Sebastian Hirschbeck
Beiträge in merz
Sebastian Hirschbeck/Dominik Joachim: Gamescom digital. Innovativ mit Startschwierigkeiten
„Hello and welcome to the Gamescom Opening Night Live 2020 Preshow“, so wurden am 27. August gegen 17:30 Uhr die Besucher*innen zur Eröffnung der Gamescom begrüßt. Anders als die letzten Jahre nicht auf dem Messegelände in Köln, sondern zuhause vor ihren Computern.
Denn wie viele andere Veranstaltungen im Jahr 2020 konnte die Gamescom nicht als Präsenzveranstaltung realisiert werden. Statt sich also zusammen mit etwa 300.000 Besucher*innen durch die Messehallen zu drängen und die neuesten Spiele auszuprobieren, saß man vor einem eigenen Endgerät und hörte sich an, was die Entwickler*innen dieses Jahr zu präsentieren hatten.
Spieleankündigungen
Im Bereich der AAA-Titel wurden den Zuschauer*innen dieses Jahr nur wenige Neuerscheinungen präsentiert. Dafür warteten die Entwickler*innen mit einer Vielzahl an Fortsetzungen bereits bekannter Spielereihen auf.
So wurde der erste Next-Gen-Konsolentitel für die kommende Playstation 5 mit Ratchet & Clank: Rift Apart angekündigt und die ersten Einblicke in das Spiel selbst gezeigt. Die Spielereihe unter dem Publisher Sony Computer Entertainment ist seit dem ersten Titel aus dem Jahre 2002 ein Kaufargument für die hauseigene Spielekonsole Playstation. Das klassische ‚Jump and Run‘-Abenteuer beschränkt sich diesmal nicht auf eine Welt. Spieler*innen kämpfen sich nun durch eine abwechslungsreiche Umgebung und nutzen erstmals Portale, um die Regeln von Zeit und Raum zu ihren Gunsten zu brechen.
Auch Activision Blizzard machte mit der Ankündigung der neuesten Erweiterung für das Gamescom MMORPG World of Warcraft deutlich, dass dieses Spielgenre seit 16 Jahren nach wie vor Millionen Fans begeistern kann. Für die kommende Erweiterung World of Warcraft: Shadowlands wurde das Erscheinungsdatum angekündigt, auf welches Spieler*innen bereits seit Monaten warten. Am 27. Oktober 2020 dürfen sich dann alle Spieler*innen in das Reich des Todes wagen.
Von der legendären Spieleschmiede Gearbox Software, welche Titel wie Half-Life, die Borderlands-Reihe oder auch Duke Nukem entwickelte, gab es Einblicke in den neu angekündigten Titel Godfall, welcher Ende 2020 für Windows PCs und Playstation 5 erscheinen wird. Godfall ist ein ‚action role-playing game‘ in einem Fantasy-Setting. Die Spieler*innen bekämpfen mit einem dynamischen Kampfsystem ihre Gegner*innen, um die Welt vor dem Untergang zu retten.
Zudem wurden zahlreiche Spiele angekündigt, welche aktiv auf Virtual Reality ausgerichtet sind. Dabei sind erstmals auch Fortsetzungen bekannter Spielereihen zu finden, wie der Flight Simulator von Microsoft, bei dem die Spielenden in die Rolle von Pilot*innen schlüpfen, um unter realistischen Bedingungen alle nur erdenklichen Arten von Flugobjekten zu steuern. Neu dabei ist, dass sämtliche Bedienelemente den Spielenden nicht mehr nur per Knopfdruck, sondern nun auch visuell zur Verfügung stehen.
Ein weiterer Virtual-Reality-Titel wurde mit Medal of Honor: Above and Beyond angekündigt, bei dem Spieler*innen die Rolle eines Soldaten im Zweiten Weltkrieg übernehmen. Durch die aktive Ausrichtung auf Virtual Reality werden die gezeigten Szenarien noch dramatischer und realistischer als man es von dem Urgestein des Shooter-Genres (Ersterscheinung: Medal of Honor 1999) ohnehin gewohnt ist.
Gamescom – alles digital
Anstelle einer Erkundungstour durch die Hallen, bei der sich die Besucher*innen genau aussuchen können, was sie sehen möchten, wurden sie dieses Mal von einer freundlichen und lustigen Moderator*innen-Crew durch das Programm geführt. Es entstand weniger der Charakter eines Städtetrips in eine Spielestadt, als vielmehr der einer Rundtour durch eben jene.
Dies hatte viele Vorteile. Die schiere Masse an Ständen auf der Gamescom führt fast immer dazu, dass Dinge übersehen und nicht entsprechend gewürdigt werden. Zudem sind die Laufwege durch die rund 200.000 Quadratmeter großen Hallen entsprechend lang, und man ‚verliert‘ viel Zeit dabei, sich von einer Halle in die nächste durch die Menschenmassen zu quetschen.
Allerdings büßt diese Art der Veranstaltung den Reiz des selbst Entdeckens ein. Zwar wurden die großen Ankündigungen so häufig wiederholt, dass es nahezu unmöglich war, sie zu verpassen, gerade im Bereich der Indie-Games wurde aber nur ein Ausschnitt der Szene gezeigt. Zudem konnten sämtliche Spiele nur anhand von Trailern oder kurzen Spielausschnitten vorgestellt werden, das ‚Vorab-Testen‘ entfiel gänzlich.
Zusätzlich hatten die Livestreams häufig Verbindungsprobleme, wodurch es schwierig war, dem Programm zu folgen. Die Internetverbindung der Veranstalter war nicht auf die Massen an Zuschauenden ausgelegt (zum Beispiel ca. 2 Millionen Zuschauer*innen für die Eröffnungs-Show ‚Opening Night Live‘; Quelle: gamescom.de), was immer wieder zu technischen Problemen führte. Das Konzept der Livestreams war dabei nicht auf einen Kanal beschränkt. Neben dem Hauptkanal gab es zusätzlich themenbasierte Kanäle, zum Beispiel für Cosplay oder Retro-Games.
Insgesamt wurden aber nicht nur die neusten Games und Erweiterungen angekündigt. Wie bereits in den Jahren davor gab es Gespräche mit den jeweiligen Entwickler*innen rund um ihre Games, von der Entwicklung bis hin zu Hintergründen und Erzählungen zur Entstehung. Begleitet wurden diese von Talks zu verschiedensten Themen aus dem Gaming-Bereich, wie zum Beispiel der Talk über ‚toxisches Gaming‘, welcher neben einer Streamerin, die direkten Kontakt mit einer jungen Zielgruppe hat, auch mit einem Cyber-Kriminologen geführt wurde.Insgesamt war der Gamescom-Besuch dieses Jahr ungewohnt, doch obwohl der direkte Kontakt zu anderen Besucher*innen fehlte, mangelte es durch den aktiven Livestream-Chat nicht an Interaktion. Die Probleme, welche durch die Umstellung auf ein Digitalkonzept entstanden sind, erübrigten sich innerhalb der Gamescom weitestgehend wieder.