Marko Junghänel
- freiberuflicher Redakteur und PR-Berater in München
Beiträge in merz
Marko Junghänel: Initiative zeigt 130 Hass-Postings an
Laut einer Umfrage vom Mai 2017, die im Auftrag der Landesanstalt für Medien Nordrhein- Westfalen (LfM) durchgeführt wurde, sind 67 Prozent der Befragten schon einmal selbst mit Hass-Reden im Internet konfrontiert worden. Bei den 14- bis 24-Jährigen geben sogar 94 Prozent an, in sozialen Netzwerken, Internetforen oder Blogs auf Hass-Kommentare gestoßen zu sein. Die LfM hat daraufhin die Arbeitsgruppe Verfolgen statt nur Löschen – Rechtsdurchsetzung im Internet eingesetzt. Aufgabe und Ziel der Initiative ist, den Grundwerten der Gesellschaft auch innerhalb des Internets zur Durchsetzung zu verhelfen. Auch im Internet dürfe es keine Räume geben.
Um diesem Ziel näher zu kommen, arbeiten seit Februar entsprechende Aufsichts- und Strafverfolgungsorgane, Medienhäuser und Anbieter zusammen. In den ersten zweieinhalb Monaten ihres Wirkens hat Verfolgen statt nur Löschen bereits in mehr als 130 Fällen Hass-Postings bei der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen angezeigt. Bei einer Mehrzahl der Verstöße handelt es sich um Online-Kommentare, die im Verdacht der Volksverhetzung stehen. Cybercrime hatte daraufhin Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das Projekt soll generalpräventive Wirkung entfalten und so sowohl das Unrechtsbewusstsein der Täter erhöhen, als auch bei potenziellen Hass-Rednerinnen und -Rednern Lerneffekte erzielen.
Die laufende Projektphase für die Arbeitsgruppe ist zunächst auf ein Jahr angelegt. Die Federführung innerhalb dieser Initiative wurde an die LfM übertragen, da der Jugendschutz, der Schutz der Menschenwürde und der Nutzerschutz zu ihren zentralen Aufgaben zählen.
Projektbeteiligte sind neben der LfM auch die Zentralstelle Cybercrime, das Landeskriminalamt Nordrhein- Westfalen, das Polizeipräsidium Köln und die Medienunternehmen Rheinische Post, Mediengruppe RTL Deutschland sowie der WDR.
Marko Junghänel: Datenschutz in Vereinen und Verbänden
Die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist am 25. Mai 2018 in Kraft getreten. Im Zuge der Harmonisierung der Rechtsprechung innerhalb der EU wurde bereits im Mai 2016 eine einheitliche Datenschutz-Grundverordnung verabschiedet. Nun gelten diese Regelungen auch in Deutschland.
Bei der DSGVO geht es vor allem um den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen – insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten. Damit ergeben sich unmittelbare Auswirkungen auf die medienpädagogische Arbeit. Betroffen sind all diejenigen, die personenbezogene Daten – beispielsweise im Rahmen von Freizeitangeboten, von Mitgliedschaften in Vereinen oder zu Forschungszwecken – erheben. In jedem dieser Fälle muss sichergestellt sein, dass bei der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen angemessen berücksichtigt wird und alle Vorgänge dokumentiert sind.
Als personenbezogene Daten gelten Angaben, die zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person dienen. Die Einwilligung zur Datenerhebung muss in Form einer "unmissverständlich abgegebene Willensbekundung" vorliegen. Das Gesetz sieht des Weiteren vor, dass es künftig ein verbrieftes Recht "auf Vergessen" und damit endgültige Löschung der erhobenen personenbezogenen Daten gibt. Dieser Rechtsanspruch wird nicht nur im Verhältnis zu kommerziellen Anbietern (z. B. Suchmaschinen), sondern auch innerhalb von Organisationen wirksam.
Eine zweite Regelung umfasst das Recht auf Datenübertragbarkeit. Diese Regelung gibt Nutzenden die Möglichkeit, ihre Daten zu einem anderen Anbieter mitzunehmen. Die Datenportabilität ist beispielsweise für den Wechsel zu anderen (sozialen) Netzwerken relevant.
Marko Junghänel: digital.learning.lab startet in Hamburg
Ab dem Schuljahr 2018/2019 können Lehrerinnen und Lehrer in Hamburg ihre Unterrichtsmaterialien aus dem digital.learning.lab abrufen. Die Hamburger Schulbehörde hat in den vergangenen Monaten gemeinsam mit der Technischen Universität Hamburg und der Joachim Herz Stiftung diesen virtuellen Austausch- und Lernraum entwickelt.
Nach Angaben der Projektverantwortlichen verfolge man mit dem neuen Portal zwei wesentliche Ziele. Zum einen soll damit allen Lehrkräften der kostenlose Zugang zu Open Educational Resources ermöglicht werden. Dahinter verbergen sich umfangreiche Unterrichtsbausteine, didaktische Konzepte und digitale Materialien für zahlreiche Themengebiete in allen Fächern an weiterführenden Schulen. Zum anderen soll mit dem Projekt der Weg zur digitalen Bildung im schulischen Bereich grundsätzlich vorgezeichnet und geebnet werden.
Das digital.learning.lab soll Lehrkräfte dabei unterstützen, digitale Inhalte und Werkzeuge in den Unterricht zu integrieren. Neben Beispielen für eine gelingende Unterrichtsgestaltung werden im Portal deshalb gleichzeitig Hilfestellungen zur didaktischen Umsetzung geliefert. Die Projetträger sehen darin einen wesentlichen Schritt zur Etablierung digitaler Medien im Bildungsbereich – zunächst in Hamburg – im Falle eines erfolgreichen Projektabschlusses auch darüber hinaus.
Zur Erstellung der Inhalte des Portals wurde ein Team Hamburger Lehrkräften zusammengestellt, die in regelmäßigen Workshops Themen und Methoden erarbeiten. Der fertiggestellten Materialien werden dann zunächst von externen Sachverständigen geprüft. Die digitalen Unterrichtsbausteine durchlaufen somit einen Qualitätszyklus und werden unter entsprechenden CC-Lizenzen als Open Educational Resources (OER) bereitgestellt.
Neben den digitalen Unterrichtsbausteinen können auf der neuen Plattform zudem verschiedenste Materialien aus Schulen, Fachseminaren, Fortbildungsveranstaltungen und anderen Quellen zusammengetragen und ausgetauscht werden.
Zum Schuljahresbeginn 2018/19 sollen die digitalen Unterrichtsbausteine erstmals allen Lehrkräften in Hamburg im digital. learning.lab bereitgestellt werden. Das Projekt ist zunächst auf eine Laufzeit von zwei Jahren angesetzt und wird danach evaluiert.
digital.learning.lab
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Marko Junghänel:Neues Wiki: Interlinking Pictura
Im Mai 2018 wurde unter dem Titel Interlinking Pictura eine neue Wiki-Enzyklopädie freigeschaltet und ist als Online- Angebot zur Erforschung der Bildungsgeschichte anhand von Bildern (Zeichnungen und Illustrationen) frei zugänglich. Interlinking Pictura stellt ausgewählte Bestände des Bildarchivs Pictura Paedagogica zur Verfügung und bettet diese in einen interaktiven Bearbeitungsmodus ein. Als erste Inhalte wurde das Bilderbuch für Kinder von Friedrich Johann Justin Bertuch eingepflegt. Das Bilderbuch, das zwischen 1790 und 1830 entstanden war, umfasst mehr als 1.000 Tafeln, verteilt auf 12 Buchbände. Darin wird das Wissen, das im ausgehenden 18. Jahrhundert verfügbar war, für Kinder bildlich wiedergegeben und mit leicht verständlichen Texten erklärt. Die Themen umfassen Tier- und Pflanzenwelt, fremde Völker und Länder sowie zeitgenössische Erfindungen und Naturereignisse.
Interlinking Pictura wird als offene Plattform betrieben, an der – ähnlich wie in Wikipedia – alle Interessierten mitarbeiten sollen. Die redaktionelle Mitwirkung bezieht sich vor allem auf die Übersetzung der Texte in andere Sprachen, die Ergänzung von Text- und Bildmaterial, die Quellen- und Literaturrecherche sowie die Verlinkung der Inhalte zu anderen Wikis bzw. Webseiten.
Interlinking Pictura wird vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung betrieben und ist eine Kooperation zwischen den Abteilungen Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung und dem Informationszentrum Bildung. Ziel ist, die Forschung an Bildern als Quellen der Bildungsgeschichte zu fördern. Erreicht wird dieses Ziel durch das Zusammenbringen verschiedener Sammlungen von Bildmaterialien an einem digitalen Ort, die einheitliche erschlossen und die frei zugänglich sind. Das Projekt zielt zudem auf die Ausarbeitung des in der Pilotphase erprobten Workflows als Modellprojekt, um diesen später auch auf andere Bestände des Bildarchivs anwenden zu können.
interlinking.bbf.dipf.de index.php/Hauptseite
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Marko Junghänel: Deutsches Schulportal ist online
Seit Anfang Mai 2018 ist das Deutsche Schulportal online. Die Plattform macht erfolgreiche Konzepte aus der Schulpraxis für Lehrende und Schulleitungen frei zugänglich. Insbesondere bietet das Portal aktuelle Beiträge zu den Themen Schulpraxis, Bildungspolitik und Wissenschaft. Das Deutsche Schulportal versteht sich als unabhängiges Fachmedium zur Weiterentwicklung von Schule und Unterricht – darüber hinaus auch für die Gestaltung des Schullebens insgesamt.
Inhaltlich greift das Portal auf eine Sammlung innovativer pädagogischer Konzepte an Schulen zurück, die seit 2006 mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet worden waren. Die Konzepte wurden von der Deutschen Schulakademie multimedial aufbereitet.
Die Beispiele zeigen nicht nur erfolgreiche Schulpraxis, sondern auch den Weg dorthin. Sie geben keine allgemeingültigen Rezepte, sondern setzen Impulse, damit andere Schulen von diesen Konzepten profitieren und für die eigene Entwicklung nutzen können. Die Bandbreite der Themen reicht dabei vom sinnvollen Einsatz digitaler Medien im Unterricht über Aspekte von Inklusion im Schulalltag bis zur Verbesserung der Teamarbeit in den Lehrer-Kollegien. Mit einer kostenlosen Registrierung erhalten Besucherinnen und Besucher des Deutschen Schulportals Zugang zu allen Materialien. Registrierten Besucherinnen und Besuchern bietet das Portal außerdem die Möglichkeit, sich mit Kolleginnen und Kollegen anderer Schulen auszutauschen und zu vernetzen.
Das Deutsche Schulportal ist eine Initiative der Robert Bosch Stiftung, der Deutschen Schulakademie und der Heidehof Stiftung – in Kooperation mit der ZEIT Verlagsgruppe. Deren Engagement für mehr Qualität an Schulen liegt der Anspruch zugrunde, dass alle Kinder und Jugendlichen die gleichen Chancen durch Bildung bekommen sollen. Bei der Frage, was eine ‚gute Schule‘ ausmacht, orientieren sich die drei Institutionen an einem umfassenden Verständnis von Bildung und Lernen, das in sechs Qualitätsbereichen – Leistung, Vielfalt, Unterrichtinhalte, Verantwortung, Schulleben und Schulentwicklung – beschrieben wird.
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Marko Junghänel: stichwort
Virtuelle Influencer
Sind virtuelle Influencer – programmierte Avatare also, die sich wahlweise als Lifestyle-Vorbilder, beste Freunde oder politische Motivatoren gerieren – ein kurzlebiger Hype oder die nächste Stufe von Beeinflussungsversuchen der Industrie? Zweifel, auf welcher Seite der sich zusehends auflösenden Demarkationslinie man sich gerade befindet, sind beabsichtigt: Hat man es bei Miquela mit einem humanoiden Roboter oder einer erweiterten Form von Transhumanismus zu tun? Bei Miquela handelt es sich um ein Beispiel dafür, wie sogenannte Influencer vollständig in virtuelle Welten übersiedeln können. Das computergenerierte Instagram-Model entstammt einem kalifornischen Animationsstudio und ist Vorreiterin einer neuen Generation von Avataren. Anders als die analogen Influencer Lisa & Lena, Julien, Bibi oder Dagi, die ihre rein kommerziellen Interessen als Online-Sternchen kaum verbergen, verrät die Programmierung eines virtuellen Influencers erst beim zweiten oder gar dritten Blick den monetären Verwertungszweck: Kunstfiguren wie Miquela, Shudu und mit ihnen beispielsweise die holografischen Lebenspartner für Singles, die derzeit in Japan beliebt sind, leben einen vorurteilsfreien globalen Lifestyle, haben wie im Fall von Miquela sogar eigene Songs veröffentlicht oder sind politisch engagiert.
Natürlich sehen sie gut aus und kleiden sich modebewusst – mit Markenklamotten. Auch wenn die visuelle Darstellung zuweilen beängstigend echt wirkt – irgendwie meldet sich beim Betrachten sofort die eigene Erinnerung. Hatten wir das nicht schon mal? James Cameron lässt grüßen. Doch mitleidig belächeln darf man diesen Trend wohl nicht. Die Inszenierung ist perfekt – kleine absichtlich programmierte Fehler eingeschlossen, die Miquela und ihre künstlichen Kolleginnen und Kollegen noch sympathischer machen sollen. Fast eine Million Follower auf Instagram sprechen eine deutliche Sprache. Kinder und Jugendliche bewundern ihre virtuellen Influencer, wollen so sein wie sie – den Blick in die Welt gerichtet –, wollen für die Rechte von Frauen eintreten, den Hass auf Homosexuelle beenden. Wenn da nur nicht diese eher schlecht versteckten Kaufimpulse wären, die den Avatar und seine Macherinnen und Macher entlarven. An dieser Stelle beginnt das Problem. Dann nämlich, wenn ein makelloses Vorbild suggeriert: Hey, die Welt retten ist voll cool – aber bitte nur in stylischen Klamotten von Chanel, einer Spotify-Flatrate und hipstermäßig uniform. Politische Botschaften mit Kaufanreizen zu verbinden, endet entweder in völliger Lächerlichkeit für den Absender oder beängstigender Naivität bei den Empfängerinnen und Empfängern. Im Fall der virtuellen Influencer steht diese Entscheidung noch aus.
Marko Junghänel
Von Gross, Friederike/Röllecke, Renate (Hrsg.) (2018). Make, Create & Play. Medienpädagogik zwischen Kreativität und Spiel. Beiträge aus Forschung und Praxis, Prämierte Medienprojekte, Dieter Baacke Preis Handbuch 13. München: Gesellschaft für Medienpädag
An einer Definition des Wortes „spielen“ haben sich unzählige Autorinnen und Autoren versucht. Eine bislang wenig bekannte liefert im vorliegenden Band Martin Geisler: „Spiel kann als subversive Gesellschaftskritik verstanden werden.“ Eine so exponierte Bedeutungszuschreibung bedarf der Erklärung, die die Herausgeberinnen zunächst in zehn Einzelbeiträgen aus Forschung und Praxis des (Computer-)Spiels zusammengetragen haben.
Computerspiele wurden vor über zehn Jahren zum Kulturgut erklärt. Indes seien die Potenziale des so-tun-als-ob bislang kaum in die Curricula eingeflossen. Von Gross und Röllecke haben einen Sammelband vorgelegt, der sich sowohl medienpädagogischen Herangehensweisen als auch praktischen Beispielen von sinnstiftenden Spielen widmet. Dabei wird in allen Beiträgen die Brückenfunktion von Spielen verdeutlicht. Gaming verkörpere beispielsweise eine interaktive Verbindung zwischen Alltagswelt und Schule. Computerspiele sollten zudem nicht nur unter dem Aspekt der Unterhaltung betrachtet werden. Vielmehr bestehen insbesondere durch das sogenannte Creative Gaming – also dem Spielen mit dem Spiel – ungeahnte Gestaltungsoptionen.
Beim Spiel gehe es letztlich um die Besetzung von Räumen durch Heranwachsende, wobei es Impulse zum Erkennen der Selbstwirksamkeit von Kindern und Jugendlichen gebe. Dabei überwinden sie die vorherrschende Zweckgebundenheit der dinglichen Welt – gewissermaßen als nicht-intendierte subversive Gesellschaftskritik. Der zweite Teil des Bandes widmet sich prämierten Praxisprojekten des Dieter Baacke Preises, deren Würdigungen insbesondere bewegende Themen im Jahr 2017 innerhalb der Auseinandersetzungen über Meinungsfreiheit, Fake News und Hate Speech in den Fokus rücken.
Eine kritischere Bewertung des kreativen Spielens wäre an manchen Stellen wünschenswert. Nur am Rande wird etwa auf Gefahren hingewiesen – etwa bei Spielen, die Geo-Daten der Spielenden erfassen, oder bei Konzepten, die nachverfolgbare QR-Codes nutzen. Make, Create & Play richtet sich an Praktikerinnen und Praktiker aus dem vorschulischen Bereich, Grundschulen bzw. der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit und ist als ein ermutigendes Plädoyer für den kreativen und selbstbewussten Einsatz von Computerspielen in Bildungsprozessen.
mj
Marko Junghänel: "Junait“ – ein webbasiertes Lernspiel
planpolitik Simon Raiser und Björn Warkalla (Hrsg.) (2017).Junait, das Medienkompetenzspiel. Im Unterricht den Umgang mit Sozialen Medien lernen. www. junait.de, kostenfrei.
Soziale Medien wie Instagram, YouTube oder Facebook sind sowohl im Alltag von Kindern und Jugendlichen als auch in den verschiedenen Tätigkeitsfeldern von Pädagoginnen und Pädagogen permanent präsent. Nach zahlreichen Skandalen um den Datenmissbrauch durch Plattformbetreiber ist die Sensibilität bei der Nutzung dieser Netzwerke zwar durchaus vorhanden. Konsequenzen in Form einer endgültigen Abmeldung von diesen Diensten bleiben bei allen Altersgruppen jedoch eine Ausnahme.
Mit dem webbasierten Lernspiel Junait stellt das Unternehmen planpolitik eine browserbasierte Anwendung zur Verfügung, die über die häufigsten Gefahren innerhalb der verschiedenen Sozialen Netzwerke aufklärt und geeignete Handlungsstrategien vorstellt, um Privatsphäre, Persönlichkeitsrechte und eigene Daten wirksam zu schützen. Junait ist ein Online-Spiel, das Lehrkräfte und Schülerinnen bzw. Schüler kostenfrei nutzen können. Das Ziel, die Nutzerinnen und Nutzer auf reale Gefahren in Sozialen Netzwerken aufmerksam zu machen und ihnen Möglichkeiten an die Hand zu geben, diese Gefahren zu bannen und medienkompetent Entscheidungen zu treffen, erreicht Junait durch einen leicht verständlichen Spielaufbau und die glaubwürdige Simulation echter Plattformen. Im Vorfeld müssen die Lehrkräfte über die Junait- Website einen Zugang zur Spielplattform für die Schulklasse beantragen. Mit dem unmittelbar danach per E-Mail verschickten „geheimen Codewort“ kann ein neues Spiel gestartet werden. Zunächst ist jedoch die Einrichtung eines Lehrkräfte-Kontos erforderlich, in dem Name, Mail-Adresse, Passwort und Postleitzahl angegeben werden müssen. Zusätzlich werden etwa die Schuhgröße, der Name des Lieblingsfilms oder das persönliche Lieblingsessen abgefragt. Dass der damit verbundene Abruf der IP-Adresse der Nutzenden und das Speichern der Pflichtangaben für die Dauer des Spieles notwendig sein sollen, hinterlässt trotz der Ankündigungen, dass nach Spielende alle Daten gelöscht würden, ein unangenehmes Gefühl. In Anbetracht der behandelten Thematik und der Spielelogik ist dieses Vorgehen allerdings nur konsequent und Teil der später umzusetzenden pädagogischen Intervention. Durch das eigentliche Spiel führen zwei Charaktere: Dr. SURIV, Erfinder des fiktiven sozialen Netzwerks Junait, der sich als datenstehlender Bösewicht entpuppt, und Condor, die Programmiererin, die die Spielenden beispielsweise dabei unterstützt, Bots zu identifizieren oder persönliche Daten zu schützen. Zunächst müssen jedoch einige organisatorische Vorbereitungen getroffen werden, um im Spiel aktiv mitwirken zu können. Dazu gehört beispielsweise die Einrichtung eines eigenen Avatars, mit dem man durch das Setting navigiert. Zudem ist ein Scroll-Test erforderlich. Für das Erledigen dieser und anderer Aufgaben erhält der Spielende bereits Münzen, mit denen verschiedene Items für den Avatar freigeschaltet werden können. Schließlich müssen die AGBs angenommen werden. Damit kann das eigentliche Spiel beginnen. Die Aufgabenstellungen hierzu können unter anderem folgendermaßen lauten:
- Freunde finden (Belohnung für das Hinzufügen von Freunden bekommen),
- etwas auf eine Pinnwand posten (daraufhin Meldung mit z. B. Werbung für Schuhe in der eingangs angegebenen Größe) oder kommentiere die Posts anderer (dabei auf Werbeanzeige stoßen, eine nicht weiter spezifizierte Fehlermeldung erhalten),
- einen Chat starten und beantworten (und dabei mit taktlosen Antworten oder Werbung konfrontiert werden),
- den versteckten Sicherheitsbereich im Profil aktivieren und dabei lernen, Bots zu melden und zu blockieren und
- den Virenscanner aktivieren (dazwischen tauchen Werbe-Pop-ups und Hinweise auf, dass gerade persönliche Daten verkauft werden), neue Einstellungen der Privatsphäre vornehmen und zum Schluss ein sicheres Passwort anlegen
Der interaktive Aufbau des Spiels ermöglicht auch im Umgang mit sozialen Netzwerken unerfahrenen Kindern und Jugendlichen eine problemlose Navigation durch das Setting. Eine Unterstützung durch die Lehrkraft ist jedoch ratsam. Am Ende werden die Spielenden aufgefordert, kurze Fragen zu beantworten, um das Gelernte zu wiederholen bzw. zu reflektieren: „Welche Daten sollte man nicht im Internet angeben?“, „Wo und warum habt ihr euch mit Viren angesteckt?“, „Wer waren die Fremden bei Junait und was wollten sie?“ Diese Antworten bilden bei der durch die Lehrkraft geleiteten Auswertung die Diskussionsgrundlage zur (medien-) pädagogischen Intervention. Die Pädagoginnen und Pädagogen sind selbst nicht in das Ziel eingebunden, können aber im „Lehrkraftbereich“ die Aktivitäten der Schülerinnen und Schüler verfolgen. Der Spielelogik liegt ein hoher Grad an Handlungsorientierung zugrunde, was nicht nur der Förderung von Medienkompetenz zuträglich ist, sondern das Spiel auch aus handlungspraktischer Sicht alltagsnah erscheinen lässt.
Die Vorbereitungszeit für Lehrkräfte ist verhältnismäßig hoch und liegt bei zirka vier Stunden. Das Spiel muss zunächst komplett durchgespielt werden. Andererseits wird mit den mitgelieferten Auswertungshilfen die abschließende Reflexion und Diskussion gut vorbereitet, eigene Recherchen sind nicht notwendig. Nachteilig am Spielkonzept ist zu werten, dass die Nutzung vor allem nur für stationäre Endgeräte (PCs in der Schule) begrenzt ist – eine mobile Version als App ist nicht verfügbar. Zudem können die bearbeiteten Folien nicht heruntergeladen oder modifiziert werden – ein Einstieg in das Lernspiel ist ebenfalls nicht variabel gestaltbar, sondern folgt einer strengen Chronologie. Hilfreich wäre darüber hinaus, wenn reale aktuelle Beispiele aus sozialen Netzwerken eingebunden worden wären.
„Junait, das Medienkompetenzspiel. Im Unterricht den Umgang mit Sozialen Medien lernen“, so der vollständige Titel, richtet sich an Schülerinnen und Schüler von acht bis 12 Jahren. Ein vollständiger Spielzyklus dauert zwischen 50 und 90 Minuten. Das Spiel wurde 2017 im Rahmen des Grimme-Online Awards mit dem klicksafe-Anerkennungspreis geehrt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband vergibt für das Spiel die Gesamtbewertung „Gut“. Junait ist ein Projekt, das sich seit über 20 Jahren mit der Entwicklung von Plan- und Simulationsspielen im gesellschaftspolitischen Kontext befasst. Dieses Bildungsangebot wurde von Ein Netz für Kinder und vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert
Marko Junghänel: GigaSchule – oder, wenn Sprache verräterisch ist
Was haben die Elbphilharmonie in Hamburg, die Lkw-Maut und etwa 90 Schulen im Landkreis Offenbach gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts. Beim genaueren Hinsehen zeigt sich, dass diese Projekte als sogenannte Public Private Partnership-Vorhaben (PPP) geplant und realisiert wurden. Das Zusammenwirken von privatem und öffentlichem (public) Sektor scheint zum bevorzugten Lösungsmodell für alle Kämmerer und Finanzminister geworden zu sein. ‚Betroffen‘ sind nicht mehr nur Infrastrukturprojekte von den heilsbringenden Versprechungen der PPP-Befürworter. Unternehmen – vor allem solche, die global agieren – setzen vehement ihren Fuß in die Tür des „Bildungs-Markts“, die Schulaufwandsträger oder hoheitlich wirkende Institutionen zuvor bereitwillig geöffnet haben. Und in der Medienpädagogik? Auch hier wächst die Zahl der Initiativen, Projekte, Wettbewerbe oder Stipendien, die durch Unternehmen ausgelobt werden, um – in Kooperation mit neutralen und damit reputationsfähigen kommunalen/staatlichen Trägern – das Thema Kinder, Jugendliche und Medien zu bearbeiten, bestehende Defizite auszugleichen oder gar den Fachdiskurs zu ‚befördern‘. Was soll daran auch schlecht sein, wenn Vodafone die GigaSchule sucht und prämiert? Warum sollten Kinder und Jugendliche nicht lernen, wie man codiert? Code your Life – Programmieren für die Zukunft nennt sich das entsprechende Programm, bei dem unter anderem der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft, die Initiative Deutschland sicher im Netz oder der Verein n-21: Schulen in Niedersachsen online federführend agieren. Oder warum sollte Microsoft mit seinem Project Zanzibar nicht eine interaktive Spiel- und Lernmatte auf den Markt bringen? Man kann in diesem Zusammenhang das Grundgesetz bemühen, in dem formuliert ist, dass das Schulwesen – und damit Bildung – unter der Aufsicht des Staates steht. Noch greifbarer wird die Sache allerdings, wenn als Aufgabe des Staates formuliert wird, dass es zu dessen zentralen Aufgaben gehört, für Chancengleichheit – also auch für gleiche Chancen im Bereich Bildung – zu sorgen. Das alles wird kein privatwirtschaftliches Unternehmen leisten können und wollen – auch wenn es in seinen Corporate Social Responsibility (CSR)- oder Nachhaltigkeitsrichtlinien von einer wirtschaftlichen Spielart der „good governance“ spricht. Der Aspekt, dass Unternehmen vorrangig unternehmerische Interessen verfolgen und nicht Beschleuniger von Medienkompetenz sind, soll an dieser Stelle weitgehend unkommentiert bleiben. Verantwortung aber einfach abgeben? Nicht im Bereich der Bildung, nicht bei der Zusicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse, nicht beim Versprechen, gleiche (Bildungs-)Chancen für alle zu schaffen. Singuläre Projekte wie Googles „Zukunftswerkstatt“ mögen sinnvoll sein. Wenn die Nutzung allerdings voraussetzt, zunächst eine Vielzahl persönlicher Daten abzugeben, muss spätestens an dieser Stelle die medienpädagogische Zunft aufschrecken und den Staat an seine Pflichten erinnern. Fazit: Projekte mit Vorbildcharakter in Zusammenarbeit zwischen öffentlich und privat – ja, gern, wenn dabei die inhaltliche Deutungshoheit beim öffentlichen Partner bleibt. Eine dauerhafte Finanzierung und Etablierung von Bildungsangeboten durch Unternehmen – nein, danke.