Nadia Kutscher
Zur Person
Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektkoordinatorin des Kompetenzzentrums Informelle Bildung an der Fakultät für Pädagogik der Universität Bielefeld. Arbeitsschwerpunkte: Jugendhilfeforschung, Internetforschung, Soziale Arbeit, Bildungsforschung, Jugend und Internet.Beiträge in merz
Nadia Kutscher: Digitalisierung der Sozialen Arbeit
Digitale Medien spielen in verschiedenen Kontexten Sozialer Arbeit zwischen Adressatinnen und Adressaten, Fachkräften und Organisationen eine zunehmende Rolle. Dabei sind sowohl ‚Alltagsmedien‘ wie soziale Netzwerke und Apps als auch Fachsoftware im Bereich der Fallbearbeitung relevant. Diese Entwicklungen betreffen ‚klassische‘ Fragen von Professionalität und werfen auch neue ethische wie pragmatische Fragen für alle Akteurinnen und Akteure auf. Der Beitrag umreißt Entwicklungen und Herausforderungen für Fachlichkeit in der Sozialen Arbeit unter den Bedingungen von Digitalisierung.
Literatur:
Bundesjugendkuratorium (2016). Digitale Medien – Ambivalente Entwicklungen und neue Herausforderungen in der Kinder- und Jugendhilfe. Stellungnahme des Bundesjugendkuratoriums. www.bundesjugendkuratorium.de/assets/pdf/press/BJK_DigitaleMedien_Web.pdf [Zugriff: 20.06.2017].
Digital Manifest (2015). Das Digitale Manifest. www.spektrum.de/thema/das-digital-manifest-algorithmen-und-big-data-bestimmen-unsere-zukunft/1375924 [Zugriff: 07.07.2017].
Dolinsky, Hillary Rose/Helbig, Natalie (2015). Risky Business: Applying Ethical Standards to Social Media Use with Vulnerable Populations. In: Advances in Social Work, 16 (1), S. 55–66.
GMK/KBoM (2017). Digitale Datenerhebung und –verwertung als Herausforderung für Medienbildung und Gesellschaft. Ein medienpädagogisches Diskussionspapier zu Big Data und Data Analytics. www.keine-bildung-ohnemedien.de/wpcontent/uploads/2014/06/bigdata_diskussionspapier_gmk_kbom.pdf [Zugriff: 20.06.2017].
Kutscher, Nadia (2015). Mediatisierung der Kinder- und Jugendhilfe – Herausforderungen der digitalen Gesellschaft für professionelle Handlungskontexte. In: Arbeitsgemeinschaft für Kinder und Jugendhilfe – AGJ (Hrsg.), Gesellschaftlicher Wandel – Neue Herausforderungen für die Kinder- und Jugendhilfe?! Berlin, S. 39–58.
Kutscher, Nadia/Farrenberg, Dominik (2014). Teilhabe und soziale Kompetenz durch die Nutzung von digitalen Medien: Herausforderungen für die Kinder- und Jugendpolitik. Expertise zum 10. Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung NRW. www.mfkjks.nrw/sites/default/files/asset/document/10-kjbnrw-expertise-kutscher_farrenberg_u.a.pdf [Zugriff: 06.07.2017].
Kutscher, Nadia/Ley, Thomas/Seelmeyer, Udo (2015b). Mediatisierung Sozialer Arbeit im Horizont sozialpädagogischer und technikbezogener Theorieperspektiven. In: Kutscher, Nadia/Ley, Thomas/Seelmeyer, Udo (Hrsg.) ,Mediatisierung (in) der Sozialen Arbeit. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren, S. 281–298.
Kutscher, Nadia/Ley, Thomas/Seelmeyer, Udo (2014). Mediatisierte Lebens- und Arbeitswelten. Herausforderungen der Sozialen Arbeit durch die Digitalisierung. In: Blätter der Wohlfahrtspflege, 3, S. 87–90.
Kutscher, Nadia/Otto, Hans-Uwe (2014). Digitale Ungleichheit – Implikationen für die Betrachtung medialer Jugendkulturen. Überarbeitete Fassung. In: Hugger, Kai-Uwe (Hrsg.) ,Digitale Jugendkulturen. 2., überarb. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 283–298.
Ley, Thomas/Seelmeyer, Udo (2014). Dokumentation zwischen Legitimation, Steuerung und professioneller Selbstvergewisserung. Zu den Auswirkungen digitaler Fach-Anwendungen. In: Sozial Extra, 38 (4), S. 51–55.
Reamer, Frederic G. (2013). Social Work in a Digital Age: Ethical and Risk Management Challenges. In: Social Work, 58 (2), S.163–172.
Zorn, Isabel/Seelmeyer, Udo (2016). Digitale Technologien in der Sozialen Arbeit. Zur Notwendigkeit einer technischen Reflexivität. In: Der pädagogische Blick, 23 (3), S. 134–146.
Nadia Kutscher/Lisa-Marie Kreß: Medienhandeln von Geflüchteten als Praxis informeller Bildung
Digitale Medien sind in der Lebenswelt unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter sowohl während der Flucht als auch im Aufnahmeland Deutschland fest verankert. Neben jugendtypischen Nutzungsweisen spielen informelle Bildungspraktiken mit digitalen Medien eine wichtige Rolle für das (Über-)Leben der jungen Menschen. Vor diesem Hintergrund zeigen sich entsprechende Anforderungen an pädagogische Angebote.
Literatur:
Alam, Khorshed/Imran, Sophia (2015). The digital divide and social inclusion among refugee migrants. A case in regional Australia. In: Information Technology & People, 28 (2), S. 344–365.
Betts, Alexander (2014). Introduction: Refugees and innovation. In: Forced Migration Review, supplement 2014:Innovation and refugees. www.fmreview.org/innovation/ betts.html [Zugriff: 11.08.2016].
Europäische Kommission (2007). EU Research on Social Sciences and Humanities. Children in Communication about Migration. cordis.europa.eu/docs/publications/ 1001/100124371-6_en.pdf [Zugriff: 11.08.2016].
Gillespie, Marie/Ampofo, Lawrence/Cheesman, Margarte/Faith, Becky/Iliadou, Evgenia/Issa, Ali/Osseiran, Souad/Skleparis,Dimitris (2016). Mapping Refugee Media Journeys. Smartphones and Social Media Networks. Research Report. www.open.ac.uk/ccig/sites/www.open.ac.uk.ccig/files/ Mapping%20Refugee%20Media%20Journeys%2016%20 May%20FIN%20MG_0.pdf [Zugriff: 20.07.2016].
Karstedt, Susanne (2004). Linking Capital. Institutionelle Dimension sozialen Kapitals. In: Kessl, Fabian/Otto, Hans-Uwe (Hrsg.), Soziale Arbeit und Soziales Kapital. Zur Kritik lokaler Gemeinschaftlichkeit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 45–62.
Kölner Flüchtlingsrat e. V. (o. J.) Asyl in Deutschland. Die Anhörung [Film]. www.asylindeutschland.de/de/film-2 [Zugriff 11.08.2016].
Koons, Stephanie (2015). IST researchers explore technology use in Syrian refugee camp. Penn State News. http:// news.psu.edu/story/350156/2015/03/26/research/istresearchers- Explore-technology-use-syrian-refugee-camp [Zugriff: 20.07.2016].
Kutscher, Nadia (2003). Informelle Bildung und digitale Spaltung. In: Spektrum Freizeit: Informelle Bildung. Sonderausgabe 2/2003.
Kutscher, Nadia (2009). Bildungsbenachteiligung von Kindern – Perspektiven für die Eröffnung von Teilhabechancen in informellen und formellen Kontexten. In: Deutsches Kinderhilfswerk e. V. (Hrsg.), Kinderreport 2010. Freiburg, S. 137–156.
Kutscher, Nadia (2015). Mediatisierung der Kinder- und Jugendhilfe – Herausforderungen der digitalen Gesellschaft für professionelle Handlungskontexte. In: Arbeitsgemeinschaft für Kinder und Jugendhilfe – AGJ (Hrsg.), Gesellschaftlicher Wandel – Neue Herausforderungen für die Kinder- und Jugendhilfe?! Berlin, S. 39–58.
Kutscher, Nadia/Kreß, Lisa-Marie (2015). Internet ist gleich mit Essen. Empirische Studie zur Nutzung digitaler Medien durch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Projektbericht in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderhilfswerk. DOI: 10.13140/RG.2.1.1028.8729. bit.ly/1OAnwtI [Zugriff: 11.08.2016].
Leung, Linda/Lamb, Cath Finney/Emrys, Liz (2009). Technology’s Refuge. The Use of Technology by Asylum Seekers and Refugees. Sydney: UTS ePress.
Norris, Pippa (2003). Social Capital and ICTs: Widening or reinforcing social networks? Paper presented at the “International Forum on Social Capital for Economic Revival”, Tokyo, March 2003. www.esri.go.jp/jp/workshop/030325/030325paper6.pdf [Zugriff:11.08.2016].
Otto, Hans-Uwe/Rauschenbach, Thomas (2004). Die andere Seite der Bildung. Zum Verhältnis von formellen und informellen Bildungsprozessen. Wiesbaden: Springer VS.
Nadia Kutscher: „Wie im ganz normalen Leben auch“
Untersuchungen zur Internetnutzung von Jugendlichen zeigen, dass der informelle Kontext des Internets einerseits prinzipiell die Aneignung von Wissen, Kompetenzen und Räumen, andererseits auch die Fortsetzung bzw. Reproduktion sozialer Ungleichheit befördern kann. Es wird gezeigt, wie nonformale und sozial kontextualisierte Bildungsangebote zu mehr Bildungsteilhabe führen könnten und damit zumindest teilweise eine Reproduktion gesellschaftlicher Stratifizierung überwinden helfen. In vorliegendem Beitrag werden Bildungstheorien auf der Basis dieser Ergebnisse diskutiert und Thesen zu einem differenzierten Bildungsverständnis im Kontext Neuer Medien entwickelt.
New research on the internet use of young people shows that the informal context of the internet facilitates the appropriation of knowledge, capabilities and space on the one hand but it forces the reproduction of social inequality within the medium (“digital inequality”) on the other hand. Nonformal educational services could lead to more educational participation and reduce at least partially the reproduction of social stratification. In this article learning theories will be discussed based on empirical results and theses are being developed for a differentiated understanding of education in the context of new media.
Norbert Kutschera: Fernsehen im Kontext jugendlicher Lebenswelten
Norbert Kutschera: Fernsehen im KOntext jugendlicher Lebenswelten. Eine Studie zur Medienrezeption jugendlicher auf der Grundlage des Ansatzes der kontextuellen Mediatisation. Kopäd Verlag, München 2001, 560 Seiten, DM 59,00Kutscheras Studie verfolgt ein breites Spektrum von Zielsetzungen, das sich nicht nur auf ihre empirischen Befunde sondern gleichermaßen auf die analytische Durchdringung des thematisch-inhaltlichen Bezugsfelds, den methodologischen Hintergrund und die aus der Untersuchung abzuleitenden Erkenntnis für die Verbesserung und Intensivierung der medienpädagogischen Praxis konzentriert. Dieser Veröffentlichung liegt eine Dissertation zugrunde, die wegen ihres theoretischen Niveaus, innovativen Methodendesigns und ihrer Praxisrelevanz mit einem Förderpreis der Universität der Bundeswehr München ausgezeichnet wurde.Ein nicht unerheblicher Wert der Arbeit liegt in der Grundsatzdiskussion wissenschaftstheoretischer und methodologischer Probleme der aktuellen Medienrezeptions- und -wirkungsforschung, die im ersten Hauptteil geleistet wird und die in die Entwicklung eines eigenen Forschungsansatzes einmündet.
Der zweite Hauptteil der Studie ist der Darstellung der komplexen empirischen Untersuchung gewidmet, deren mehrdimensionales qualitativ-quantitaves Design ausführlich methodisch begründet und in ihrem Ablauf nachvollziehbar dargelegt wird. Im dritten, auf die medienpädagogische Praxis orientierten KOmplex werden vor dem Hintergrund eingeführeter medienpädagogischer Konzepte die Konsequenzen diskutiert, die sich aus der Studie im Hinblick auf Revision und Innovation der derzeitigen schulischen Medienerziehung ergeben.Dem Grundverständnis einer alltags- und lebensweltorientierten Medienpädagogik folgend, befragt Kutschera zunächst die bestehenden Modelle der Medienwirkungs- bzw- Medienrezeptionsforschung, ob und wieweit diese für sein eigenes Vorhaben Relevanz besitzen, um nach ihrer kritischen Reflexion den eigenen Untersuchungsansatz theoretisch zu fundieren.Ausgehend von den früheren klassischen Modellen der monokausal ausgerichteten Medienwirkungsforschung zeichnet Kutschera den Paradigmenwechsel von der quantitaiven zur qualitativen Medienrezeptionsforschung in seinen Ursachen und Konsequenzen nach und befasst sich besonders eingehend mit aktuellen Ansätzen der deutschen Medienforschung, wonach Medienwirkungen jeweils das multikausale Ergebnis individueller, medialer und gesellschaftlicher Faktoren sind und Medienaneignung nur im Kontext dieser Interaktionen gesehen werden kann.
Aber auch die wesentlichsten internationalen Ansätze der Medienrezeptionsforschung, wie sie mit den British Cultural Studies und den amerikanischen New Audience Studies vorliegen, fließen in die Theoriediskussion und damit in das mehrdimensionale Untersuchungskonzept der kontextuellen Mediatisation erkenntnisleitend ein. Darunter versteht Kutscheraeinen vielschichtigen erkenntnistheoretischen und forschungsmethodologischen Zugang zur Aufdeckung lebensweltbedingter Rezeptionsstile, der ein komplexes Instrumentarium aufeinander bezogener quantitativer und qualitativer Untersuchungssegmente umfasst, in dessen Zentrum die Annahme steht, dass Perzeption, Rezeption und Aneignung medialer Aussagen von jeweils unterschiedlich ausgeprägten Kompetenzen abhängen,- die entwicklungs, alters- und geschlechtsspezifische Aspekte aufweisen,- die situations- und sozialspezifisch determiniert sind,- die sich durch medien- und genretypische Abhängigkeiten kennzeichnen.es handelt sich bei seinem Modell um einen Ansatz, der von einer quantitativen Exploration des Untersuchungsgegenstandes über eine kriteriengeleitete Auswahl von Mediennutzungs- und Rezeptionsweisen in die lebensweltlichen Kontexte Jugendlicher vordringt, um auf dieser qualitativen Ebene Rezeptions- und Aneignungsmuster aufzudecken und zu erklären.
Das Ergebniskapitel bringt in seinem quantitativen Teil Grundlagendaten zur allgemeinen Mediennutzung und zur Fernsehrezeption nach schulart- und geschlechtsspezifischen Kriterien sowie Angaben zur Art und Qualität der schulischen Medienerziehung aus Schülersicht. Dabei kommt eine starke Unzufriedenheit der Schülerinnen und Schüler mit der an Hauptschulen und Gymnasien praktizierten Medienpädagogik zum Ausdruck, die in methodisch-didaktischer Hinsicht erhebliche Defizite aufweist und selten an den Medieninteressen und Rezeptionsforschung der Schülerinnen und Schüler orientiert ist.Aus den Einzelfalluntersuchen ergeben sich breit gefächerte Ergebnisse über die Einflüsse von Geschlecht, Familie, Peer-group und Schulbesuch auf de individuelle Medienrezeption und -aneignung. Hier weist Kutschera u.a. schulartspezifische Unterschiede nach, die sich vor allem in einer höheren kontextuellen Rezeptionskompetenz der Gymnasiasten äußern, wodurch diese weit eher in der Lage sind, Fernsehinhalte so in ihre Lebenswelt zu integrieren, dass sie alltagstauglich werden und nicht zu einer durch Medien verzerrten Sicht des Alltags führen.Im Schlusskapitel versucht der Verfasser die Ergebnisse in die Konzeption einer rezipientenorientierten Medienerziehung einzubringen.
Er verbindet dies mit der aktuellen Medienkompetenzdiskussion, die danach fragt, welche Qualifikationen beim jugendlichen Mediennutzer aufgebaut werden müssen, damit dieser aus der passiv erduldeten Einflusssphäre der Medien herausfindet. Kernpunkte seiner Forderung sind eine an den Medieninteressen der Schüler ausgerichtete Medienpädagogik und die Förderung kontextueller Rezeptionskompetenz, für die er konkret ausformulierte Bausteine zum Praxiseinsatz vorschlägt.
Otto, Hans-Uwe / Kutscher, Nadja: Informelle Bildung online. Perspektiven für Bildung, Jugendarbeit und Medienpädagogik
Thematisiert wird in diesem Band erstens das Verhältnis zwischen formeller und informeller Bildung und die Bedeutung von PC und Internet in diesem Zusammenhang. Eng daran geknüpft ist das zweite Themenfeld des sog. Digital Divide, bei dem neben der Diskussion um die Zugangsbedingungen zu PC und Internet zunehmend auch soziodemographische Faktoren berücksichtigt werden, im Besonderen der Faktor Bildung und die sozioökonomische Lage. Zum dritten angesprochen ist mit der Diskussion um den Einsatz von digitalen Medien in der Bildung auch das Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden, bei dem nicht mehr so eindeutig identifiziert werden kann, wer von wem lernt bzw. lernen kann. Der vorliegende Band vereint Beiträge, die aus unterschiedlichen Perspektiven diesen Themenkomplex beleuchten, und nimmt sich vorrangig der Zielgruppe sozial benachteiligter Heranwachsender an. Er bietet damit wertvolle Anregungen für ein Feld, das es aus medienpädagogischer Sicht – sowohl in der Praxis als auch in der Forschung – zu bearbeiten gilt. Otto, Hans-Uwe; Kutscher, Nadja (2004) (Hrsg.). Informelle Bildung online. Perspektiven für Bildung, Jugendarbeit und Medienpädagogik.
Juventa Verlag. Weinheim und München, 199 S., 19 €