jugendliche motivations- und perspektivlos sind, und trotz allem nicht zu erwarten ist, dass ‚die Politik’ etwas an den strukturellen Rahmenbedingungen ändert, die für diesen Missstand verantwortlich gemacht werden. Doch so einfach ist es nicht. Der Alltag, den der Film schildert, ist schon heute Normalität. Und die Missstände sind nicht allein auf das Versagen einzelner Akteure zurückzuführen.
Die Hauptschule ist zudem nicht einfach im negativen Sinne ein Sammelbecken, für diejenigen, die es (aus verschiedensten Gründen) nicht auf die Realschule oder das Gymnasium schaffen, die schlechte Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt besitzen, die sich verweigern. Sie versammelt oftmals auch Jugendliche mit bewegenden persönlichen Geschichten, die einer reibungslosen Schullaufbahn nicht selten im Wege stehen. Sie ist ein Ort, an dem Menschen ihre Schwächen täglich vor Augen geführt bekommen und dennoch Stärken entwickeln, bemerkenswerte Fähigkeiten, individuelle Erfolgserlebnisse. Uli Kick wagt mit seinem Film einen Blick in diese Welt, deren Maßstäbe einer gesellschaftlich dominanten, bildungselitären Gruppe lediglich ein (in der Regel verstecktes) überhebliches Lächeln abverlangen mögen. Doch gerade dieses Lächeln ist es, das der Film verblassen lässt. Klassenkampf wirkt dabei auf den ersten Blick eher durchschnittlich. Nach einer kurzen Einführung in den Alltag der Hauptschulklasse, werden in kurzen Sequenzen einzelne Personen im Klassenalltag vorgestellt: Die Klassenlehrerin, der Hausmeister und natürlich die Schülerinnen und Schüler. Der Film legt dabei keinen großen Wert auf formelle Brillanz, auf effektvolle Einstellungen, perfekt abgemischtes Licht oder Ton. Und doch entwickelt Kick durch seine sensible Vorstellung der Hauptfiguren, ihrer Schicksale, persönlichen Kämpfe und Perspektiven eine atmosphärische Dichte, die nicht nur dramaturgisch funktioniert. Klassenkampf ist nebenbei eben auch authentisch, überzeugend dadurch. Er ist insgesamt geeignet, die Menschen zu erleben, die sich jeden Tag mit dem konkret auseinandersetzen, was für die meisten von uns lediglich als abstrakte Diskussion um die Organisation von Bildung bekannt ist. Dem Alltag einer Hauptschulklasse eben. Die unbedingte Nähe zu den jeweiligen Akteuren führt dabei zu einem im Ganzen eher unparteiischen Blick auf die Hauptschule. Die einfühlsamen Sequenzen, in denen sich zum Beispiel die Jugendlichen selbst vorstellen, stellen ihre jeweiligen Schwächen und Stärken, subjektive Reflektionen der eigenen Situation sowie des Schulalltags dar. Die Jugendliche inszenieren sich dabei vor allem selbst. Kick verzichtet auf Kommentare oder Zwischenfragen.
Die Wahrnehmung der Hauptpersonen wird dadurch wechselnd auf ihre eigentümliche Mischung aus jugendlicher Naivität, lebenserfahrener Abgeklärtheit und der orientierungssuchenden Frage gelenkt: Wo will ich eigentlich hin? So wird behutsam Verständnis erzeugt: für die Schülerin, die ihre Projektarbeit nicht erledigt hat, weil sie mit den Freundinnen Shoppen war; für die entnervte, enttäuschte Klassenlehrerin, die sich aufreibt für ihre Schützlinge und doch keinen Dank erhält; für den Schulschwänzer, der keinen Sinn darin sieht, zur Schule zu gehen, weil er doch ohnehin keinen Job bekommen wird; für den Hausmeister, der dienstbeflissen die neuen Überwachungskameras der Schule lobt, nur um anschließend in den Gesprächen mit den Jugendlichen so viel Empathie und Engagement zu zeigen, als sei er ihr persönlicher Sozialpädagoge. Der Alltag ist für alle mühsam. Die Schülerinnen und Schüler sehen in der Schule keine Chance auf ein besseres Leben. Sie erzählen von ihren Erfahrungen. Von kriegsbedingter Migration, Scheidung oder Krankheit der Eltern, prekären Arbeits- und Lebensverhältnissen ihrer Familie, von daraus resultierenden Überforderungen. Wie viel Wert haben schon die Englisch-Hausaufgaben angesichts einer Mutter, die Krebs hat und ihre Chemotherapie neben zwei Jobs durchführen muss, so dass ihre Tochter sich nicht nur um sich selbst und ihre Zukunft, sondern daneben auch gleich noch um die Mutter und für ihre kleine Schwester sorgen muss? Das Publikum erfährt von den Stigmatisierungen, die Hauptschülerinnen und -schüler durch andere erfahren (Hauptschule gleich dumm, nutzlos, faul!). Und doch bleibt Klassenkampf dabei nicht verhaftet in einer entschuldigenden, sozialromantischen Attitüde. Die Interviews zeigen zwar den Verlust von Motivation, für die Schule zu arbeiten, den Sinnverlust: Warum mache ich das? „Lernen macht keinen Spaß“, sagt beispielsweise Farim, „Warum soll ich mich jetzt anstrengen, wenn ich’s niemals schaffe, schaffen werde!?“ Illustriert wird nicht selten der Teufelskreis aus Motivationsverlust und Leistungsabfall. Doch der Film verdeutlicht auch, wie unterschiedlich die Jugendlichen mit ihren Situationen umgehen. Während die einen resignieren, entwickeln andere Ehrgeiz, es trotz aller Widrigkeiten irgendwie zu schaffen. Und sie tun dies nicht nur in der Schule. Viele haben daneben Bereiche, in denen sie sich beweisen wollen (und es tun): beim Tanzen, beim Sport, beim Minijob – den viele der Schülerinnen und Schüler schon frühzeitig neben der Schule auf sich nehmen (müssen).Klassenkampf erzählt diese Geschichten so tragisch und witzig, so verzweifelt und hoffnungsvoll, außergewöhnlich und normal wie sie eben sind – nämlich jeweils so, wie sie von den Betroffenen empfunden werden. Und am Ende bleibt es auch bei diesem Einblick in die Subjektiven. Der Film kann keine umfassende Systemkritik leisten – er will es vermutlich auch gar nicht. Was jedoch ersichtlich wird, ist die Realität einer Schulform und der Menschen, die darin leben und arbeiten. Allerdings werden im Verlauf des Films immer mehr die konkreten Symptome systematischer Probleme deutlich – auf menschlicher wie auf organisatorischer Ebene. Klassenkampf zeigt dabei keine Alternativen auf. Vielmehr veranschaulicht der Film die Schwierigkeiten, Menschen, ihren Schwächen und Stärken, individuell zu begegnen. Dies mag kein konstruktiver Beitrag zur Diskussion sein, eine Anregung zur erneuten Auseinandersetzung mit Alternativen ist es allemal.
(merz 2008-4, S. 75-77)
Kai Hanke: Aufgewacht
Manche Veranstaltungen stehen in langer Tradition, was nicht bedeutet, dass sie deswegen auch rechtzeitig stattfinden. Aber immerhin: Am 13. und 14. Juni 2007 trafen sich Vetreterinnen und Vertreter aus Journalismus, Politik und Medienwissenschaft im Hambacher Schloss, um problematische Entwicklungen hinsichtlich der freien Berichterstattung und allgemeinen Pressefreiheit zu diskutieren. Historischer Hintergrund der vom Deutschen Journalisten Verband (DJV) und der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) organisierten Tagung „Pressefreiheit und Demokratie“ war das Hambacher Fest, Sinnbild für das Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit. Die Tagung schloss mit einem Aufruf ab: Der Hambacher Appell fordert dazu auf, einer zunehmenden Aushöhlung der Pressefreiheit in Deutschland entgegen zu treten: „Es gehört zum Selbstverständnis der Journalistinnen und Journalisten, Verlegerinnen und Verleger in Deutschland, dass sie die Pressefreiheit mutig wahrnehmen. Wann immer es das öffentliche Informationsinteresse erfordert, sollten dabei alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.“
Das vom DJV und dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) institutionell gestärkte Statement ließ in Anbetracht der Entwicklungen vor allem in den letzten drei Jahren beängstigend lange auf sich warten. Den Anfang einer Reihe von Einschränkungen der Pressefreiheit bildeten die verfassungswidrigen Durchsuchungen von Redaktionsräumen des Cicero-Magazins im September 2005 durch die Staatsanwaltschaft Potsdam. Das mediale Echo war zwar durchaus groß, jedoch schien sich kein längerfristiger gesellschaftlicher Disput über den Wert der Pressefreiheit entspannen zu wollen. Schnell waren alle wieder beim Tagesgeschäft. Lippenbekenntnisse zur Pressefreiheit en masse, keine weiteren Fragen.2007 nahmen staatliche Einschränkungen der Pressefreiheit neue Formen an. Im Vorfeld und während der Proteste gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm kam es zu einer Vielzahl von Durchsuchungen, die maßgeblich durch die Bundesanwaltschaft veranlasst und vom Bundeskriminalamt bzw. verschiedenen Landeskriminalämtern durchgeführt wurden. Dabei wurde auch vor Redaktionen und Verlagen nicht haltgemacht. Hinzu kam die Verletzung des Postgeheimnisses durch Hamburger Polizeibeamte im Mai. Kurz vor Beginn des Gipfels entzog das Bundespresseamt zudem 24 Journalistinnen und Journalisten ohne konkrete Begründung die bereits erteilte Akkreditierung für eine Berichterstattung innerhalb der Sicherheitszone. 40 Personen hatten gar nicht erst eine Akkreditierung erhalten.
Verwiesen wurde dabei lediglich auf „erhebliche Sicherheitsprobleme“ bei den betroffenen Journalistinnen und Journalisten. Über die Datengrundlage und -erhebung, die zu dieser Einschätzung führten, machte das Bundespresseamt keine Angaben. Damit jedoch nicht genug. Ohne Akkreditierung durften sie nicht nur aus der Sicherheitszone nicht mehr berichten, auch zwei Kilometer um die Sicherheitszone wurde ihnen zeitweilig der Zugang versagt. Zurückblickend weisen DJV und BDZV bei der Hambacher Tagung auf eine ganze Reihe weiterer Beeinträchtigungen der Pressefreiheit hin. Der DJV dokumentierte beispielsweise 180 Durchsuchungen von Redaktionen und Wohnungen von Journalistinnen und Journalisten sowie geplante Vorratsdatenspeicherungen sowie Verschlechterungen beim Informantenschutz. Beschäftigte von Regionalzeitungen beklagten bei der Tagung die sich neuerdings mehrenden Verstöße gegen die Auskunftspflicht durch lokale Verwaltungen und Behörden – vor allem wenn es um politisch wenig populäre Entscheidungen ging. Auch ließe sich eine Zunahme von Presserechtsprozessen gegen Redaktionen verzeichnen, mittels derer Wirtschaft, Politik und Showprominenz gegen unliebsame kritische Berichterstattungen vorgingen. In solchen, oftmals kostspieligen Prozessen, so die Kritik von Klaus Sedelmeier (Verfasser des Presserecht-Kommentars), neigten Gerichte zu schnell zu einstweiligen Verfügungen gegen Redaktionen und Pressevertreter. Obwohl im Presserecht explizit als Ausnahme vorgesehen, würden einstweilige Verfügungen heute meist umstandslos und ohne mündliche Verhandlung erlassen.
Dies führt laut Presseanwältin Dorothee Bölke in Redaktionen oftmals zu einem Klima der Einschüchterung und ängstlichen Vorsicht.Heribert Prantl, Ressortleiter Innenpolitik der SZ, äußerte hingegen die Ansicht, Pressefreiheit und Medien schienen in Teilen der Bevölkerung nicht mehr den Stellenwert wie früher, beispielsweise während der Spiegel-Affäre 1962, zu genießen. Indes betonte Norbert Schneider, Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, dass sich auch Journalistinnen und Journalisten aktiver für ihre Eigenständigkeit einsetzen müssten und auf eine beispielsweise von Politik und wirtschaftlicher Pressearbeit unabhängige Berichterstattung achten sollten. Möglicherweise ist also auch innerhalb der journalistischen Berufsgruppen das Bewusstsein für bedenkliche Entwicklungen der Rahmenbedingungen ihrer journalistischen Arbeit nicht mehr so ausgeprägt wie vor einigen Jahren. Als bezeichnend mag dahingehend die Reaktion einer Online-Journalistin (mit Akkreditierung für den G8-Gipfel) auf den Ausschluss ihrer Kolleginnen und Kollegen vom Gipfel gewertet werden: Solange sie selbst Zugang habe, gäbe es doch keinen Grund für besondere Aufregung. Gerade aus journalistischer Perspektive scheint es schwer nachvollziehbar, warum eine Erklärung wie der Hambacher Appell erst jetzt ihren Weg in die Öffentlichkeit findet. Zugegeben, es herrschen keine Zustände, unter denen eine freie journalistische, investigative Arbeit bundesweit nicht mehr möglich wäre.
Bedenklich aber ist die aktuelle Tendenz, vormals unangetastete demokratische Freiheiten unter Vorgabe sicherheitstechnischer Bedenken oder durch die Überbetonung privater Interessen einzuschränken. Und so trivial sich heute diese Feststellung lesen mag, scheinbar gewinnt ihre stetige Betonung doch wieder zunehmend an Notwendigkeit: Eine solche Tendenz kann nicht im Sinne einer demokratischen Allgemeinheit stehen. Es bleibt abzuwarten, welche Reaktionen der Hambacher Appell langfristig nach sich ziehen wird. Die Tradition scheint da nicht vielversprechend: 1832 folgte auf das Hambacher Fest eine Welle von Repressionen durch den Deutschen Bund, die Presse- und andere Freiheiten noch weiter einschränkten als vor der Veranstaltung. Was bleibt also? Aus der Geschichte lernen? Öffentlich sind sich ja ohnehin alle Beteiligten und Unbeteiligten über den Wert der Pressefreiheit einig. Nur in der Praxis, da hapert es eben noch an der einen oder anderen Stelle.weitere Informationen: www.djv.de
Kai Hanke: Bärenbude Klassenzauber
Täglich um 19.30 Uhr startet auf WDR 5 die Bärenbude. Ihre bunten Bewohnerinnen und Bewohner bieten vor allem Kindern ab dem bzw. im Vorschulalter ein eigenes Radioprogramm. Nicht zu kurz und nicht zu lang für die kindlichen Hörgewohnheiten gibt es kleine Geschichten und Hörspiele, Lieder, Gedichte, klingende Bilderbücher, Wissenswertes und natürlich viel zum Lachen. Jede Sendung ist dabei einem bestimmten Tagesthema gewidmet. Die Stars der Bärenbude sind Johannes und Stachel. Sie melden sich dreimal in der Woche zu Wort. Die beiden Kuschelbären nehmen die Mädchen und Jungen mit, wenn sie auf Abenteuerreise gehen, kleine und größere Geheimnisse erforschen und die Welt entdecken.Seit geraumer Zeit ist die Bärenbude jedoch nicht nur kreatives Radioprogramm für das ganz junge Publikum. Im November 2006 startete der WDR in Zusammenarbeit mit dem Medienzentrum Rheinland eine Medienkompetenz-Initiative, in deren Rahmen Bärenbude Klassenzauber als zentrales Projekt für Kinder bis zur zweiten Klasse etabliert wurde. Um die Grundschülerinnen und -schüler fürs Zuhören zu sensibilisieren und erste Radiokompetenzen zu fördern, besuchen die Lieblinge aus der Bärenbude Schulen und veranstalten mit den Kindern im Rahmen des klassenzauberhaften Programms Hör- und Geräuschspiele.
Bislang allerdings werden lediglich Schulen in NRW besucht. Geheimnisvolle Wundermusik zum Mitmachen, schöne Klanggeschichten und natürlich die Kuschelbären Johannes und Stachel sorgen bei den einstündigen Auftritten für Stimmung und Aktion. Lehrerinnen und Lehrer erhalten im Vorfeld eine Projektmappe mit Ideen für die Bearbeitung des Themas Radio im Unterricht bzw. im Kindergarten sowie eine CD mit den Liedern und Stücken aus der Bärenbude, so dass sie die Besuche der Bärenbude vorbereiten und nachbereiten können. Ein entsprechendes Spielheft für die Kinder soll einen kreativen Umgang mit dem Radio ermöglichen, eine Broschüre für die Eltern informiert über das Projekt und gibt Tipps für das gemeinsame Radiohören.Bärenbude Klassenzauber kann mit dieser Verbindung von etabliertem Radioprogramm und der aktiven pädagogischen Arbeit vor Ort, in den Schulen und Kindergärten, als gelungenes Modell für erste Ansätze von medienpädagogischen Projekten in der Schule angesehen werden. Dass der WDR davon imagetechnisch profitieren könnte, muss in Anbetracht der Qualität der Bärenbude kaum Empörung hervorrufen – im Gegenteil, vielleicht macht ja bald nicht nur der WDR im wahrsten Sinne des Wortes Schule.
Kai Hanke: Ekel und Geschichte
Der Mensch erkennt sich selbst im Ekel. Laut einem gerne und oft zitierten Existenzialisten führt erst der Ekel vor der eigenen Existenz als etwas sinnlosem, die Abscheu vor der Absurdität seines Daseins den Menschen zur Möglichkeit der Freiheit. Doch dies nur am Rande. Zunächst ist die spanisch-britische Produktion „Salvador – Kampf um die Freiheit“ selbst schon ein Akt der Befreiung. Denn der Film greift das Schicksal des in Spanien wohlbekannten anarchistischen Widerständlers zur Zeit der Franco-Diktatur auf: Salvador Puig Antich. Lange schien auch in Spanien die ernsthafte, publikumstaugliche filmische Auseinandersetzung mit der eigenen politischen Vergangenheit verbannt ins stille, kleine, intellektuelle Kämmerlein. Zur Zeit der Transición, des „friedlichen“ Übergangs vom faschistischen Franco-Regime zur Demokratie, war das Thema ohnehin tabu. Auch noch lange danach war die Zahl der in das damalige Regime Verstrickten zu groß, und zu groß damit auch der gesellschaftliche Widerstand gegen eine differenzierte Aufarbeitung der Geschichte. Doch allmählich hat sich das geändert. Zunehmend kommt es zu Großproduktionen, die das Thema auch im publikumstauglichen, kommerziell erfolgreichen Kino verankern. Dementsprechend: Drei Oscars für Pan’s Labyrinth eine merz-Besprechung für Salvador Puig Antich.Der Film beginnt mit der Festnahme Salvadors (Daniel Brühl) im September 1973 in Madrid. Dabei wird nicht nur er selbst schwer verletzt, auch ein Beamter der Guardia Civil wird tödlich verwundet. Obwohl die Indizien gegen Salvador als Mörder sprechen, verurteilt ihn ein Militärgericht im Eilverfahren wegen Polizistenmordes zum Tode. Es ist für Salvador der Beginn einer leidvollen Zeit als politischer Gefangener, bestimmt durch den Kampf gegen das Urteil und die verzweifelte Hoffnung auf Begnadigung. Im Zuge der Gespräche mit seinem Anwalt (Tristán Ulloa) wird in Rückblenden Salvadors Geschichte bis zu seiner Festnahme erzählt. Gemeinsam mit seinen Freunden schließt er sich als Student der iberischen Befreiungsbewegung MIL (Movimiento Ibérico de Liberación) an. Alles scheint wie im Spiel. Die Gruppe von jungen Aktivisten überfällt Banken, um mit dem erbeuteten Geld ihre politische Arbeit und die Unterstützung von Gewerkschaften sowie politischen Gefangenen zu finanzieren. Das Leben im Untergrund, ausgelassene Feiern, Freund- und Liebschaften: eine aufregende, sorglose, eine genussvolle Zeit. Doch all das ändert sich, als die Gruppe zunehmend ins Visier der staatlichen Ermittler gerät. Es kommt zu Unfällen, Freundschaften und persönliche Beziehungen zerfallen. Die Gruppe löst sich auf.
Die Entwicklungen werden durch geschickte Montagen miteinander in Beziehung gesetzt. Mehr und mehr entsteht dadurch ein Bild von Salvador als einem politisch empörten Heißsporn, naiv, radikal, kompromisslos, trotzig. Voller Fürsorge und Liebe für seine Nächsten bringt er doch alles in Gefahr, was ihm etwas bedeutet.In geschicktem Kontrast dazu wird parallel Salvadors weitere Entwicklung im Gefängnis erzählt. In der gezwungenen Enge der Gefängnismauern setzt er sich mit seiner Vergangenheit auseinander und baut eine Beziehung zu seinem Wärter Jesús auf (Leonardo Sbaraglia). Seine Hoffnung auf Begnadigung, sein Lebenswille und nicht zuletzt seine persönlichen und politischen Überzeugungen beeindrucken den wenig gebildeten, politisch ignoranten Jesús. Die beiden Männer finden trotz aller Widersprüche zueinander und eröffnen sich gegenseitig ihre Sicht auf die Welt. Im Nebeneinander von Vergangenheit und Gegenwart, leise und Schritt für Schritt entfaltet sich diese Öffnung gegenüber dem anderen. Und während seine Familie und Freunde verzweifelt gegen seine Hinrichtung kämpfen, ohne dass er etwas dazu beitragen könnte, vollzieht sich – unbemerkt von der Außenwelt – erst in seiner verständnisvollen Beziehung zum regimetreuen Jesús die letzte Konsequenz von Salvadors Sehnsucht nach Freiheit.Der Film wartet bei alledem mit einer Fülle von Konfliktebenen auf, die trotz ihrer Vielzahl virtuos verwoben werden. Allerdings – ein Wermutstropfen – erscheinen gerade hierbei die weiblichen Rollen oftmals marginalisiert und geraten ins dramaturgische Abseits des männlich geprägten Films. Beeindruckend hingegen ist die Zusammenführung einzelner, kleiner Schicksale in Salvadors Geschichte. Sie gelingt vor allem aufgrund der geduldigen und letztlich schlüssigen Dramaturgie von Regisseur Manuel Huerga und der eigentümlichen, jedoch hoch wirkungsvollen Kameraarbeit von David Omedes. Das stete Spiel mit experimentellen Elementen, teils fast expressionistischer Ausleuchtung und dann wieder einer sehr geringen Distanz der Kamera zu den Protagonisten bildet eine seltsam vereinnahmende und doch distanzierende filmische Atmosphäre.
Eine Atmosphäre, zu der auch ein schauspielerisch sensibler, vielseitiger Daniel Brühl beiträgt, dessen beeindruckendem Spanisch man fasziniert lauschen mag – Originalfassung in Spanisch, Katalanisch und Französisch vorausgesetzt. Insgesamt kann „Salvador Puig Antich“ trotz eines etwas pathetischen Endes und der tendenziell patriarchalen Verengungen als geglücktes politisches Drama mit exzellenter Besetzung überzeugen. Das Publikum wird durch die spannende Verknüpfung von Erzählebenen und die formell anspruchsvolle Umsetzung in das persönliche Drama eines jungen Menschen entführt, der seine Hoffnung, seinen Stolz und damit seine Würde auch angesichts der drohenden Hinrichtung zu bewahren versucht. Laut Kommentar zu Beginn des Films soll die Geschichte eines politischen Menschen erzählt werden, der mit seinen Überzeugungen, aber ohne Angst lebte. Seine persönliche Freiheit jedoch findet Salvador erst spät. „Ekel“, denkt er kurz vor dem Ende „ich spüre nichts als Ekel.“ Er steht kurz vor seiner Hinrichtung.
Kai Hanke: Ratatouille
Mit Ratatouille erscheint der mittlerweile achte Kinofilm aus dem Hause Pixar, von kleinen wie großen Fans lange und gespannt erwartet. Doch – vorweg gesagt – Ratatouille ist nicht Babel. Wer aufwühlendes, intellektuelles Kino sucht, kann getrost zu Hause bleiben. Allen aber, die in Zeiten des politisierten Kommerzes nicht auf sinnige Mainstream-Unterhaltung verzichten möchten, sei versichert: Ratatouille fetzt.Der Film erzählt die Geschichte von Remy, einer sympathischen Ratte, die eigentlich nur in zweiter Linie Ratte ist. In erster Linie ist Remy ein begnadeter Koch, hochsensibel in der Wahrnehmung von Geschmack und Gerüchen, virtuos und fantasievoll in der Kombination von Zutaten aller Art. Als Ratte jedoch hat er seine Leidenschaft nicht nur gegen die Ignoranz seiner Artgenossen zu verteidigen („Wenn man erst mal gelernt hat, den Brechreiz zu kontrollieren, kann man eigentlich alles essen!“). Vor allem eins steht ihm im Wege: die Tatsache, dass es sich bei Gourmetküchen, dem angemessenen Platz für einen genialen Künstler wie ihn, gemeinhin um eine eher nagetierfeindliche Umwelt handelt. Allein sein imaginärer Freund, der Geist des 5-Sterne-Kochs Auguste Gusteau, vermag Remys Talent zu würdigen und ihn zu ermutigen, seinem Traum näher zu kommen. Und tatsächlich verschlägt es Remy aufgrund eines unglücklichen Zufalls in die große Stadt Paris. Dort beobachtet er aus nächster Nähe den Betrieb in Gusteaus ehemaligem Restaurant, in dem nach dessen Tod der schräg-fiese Küchenchef Skinner die Leitung übernommen hat. Als Remy Zeuge wird, wie der gänzlich untalentierte Küchenjunge Linguini eine Suppe verschüttet und erfolglos nachkochen möchte, kann sich Remy nicht zurückhalten: Allen Gefahren zum Trotz ergreift er die Chance, die Suppe mit seinen eigenen Kochkünsten zu retten – und wird prompt von Linguini dabei ertappt – eine im wahrsten Sinne des Wortes köstliche Szene. Nachdem die Suppe, von der alle annehmen, Linguini hätte sie zubereitet, ein voller Erfolg wird, verdammt Chefkoch Skinner Linguini dazu, die Suppe erneut zu kochen. Zwischenzeitlich jedoch ist Remy entdeckt worden und soll als Ungeziefer im Fluss entsorgt werden.
Der gutherzige Linguini bringt es nicht übers Herz, den kleinen Nager zu ertränken. Dabei findet er heraus, dass Remy ihn nicht nur zu verstehen vermag, sondern ihm auch helfen muss, die Suppe noch einmal zuzubereiten. Die beiden bilden eine überaus komische künstlerische Symbiose, die es Remy ermöglicht, endlich seinen Traum vom Kochen zu realisieren. Und Linguini hat Hoffnung, seinen Job im Restaurant behalten zu können. Mit der Freundschaft der beiden beginnt eine Reihe von abenteuerlichen Entwicklungen, rund um Streit, Liebe und ein Chaos aberwitziger Ereignisse. Letztlich droht Remys und Linguinis Geheimnis aufzufliegen und dadurch das komplette Restaurant in den Untergang zu treiben.Hier wird kein Genre neu erfunden, es warten keine unkonventionelle Dramaturgie oder besonders ungewöhnliche Themen. Und trotzdem – irgendwie verzaubert der Film. Vielleicht ist eine Voraussetzung, dass man sich den Film zusammen mit Kindern ansehen sollte. Dass man deren Begeisterung erlebt, sich zu eigen macht und darüber hinaus noch den für Pixar so typischen, sich der kindlichen Rezeption oftmals verschließenden feinsinnigen, subtilen Humor und die so vielfältigen Anspielungen genießen kann. Vielleicht muss man der Typ dafür sein. Jedenfalls hält der Film ein ungeheures Unterhaltungspotenzial für das breite Publikum bereit. Mit vielfältigen und virtuosen Anleihen bei anderen Genres – sei es Musical, Slapstick-Comedy, Drama, Liebesfilm oder Coming-of-Age Film – gelingt es Regisseur Brad Bird und seinen liebenswerten Charakteren, doch eher abgedroschene emotionale Keulen-Themen wie Familie, Freundschaft und den Glauben an sich selbst sympathisch zu reinszenieren.
Bird, bekannt geworden durch seinen Vorgängerfilm The Incredibles – Die Unglaublichen will seinen Film als Adaption klassischer, physischer Comedy à la Buster Keaton verstanden wissen, die bekanntlich eine poetische Tiefe besitzt, die weit über Unterhaltung hinausgeht. Es ist der französierte, durch eine ironisch-romantisierende Pariskulisse untermalte American Dream: Jeder kann es schaffen, jeder kann seine Träume erfüllen. Und doch ist diese so ideologisch problematische, politisch besänftigende Message irgendwie reflektierend verpackt. Es geht Bird mehr um Selbstverwirklichung als um das große Heldentum. Es geht ihm nicht einfach um Ehrgeiz und Talent, sondern vor allem um Freundschaft, Vertrauen und Verantwortung, um die Voraussetzungen für gelebte Träume. Darüber hinaus ist der Film natürlich für das Animationsgenre pixar-typisch hoch innovativ. Die Animationen wurden erneut perfektioniert. Wasser, Fell, Bewegungen wirken so realistisch wie nie zuvor. Der Film strotzt vor originellen, trotzdem stets stimmigen Einstellungen und besonders die Actionszenen beeindrucken durch rasante Kamerafahrten und mitreißenden Schnitt. Ratatouille gelingt darüber hinaus eine wunderbare Mischung aus realistischer Animation der Charaktere (Textur, Motorik) und einer zugleich auf die Spitze getriebenen trickfilmtypischen Vermenschlichung der Tiere (Mimik, Gestik etc.) und Stilisierung der menschlichen Charaktere. Allein für die Figur von Remy wurden 160 individuelle Mimiken kreiert. Und was die urkomischen Charaktere angeht, so sind vor allem die beiden „Bösewichter“, der fiese Küchenchef Skinner sowie der sadistisch-deprimierte Restaurantkritiker Ego, zu erwähnen.
Der Film überrascht zudem durch eine Fülle feinsinnig-witziger Dialoge (besonders zwischen Remy und seinem Alter Ego Gusteau) und die ausgesprochen sinnliche Einbettung der Geschichte in die Magie der Kochkunst. Seien es die detailreichen Leckereien im Restaurant, die minutiösen Studien der Zubereitung von Gerichten oder die bisher ungesehenen Darstellungen von Remys synästhetischen Wahrnehmungen beim Kosten und Komponieren von diesem und jenem Geschmack. Für Freundinnen und Freunde des Kochens ein großer Genuss.Einmal davon abgesehen, dass alle, die Ratatouille gesehen und die pathetische Ansprache des griesgrämigen und doch weitsichtigen Ego gehört haben, verstehen werden, wenn der Film von Kritikerinnen und Kritikern nicht unbefangen besprochen werden kann – da ist schon ein schönes Stück Kino entstanden. Der zweite Pixar-Spielfilm von Regisseur Brad Bird beeindruckt filmtechnisch, hat mehr kulturelle Tiefe als Findet Nemo und ist um vieles poetischer als Die Unglaublichen. Und auch wenn die Zutaten zu diesem Familien-Menü mehr oder weniger klassisch sind, man hat doch irgendwie den Eindruck, Neues zu sehen. Alles in allem ist Ratatouille definitiver Oscar-Kandidat, was in diesem Falle viel über den Film aussagt. Die Euphorie sei an dieser Stelle verziehen. Es ist Zeit, erwachsen zu werden.
Kai Hanke: Ein Traum von Widerstand
Nachdem Zentropa Productions mit Filmen wie Italienisch für Anfänger oder Dancer in the Dark tadellose Erfolge feiern konnte, hat auch der Kinder- und Jugendfilm Der Traum zahlreiche nationale und internationale Preise gewonnen (vgl. 2/2006). Seit Ende Mai ist er endlich auch in deutschen Kinos zu sehen. Ein Lichtblick für Eltern und Erziehende auf der Suche nach sinnvollem Kinoprogramm. Denn von Regisseur Niels Aarden Oplev ursprünglich als Film für Erwachsene über Kinder gedacht, hat der anspruchsvolle Film vor allem bei Jugendjurys und dem jungen Publikum große Begeisterung geweckt. Sommer 1968. Dänemark. Eine kleine, gemütliche Gemeinde im ländlichen Raum. Die Geschichte des 13-jährigen Frits (Janus Dissing Rathke) beginnt mit schicksalhaften Entwicklungen. Frits’ Vater wird in den Sommerferien unvermutet wegen einer psychischen Störung ins Krankenhaus eingeliefert. Während Frits um seinen Vater bangt, verbringt er Stunden vor dem neu angeschafften Fernseher und verfolgt fasziniert die politischen Entwicklungen in der Welt, die Friedensbewegung der sechziger Jahre und die Reden von Martin Luther King. Nach den Ferien beginnt für ihn jedoch eine noch schwerere Zeit an seiner neuen Schule. Dort waltet der nicht nur reaktionäre, sondern auch autoritäre und körperlich züchtigende Direktor der Schule Lindum Svendsen (Bent Mejding).
Seine kompromisslose Art fürchten in dem bra-ven Dorf Schüler wie Lehrpersonal. Nach einer unglücklichen Dummheit wird Frits von Svendsen brutal bestraft und schwerverletzt nach Hause gebracht. Mutig und getragen von den Freiheits- und Gerechtigkeitsidealen Martin Luther Kings nimmt Frits den Kampf gegen den bösartigen Direktor auf. Seine rebellische Haltung findet dabei nicht nur bei seinen Eltern, sondern auch dem progressiven Lehrer Freddi Svale (Anders W. Berthelsen ) Unterstützung. Gemeinsam – und gegen alle Widerstände des Direktors selbst, aber auch seitens der autoritätshörigen Belegschaft der Schule – versuchen sie Svendsen seines Amtes zu entheben. Anfangs sind es noch die wenigen Erwachsenen, die Frits’ Rebellion ermutigen. Am Ende des Films jedoch ist er der einzige, der für seine Rechte einzustehen vermag – und auch das Schicksal hat wieder seine Hand im Spiel.Regisseur Oplev, der auch das Drehbuch verfasst hat, ist mit Der Traum ein vielschichtiger, dichter Film gelungen, dessen Dimensionen sich dem Publikum je nach Alter wohl in unterschiedlichem Ausmaß erschließen. Die älteren mögen die durchaus abstrakten, politischen Hintergründe des Filmes, den Widerstreit zwischen Progression und Konservativismus in den 60er Jahren im Vordergrund sehen. Den jüngeren eröffnen sich diese Konflikte zwischen Autorität und Emanzipation hingegen sehr konkret.
Denn für Frits geht es vor allem darum, er selbst zu bleiben, seine Wünsche und Träume durchzusetzen, zu leben. All das sind Schwierigkeiten, mit denen sich Kinder und Jugendliche auch jenseits politischer Ideologien der Erwachsenenwelt identifizieren können. Der Film besticht dabei nicht nur durch eine für Kinderfilme ungewöhnlich anspruchsvolle Kamera (Lars Vestergaard) und ein detailverliebtes Szenen- und Kostümbild (Søren Skjaer/Manon Rasmussen). Er vermag auch eine gerade für die kindliche Rezeption wichtige Ausgewogenheit zwischen dramaturgischer Spannung und Entspannung aufrechtzuerhalten. Schließlich überzeugt der Film durch die beeindruckende Leistung vor allem der jungen Darstellerinnen und Darsteller – umso erstaunlicher als Janus Dissing Rathke als Frits hier sein Schauspiel-Debüt gab. Unabhängig von der insgesamt und besonders für Kinder empfehlenswerten Qualität des Films – manches hinterlässt beim kritikwilligen Publikum einen faden Beigeschmack: Zunächst ist der Film, sein Set, die Anlage der Rollen allzu klischeeverhaftet und vereinfachend (vor allem im Fall des Schuldirektors und des neuen Lehrers Svale). Einseitige, undifferenzierte Charaktere mögen einen Einstieg in den Film erleichtern, über die Dauer des Films verlieren sie jedoch ihre Glaubwürdigkeit.
Einen weiteren, ärgerlichen Punkt stellt der versteckte Patriotismus dar, der sich auch durch so manch andere dänische Produktion der letzten Jahre gezogen hat (bspw. Flickering Lights). Und dies durchaus nicht immer mit ironischer oder andersartiger Distanz. Spätestens, wenn Vater und Sohn im Glück der Vater-Sohn-Beziehung strahlend gemeinsam die dänische Flagge hissen, stellt sich die Frage, was das bitteschön mit dem Film zu tun hat! Eine Antwort gefährdet in gewisser Hinsicht die Lust am Weitersehen.Alles in allem: Der Traum ist ein intensives Filmerlebnis für alle Altersgruppen. Eine spannende Story, gespickt mit einer zarten Liebesgeschichte, originellen Einfällen und Nebenhandlungen, insgesamt konsequent, mitreißend und in wunderschönen Bildern erzählt. Obwohl der Film auf einer wahren Begebenheit beruht, verliert er sich allerdings oftmals im Klischee und verspielt seine inspirierende Kraft durch unnötige Vereinfachungen von Charakteren und Situationen (zugegeben – ein allzu erwachsener Kritikpunkt).
Wie auch immer, der Traum bleibt irgendwie ein Traum. Wägt man allerdings Stärken und Schwächen des Films ab, so ist der Film letztlich ein sehenswerter Familienfilm, der Jung und Alt zu erreichen und zu berühren vermag. Und wer weiß, vielleicht inspiriert er ja doch – auch oder gerade wegen seiner romantisierenden Art – die eine oder den anderen, ein wenig von Frits’ Freiheitswillen aus dem Kino in das eigene Leben zu holen. Drømmen | Der TraumDänemark, Großbritannien 2005, 105 minRegie: Niels Arden OplevDarsteller: Janus Dissing Rathke, Anders Berthelsen, Bent Mejding, Sarah Juel WernerZentropa ProductionsFSK 6
Kai Hanke/Sophie Pohle/Daniela Tews: Medienerziehung in der Familie Anregungen aus kinderrechtlicher Sicht
Grundlegend für eine kinderrechtlich orientierte Medienerziehung ist eine erzieherische Grundhaltung, die sich am Kind selbst orientiert und versucht, Bedürfnisse des Kindes beim erzieherischen Handeln in den Mittelpunkt zu stellen. Um den vielfältigen Bedarfen von Erziehenden in diesem Kontext zu begegnen, ist die Bereitstellung eines breiten Spektrums an Ressourcen erforderlich. Besonderes Unterstützungspotenzial bietet hier die Arbeit pädagogischer Fachkräfte.
Literatur
Eggert, Susanne/Schwinge, Christiane/Wagner, Ulrike (2013). Muster medienerzieherischen Handelns. In: Wagner, Ulrike/Gebel, Christa/Lampert, Claudia (Hrsg.), Zwischen Anspruch und Alltagsbewältigung: Medienerziehung in der Familie - Kurzfassung der Ergebnisse. Berlin: Vistas. www.medienanstalt-nrw.de/fileadmin/lfm-nrw/Forschung/Kurzfassung_Studie_72.pdf [Zugriff: 15.01.2021]
Hanke, Kai/Tews, Daniela (2019). Medienerziehung in der Familie – eine Annäherung aus kinderrechtlicher Perspektive. In: Forum Jugendhilfe, 2019 (1), S. 18–22.
Kutscher, Nadia/Bouillon, Ramona (2018). Kinder. Bilder. Rechte. Persönlichkeitsrechte von Kindern im Kontext der digitalen Mediennutzung in der Familie. Schriftenreihe des Deutschen Kinderhilfswerkes e. V. www.dkhw.de/fileadmin/Redaktion/1_Unsere_Arbeit/1_Schwerpunkte/6_Medienkompetenz/6.13._Studie_Kinder_Bilder_Rechte/DKHW_Schriftenreihe_4_Kinder-BilderRechte.pdf [Zugriff: 15.01.2021]
Lange, Andreas/Sander, Ekkehard (2010). Mediensozialisation in der Familie. In: Vollbrecht, Ralf/Wegener, Claudia (Hrsg.), Handbuch Mediensozialisation. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 180–191.
Maywald, Jörg (2007). Kinderrechte als Leitbild in der Arbeit mit Kindern. www.vbbrb.ch/files/files_vbbrb/newsarchiv/MMI_Referat_Maywald_2007.pdf [Zugriff: 15.01.2021]