Thomas Jacob
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Thomas Jacob: The Sky is the Limit
Den Begriff „Simulationen“ in Bezug auf Computerspiele zu definieren, ist schwer bis unmöglich. Denn prinzipiell simuliert jedes Spiel eine virtuelle Realität mit eigenen Gesetzen. Auch die simple Welt von Super Mario folgt bestimmten Regeln – wer in ein Loch fällt, ist tot, Monstern springt man am besten auf den Kopf. Als Genrebezeichnung hat sich „Simulation“ aber vor allem für zwei Bereiche etabliert: Auf der einen Seite Handelssimulationen wie Der Industriegigant oder Transport Tycoon. Hier werden Wirtschaftskreisläufe simuliert, in die der Spieler eingreifen kann - Fabriken errichten, Verkehrsnetze aufbauen, Waren kaufen und verkaufen. Alles dient einem Ziel: Möglichst viel Gewinn zu machen. Zweitens, und darum soll es hier gehen, Simulationen, die den Benutzer als Pilot in verschiedenste Vehikel versetzen. Simuliert wird fast alles, was fliegt, schwimmt und fährt: Hubschrauber, U-Boote, Panzer und vor allem Flugzeuge.Realistische Simulationen sind wie kein anderes Spielegenre auf den PC als Plattform festgelegt; auf Spielkonsolen dagegen sind sie praktisch nicht existent. Für diese Tatsache gibt es vor allem zwei Gründe: Erstens ist eine Tastatur unabdingbar, um die Vielzahl von Funktionen einer Simulation zu steuern. Eine adäquate Umsetzung auf Konsolen-Gamepads mit ihren maximal zehn Knöpfen ist schlichtweg unmöglich. Zweitens ist die Zielgruppe für diese Art von Spielen deutlich älter als der durchschnittliche Konsolenbesitzer. Simulationsfreunde sind zum größten Teil über 25 Jahre und fast ausschließlich männlich. Jüngere Spieler sind eher actionorientiert und scheuen die langen Lernphasen der meisten Simulationen.
Der Primus - Falcon 4.0
Der König unter den realistischen Flugsimulationen, Falcon 4.0, erschien bereits 1998. Sechs Jahre sind in der Computerspielebranche eine kleine Ewigkeit. Falcon 4.0 aber ist für seine zahlreichen treuen Anhänger bis heute das Nonplusultra im Simulationsbereich. Grund ist die unerreichte Realitätsnähe des Programms.Das erste Falcon-Spiel erschien bereits 1987, damals noch mit primitiver Grafik und piepsigem Sound. Mit jedem Nachfolger aber wurde das Spiel realistischer, bis mit Falcon 4.0 der vorläufige Höhepunkt erreicht wurde.
Das Programm – die Bezeichnung „Spiel“ ist eigentlich eine Untertreibung – wird mit einem kiloschweren, über 600(!)-seitigen Handbuch geliefert, das damit umfangreicher als viele Romane ist. Dazu kommen noch Einstiegshilfen, Referenzkarten und eine detaillierte Landkarte von Korea, dem Schauplatz des Spiels. So viel Begleitmaterial ist auch nötig, um der Komplexität des Programms gerecht zu werden. Weit über 100 Tastaturbefehle wollen gelernt sein – vom Ausfahren des Fahrwerkes über die Schubregelung bis zur Instrumentenbeleuchtung. Alle Aspekte des modernen Luftkampfes sind in Falcon 4.0 modelliert: Funkkommunikation mit der Einsatzleitung, dem Flugplatz und den Copiloten; Auftanken in der Luft an einem Tankflugzeug; die verschiedenen Radarsysteme. Alleine um eine Landung im höchsten Realitätsgrad korrekt durchzuführen, benötigt man mindestens einige Tage Einarbeitung. Doch nicht nur das Cockpit und die Bedienung des eigenen Flugzeuges werden detailgetreu bis zum letzten Schalter nachgestellt – auch das physikalisch korrekte Flugverhalten, die Künstliche Intelligenz der Gegner und das gesamte Kriegsgeschehen um den Spieler herum werden simuliert. Bis man das Programm in allen Nuancen beherrscht, vergehen Wochen bis Monate.
Dass ein so umfangreiches und anspruchsvolles Programm nicht den Massenmarkt erobert, liegt auf der Hand. Um Gelegenheitsspieler nicht völlig zu verschrecken, kann die Realitätstreue von Falcon zwar heruntergeregelt werden. Unverwundbarkeit, simples Flugverhalten und anfängerhafte Gegner machen Erfolge leichter. Ein echtes Actionspiel wird aus Falcon damit aber nicht, die Zielgruppe sind eindeutig hartgesottene Simulationsfreaks.Die Falcon-Fangemeinde im Internet ist auch heute noch groß und sehr aktiv. Regelmäßig erscheinen neue, von Fans entwickelte Updates, die das Spiel noch realitätsnaher machen sowie Grafik und Sound verbessern. Mittlerweile ist fast jede Taste auf dem Keyboard dreifach belegt, neue Handbücher zum Herunterladen mit weiteren hunderten Seiten beschreiben die hinzugekommenen Features. Falcon 4.0 simuliert die amerikanische F16. Von den modernen Flugzeugen ist bis heute nahezu jedes Modell mit einem eigenen Computerspiel bedacht worden, vom Eurofighter über die russische Mig-29 bis zum Tarnkappenflugzeug F-117. Auch historische Flugsimulationen finden ihre Käufer. Ein Klassiker ist zum Beispiel Red Baron, in dem man die klapprigen Doppeldecker des Ersten Weltkrieges steuert – bei zu hoher Geschwindigkeit brechen da auch schon mal die Flügel ab. Die ebenfalls sehr erfolgreichen Nachfolger Aces of the Pacific und Aces over Europe simulieren Maschinen des Zweiten Weltkrieges. Diese Spiele erschienen bereits Anfang der 90er Jahre und gehören damit selbst schon wieder zur Historie der Computerspiele. Ein Vertreter neueren Datums ist IL2-Sturmovik, das den Luftkrieg der Russen gegen die Deutschen im Zweiten Weltkrieg als Hintergrund hat.Gefährliche Spiele?
Fast alle Simulationen beschäftigen sich mit Kampfmaschinen. Die einzige wirklich erfolgreiche Ausnahme ist die Flight Simulator-Reihe von Microsoft, die sich ausschließlich auf die zivile Luftfahrt beschränkt. Die Erklärung ist einfach: Sei die Grafik noch so schön und die Simulation ansonsten perfekt - ohne Gegner langweilen sich die meisten Computerspieler schnell.Kurz nach den Anschlägen des 11. September 2001 kam der Flight Simulator in die Schlagzeilen. Es hieß, die Attentäter hätten mit dieser Software den Anflug auf das World Trade Center trainiert. Ein haltloser Vorwurf, denn bei aller Realitätstreue: Um einen echten Jumbojet steuern zu können, bedarf es mehr als der Übung an einem PC-Spiel. Die Flugzeugentführer hatten Pilotenausbildungen.Nicht so leicht zu beantworten ist dagegen die Frage, ob die militärischen Simulationen Krieg verharmlosen oder verherrlichen. Ist es noch ein Freizeitspaß, virtuell Raketen abzufeuern und Bomben abzuwerfen? Hinzu kommt, dass die Folgen und die Opfer eines Krieges in kaum einem Spiel erwähnt werden. Nähren militärische Simulationen also die Illusion des „sauberen Krieges“? Vermutet werden darf, dass für die meisten Spieler der Reiz einer Simulation eher darin liegt, eine komplexe Maschine zu beherrschen. Viele kleine Jungs träumen davon, eines Tages Pilot zu werden. In Simulationen können Männer diesen Traum am Computer ausleben – und sich noch dazu im Wettkampf mit Gegnern beweisen. Ob und inwiefern die Spiele kriegsverherrlichend wirken, ist dagegen – wie auch die Frage, ob Shooterspiele Gewalt fördern – umstritten.
(merz 2004-04, S. 81-82)
Thomas Jacob: Zivilisiertes Spielen
Civilization IV ist der neueste Teil einer der langlebigsten Spielereihen überhaupt. Der erste Teil erschien bereits 1991 und war damals eine kleine Sensation in der Computerspielewelt. Ein dermaßen komplexes, fesselndes und dabei einsteigerfreundliches Strategiespiel hatte es vorher nicht gegeben. Civilization begründete ein neues Genre, die „Globalstrategie“, und der Erfinder Sid Meier stieg zu einem der wenigen Superstars unter den Spieledesignern auf. Sein Name gilt unter Spielern bis heute als Qualitätssiegel, der offizielle Titel des vierten Teiles lautet denn auch Sid Meier’s Civilization IV.
Die grundlegenden Spielmechanismen haben sich seit dem ersten Teil kaum verändert: Civilization bedeutet eine bunte Mischung aus Aufbau, Wirtschaft, Forschung, Diplomatie und Kampf. Der Spieler übernimmt die Führung eines kleinen Volkes in der Steinzeit. Die Aufgabe lautet, dieses Volk durch die Geschichte bis in die Gegenwart zu führen. Dafür muss der Spieler mit seinen Einheiten die Weltkarte erforschen, Städte gründen, neue Technologien erfinden und mit anderen Völkern in Kontakt treten. Das Spiel läuft rundenweise ab, so dass jede Entscheidung reiflich überlegt werden kann. Und Entscheidungen gibt es viele zu treffen: Lieber in die Wissenschaft oder die Rüstung investieren? Was soll als nächstes erforscht werden? Und wie verhält man sich gegenüber den anderen Völkern, die ebenfalls die Welt besiedeln wollen? Soll man sich mit ihnen verbünden, um Güter und Technologien auszutauschen, oder sie lieber militärisch in die Schranken weisen?Die Interaktion mit den anderen Völkern ist einer der wichtigsten Faktoren im Spiel. Die künstliche Intelligenz der computergesteuerten Völker hat sich im Vergleich zu älteren Civilization-Teilen stark verbessert. Jeder Herrscher verfolgt eine ganz eigene Philosophie: Gandhi beispielsweise ist friedliebend und ein recht verlässlicher Partner. Wer dagegen Montezuma mit seinen Azteken oder die Mongolen unter Dschingis Khan zum Nachbarn hat, sollte stets mit einem Angriff rechnen. Noch unberechenbarer sind menschliche Gegner, gegen die man über ein Netzwerk oder das Internet antreten kann.Was die Civilization-Spiele seit dem ersten Teil legendär macht, ist die enorme Langzeitmotivation. Es gibt immer etwas zu erforschen, zu bauen, zu erobern. Dazu kommt, dass jedes Spiel anders verläuft, denn die Weltkarte und die Startpositionen können bei jeder Partie zufällig erstellt werden. Auch Civilization IV löst wieder das „Nur-noch-eine-Runde-Syndrom“ aus, das für durchwachte Nächte vor dem Bildschirm sorgt.
Thomas Jacob: Zug um Zug
Rundenbasierte Strategiespiele zählen zu den intellektuell anspruchsvollsten Computerspielen. Wie bei ihrem Urahn, dem Schachspiel, kommt es hier nicht auf flinke Finger und gute Reflexe an, sondern nur logisches Denken und planvolles Handeln führen zum Sieg. Der Urahn: Schach
Prinzipiell ist jedes Rundenstrategiespiel am Computer ein Urenkel des altehrwürdigen Schachs. Um nur einige Gemeinsamkeiten aufzuzählen: Die Mitspieler sind abwechselnd an der Reihe. Jeder hat eine Anzahl verschiedener Spielfiguren mit unterschiedlichen Fähigkeiten zur Verfügung. Wer an der Reihe ist, kann in aller Ruhe seine Züge planen. Das Spiel folgt einem komplexen Regelwerk. Ziel ist es, sich durch geschicktes Taktieren und Ausnutzen der Spielregeln Vorteile zu verschaffen, und den Gegner schließlich zu besiegen. Diese Merkmale haben alle Rundenstrategiespiele gemeinsam, so unterschiedlich sie auch in Aussehen und Thematik sein mögen. Und da gibt es eine riesige Bandbreite, denn in fast dreißig Jahren Computerspielegeschichte gibt es kein Szenario mehr, das nicht bereits als Hintergrund für ein Strategiespiel herhalten musste. Von Panzerschlachten über Kreuzzüge bis zu bunten Fantasywelten ist für jeden Geschmack etwas dabei. Im Mittelpunkt steht dabei naturgemäß immer die kriegerische Auseinandersetzung: Auch Schach ist ja im Grunde nichts anderes als die abstrakte Umsetzung einer Schlacht zwischen zwei Heeren.
Die Väter: Tabletops
Noch näher als mit Schach sind Computer-Rundenstrategiespiele aber mit den so genannten Tabletop-Spielen verwandt. Hierbei werden riesige Schlachtszenarien mit Hunderten von kleinen Plastik- oder Zinnfiguren auf großen Landkarten nachgestellt, die auf dem Tisch (daher der Name) oder dem Fußboden aufgebaut werden. Die Fans solcher Spiele basteln in aufwendiger Kleinarbeit realitätsgetreue Kulissen und bemalen die kleinen Figuren liebevoll. Tabletops sind allerdings ein recht teures und aufwändiges Hobby. Ohne viel Zeit, Geld und Platz zum Aufbauen des Spiels kommt kaum Freude auf. Aus diesem Grund sind Tabletops immer Nischenprodukte für eine relativ kleine Zielgruppe von Fans geblieben.Genau an diesem Punkt knüpft der Computer an. Er übernimmt praktisch all die mühselige Arbeit eines Tabletop-Spiels: Das Erstellen eines Szenarios, das Aufbauen der Figuren, das komplexe Berechnen der Kampfergebnisse. Zudem ist der Rechner ein allzeit bereiter Gegner für ein Spiel. Viele Rundenstrategiespiele der ersten Generation waren dementsprechend entweder direkte Umsetzungen von Tabletops oder zumindest stark daran angelehnt. Die Designer konnten auf erprobte und beliebte Szenarien und Regelwerke zurückgreifen, die Spieler konnten sich ganz auf das Spiel selbst konzentrieren. Das war auch bitter nötig, denn viele Programme waren wahrhaft ultrakomplex. Der Spieler musste unzählige Einheiten befehligen, die meist als kryptische Symbole dargestellt wurden. Dazu kamen die erwähnten vielschichtigen Regelwerke – ohne das Studium der dicken Handbücher ging nichts.Höhenflug und NiedergangDoch schon bald versuchten Designer, Spiele zu entwerfen, die auf die Möglichkeiten des Computers zugeschnitten waren. Das Ergebnis dieser Experimente waren Spiele, die nicht mehr viel mit Tabletops gemein hatten, und die in dieser Form nur auf dem Computer möglich waren. Seinen Höhepunkt erreichte das Rundenstrategiegenre Mitte der neunziger Jahre mit erfolgreichen Spielereihen wie Civilization, X-Com und Jagged Alliance. Diese Spiele funktionieren auf mehreren Ebenen: In X-Com beispielsweise muss der Spieler Stützpunkte rund um den Globus aufbauen, neue Technologien erforschen, Soldaten und Wissenschaftler rekrutieren, Alienraumschiffe abfangen und im Anschluss deren Besatzung bekämpfen. Erforderlich sind also sowohl langfristige strategische Planung auf globaler Ebene als auch geschicktes Taktieren in den spannenden Rundenkämpfen gegen die Aliens. Rundenstrategie gehört damit zu den anspruchsvollsten Computerspielegenres. Dementsprechend ist die Zielgruppe solcher Spiele auch deutlich älter als bei actionbetonten Genres.Rundenstrategie gehörte lange Zeit zu den beliebtesten Genres. Der sperrige Name „rundenbasierte Strategiespiele“ war bis Anfang der neunziger Jahre überflüssig, denn bis dahin waren einfach alle Strategiespiele rundenbasiert. Die langsame Rechengeschwindigkeit der Computer sowie die umständliche Tastatursteuerung der Spiele ließen gar nichts anderes zu. Erst mit verbesserten Grafiken und Mausunterstützung kamen auch Strategiespiele auf den Markt, die in Echtzeit abliefen. Spiele wie Command & Conquer, Warcraft oder Age of Empires eroberten die Charts im Sturm. Viele Spieler empfanden den hektischen Echtzeitablauf als realistischer und spannender als das gemütliche Rundenspiel. Heute gibt es nur noch wenige erfolgreiche Strategiespiele, die rundenbasiert ablaufen. Das Genre ist zur Nische geworden. Nur wenige Ausnahmen, allen voran die immer noch erfolgreiche Civilization-Reihe, bestätigen diese Regel.
(Rezension Civilization IV im nächsten Heft)
Thomas Jacob: GTA San Andreas
San Andreas ist der neueste Teil der GTA-Reihe, eine Serie von Computerspielen, die Maßstäbe setzt in Detailreichtum und Spielwitz – aber auch in der Gewaltdarstellung.Schauplatz des Spiels ist der fiktive US-Staat San Andreas in den frühen neunziger Jahren. Der Spieler übernimmt die Rolle von Carl, der in seine Heimatstadt zurückkehrt. Dort schickt er sich an, zum Anführer der mächtigsten Gang in San Andreas zu werden.Wie alle GTA-Spiele ist auch San Andreas eine Mischung aus Autorennen und Actionspiel.
Der Spieler kann sich in der riesigen Stadt völlig frei bewegen – entweder zu Fuß oder im Auto. Auf den Straßen herrscht ständig dichter Verkehr, und CJ kann jedes Auto anhalten, den Fahrer gewaltsam aus dem Wagen zerren und davonfahren. Wie man an diesem Fakt schon merkt, geht es in San Andreas nicht zimperlich zu. Derzeit ist San Andreas in den USA erneut ins Kreuzfeuer geraten. Grund ist aber nicht etwa die dargestellte Gewalt, sondern eine kleine, von Fans programmierte Modifikation. Damit können einige verborgene Sexszenen im Spiel freigeschaltet werden. Was hierzulande eher für Belustigung sorgt, ist in den USA ein Skandal.
Wahrscheinlich müssen die Entwickler nun zum ersten Mal ein Spiel der GTA-Reihe vom Markt nehmen - für eine sexfreie Version.
Thomas Jacob: Unendliche Weiten
Besonders World of Warcraft ist ein Phänomen. Über drei Millionen Menschen weltweit, da-runter knapp 300.000 Deutsche, sitzen bereits jetzt in ihrer Freizeit am Rechner und tauchen in die Fantasiewelt ab. Computerspiele über das Internet gemeinsam zu spielen, ist zwar keine neue Entwicklung. Bis vor kurzem führten sie aber in Deutschland wegen der hohen Verbindungsgebühren ein Schattendasein. Mit der flächendeckenden Verbreitung von DSL-Anschlüssen und billigen Flatrates sind Onlinespiele aber auch hierzulande massenkompatibel geworden. Zwei der erfolgreichsten und ausgereiftesten Vertreter sind World of Warcraft und OGame – obwohl sie unterschiedlicher kaum sein könnten.World of WarcraftWorld of Warcraft gehört zum Genre der MMORPGs (Massively Multiplayer Online Role-Playing Games). „Massively Multiplayer Online“ bedeutet, dass viele Tausend von SpielerInnen gleichzeitig über das Internet mit- und gegeneinander spielen. „Role Playing Game“ macht deutlich, dass jeder Spieler dabei in die Rolle eines erfundenen Charakters schlüpft. Mit der Erschaffung genau dieses eigenen Charakters beginnt dann auch die Laufbahn eines jeden World of Warcraft-Spielers. Die Wahl fällt zunächst schwer: Einen flinken Elfenzauberer, einen geschickten Zwergenpriester, oder doch lieber den tumben Haudrauf-Ork? Die Kombinationsmöglichkeiten sind zahllos.
Danach kann der Spieler am Äußeren seines Geschöpfes feilen und ihm schließlich einen Namen geben. Erst jetzt beginnt das eigentliche Spiel: Der Spieler steuert diesen Charakter mit Maus und Tastatur durch die riesige Welt von Azeroth. Dort warten jede Menge Aufgaben: Es gilt, neue Gebiete zu erforschen, böse Monster zu vertrimmen, Aufgaben zu erledigen und bei alledem ständig seine Ausrüstung und Fähigkeiten zu verbessern. Bis hierhin trifft die Beschreibung auch auf herkömmliche Computer-Rollenspiele zu. Das eigentlich Faszinierende an MMORPGs wie World of Warcraft ist aber die Interaktion mit den MitspielerInnen. Denn in Azeroth ist man nie alleine unterwegs, ständig trifft man die Charaktere anderer menschlicher MitspielerInnen. Diese kann man jederzeit ansprechen und sich über ein Chatsystem mit ihnen unterhalten. SpielerInnen können aber auch miteinander handeln, oder sich sogar zu Gruppen zusammenschließen, um schwere Aufgaben gemeinsam zu bestehen. Ein „Ende“ hat das Spiel nicht, wer möchte, kann mit seinem Charakter endlos weiterspielen – oder einfach einen neuen erstellen und von vorne beginnen.
Im Kern unterscheidet sich World of Warcraft damit nicht von den vielen Konkurrenten auf dem Onlinespielemarkt, wie beispielsweise Sonys Everquest. Das Blizzard-Spiel punktet aller-dings mit seiner Einsteigerfreundlichkeit, der wunderschönen Grafik und einem etablierten Namen. Denn das Warcraft-Universum ist den meisten Computerspielern durch die erfolgreiche Strategiespielserie gleichen Namens seit Jahren vertraut. So hat es World of Warcraft in nur wenigen Monaten geschafft, zum dem erfolgreichsten MMORPG zu werden. Um zu verdeutlichen, was für eine Goldgrube das Spiel für den Hersteller ist, genügt eine kurze Rechnung: Über drei Millionen Menschen haben das Spiel für etwa 40 bis 50 Euro gekauft. Und jeder dieser drei Millionen bezahlt monatlich zwischen 11 und 13 Euro Abogebühren, um mitspielen zu können.
Die angeblich 50 Millionen Dollar, die die Entwicklung des Spiels verschlungen hat, dürften sich somit schon lange rentiert haben. OGameWorld of Warcraft gehört zur Luxusklasse unter den Onlinespielen. OGame erscheint dagegen wie ein Billigangebot – zumindest auf den ersten Blick. Anstatt eines grafischen Feuerwerks gibt es hier nur nackte Texte und Tabellen, aus den Lautsprechern dringt kein Ton. Es gibt weder eine Story noch irgendeine Form von Action. Und trotzdem spielen mehr als eine Million Menschen weltweit OGame mit der gleichen Begeisterung wie die Warcraft-Fans ihr Spiel.Es sind vor allem zwei Eigenschaften, die für OGame sprechen: Es ist kostenlos, und zum Mitspielen genügt ein Computer mit Internetanschluss. Denn OGame gehört zu den so genannten Browserspielen. Das sind Spiele, die ganz einfach über den Internetbrowser wie den Internet Explorer oder Firefox gesteuert werden. Die Spieldaten selbst lagern zentral auf dem Server des Anbieters. Somit kann der Spieler nicht nur am heimischen Rechner an seinem Imperium weiterbasteln, sondern auch an der Uni, im Internetcafe oder – auch das soll es geben – am Arbeitsplatz.OGame ist kein Rollenspiel wie Warcraft, sondern ein Strategiespiel.
Das heißt, hier steuert man keinen einzelnen Charakter, sondern lenkt die Geschicke einer Zivilisation. Ziel ist es, ein möglichst großes Imperium im Weltall aufzubauen. Jeder neue Spieler startet mit einem einzigen Planeten als Basis. Mittels einiger Mausklicks sind schnell die ersten Metallminen, Kraftwerke und Raumschiffwerften gebaut. „Schnell“ ist dabei relativ, denn jeder Ausbau dauert einige Minuten bis Stunden. Im OGame-Universum tickt die Uhr immer weiter, 24 Stunden am Tag. Während bei World of Warcraft nichts passieren kann, solange der Spieler nicht eingeloggt ist, kann in OGame jederzeit das eigene Reich angegriffen werden. Wer in so einem Fall längere Zeit nicht online ist, um zu reagieren, der hat Pech.Solche Angriffe sind alles andere als selten. Denn mit einem mickrigen Planeten ist in OGame kein Blumentopf zu gewinnen. Expansion heißt das Zauberwort – mit Hilfe von bewaffneten Raumschiffen und auf Kosten der anderen Spieler. Nur mit Waffengewalt kommt man bei OGame weiter.
Trotzdem spielt auch hier die Interaktion mit den anderen Spielern eine große Rolle. Denn um sich gegen Angriffe zu schützen, schließen sich die meisten einer der zahlreichen „Allianzen“ an. Diese sprechen sich über Foren oder Chaträume ab und schmieden dabei gemeinsame Pläne – meist wiederum koordinierte Angriffe auf andere Allianzen.OGame ist wie erwähnt kostenlos und finanziert sich über Werbebanner, die auf den Seiten geschaltet sind. Offenbar ein lohnendes Geschäft, denn der Browserspiele-Markt boomt. Vom Fußballmanager bis zur Handelssimulation – für jeden Geschmack ist etwas dabei.
Thomas Jacob: Sechs Minuten für ein Spiel
Ballack dribbelt geschickt an seinem Gegenspieler vorbei, flankt genau auf Makaay, der nur wenige Meter vor dem Tor steht. Der Holländer zieht volley ab – Tor! Was wie die Liveübertragung eines Bundesliga-Spieles klingt, ist eine typische Szene aus dem neuen PC-Spiel FIFA 2005.FIFA 2005 ist die jüngste Ausgabe der äußerst erfolgreichen Fußballspielreihe von Electronic Arts. Das erste FIFA-Spiel erschien bereits 1994. Seitdem kommt Jahr für Jahr eine neue Version heraus, nicht nur für den PC, sondern auch für Spielekonsolen. Zu den Fußball-Großereignissen wie WM und EM kommen noch spezielle Ausgaben auf den Markt, so dass mittlerweile rund 15 Spiele der FIFA-Serie erschienen sind. GrafikprachtDie aktuelle Ausgabe unterscheidet sich dabei nur in Details von ihren unmittelbaren Vorgängern. Die Grafik wurde weiter verbessert und ist mittlerweile so realitätsgetreu, dass man bekannte Spieler problemlos an ihren Gesichtern erkennt. Auch die Bewegungen der Spieler sind geschmeidig und sehen verblüffend echt aus. Schon seit Jahren setzt die FIFA-Serie dabei auf eine Technik namens „Motion Capturing“. Dabei wird ein echter Fußballer mit Sensoren am ganzen Körper versehen, die seine Bewegungsdaten an einen Computer senden. Diese Daten übertragen die Programmierer dann auf die virtuellen 3D-Spieler, die sich somit genauso bewegen wie ihr lebendes Modell. So richtig genießen kann ein FIFA-Spieler die Details der Grafik aber nur in den Wiederholungen, die mit Nahaufnahmen und verschiedenen Kamerawinkeln protzen. Während eines Matches wird das Spielfeld in der Regel von relativ weit oben gezeigt. Zwar ist auch eine Vielzahl anderer Perspektiven wählbar, aber nur aus der Vogelperspektive behält man die nötige Übersicht.
Wählbar ist im Übrigen auch die Spiellänge, von einem kurzen Match über sechs Minuten bis hin zu den vollen 90 Minuten ist alles möglich.Steuertricks Zur Steuerung des Spiels kann entweder das Keyboard oder ein Gamepad verwendet werden. Mit den Jahren ist die Steuerung der FIFA-Serie immer komplexer geworden. Genügten beim allerersten Spiel noch zwei Aktionstasten – Passen und Schießen – so sind mittlerweile rund acht Knöpfe belegt. Damit können geübte Spieler wahre Kunststücke vollführen, vom Übersteiger über Fallrückzieher bis zur brutalen Blutgrätsche. Im Gegenzug ist ein ganzes Stück mehr Einarbeitungszeit nötig, bis man alle Nuancen der Steuerung beherrscht. Der Spieler übernimmt immer den Fußballer, der gerade dem Ball am nächsten ist. Den Rest der Mannschaft steuert der Computer. Die künstliche Intelligenz lässt die Mitspieler meist intelligent in Position laufen - immer abhängig von der Taktik, die vor dem Spiel eingestellt wurde.Kommentiert wird das Geschehen „live“ von den Fernsehmoderatoren Florian König und Rolf Bartels. Das ist am Anfang sehr amüsant und fördert die Atmosphäre – allerdings passen die Sprüche nicht immer zum Spiel und wiederholen sich recht schnell. Der Kommentator lässt sich aber zum Glück auch abschalten. TaktikFast selbstverständlich ist mittlerweile, dass neben den Nationalmannschaften auch die großen europäischen Fußballligen wie Italien, Spanien, England und Deutschland mit allen Vereinen und den Originalspielern vertreten sind. Dabei unterscheiden sich die Spieler in ihren Fähigkeiten wie Schnelligkeit und Schusskraft. Ein Ronaldo trifft auch in FIFA 2005 besser als ein Zweitligastürmer, und Olli Kahn hält fast jeden Ball. Mit einer starken Mannschaft ist es darum leichter, zu gewinnen.Im so genannten Karrieremodus übernimmt der Spieler zusätzlich noch die Rolle des Trainers.
Durch geschicktes Training und Spielertransfers gilt es nun, eine schlagkräftige Mannschaft zu formen und über fünfzehn Jahre möglichst viele Titel einzufahren. Wem die taktischen Möglichkeiten nicht reichen, der kann FIFA 2005 sogar mit dem PC-Spiel Fußballmanager 2005, ebenfalls von Electronic Arts, kombinieren. In einem Managerspiel übernimmt der Spieler die Rolle des Clubmanagers. Er kauft und verkauft Spieler, kümmert sich um Werbeverträge und Stadionausbau und legt Trainingsplan sowie Aufstellung und Taktik fest. Die Partien selbst werden dann vom Computer berechnet. Wer aber sowohl FIFA 2005 als auch den Fußballmanager 2005 installiert hat, kann die gemanagte Mannschaft dann im Match selbst steuern.Multiplayer Was für fast alle Computerspiele gilt, trifft auch auf FIFA 2005 zu: Am meisten Spaß macht eine Partie gegen einen menschlichen Gegenspieler, ob zu zweit an einem PC oder über das Netz. Im Internet gibt es richtige FIFA-Ligen mit Punktspielen, Tabellen und Meisterschaften. Auf anderen Fanseiten kann man sich Erweiterungen wie authentische Fangesänge, aktualisierte Trikots oder sogar einen Sportschau-Patch herunterladen, mit dem die Menüs des Spiels im Sportschau-Design erstrahlen. So kann sich jeder Spieler sein ganz persönliches FIFA 2005 zusammenbasteln, bis er sich – so zumindest die Rechnung von Electronic Arts – im nächsten Jahr FIFA 2006 kauft.
Thomas Jacob: Lasst die Spiele beginnen!
Zwei Striche und ein Punkt – aus mehr bestand die Grafik von Pong nicht. Der Spielautomat von 1972 gilt als Vater aller modernen Videospiele. Gleichzeitig begründete Pong nebenbei noch das Genre der Sportspiele. Denn so abstrakt das Spiel auch war – das Grundprinzip war dem (Tisch)Tennis entlehnt: Zwei Schläger spielen einen Ball hin und her, und wer den Ball am längsten im Spiel hält, macht einen Punkt.Seit 1972 hat sich im Reich der Videospiele einiges getan. Den Erben von Pong ist ihre Abstammung kaum noch anzusehen. Wer eine moderne Fußballsimulation sieht, muss genau hinschauen, um zu erkennen, dass da ein Videospiel und nicht die Sportschau über den Bildschirm flimmert.Bis zu diesen nahezu fotorealistischen Sportsimulationen von heute war es ein weiter Weg.
Ein früher Meilenstein war der Titel Summer Games auf dem legendären Heimcomputer Commodore C64. Es war das erste Sportspiel, das mehrere Disziplinen bot, wie Sprinten, Stabhochsprung und Schwimmen. Aus heutiger Sicht mutet Summer Games archaisch an, denn alle Wettkämpfe liefen auf das Gleiche hinaus: Sieger wurde, wer am schnellsten am Joystick rüttelte und auf die Feuertaste hämmerte. Die im Jahr 1984 revolutionäre Grafik machte das Spiel aber zu einem Riesenhit. Ähnlich erfolgreich war der Nachfolger Winter Games, der das Spielprinzip auf Wintersportarten übertrug.Wie Winter- und Summer Games simulierten fast alle frühen Sporttitel Einzelsportarten. Der Grund: Um Mannschaftssport einigermaßen realitätsnah am Computer zu simulieren, ist einiges an künstlicher Intelligenz nötig. Schließlich sollen sich sowohl die eigenen Mannschaftskollegen als auch die Gegenspieler realistisch verhalten und effektiv zusammenspielen. Erst ab den späten Achtzigern waren Heimcomputer und Spielekonsolen leistungsfähig genug für solche Ansprüche. Heute ist fehlende Rechenleistung kein Thema mehr. Im Gegenteil, Sportsimulationen gehören zu den Spielen, die die geringsten Anforderungen an die Hardware stellen. Und so gibt es kaum noch eine Sportart, die nicht am Computer nachgespielt werden kann. Zu jedem sportlichen Großereignis erscheint mittlerweile eine Softwareumsetzung mit offizieller Lizenz – seien es die Olympischen Spiele, Fußballweltmeisterschaften oder die Tour de France.Marktführer ist die Firma Electronic Arts mit ihren Spielereihen, die alle populären Sportarten abdecken.
FIFA (Fußball), NHL (Eishockey), NBA (Basketball) und PGA (Golf) sind nur die wichtigsten Vertreter. Von jeder Reihe erscheint alljährlich eine neue, leicht verbesserte Version, die zum Vollpreis verkauft wird. Die Änderungen werden dabei immer geringer, denn die Spiele sind vor allem grafisch kaum noch zu verbessern. Selbst die Mimik der virtuellen Spieler passt mittlerweile zu Situation: Bei Fouls verzerren sie das Gesicht, nach Toren jubeln sie. Die Präsentation insgesamt ist nahezu fernsehreif, inklusive Zeitlupenwiederholungen und Nahaufnahmen bei Spielunterbrechungen.Eine vor allem in Deutschland äußerst erfolgreiche Unterkategorie der Sportspiele sind Fußballmanager. Hier übernimmt der Spieler die Rolle des Trainers und Vereinsmanagers. Das heißt, er kauft und verkauft Sportler, legt die Taktik fest, baut das Stadion aus und kümmert sich um Sponsoren. Im Unterschied zu üblichen Sportspielen entscheidet also nicht das Geschick des Spielers „auf dem Platz“, sondern die richtige Strategie. Mittlerweile gibt es auch Spiele, die beides, den Manager- und den Actionpart, vereinen.Sportspiele sind von Natur aus ideale Multiplayerspiele. Schon Pong war auf das Duell zwischen zwei Menschen zugeschnitten und auch bei Summer Games konnten mehrere Spieler abwechselnd versuchen, sich zu überbieten. Bis heute kommt kaum ein Sportspiel heraus, das keinen Modus für mindestens zwei Teilnehmer bietet. So fortgeschritten die künstliche Intelligenz mittlerweile auch sein mag – den größten Nervenkitzel bietet immer noch der Zweikampf mit einem menschlichen Gegner. Die Bedeutung des Mehrspielermodus hat sich mit der Verbreitung des Internet sogar erhöht. Viele Titel bieten die Möglichkeit, online gegeneinander anzutreten, und sogar richtige Ligen und Turniere werden im Internet ausgespielt.Am Beispiel der Sportsimulationen wird die zunehmende Akzeptanz von Videospielen in der Gesellschaft besonders deutlich. Zunehmend ist eine Verschmelzung von Realität und Spiel zu beobachten.
Die Banden- und Trikotwerbung in den Spielen stammt von echten Firmen. Umgekehrt wird bei Sportübertragungen im Fernsehen für das passende Videospiel geworben. Für die Top-Titel werben reale Sportler, manchmal ist auch gleich das ganze Spiel nach einem Star benannt.Wenn in den Spielen selbst echte Vereins- und Spielernamen verwendet werden, müssen die Produzenten teure Lizenzgebühren bezahlen – sonst droht Ärger. Vor einigen Jahren verklagte Oliver Kahn den Hersteller Electronic Arts, weil in dem Spiel FIFA 2002 Kahns digitales Abbild ohne dessen Genehmigung auftauchte. Kahn gewann den Prozess und Electronic Arts musste das Spiel vom Markt nehmen.Als Genre sind Sportspiele unumstrittener als beispielsweise Actionspiele. Sie sind gewaltlos und fördern durch ihre Mehrspielermodi sogar eher soziale Kontakte, statt sie zu gefährden. Bei der breiten Auswahl kann jeder Fan seiner Traumsportart gefahrlos vor dem Bildschirm nachgehen. Nur für körperliche Ertüchtigung sorgen selbst die aufregendsten Videospiele noch nicht. Doch auch das könnte sich in Zukunft ändern – die ersten Bewegungssensoren für Sonys Playstation sind bereits auf dem Markt.
Thomas Jacob: Propeller statt Düsen
IL2-Sturmovik ist eine historische Flugsimulation für den PC. Den ungewöhnlichen Namen hat das Spiel nach einem russischen Kampfflugzeug des Zweiten Weltkrieges erhalten.Historische SimulationenSimulationen von Flugzeugen des Ersten und Zweiten Weltkrieges erfreuen sich großer Beliebtheit unter PC-Spielern. Denn in den alten Propellermaschinen kommt es vor allem auf die Geschicklichkeit und richtige Taktik an, um Luftkämpfe zu gewinnen. Der Gegner kommt nahe heran, die Flugzeuge umkreisen einander. Ziel ist es, sich hinter den Feind zu setzen, um in eine gute Schussposition zu kommen. Simulationen moderner Kampfjets sind da viel nüchterner und „unpersönlicher“. In ihnen spielt sich der Großteil der Gefechte mittels Lenkraketen über riesige Entfernungen ab, der Gegner ist meist nur als Punkt auf dem Radarschirm zu erkennen. Viele Spieler ziehen daher den Nervenkitzel eines direkten Duells vor, den historische Simulationen vermitteln.Flugsimulationen, die im Zweiten Weltkrieg angesiedelt sind, gibt es daher in großer Zahl. Fast alle haben entweder den Krieg im Pazifik oder den Luftkrieg um England zum Schauplatz. Denn England und die USA sind wichtige Absatzmärkte für Computerspiele. IL2-Sturmovik ist die erste aufwändige Flugsimulation, die sich ausschließlich mit dem Luftkrieg zwischen Russland und Deutschland beschäftigt. Trotz des ungewöhnlichen Szenarios wurde das Spiel ein internationaler Bestseller, auch wenn die Verkaufszahlen von Simulationen bei weitem nicht an die von Actiontiteln heranreichen. Entwickelt wurde das Programm von der bis dahin völlig unbekannten russischen Spieleschmiede „Maddox Games“. Als das Spiel Ende 2001 erschien, überschlug sich die Fachpresse vor Begeisterung, das Spiel gewann nahezu alle Preise als „Simulation des Jahres“.So authentisch wie möglichObwohl nach dem Modell „IL2-Sturmovik“ benannt, kann der Spieler nicht nur dieses eine Flugzeug steuern. Insgesamt tauchen über 70 Modelle im Spiel auf, bei 31 davon darf man selbst ins Cockpit steigen. Alle Flieger sind bis ins kleinste Detail modelliert, sämtliche Maße, Farben und Flugeigenschaften sind originalgetreu. Die Programmierer betonen, dass sie jede Einzelheit selbst recherchiert und anhand von historischen Unterlagen und Fachliteratur geprüft haben. Auch für die authentische Geräuschkulisse wurden keine Mühen gescheut. Die Entwickler produzierten aufwändige Tonaufnahmen von Originalflugzeugen, für den simulierten Funkverkehr wurden historische Mikrofone benutzt.
Viel Aufwand für ein Computerspiel, der sich aber lohnt. Denn für Simulationsfreaks steht die historische Korrektheit an erster Stelle - obwohl sicher kaum ein Spieler wirklich beurteilen kann, ob das Flugverhalten authentisch ist. Aber zumindest die Illusion, ein echtes Flugzeug zu fliegen, soll so perfekt wie möglich sein. Und in diesem Punkt bildet IL2-Sturmovik die Referenz im Simulationsgenre. Im höchsten Realitätsgrad bedarf es schon sehr viel Übung, das Flugzeug heil in die Luft und wieder auf den Boden zu bekommen. Von Erfolgen gegen die Gegner ganz zu schweigen. Denn auch im Bereich der Künstlichen Intelligenz gehört das Programm zu den Besten. Die computergesteuerten Piloten lassen sich kaum austricksen und machen auch erfahrenen Spielern zu schaffen. Natürlich lässt sich die Realitätsnähe herunterregeln, damit auch Einsteiger Erfolgserlebnisse haben.Kampagne und Multiplayer
Zum Einstieg in das komplexe Programm empfiehlt sich die virtuelle Flugschule, die den Spieler in mehreren Lektionen behutsam in die Simulation einführt. Mittels Sprachausgabe und Vorführungen werden Cockpitinstrumente und Flugmanöver vorgestellt, die man danach selbst ausprobieren kann. Das Herzstück des Spieles aber ist die „Pilotenkarriere“. Der Spieler entscheidet sich für die deutsche oder russische Seite und beginnt seine Laufbahn. Immer neue Missionen werden ihm zugewiesen, es gibt Beförderungen und Orden zu erringen. Egal wie gut der Pilot aber auch ist – am historischen Verlauf des Krieges ändert sich nichts.Besonders wichtig bei einer Flugsimulation ist der Multiplayermodus. Bei IL2-Sturmovik können bis zu 32 Spieler gleichzeitig an einer Mission teilnehmen – entweder über ein Netzwerk oder über das Internet. Neben dem klassischen „Jeder-gegen-Jeden“-Modus besteht auch die Möglichkeit, Missionen kooperativ zu bestreiten. Sogar die Aufgabenteilung innerhalb eines Flugzeuges ist möglich: Ein Spieler fliegt, der andere bedient das Heckgeschütz.
Auch eine echte Kommunikation mit den anderen Spielern über Mikrofon ist vorgesehen. Es ist sogar möglich, sein Flugzeug mit einem eigenen Anstrich zu versehen. IL2-Sturmovik ist ein sehr populärer Multiplayertitel im Internet. Hunderte Spieler tummeln sich zu jeder Tages- und Nachtzeit auf den Servern der „Gaming Zone“ von UBI Soft, dem Publisher des Spiels. Auch Dutzende so genannter „Schwadronen“ existieren, Spielergemeinschaften im Internet, ähnlich den „Clans“ für Actionspiele. Die Mitglieder einer Schwadron trainieren gemeinsam und treten gegen andere Schwadronen an. Oft treffen sich die Teilnehmer einer solchen Gruppe auch mal im realen Leben, um sich kennen zu lernen und auszutauschen. Andere Fans erstellen neue Flugzeuge, Missionen oder Kampagnen und stellen sie zum Download bereit. Nachfolger in SichtSowohl ein gelungener Multiplayermodus als auch einfache Erweiterbarkeit sind heute wichtige Merkmale für den langfristigen Erfolg eines Spiels. Denn so fesselt das Programm auch nach dem ersten Durchspielen weiter und bleibt im Gespräch – gut für die Verkaufszahlen. Nach dem Erfolg von IL2-Sturmovik war es nur eine Frage der Zeit, bis ein Nachfolger angekündigt wurde. Die nächste Simulation von „Maddox Games“ soll noch in diesem Jahr erscheinen. Pacific Fighters wird dann einen klassischen Flugsimulationsschauplatz haben: den Luftkrieg zwischen den USA und Japan.
Thomas Jacob: Korrekte Übersetzungshilfe
Wer häufig und viel schreiben muss, der kann sich das Arbeiten ohne den PC mit seinen komfortablen Textverarbeitungsprogrammen sicher nicht mehr vorstellen. Mit Hilfe von neuen Programmen kann der Computer nun auch beim Übersetzen die Arbeit erleichtern. Denn dank dieser Software muss man nicht mehr das Wörterbuch neben die Tastatur legen, sondern kann direkt am Bildschirm übersetzen. Dabei gehen die Möglichkeiten dieser Programme weit über die eines Wörterbuches hinaus.Die Installation des „Personal Translator plus 98“ ist unter Windows 95/NT völlig problemlos. Es gibt die Möglichkeiten, das Programm komplett zu installieren oder die Idiomatikwörterbücher, in denen spezifische Redewendungen gespeichert sind, auf der CD zu belassen. Damit werden ca. 40 MB Festplattenplatz gespart, die CD muß aber zum Nachschlagen eben jener Wendungen eingelegt werden. Außerdem kann optional die Word-Schnittstelle installiert werden, mit deren Hilfe sich direkt in Microsoft Word übersetzen lässt.Unter Windows 3.1 müssen vor der Programminstallation noch einige Hilfsprogramme eingerichtet werden. Mit Hilfe des Handbuches sollte dies jedoch kein größeres Problem darstellen. Abgesehen davon dürfte die Zahl der Windows 3.1-Benutzer sowieso verschwindend gering sein. Nach dem Start des Personal Translators präsentiert sich eine übersichtliche Programmoberfläche. Auffällig ist die vertikale Zweiteilung des Textfensters in Quell- und Zieltext.
Über die Menü- und Symbolleisten werden die verschiedenen Programmfunktionen bedient. Die meisten Befehle sind selbsterklärend und bei Problemen hilft das ausgezeichnete Handbuch meist schnell weiter. Hier wird auch Schritt für Schritt der Weg zur Übersetzung gezeigt, der hier kurz dargestellt werden soll:1. Quelltext erstellen: Der zu übersetzende Text kann entweder direkt ins Quelltextfenster eingegeben oder aus einer vorhandenen Datei eingelesen werden. Diese muß im RTF-Format oder als reine ASCII-Textdatei gespeichert sein, andere Formate (z.B. *.doc oder *.html) werden leider nicht unterstützt. 2. Quelltext kontrollieren: Rechtschreibung und Grammatik sollten vor der Übersetzung gründlich geprüft werden. Fehler schon im Quelltext zu korrigieren ist viel zeitsparender, da durch die Fehlübersetzung einzelner Wörter ganze Sätze sinnentstellt werden können. Das Programm bietet auch eine Suchfunktion, mittels der unbekannte Wörter gefunden und ins Benutzerwörterbuch eingegeben werden können.3. Übersetzungsweise festlegen: Damit ist die Festlegung des Sachgebietes gemeint, aus dem der Quelltext stammt. Bei einem Angebot von ca. 150 verschiedenen Möglichkeiten von Architektur bis Zoologie dürfte so ziemlich jeder Bereich abgedeckt werden.
Je nach gewähltem Gebiet werden Begriffe verschieden übersetzt. Bedeuten „driver“ und „memory“ normalerweise „Fahrer“ und „Erinnerung“, so erhalten sie beim Sachgebiet Computer ihren fachspezifischen Sinn „Treiber“ und „Speicher“. Außerdem können diverse Einstellungen (z.B. „you“ mit „Sie“ oder „Du“ übersetzen; amerikanisches oder britisches Englisch) vorgenommen werden. 4. Übersetzen: Der Quelltext wird nun Satz für Satz vom Programm analysiert und übersetzt. Dieser Vorgang kann bei langen und komplexen Texten durchaus einige Minuten in Anspruch nehmen, ist aber insgesamt erstaunlich schnell beendet. Das Ergebnis erscheint im Zieltextfenster.Besonders hervorzuheben ist die Möglichkeit, mittels des Zusatzprogramms „PT-Direkt“ in jedem Windows-Programm sofort übersetzen zu können, ohne den „Personal Translator“ zu starten. Dazu muss der gewünschte Text in die Windows-Zwischenablage übernommen werden und kann dann durch Tastenkombination bzw. Anklicken eines Symbols übersetzt werden. Das Ergebnis kann dann wieder eingefügt werden.Noch komfortabler haben es die Anwender von „Microsoft Word“: Mittels einer zusätzlichen Symbolleiste können markierte Textteile mit einem Mausklick nachgeschlagen oder übersetzt werden.Zusammenfassend ist festzustellen: Das Programm ist leicht zu bedienen, das Handbuch ist verständlich geschrieben und hilfreich. Eine saubere Übersetzung ist generell bei einfachen Satzgefügen gegeben. Sobald die Konstruktionen jedoch zu kompliziert werden, geht es dem Computer wie dem Menschen: er verliert den Überblick. Deshalb ist die Empfehlung des Handbuches, auf überlange Sätze zu verzichten, unbedingt einzuhalten. Der „Personal Translator plus 98“ wird dem Hauptkriterium eines Translationsprogrammes - sauberes und korrektes Übersetzen – vollauf gerecht.
Thomas Jacob: Besprechungen von Computerspielen
Thomas Jacob beschreibt drei beliebte Computerspiele: Splinter Cell 2, Die Simpsons und Far Cry.
(merz 2004-03, S. 42-43)
Thomas Jacob und Hartmut Warkus: Rätselhafte Geschichten
Die Monkey Island-Reihe ist die wohl bekannteste Reihe von Adventure-Spielen für den PC. Bereits der erste Teil, „The Secret of Monkey Island“, sorgte 1990 für Furore, wurde von Kritikern hoch gelobt und ein Verkaufserfolg. Die SpielerInnen verkörpern darin den dusseligen Möchtegern-Piraten Guybrush, der auf der Suche nach einem legendären Schatz von einem Fettnäpfchen ins nächste stolpert. Mit einfachen Mausklicks steuert man Guybrush umher und spricht mit anderen Piraten, wobei man den Gesprächsverlauf mit Multiple-Choice-Antworten beeinflussen kann. Die Dialoge sprühen dabei geradezu vor Wortwitz.Das Wichtigste in einem Adventure sind aber die Rätsel, die es zu lösen gilt, um die Story voranzutreiben. Ein einfaches Beispiel: Guybrush muss zu einer Villa, die aber von einem Rudel bissiger Hunde bewacht wird. Was tun? Ein hingeworfenes Stück Fleisch lenkt die Hunde nur kurz ab.
Reibt man das Fleisch aber vorher mit einer bestimmten Pflanze ein, schlafen die Tiere ein. Den Hinweis auf die Wirkung dieser Pflanze wiederum bekommt die SpielerInnen in einem Gespräch – wenn sie die richtigen Fragen stellen …Präsentiert wurde das Ganze mit einer für die damalige Zeit sehr schönen Grafik und stimmungsvoller Karibik-Musik. Besondere Merkmale des Spiels waren der schräge Humor und völlige Gewaltlosigkeit: Duelle etwa werden nicht mit dem Säbel, sondern mit Schlagfertigkeit und Wortwitz gewonnen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Adventures kann die Hauptfigur auch nicht sterben oder in Sackgassen geraten.
Nach dem großen Erfolg war es nur eine Frage der Zeit bis zum Nachfolger. Monkey Island II (1991) setzte auf die Tugenden des Vorgängers mit verbesserter Technik, größerem Umfang und zwei Schwierigkeitsgraden. Erst sechs Jahre später erschien der dritte Teil auf CD-ROM mit zeitgemäßer Comic-Grafik und Sprachausgabe. Die vorerst letzte Fortsetzung, „Flucht von Monkey Island“, erschien Ende 2000 und erntete durchwachsene Kritiken: Story, Rätsel und Humor stimmten zwar wieder einmal, doch die detailarme 3D-Grafik und vor allem die umständliche Steuerung über die Tastatur (anstatt Maus) wurden eher als Rückschritt eingestuft. Ein fünfter Teil der Serie ist noch nicht offiziell angekündigt, aber gerüchteweise bereits in Planung.
Hartmut Warkus / Thomas Jacob: Rätselhafte Geschichten
Die deutsche Übersetzung von Adventure lautet „Abenteuer“. Und Abenteuer müssen die Protagonisten in diesem Spielegenre auch regelmäßig bestehen. Allerdings nicht durch Geschicklichkeit und Feuerkraft wie in Actionspielen, sondern durch logisches Kombinieren und das Lösen von Rätseln. Im Mittelpunkt stehen Gespräche mit anderen Spielfiguren und das Verbinden und richtige Einsetzen von gefundenen Gegenständen. Adventures sind mehr oder weniger eine Abfolge von Rätseln, die in eine Geschichte verpackt sind. Die Darstellung dieser Geschichten aber hat sich seit den Anfängen vor über zwanzig Jahren stark verändert. Die Entwicklung des Genres spiegelt auch die Evolution von Computerspielen im Allgemeinen wider. Spielspaß ohne GrafikDie ersten Abenteuerspiele, gleichzeitig auch einige der ersten Computerspiele überhaupt, waren Textadventures, auch als „Interactive Fiction“ bezeichnet. Eine äußerst treffende Bezeichnung, denn die Spiele gleichen Büchern, in denen der Leser den Fortgang der Handlung selbst bestimmt. Und zwar Bücher ohne Bilder, denn Textadventures kommen völlig ohne jede Grafik aus. Die Spielewelt wird mittels Text beschrieben, und der Spieler gibt seine Aktionen als Textbefehle ein. Mittels mehrerer einfacher Befehle untersucht der Spieler hier das Fenster, öffnet es, steigt hinein, nimmt eine Flasche Wasser und versucht, daraus zu trinken, worauf ihn das Programm darauf hinweist, die Flasche doch erst zu öffnen. Die Szene stammt aus dem Spiel „Zork“, das 1980 von der Firma Infocom veröffentlicht wurde. „Zork“ und seine beiden Nachfolger hatten noch keine nennenswerte Handlung, der Spieler durchstreifte ein riesiges Höhlenlabyrinth auf der Suche nach Schätzen.
Schon bald veröffentlichte Infocom aber auch Spiele mit ausgefeilten Storys aus verschiedensten Genres: unter anderem Detektivgeschichten sowie Science- Fiction- und Fantasyabenteuer.Im heutigen Zeitalter von fotorealistischen Grafiken muten Textadventures wie Relikte aus der Computersteinzeit an. Und doch sind sie zeitloser als alle anderen Computerspiele, denn jede noch so gute Grafik gilt schnell als veraltet; Interactive Fiction dagegen lässt die Bilder in der Fantasie des Spielers entstehen. Was die Infocom-Spiele von anderen Textadventures abhob und zu Verkaufsschlagern machte, war die literarische Qualität der Prosa sowie die Flexibilität des so genannten „Parsers“. Der Parser ist der Teil des Programms, der die Eingaben des Spielers interpretiert und umsetzt. Während die meisten anderen Textadventures lediglich Zwei-Wort-Befehle verstanden („open door“), kamen Infocom-Spiele auch mit komplexen Eingaben wie „take the green bottle from the table, then open it and drink water“ zurecht.Technische WeiterentwicklungDer Stern von Textadventures begann Mitte der 1980er Jahre rapide zu sinken. Die Leistungsfähigkeit von Heimcomputern erlaubte es mittlerweile, auch bunte und bewegte Grafiken in Adventures einzubauen. Die Spieler waren fasziniert von den neuen Möglichkeiten, reine Textadventures waren plötzlich kaum noch gefragt. Am erfolgreichsten waren die Spiele der Firma „Sierra“.
Spiele wie „King’s Quest“, „Space Quest“ und „Larry“ und ihre vielen Nachfolger verkauften sich millionenfach. Trotz der neuen, bunten Abenteuerwelten mussten Befehle aber weiterhin, wie in reinen Textadventures, mit Hilfe der Tastatur eingegeben werden. Das änderte sich erst mit den Adventures der Firma „LucasArts“, wie zum Beispiel „Maniac Mansion“ oder der „Monkey Island“-Serie, die auf eine komfortable Maussteuerung ausgelegt waren. Auch die Grafiken und Sounds wurden stetig verbessert, durchgehende Sprachausgabe wurde zum Standard, mehr und mehr konnte man von interaktiven Cartoons statt Büchern sprechen. Mitte der 1990er Jahre erschienen dann auch Spiele mit echten Schauspielern und Filmsequenzen. Das große Manko dieser Spiele war die stark eingeschränkte Interaktivität: Man hangelte sich mit einigen Puzzles von einem Filmchen zum nächsten, die mit meist schlechten Schauspielern und billigen Kulissen nervten. Das merkten recht schnell auch die Spieler, und die so genannten „Interactive Movies“ verschwanden nach kurzer Blütezeit wieder vom Markt.Rückzug ins Nischendasein Doch auch die „klassischen“ Adventures haben es seit einigen Jahren äußerst schwer.
Mit dem Siegeszug der 3D-Shooter schwand das Interesse der Käufer an den eher gemütlichen Denkspielen. Jahrelang erfolgreiche Reihen verkauften sich nicht mehr und wurden eingestellt. Heute kommen nur noch sehr wenige „klassische“ Adventures heraus, meist von kleinen Entwicklerstudios. Äußerst erfolgreich sind dagegen Spiele, die Adventureelemente mit Actionspielen vermischen. Bekanntestes und erfolgreichstes Beispiel ist die „Tomb Raider“-Serie. Lara Croft, die Heldin des Spiels, muss nicht nur rennen, springen und schießen, sondern zwischendurch auch kleine Knobeleien lösen und die richtigen Schalter betätigen. So komplex wie in klassischen Adventures sind die Rätsel aber nie.
Thomas Jacob, Hartmut Warkus: The Elder Scrolls lll - Morrowind
Riesige SpielweltMorrowind ist der dritte Teil der Rollenspielreihe „The Elder Scrolls“. Bekannt ist die Serie unter Computerspielern vor allem durch die epischen Ausmaße der Spielwelten. Und auch Morrowind schwelgt in Superlativen. Schon vor der Veröffentlichung im Juni 2002 kursierte eine Faktenliste im Internet, die die Fans ins Schwärmen geraten ließ: Von einer 10 Quadratmeilen großen, frei begehbaren Welt war da die Rede, mit 30 teils riesigen Städten und über 300 Höhlen, bevölkert von über dreitausend Personen mit denen man reden, handeln, aber auch kämpfen kann. Und tatsächlich ist Morrowind das größte und komplexeste PC-Rollenspiel, das man derzeit kaufen kann. Es gab nur zwei Computerspiele mit noch größeren Welten: die beiden Vorgängerprogramme. Daggerfall, der 1996 erschienene zweite Teil der Serie, simulierte ein Land mit der doppelten Fläche von Großbritannien, bevölkert von über 750.000 virtuellen Bewohnern. Das ganze Land zu Fuß von einem Ende zum anderen zu durchqueren hätte zwei Wochen Realzeit gebraucht. Gegen diese Ausmaße erscheint die Insel Vvardenfell, der Schauplatz von Morrowind, fast winzig.Warum dieser scheinbare Rückschritt? Der entscheidende Unterschied: Während die Landschaften, Städte und Bewohner der Vorgänger von einem Zufallsgenerator erzeugt wurden, und darum recht schnell langweilig wurden, ist in Morrowind jedes Detail von Hand erstellt.
Jedes Haus, jeder Tisch in diesem Haus und jedes Geschirr auf diesem Tisch wurden von einem der Spieldesigner platziert – nach deren Angaben insgesamt genau 316.042 Objekte. Haudrauf, Dieb oder Zauberer?Wie in den meisten Rollenspielen üblich, steht am Anfang des Spiels die Erschaffung des eigenen Spielercharakters, in dessen Rolle man während des Spiels schlüpft. Innovativ ist bei Morrowind die Art, wie diese Prozedur in die Story eingebunden ist. An Bord des Sklavenschiffs auf dem Weg zur Insel aufgewacht, erkundigt sich ein Mithäftling als erstes nach dem Namen des Spielers. Nach der Freilassung fragt ein Verwalter nach Herkunft und Beruf. Nun kann man seinen Charakter ganz nach Vorlieben zurechtschneidern: Lieber einen kräftigen, aber dummen Ork, oder lieber den flinken Waldelfen? Und welcher Profession geht der Charakter nach? 21 Berufe, vom Alchemisten bis zum Söldner mit verschiedenen Vor- und Nachteilen stehen zur Wahl. Wem das nicht reicht, der kann auch seine eigene Klasse entwerfen, und die Punkte auf die 27 Fähigkeiten selbst verteilen. Diese Fähigkeiten reichen von der Kampfkunst mit diversen Waffen, über das Aufbrechen von Schlössern bis hin zur Redegewandtheit und Zauberkunst. Je mehr Punkte ein Charakter in einem Wert besitzt, umso erfahrener ist er in diesem Bereich. Ein Magier mit 100 Punkten in der Fähigkeit „Zerstörungszauber“ könnte es mit Gandalf persönlich aufnehmen, während einer mit 5 Punkten gerade mal eine Kerze magisch entzünden kann. Zu guter Letzt kann man noch entscheiden, unter welchem Sternzeichen der Charakter geboren ist, was verschiedene Spezialboni beschert.
Durch dieses flexible System sind nahezu unbegrenzt viele verschiedene Charaktere möglich. Genauer: 480 Milliarden, wie die Entwickler stolz angeben.Where do you want to go today?Ist der Spielercharakter fertig gestellt, wird man durch ein kurzes Tutorial geleitet, das die Feinheiten der Steuerung erklärt. Mit den Pfeiltasten wird die Spielfigur bewegt, mit der Maus schaut man sich um und führt Aktionen aus. Weitere Tasten dienen beispielsweise zum Springen, Zücken der Waffe oder um den Spielstand zu speichern. Die Tastaturbelegung ist vollständig konfigurierbar.Ist diese kleine Einführung erfolgreich überstanden, steht dem Spieler die gesamte Insel zur Erkundung frei. Im Unterschied zu den meisten anderen Rollenspielen, die eine bestimmte Reihenfolge der Vorgehensweise verlangen um voranzukommen, hat man bei Morrowind wirklich uneingeschränkte Freiheit. Man kann tagelang die Wälder und Berge der Insel auf eigene Faust erforschen, böse Monster bekämpfen und Schätze erbeuten. Es gibt unzählige kleine Nebenaufgaben, so genannte Quests, zu erfüllen, die von den Bewohnern Vvardenfells vergeben werden, und deren Lösung mit Geld oder Gegenständen belohnt werden. Der Lohn wird dann wiederum in bessere Ausrüstung investiert. Außerdem steigen die Fähigkeiten, je öfter sie angewendet werden. Wer also häufig Schlösser knackt, wird immer besser darin, wer fleißig zaubert, kann immer mächtigere Sprüche klopfen.
Je stärker der Charakter wird, desto gefährlichere Aufgaben kann er erfüllen, die ihn wiederum noch stärker machen… Dieses ständige Aufbessern der Spielfigur macht einen Hauptanreiz von Rollenspielen aus.Damit all das aber nicht zum reinen Selbstzweck verkommt, haben die Entwickler eine Hintergrundstory eingebaut. Diese wird durch Gespräche mit den Bewohnern nach und nach aufgedeckt, und der Spieler nimmt eine immer wichtigere Rolle darin ein. Unterhaltungen mit Nichtspielercharakteren (NSCs) laufen in einem Textfenster ab, in denen man Stichworte anklickt. Erfährt man wichtige Neuigkeiten oder erhält einen Auftrag, so wird automatisch ein Tagebucheintrag angelegt. Ansonsten wäre es unmöglich, den Überblick zu behalten. Insgesamt soll das Spiel eine Textmenge enthalten, die dem Umfang von sechs „durchschnittlichen“ Romanen entspricht. Dazu tragen auch die zahllosen in der Spielwelt vorhandenen Bücher mit teilweise Dutzenden von Seiten bei, in denen Kultur und Geschichte der Fantasywelt bis ins Detail erörtert werden.Auf Vvardenfell gibt es verschiedene Clans und Gilden, denen sich der Spieler auch anschließen kann, um nach erfüllten Aufträgen in der Hierarchie aufzusteigen. Das wiederum könnte dem verfeindeten Clan gar nicht gefallen, der Spieler kann sich dort nicht mehr blicken lassen… Alles in allem veranschlagen die Entwickler mehrere hundert Stunden Spielzeit, will man wirklich jeden Winkel erforschen und jeden Auftrag erfüllen. Wem das immer noch nicht reicht, der kann die mittlerweile erschienene Zusatz-CD Tribunal installieren, die weitere Gebiete und Aufgaben hinzufügt. Eine zweite Erweiterung ist bereits angekündigt.Nur etwas für schnelle RechnerMorrowind ist nicht nur eines der größten, sondern auch der grafisch aufwändigsten Spiele.
Jede Stadt hat eine eigenständige Architektur, am Ufer branden Wellen, Tag und Nacht wechseln sich ab, Gewitter ziehen über das Land. Solche Detailfülle hat ihren Preis: Morrowind gehört zu den hardwarehungrigsten PC-Spielen auf dem Markt. Ein Prozessor mit 500 MHz und 256 MB RAM sind das absolute Minimum, Spaß macht das Spiel auf einem solchen Rechner aber nicht – es ist unansehnlich und langsam. Die Fachzeitschrift „GameStar“ empfiehlt als Optimum einen 1,6GHz-Prozessor, 512 MB RAM und eine 3D-Grafikkarte der neuesten Generation.Unbegrenzt erweiterbarAuf der CD befindet sich neben dem eigentlichen Spiel auch das “Elder Scrolls Construction Set”. Dabei handelt es sich um das Werkzeug, das auch die Designer verwendet haben, um die Spielwelt zu gestalten. Dieses Beilegen von so genannten „Editoren“ ist in den letzten Jahren mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit geworden. Die Spieler schätzen die Möglichkeit, an ihrem Lieblingsspiel herumzubasteln und neue Level zu erstellen; dem Hersteller bringen gelungene Fanmodifikationen kostenlose Publicity. Bekanntestes Beispiel ist Counterstrike, dessen ursprüngliche Version von Fans mit dem Editor des Actionshooters Half Life erstellt wurde.Dem Umfang von Morrowind angemessen bietet das “Construction Set”, entsprechende Einarbeitung vorausgesetzt, nahezu unbegrenzte Möglichkeiten. Die vorhandene Spielwelt kann in jedem Detail modifiziert werden, von der Schwerkraft über die Laufgeschwindigkeit des Spielers bis zur Stärke der Monster. Erfahrene Bastler können neue Gegenstände, Bewohner, ja ganze Städte und Landstriche hinzufügen. Im Internet gibt es unzählige Seiten, auf denen man solche so genannten „Mods“ herunterladen kann. Es gibt ambitionierte Projekte wie den Nachbau von Tolkiens Mittelerde, deren Mitglieder oft aus den verschiedensten Ländern stammen und die über das Internet kommunizieren und zusammenarbeiten.Morrowind - The Elder Scrolls III. Ubi Soft Entertainment Düsseldorf, PC 49,98 Euro; XBOX 59,99 Euro
Thomas Jacob, Hartmut Warkus: Eine Frage des Charakters - Rollenspiele am PC
Die Wurzeln: Pen & PaperRollenspiele existieren bereits länger als Heimcomputer. Schon seit den frühen 70er Jahren gibt es die so genannten Pen & Paper-Rollenspiele, die auch heute noch gespielt werden. Alles was dazu benötigt wird, sind ein Regelwerk, Zettel und Stifte, einige Mitspieler sowie ein paar Würfel. Ein Spieler übernimmt die Rolle des „Meisters“. Er ist der Spielleiter und bereitet den voraussichtlichen Ablauf der Handlung vor. Er denkt sich möglichst interessante Orte, Personen, Ereignisse und Situationen aus. So entstehen, je nach Spielsystem und Geschmack der Gruppe, unterschiedliche, manchmal fast romanartige Abenteuer. Diese müssen die anderen Spieler dann bestehen, indem sie Informationen zusammentragen, Rätsel lösen, Schätze finden und vieles mehr. Die meisten Systeme, wie das populäre „Advanced Dungeons & Dragons“ oder „Das Schwarze Auge“ spielen dabei in Tolkien-inspirierten Fantasywelten mit Schwertern, Drachen und Magie.Das Spiel beginnt mit der „Charaktergeneration“. Jeder Mitspieler erstellt dabei seinen Helden, seinen fiktionalen Charakter, den er durch das Spiel führt.
Das kann ein mürrischer, axtschwingender Zwerg sein, ein cleverer Dieb oder auch ein weiser Elfen-Magier. Die Ausprägung der verschiedenen Eigenschaften (zum Beispiel Stärke und Intelligenz) und Fähigkeiten (wie Bogenschießen, Schlösserknacken oder Spurenlesen) des Charakters werden ausgewürfelt, sein Name, Alter und Aussehen bestimmt. Alle Angaben werden auf einem Blatt Papier, dem Charakterbogen, festgehalten. Erst danach beginnt die eigentliche Handlung, und die Gruppe von Helden stürzt sich ins Abenteuer.Der Meister erzählt dabei die Geschichte fort, beschreibt der Gruppe die fiktive Welt, in der sie sich bewegt und konfrontiert sie mit den unterschiedlichsten – meist gefährlichen – Situationen, auf die sie angemessen reagieren muss. Kommt es beispielsweise zu einem Kampf, wehren sich die starken Charaktere mit ihren Schwertern, der Dieb schießt aus dem Hinterhalt mit dem Bogen und der Magier heilt verwundete Freunde mit Zaubersprüchen. Erfolg und Misserfolg jeder Aktion werden nach einem festgelegten Regelwerk ausgewürfelt. Dabei spielen die am Anfang ausgewürfelten Eigenschaften der Charaktere eine entscheidende Rolle, denn ein geübter Dieb mit hohem Geschicklichkeitswert hat viel höhere Chancen, eine verschlossene Tür zu öffnen, als ein ungeschickter Barbar...
( merz 03/2003, S. 177 - 179 )
Hartmut Warkus,Thomas Jacob: Von LANs und Clans
Sie nennen sich Falco2 vom Entenclan und Rainbow von LE Force. Die beiden jungen Männer sind die Initiatoren eines kürzlich in Leipzig gegründeten Vereins, der zu einer zentralen Anlaufstelle für lokale Computerspieleclans geworden ist. Mittlerweile gehören fast fünfzig Clans zum „LE Clans e.V.“Im Entenclan von Falco2 wird „Quake 3“ gespielt. Seine Mitglieder kommen aus ganz Deutschland, die meisten aus Leipzig und Umgebung. Die LE Force von Rainbow dagegen spielt „Counterstrike“, wie die überwiegende Mehrzahl der im Verein organi-sierten Clans (40 von 49). Einige wenige Clans spielen „Unreal Tournament“ und „Age of Empires“.LAN-PartysDie Teilnahme an LAN-Partys ist das Ziel eines jeden Clans, denn während die einzelnen Clan-Mitglieder auch online von zu Hause aus gegen- und miteinander spielen, können sie auf LAN-Partys im direkten Kontakt miteinander ihrem Hobby und dem Spieltrieb nachgehen. Nach den Ereignissen von Erfurt und der Schuldzuweisung an gewalttätige Computerspiele wurde die Organisation von LAN-Partys zum großen Problem, denn ein Großteil der Sponsoren sprang aus Angst vor Imageverlusten ab.Die Vereinsgründung sollte die Möglichkeit schaffen, sich gemeinsam zu organisieren, um gezielt nach Geldgebern für ein recht teures Freizeitvergnügen zu suchen. Falco2 und Rainbow versichern, dass auch bei ihnen der Schock nach Erfurt tief saß und sie Verständnis für die Unsicherheit von potentiellen Sponsoren haben.
Sie verwahren sich aber gegen das Abstempeln von Computerspielern durch die Medien „nur weil man auf der Festplatte eines Täters ein Spiel gefunden hat, das Counterstrike heißt“. Sie sind davon überzeugt, dass nicht das Spiel sondern die Umge-bung des Täters Schuld an der Tat hat: „Keiner dreht durch, weil er „Quake“ oder „Counterstrike“ spielt“. Die negative Publicity habe den Clans sehr geschadet. LANs seien ohne Sponsoren, nur über die Finanzierung durch Eintrittsgelder, undenkbar. Auch wenn jeder Spieler seinen eigenen Rechner auf die LAN-Party mitbringe, brau-che man selbst für kleinere Veranstaltungen (100 bis 200 Spieler) jede Menge E-quipment (Netzwerkserver, Kabel, Tische, Stühle), von der Raummiete ganz abgesehen. „LE Clans e.V.“ arbeite nach langen Bemühungen mit einer mittelständischen Leipziger Computerfirma zusammen, und bekomme so zumindest die Server und einen Teil der technischen Ausstattung kostenlos zur Verfügung gestellt.Auf der LAN-Party kenne fast jeder jeden, sie seien sehr gut besucht, „denn man trifft dann halt die Leute, die man eigentlich die ganze Zeit zu Hause nur am Rechner hat-te. Es knüpfen sich neue Freundschaften und man kann sich untereinander austau-schen“.
Der Spaß komme vom Spielen. „Mittlerweile sind die „Pong“-Zeiten vorbei, man hat ordentliche Rechner, ordentliche Spiele mit Grafik, die gut aussieht, und das macht dann einfach Spaß“. LAN-Partys seien „halt wie ein sportlicher Wettkampf, man versucht dann eben den anderen ein bisschen zu überbieten, ein bisschen bes-ser zu sein. Da kommt Freude und Spaß auf, wenn man sich dann gegenübersitzt und sich austauschen kann, warum jetzt der eine besser war als der andere“.Zu Hause allein am eigenen Computer spielen die Clanmitglieder in der Regel nicht die Clanspiele. Bei LE Force versucht man sich neuerdings neben „Counterstrike“ („das wird langsam langweilig“) an „Dark Age of Camelot“, zur Abwechslung keinem 3D-Shooter sondern einem Online-Rollenspiel. Hier spielen bis zu 1500 Leute gleich-zeitig auf einem Server, kommunizieren, handeln, kämpfen miteinander. Der Enten-clan dagegem will noch eine Weile an „Quake 3“ festhalten, wobei es für Falco2 im-mer schwieriger sei, „als 56k-Modemnutzer mit einem T-DSL-User online mitzuhal-ten“. Da seien die LAN-Partys schon eher das Salz in der Suppe ...
(den vollständigen Artikel finden Sie in merz 2003/01 S. 32-34)