Dana Neuleitner
Vita
- 2018 Praktikantin in der Redaktion der merz
- 2018-2021 Studentische Hilfskraft in der Redaktion der merz
Aktivitäten
Studium "Medien und Kommunikation" an der Uni Passau.
Beiträge in merz
Dana Neuleitner: Wie lernen Schüler*innen heute?
Kinder und Jugendliche halten es für besonders wichtig, den Umgang mit Computer, Internet, Handy oder Tablet zu lernen. Zusammen mit Englischkenntnissen landet diese Kategorie bei der Studie ‚Wie lernen Kinder und Jugendliche?' mit 59 Prozent auf dem zweiten Platz. Nur Rechtschreib- und Grammatikkenntnisse werden von den Zehn- bis 16-Jährigen als wichtiger eingeschätzt.
Dabei ist allerdings zu beachten, dass die befragten Schüler*innen der Medienkompetenz keine so große Bedeutung beimessen: Lediglich 23 Prozent sind der Ansicht es sei wichtig, über Informationen aus Medien wie Fernsehen und Internet urteilen zu können. Dieses Vermittlungsdefizit könnte dem Ziel, digital mündige Bürger*innen hervorzubringen, im Weg stehen. Rund ein Viertel der Eltern sieht es als ihre Pflicht an, dem Nachwuchs Quellenkompetenz oder kritisches Denken zu vermitteln sowie die Fähigkeit, eine eigene Meinung zu vertreten.
Obwohl Schüler*innen heutzutage durch das Internet Zugang zu vielerlei Informationen haben, gehen 56 Prozent dennoch davon aus, dass es notwendig ist, zu lernen und selbst etwas zu wissen. Der Großteil der befragten Eltern (80 %) ebenso. Doch etwa ein Viertel der Schüler*innen ist, wie acht Prozent der Eltern, anderer Ansicht.
Für Computerspiele begeistern sich besonders Jungen, während Mädchen sich mehr für Tiere, Mode und Kosmetik interessieren. Filme, Serien und Musik sind dafür bei beiden Geschlechtern beliebt. Das Digitale bevorzugen Jungen im Vergleich auch mehr beim Lernen. Insgesamt ziehen es 41 Prozent der Heranwachsenden bzw. 49 Prozent der Jungen und 32 Prozent der Mädchen vor, an Laptop und Co. zu lernen, wohingegen 30 Prozent der Schüler*innen bzw. 23 Prozent der Jungen und 37 Prozent der Mädchen sich lieber analog mit Buch, Papier und Stift Wissen aneignen. Hier ist festzuhalten, dass das Digitale mit dem Alter an Zustimmung gewinnt. So lernen insgesamt 35 Prozent der Zehn- bis Zwölfjährigen und 45 Prozent der 15- bis 16-Jährigen lieber digital.
Die repräsentative Studie wurde vom Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Deutsche Telekom Stiftung durchgeführt. Befragt wurden 1.000 Zehn- bis 16-Jährige sowie 500 Eltern der Altersgruppe bis Anfang März 2020. Zu diesem Zeitpunkt herrschten noch keine pandemiebedingten Schulschließungen, weshalb sich keine Rückschlüsse auf das Lernen innerhalb des Distance Schoolings ableiten lassen.
Dana Neuleitner: Bluesky: Twitters neuer Social-Media-Standard
Mit dem geplanten offenen und dezentralen Social-Media-Standard Bluesky will Twitter die Zukunft Sozialer Medien verändern. Twitter-Gründer Jack Dorsey verspricht sich Lösungsmöglichkeiten zu verschiedenen Herausforderungen – bessere Möglichkeiten etwa bei der Moderation von Inhalten sowie eine vereinfachte Durchsetzung weltweiter Richtlinien. Durch das Open-Source-Projekt könnten der Mikroblogging-Dienst und andere Mitglieder der Branche dezentralisiert werden. Soziale Netzwerke wie Twitter oder Facebook sind auf der Infrastruktur eines Betreibers aufgebaut, nicht auf offenen Protokollen. Jack Dorsey kritisiert in diesem Zusammenhang die Empfehlungsalgorithmen der Plattformen: Der Wert von Sozialen Medien verlagere sich weg von Hosting und der Entfernung von Inhalten hin zu Aufmerksamkeit-lenkenden Algorithmen. Wie Dorsey via Twitter anmerkt, seien diese in der Regel proprietär, weswegen es bisher nicht möglich sei, Alternativen zu wählen oder zu entwickeln. Bluesky soll hier Abhilfe schaffen und durch offene Empfehlungsalgorithmen eine gesunde Diskussionskultur fördern. Gleichzeitig ergibt sich so für Twitter oder andere denkbare Clients die Möglichkeit, die Verantwortung für problematische Inhalte auf Bluesky abzuwälzen. Die Responsibilität für Hate Speech oder Desinformation würde auf den dezentralen Standard ausgelagert werden. Für die Konstruktion von Bluesky soll daher ein kleines, bis zu fünfköpfiges Entwicklerteam betraut werden. Die Technologie soll möglicherweise auf Blockchain fußen und mehr Wettbewerb und Innovation begünstigen. Angesichts der Tatsache, dass Twitter nicht der einzige Mikroblogging-Dienst ist, der auf einen offenen Standard setzen möchte, ist das Vorhaben an sich nicht besonders innovativ: Das 2016 vom deutschen Programmierer Eugen Rochko entwickelte Soziale Netzwerk Mastodon baut auf dem offenen, dezentralen Protokoll ActivityPub auf. Mastodon erlaubt seinen Nutzenden, von verschiedenen Servern aus direkt miteinander zu agieren und Mikroblogging zu betreiben. International gesehen ist es jedoch weitgehend unbekannt. Von Seiten Mastodons wird Dorsey vorgeworfen, er sei lediglich bestrebt, seine Macht weiter auszubauen. Bisher ist noch nicht beschlossen, ob das Bluesky-Team existierende offene Standards erweitern oder einen gänzlich neuen entwerfen soll.
www.twitter.com/jack/status/ 1204766078468911106
Dana Neuleitner: Alle auf einen. Wenn der Hass das Netz bestimmt
Der Bildschirm bleibt schwarz, lediglich schemenhaft eingeblendete Icons verschiedener Plattformen sind zu sehen, während Schülerinnen und Schüler die scheinbar nicht enden wollenden Botschaften vorlesen: „Ab ins Paddelboot mit denen, die sich nicht an unsere Regeln halten!“, „Heul‘ nicht rum, geh sterben!“ Wenn sich Heranwachsende im Internet bewegen, sehen sie sich bisweilen mit ähnlichen Beleidigungen oder Kommentaren konfrontiert. In Sozialen Netzwerken ist Diskriminierung keine Seltenheit mehr. Bereits in der ersten Minute der Filmreihe Alle auf einen wird das Bewusstsein der Rezipierenden für die Konfrontation mit Diffamierungen und Hetzkommentaren geschärft. Die Filmreihe des Medienprojekt Wuppertal beschäftigt sich mit dem Umgang junger Internetnutzender mit Hass, Hetze und Beleidigungen im Netz. Werden Ergebnisse einer Untersuchung von Campact e. V. hinzugezogen, ist davon auszugehen, dass im Jahr 2019 die Gruppe der 18- bis 24-Jährigen besonders häufig mit Hate Speech in Kontakt gekommen ist, was die Relevanz des Themas unterstreicht. Es drängt sich die Frage auf, ob es sich noch um Soziale Netzwerke oder eher um ‚Asoziale Hetzwerke‘ handelt, wie der Titel des ersten Beitrags von Alle auf einen propagiert?! In 15 Beiträgen widmen sich junge Filmschaffende in 185 Minuten den Beweggründen hinter dem Online-Handeln: Zwei dokumentarische Kurzfilme geben Auskunft über Hate Speech im politischen Kontext sowie über Cybermobbing. Schülerinnen und Schüler, Studierende, eine Aktivistin sowie Expertinnen und Experten sprechen über ihre Erfahrungen mit Hassreden. Sie geben aus verschiedenen Perspektiven Lösungsmöglichkeiten für Betroffene und indirekt betroffene Bystander. Durch das Einbringen ihrer Erfahrungen wird deutlich, welchen Konfrontationen aktive Onlinerinnen und Onliner in Sozialen Netzwerken ausgesetzt sind. So wird unter anderem die Befürchtung laut, durch Gegenrede könne man selbst zur Zielscheibe werden. Den persönlichen Einschätzungen der Befragten – wie etwa, dass Twitter oder YouTube die am meisten mit Hate Speech belasteten Sozialen Netzwerke seien – könnten jedoch weitere Überprüfungen in Form eines Faktenchecks folgen. Zum Einstieg definiert Anna-Lena von Hodenberg, Leiterin von HateAid, Hate Speech. Dabei erweitert sie gängige Definitionen von Hassrede um persönliche Beleidigungen. Hier spiegelt sich die Problematik in der Verwendung des Begriffs: Es existiert bisher keine rechtlich verankerte Definition, weswegen sich eine Rechtsprechung schwierig gestaltet. Spannende Einblicke bietet Medienpädagoge Heiko Wolf, der verbreitete Strategien von Hatern und Trollen anhand des Internet-Handbuchs Shitposting 1×1 erklärt. In diesem werden Haterinnen und Hater explizit animiert, sich am Trollen oder Ähnlichem zu beteiligen. Hieraus ergeben sich mögliche Ansatzpunkte für die (medien-) pädagogische Praxis, für die Sensibilisierung von Schülerinnen und Schülern oder auch die Analyse von Fallbeispielen. Mit aktuellen Bezügen und prominenten Beispielen, wie den Hassattacken gegenüber Klimaaktivistin Greta Thunberg oder den Twitter-Anfeindungen Donald Trumps, bietet die Filmreihe hohen Aktualitäts bezug, der gleichzeitig einen leichten Zugang zu Hass und Hetze in den Sozialen Medien bereitstellt. Im Anschluss werden in einem Straßeninterview junge Einwohnerinnen und Einwohner Wuppertals zu ihren Erfahrungen mit Hate Speech befragt. Dabei kristallisiert sich zum einen heraus, dass viele der Befragten der Hassrede im Netz durchaus kritisch gegenüberstehen. Andererseits geben einige Passantinnen und Passanten zu, sich selbst auch im Internet beleidigend zu äußern: „Wenn ich mal gehatet hab, dann auf Tellonym. Ist normal“, kommentiert beispielsweise eine Schülerin; wie schwerwiegend ihre Kommentare waren, bleibt im Verborgenen. Diese empfundene Normalität lässt aufhorchen. Nicht nur wird die bloße Anwesenheit von Hate Speech durch die ausbleibende Einordnung gewissermaßen toleriert, sondern diese selbst auch unreflektiert weiterverbreitet. Etwas irritierend erscheint, dass die Interviewfragen teilweise nicht eingeblendet und damit nicht nachvollziehbar werden. Etwas kritischer setzt sich das Format einer fiktiven Night Show mit Hass auseinander. Hier treffen ein YouTuber und dessen Hater aufeinander. Da sich die beiden weder im Internet noch in der realen Welt unter Kontrolle haben, kommt es zur Eskalation. Nur die Erfindung Hate Buster 3000 kann noch Abhilfe schaffen. Die Lösung: Die Beteiligten werden in den Stummmodus überführt. Im ‚echten‘ Leben müssen die Beteiligten aber wohl vorerst mit den Funktionen Blockieren und Löschen auskommen. Alle auf einen gelingt es, in vier Kurzfilmen verschiedene Aspekte von Beleidigungen, Verleumdungen und Hate-Speech-Kommentaren im schulischen Kontext nachzuspielen. Die Konflikte werden dabei nicht nur in der Offline- sondern auch in der Online-Welt ausgetragen. Unangebrachte Inhalte in Klassenchats – wie Volksverhetzung oder Beleidigungen – erfahren derzeit große mediale Aufmerksamkeit. Diesbezüglich wäre ein zusätzlicher Hinweis auf rechtliche Folgen für die dargestellten Szenarien denkbar gewesen. Den Abschluss bilden ein Musikvideo sowie vier Interviews mit Expertinnen und Experten. Hier werden unter anderem das Beratungsangebot HateAid (mehr hierzu S. 52 f. in dieser Ausgabe) und das kostenfreie Onlinetraining LOVEStorm vorgestellt. Die Filmreihe ist offiziell mit der Altersfreigabe FSK 0 gekennzeichnet. Bei der Auseinandersetzung mit jüngeren Kindern ist dennoch zu bedenken, dass potenziell verstörende manipulierte Bilder – wie eine erhängte Greta Thunberg – zu sehen sind und unter anderem in den Kurzfilmen zahlreiche Beschimpfungen fallen. Alle auf einen schafft einen überzeugenden Überblick zu Hate Speech und setzt sich auf Augenhöhe mit Heranwachsenden und angrenzenden Themen wie Cybermobbing oder Filterblasen auseinander. Manchmal kommt es jedoch zu Vermischungen, weil die Begriffe nicht immer klar voneinander abgegrenzt werden. So wird der Begriff ‚Hate‘ in den Kurzfilmen beispielsweise etwas inflationär verwendet, was die Frage aufwirft, wo Hass eigentlich beginnt und endet. Hier liefert Nils Viefs (Universität Marburg) eine hilfreiche Unterscheidung zwischen ‚Hass‘ als affektive Emotion und deren strategischem Transport durch Hassrede. Diese kann bei Diskussionen eine gute Grundlage bieten und könnte auch Heranwachsenden nähergebracht werden. Spannend ist in diesem Zusammenhang auch das Experiment seiner Studierenden, in dem untersucht wird, ob und wie schnell Test-Accounts durch Äußerung politischer Einstellungen via Facebook durch die Funktionsweise des Algorithmus mit Hass-Kommentaren in Berührung kommen. Die einzelnen Filmbeiträge stehen für sich und bauen nicht aufeinander auf. Eine getrennte Behandlung etwa in der Sekundarstufe I in Sozial- oder Gemeinschaftskunde ist daher nicht nur denkbar, sondern drängt sich geradezu auf.
Dana Neuleitner: Kann ich meinen Augen noch trauen? Im Zeitalter digitaler Bildbearbeitung
Kaum ein Foto wird heute noch online gestellt, ohne vorher in Kontakt mit Bildbearbeitungsprogrammen wie Photoshop oder Instagram zu kommen. Einen anderen Hintergrund einfügen, ein störendes Detail herausretuschieren – die Möglichkeiten sind beinahe unbegrenzt. Dass das Manipulieren von Fotos jedoch schon länger existiert als Instagram und Co., zeigt die Lehr-DVD Manipulation von Bildern anhand historischer Beispiele. Was damals nur Fachleuten möglich war, ist heute beinahe schon ein Kinderspiel. Da viele der so entstandenen Bilder täuschend echt aussehen, ist es wichtig, bereits Schülerinnen und Schüler in dieser Hinsicht zu sensibilisieren. „Wir glauben gerne, was wir sehen“ – mit diesem Satz beginnt das Lehrvideo von didactmedia. Im Folgenden wird jedoch bald klar, dass man seinen Augen nicht immer trauen sollte: Anschaulich wird in etwa 16 Minuten erläutert, wie Bilder inszeniert, manipuliert oder in einen falschen Zusammenhang gestellt werden, um Rezipientinnen und Rezipienten zu täuschen. Dieser Vorgang wird mit Hilfe von historischen und aktuelleren Bildern gut verständlich erklärt. Den Einstieg bildet im Kapitel ‚Manipulieren und falsch darstellen‘ ein Videoausschnitt, der eine Gruppe von Kindern zeigt, eine Person ist dabei etwas abseits. Der O-Ton wird in zwei Varianten gegeben: Die erste Version ist eine Berichterstattung über eine Schülergruppe, die beim Talentwettbewerb Jugend forscht gewonnen hat, die zweite Cybermobbing. Die gezeigte Szene eignet sich aufgrund der Nähe zum Schulalltag gut für eine Einführung in die Materie. Die Vertiefung geschieht durch die geschichtlichen Beispiele eines Propagandafotos der Nationalsozialisten zur Verharmlosung des Überfalls auf Polen 1939 und eine manipulierte Aufnahme aus der Sowjetunion, bei der zwei in Ungnade Gefallene wegretuschiert wurden. Den Schülerinnen und Schülern wird dabei jeweils kurz erklärt, worin die Beweggründe hinter den Manipulationen lagen. Im Anschluss werden Täuschungsversuche aus der Vergangenheit eingeblendet; sowohl anhand des nationalsozialistischen Propagandafilms Theresienstadt, anhand retuschierter Bilder aus der DDR als auch am Beispiel einer Broschüre der Thüringer Landesregierung zum Besuch des damaligen Präsidenten der USA, Bill Clinton. Die bearbeiteten Fotos werden jeweils ihren Originalen gegenübergestellt und in ihren Bedeutungszusammenhang gesetzt. Die Lehr-DVD gewährleistet so auf spannende Weise, dass die Schülerinnen und Schüler einen Einblick in die weitreichenden Zusammenhänge erhalten. Wie groß die Wirkungsmacht der Bilder ist, wird insbesondere im Kapitel ‚Bilder führen Krieg‘ eindrucksvoll dargestellt. Hier wird beispielsweise auf den Auslöser des Golfkriegs, das Mädchen ‚Nayirah‘, eingegangen. Die 15-Jährige hatte 1990 vor laufenden Kameras ausgesagt, dass irakische Soldaten kuwaitische Säuglinge aus ihren Brutkästen geholt und hingerichtet hätten. Die Macht der Bilder führte zur Entscheidung, gegen den Irak in den Krieg zu ziehen. Erst später wurde bekannt, dass es sich lediglich um eine PR-Kampagne handelte, um die amerikanische Bevölkerung von einem Krieg gegen den Irak zu überzeugen. Hier wird verdeutlicht, welchen Einfluss die Darstellung des Materials auf die Glaubwürdigkeit besitzt und dass auch Erwachsene der Macht der Bilder unterliegen. Den Produzierenden gelingt es gut, die Rezipierenden dafür zu sensibilisieren, die Interessen der Absenderinnen bzw. Absender von Bildern zu hinterfragen. Denn wer abschätzen kann, aus welchen Beweggründen ein Foto oder Video veröffentlicht wird, dem wird es auch leichter fallen, das Material einzuordnen. Im folgenden Kapitel lernen Schülerinnen und Schüler, welche (politischen) Interessen und Quellen zu beachten sind. Der Film beschreibt, welche Medien über Demonstrationen in Russland oder einen Hungerstreik syrischer Flüchtlinge vor dem griechischen Parlament (nicht) berichteten und nennt Beispiele, anhand derer sichere Internetquellen identifiziert werden können. Dies bietet einen guten Ansatz für Lehrkräfte, um weitere Erkennungsmerkmale sicherer und unsicherer Quellen herauszuarbeiten. Es wird auch erwähnt, dass etwa die Sperrung von Internetseiten in China zum Alltag gehört. Die dahinter liegenden Beweggründe werden jedoch nicht im Detail beschrieben, sodass vor allem Rezipierende mit ausreichend Hintergrundwissen zum eigenständigen Nachdenken angeregt werden. Mit denjenigen, die diese Verbindungen (noch) nicht verstehen, sollte an gegebener Stelle eine begleitete Einordnung erfolgen. In der letzten Einheit werden Bilder erneut kritisch hinterfragt und die angesprochenen Möglichkeiten der Manipulation wiederholt. Zur Festigung des Gelernten wird außerdem der Arbeitsauftrag gegeben, mit Bildern eine eigene Kampagne zu einem selbstgewählten Thema zu entwickeln. An den Lehrfilm schließen sich Materialien für den Unterricht an. Hierzu gehört ein sehr umfangreiches Glossar. Allerdings entstammt der Großteil der Definitionen Wikipedia-Artikeln, was dem eigentlichen Anliegen der Sensibilisierung für seriöse Quellen widerspricht. Des Weiteren finden sich – neben einer nicht besonders umfangreichen Bildergalerie – fünf Arbeitsblätter, die nach dem Film bzw. den einzelnen Sequenzen bearbeitet werden können. Hierbei ist darauf zu achten, dass manche Aufgaben für jüngere Kinder zu anspruchsvoll sein könnten. Hierzu gehört etwa, ein Foto von sich in historische Szenen zu integrieren. Auch interaktive Aufgaben sind im Umfang enthalten. So sind die Schülerinnen und Schüler hier angehalten, zu kurzen Filmsequenzen einen Lückentext auszufüllen und dabei zwischen manipulierten und authentischen Bildern zu unterscheiden. Diese Aufgaben bieten sich zwar zur Selbstreflexion an, die Ergebnisse können allerdings nicht an die Lehrkraft weitergegeben werden, wodurch diese keinen Einblick in die Lernfortschritte erhält. Durch das Sichtbarmachen verschiedener Manipulationen schärft das Lehrvideo den kritischen Blick der Rezipientinnen und Rezipienten und fördert so die Medienkompetenz der Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte. Wünschenswert wäre, dass auch Beispiele der letzten Jahre aufgegriffen worden wären. Gleichzeitig ergibt sich hier eine Anschlussstelle für weitere Unterrichtsstunden etwa in der Sekundarstufe I, wofür sich insbesondere die hilfreiche Liste mit weiterführenden Links eignen würde. Durch die zahlreichen historischen Beispiele ist etwa der Einsatz im Geschichtsunterricht denkbar. Aufgrund der Wichtigkeit der Materie könnte die Lehr-DVD aber grundsätzlich auch beispielsweise im Sozialkundeunterricht und anderen Fächern verwendet werden.
Dana Neuleitner: Weber, Patrick/Mangold, Frank/Hofer, Matthias/Koch, Thomas (Hrsg.) (2019). Meinungsbildung in der Netzöffentlichkeit. Aktuelle Studien zu Nachrichtennutzung, Meinungsaustausch und Meinungsbeeinflussung in Social Media. Baden-Baden: Nomos.
Das Internet ist eine unendlich groß scheinende Informationsquelle, in dem wir überflutet werden mit den neuesten Erkenntnissen, Klatsch und Tratsch, (Falsch-)Meldungen und Meinungen aus aller Welt. Doch welche Informationen werden tatsächlich wahrgenommen? Wie bewusst oder unbewusst entscheiden wir uns für die Rezeption bestimmter Artikel oder Kommentare? Und wie geschieht Meinungsbildung in der Netzöffentlichkeit? Unter anderem mit diesen Fragen setzt sich Meinungsbildung in der Netzöffentlichkeit auseinander, unterteilt in drei Blöcke: Nachrichtennutzung auf Facebook, Meinungsartikulation sowie Meinungsbeeinflussung und -macht in der Netzöffentlichkeit. Der Begriff Meinungsbildung ist allerdings sehr breit gefasst – von der Wahrnehmung über die Bildung bis hin zur Artikulation eigener sowie kollektiver Einstellungen. Anstatt alle Aspekte anzusprechen ist das Ziel der Publikation, herauszuarbeiten, auf welche die kommunikationswissenschaftliche Rezeptions- und Wirkungsforschung momentan ein besonderes Augenmerk legt. Um einen Eindruck zu vermitteln, inwiefern sich die öffentliche Kommunikation seit den 1990er-Jahren verändert hat, differenzieren Weber und Mangold fünf Analysedimensionen und erweitern somit die von Neuberger aufgestellten Dimensionen; verwirrend ist in diesem Einleitungskapitel, dass zwar von fünf Dimensionen gesprochen wird, jedoch nur vier kenntlich gemacht werden. Dennoch schafft dieses Grundlagen - und Übersichtskapitel eine gute Basis für die folgenden Studien – und liefert viele weiterführende Verweise auf andere Autorinnen und Autoren, die sich beispielsweise mit Disintermediation oder Journalism Bypassing beschäftigen. Im ersten Block der Publikation steht Facebook im Fokus der Studien. Beginnend mit einer Untersuchung der Zufälligkeit der Nachrichtennutzung wird in zwei qualitativen Studien herausgearbeitet, welche Nutzenden wie auf welche Nachrichten treffen, und welche sie wahrnehmen. Damit schließt der Band eine Lücke, da Studien bisher nur das Potenzial von Social Media bei der beiläufigen Nachrichtennutzung fokussiert hatten. Ein interessanter Aspekt dabei ist, dass Facebook offenbar häufig einen exklusiven oder primären Zugang für regionale Nachrichten bietet und oftmals bei Eilmeldungen eine erste Quelle darstellt. Auch die große Bedeutung von Bildern bei der Aufmerksamkeitsgenerierung wird herausgestellt. Doch trotz des Ergebnisses, dass Nutzende durch Nachrichten auf Facebook nicht besonders gut informiert werden, widmet sich der Großteil des Bandes insbesondere diesem Sozialen Netzwerk. Wenn darüber hinaus davon ausgegangen wird, dass Facebook Wissensklüfte durch zufällige Nachrichtenkontakte nicht schließen kann, wäre interessant gewesen zu erfahren, ob andere Soziale Netzwerkdienste hier Abhilfe schaffen könnten. Die Beiträge rund um die Nachrichtennutzung auf Facebook ergänzen sich – trotz einiger inhaltlicher Redundanzen – aber insgesamt gut und liefern wichtige Informationen, die dabei helfen können, das entsprechende Nutzungsverhalten auf der Plattform zu verstehen und den Wert der vermeintlichen Nachrichtenrezeption einzuschätzen. Der zweite Block beschäftigt sich mit der Artikulationsbereitschaft im Zuge der Migrationsdebatte sowie dem Einfluss der Beziehungsnähe zum Publikum auf politische Meinungsäußerungen. Im Rahmen der zusammengetragenen Studienergebnisse wird herausgestellt, dass die Wirkweise der Schweigespirale auch in Verbindung mit Social Media durchaus von Bedeutung ist. Das zeigt sich am Beispiel der Migrationsthematik, die monatelang durch Diskussionen begleitet wurde. Echokammern dagegen würden im öffentlichen Diskurs sehr überschätzt. Demnach hielten sich politisch Moderate sowieso nicht in ihnen auf. Die beiden Beiträge widmen sich somit vorwiegend kommunikationswissenschaftlichen Theorien und den Reaktionen in Bezug auf politische Themen, während andere gesellschaftliche Bereiche, wie Netzkultur, nicht genauer beleuchtet werden. Die Studienergebnisse lassen dazu die Befürchtung aufkommen, dass sich insbesondere politisch Extreme in Sozialen Medien bewegen, miteinander vernetzen und mit ihren Beiträgen das Meinungsklima verzerren. Ein weiteres interessantes Ergebnis umfasst die Auswirkung des Publikums auf die Kommunikation, etwa auf preisgegebene Informationen oder dem sprachlichen Stil, die Nähe zu ihm, aber nicht auf das Äußern politischer Meinungen auf Facebook. Schließlich werden Influencer-Marketing sowie die Methode der Meinungsbeeinflussung und damit verbundene Chancen und Risiken, Quellenglaubwürdigkeit und wahrgenommene Machtverhältnisse aufgegriffen. Hier finden Lesende auch informative theoretische Grundlagen, wie etwa zu parasozialen Interaktionen und Produktplatzierungen, die helfen, die Beliebtheit und den Erfolg der Influencerinnen und Influencer zu verstehen. Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass Glaubwürdigkeit und negative bzw. positive Schlagzeilen auch das Image durch sie beworbener Produkte oder Marken signifikant verschlechtern bzw. verbessern können. Die aufgegriffenen Studien leisten dadurch einen Beitrag, die noch wenig vorhandene Literatur hierzu zu bereichern. Abgeschlossen wird der Band durch einen Beitrag zu Machtverhältnissen in der öffentlichen Meinungsbildung und der Frage, ob etwa die Macht menschlicher Akteurinnen und Akteure in Anbetracht von Social Bots geringer wird. Die in diesem Band versammelten Studien fußen auf der Jahrestagung der Fachgruppe Rezeptions und Wirkungsforschung der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) aus dem Vorjahr und bieten einen guten Überblick über Nachrichtennutzung, Meinungsartikulation und Meinungsbeeinflussung. Dank vieler Grafiken und Tabellen sind die Ergebnisse gut nachvollziehbar. Wünschenswert wäre es gewesen, abseits von Facebook und Instagram weiteren Social-Media-Angeboten ähnlich viel Beachtung zu schenken. Insgesamt bietet Meinungsbildung in der Netzöffentlichkeit Anreize für die Kommunikationswissenschaft, für den Journalismus und die öffentliche Kommunikation. Aber auch Medienpädagoginnen und -pädagogen erhalten wertvolle Informationen – beispielsweise zur Beeinflussung durch Influencerinnen und Influen cer.
Dana Neuleitner: Ahrens, Jörn (2019). Überzeichnete Spektakel. Inszenierungen von Gewalt im Comic. Baden-Baden: Nomos. 338 S., 64 €.
Krach, Zisch, Päng! In den bunten Bilderwelten von Comics geht es oft ziemlich rasant zu. Seit langer Zeit werden sie mit Gewalt assoziiert. Der Kultursoziologe Jörn Ahrens setzt sich in seinem Band Überzeichnete Spektakel mit den Inszenierungen von Gewalt in Comics auseinander und stellt fest: Eine überzogene Darstellung ist das zentrale Wesensmerkmal eines Comics und zeichnet das Genre aus. Auf diese Weise kann der Comic mit den Grenzen zwischen Fiktionalität und Realität spielen. In der Studie untersucht der Autor etwa Frank Millers Sin City, Winshluss‘ Pinocchio und die Arbeiten von Baru und Hermann Huppen. Als Grundlage seiner Untersuchung widmet er sich zunächst den Begriffen ‚Bild‘ und ‚Medium‘ sowie den zentralen Elementen ‚Spektakel‘, ‚Gewalt‘ und ‚Ästhetik‘. Dabei befasst er sich mit den bereits Mitte des 20. Jahrhunderts kritischen gesellschaftlichen Positionen gegenüber dem Genre Comic. Den Lesenden wird über relevante Zäsuren bezüglich einer Verknüpfung von Gewalt und Comic mit Hilfe von spannenden geschichtlichen Ausführungen und weiteren Forschungsansätzen ein Überblick geboten. Die Kapitel sind sehr ausführlich und behandeln auch Titel abseits des Mainstreams. An passenden Stellen werden relevante Auszüge aus den besprochenen Comics eingebracht, welche die Aussagen des Autors belegen, allerdings der notwendigen Präsenz eines Comics nicht gerecht werden. Zur besseren Nachvollziehbarkeit wären zudem kurze Zusammenfassungen der ausgewählten Comics hilfreich, wenngleich der Autor auch nach und nach notwendige Informationen über das Geschehen in den entsprechenden Erläuterungen einfließen lässt. Ahrens widmet sich einem bisher vergleichsweise wenig beachteten Forschungsgebiet und bietet etwa Medienwissenschaftlerinnen bzw. -wissenschaftlern die Möglichkeit, sich intensiver mit dem Thema Gewalt in Comics, aber auch mit den formalen und medienimmanenten Gegebenheiten samt Realitätsnähe von Comics auseinanderzusetzen. Hier ergeben sich Ansatzpunkte für Medienpädagoginnen und -pädagogen, die Lesenden helfen können, diesen Unterschied zu erkennen. dn
Dana Neuleitner: Hauser, Stefan/Opilowski, Roman/ Wyss, Eva L. (Hrsg.) (2019). Alternative Öffentlichkeiten. Soziale Medien zwischen Partizipation, Sharing und Vergemeinschaftung. Bielefeld: transcript. 318 S., 29,99 €.
Die öffentliche Kommunikation erfährt durch Soziale Medien und deren Veränderungen einen Strukturwandel. Mit den so entstandenen alternativen Öffentlichkeiten beschäftigt sich die Publikation. Die in diesen Sphären herrschenden verschiedenen Arten des Teilens sowie des Teil-Seins werden in den Beiträgen hinsichtlich privater, öffentlicher und politischer Kommunikation untersucht. Dabei besitzen diese Öffentlichkeiten eine große Macht, da sie beispielsweise politische Akteurinnen und Akteure unter Druck setzen können. In diesem Band widmen sich die Autorinnen und Autoren strukturellen Fragen dieser Handlungsräume unter den Gesichtspunkten der neuen Nutzungsentwicklungen und der sprachlichen Ausgestaltung. Besonders hervorzuheben für den medienpädagogischen Bereich sind die Beiträge zur Debatte über Machtmissbrauch und Sexismus im Internet unter #MeToo sowie zur Trauerarbeit in Sozialen Netzwerken und Blog-Plattformen. Letztere lassen annehmen, dass Trauer vermehrt in der Öffentlichkeit ausgedrückt wird – Sprachlosigkeit würde in den auf Mitteilung basierenden Sozialen Medien demnach wohl nicht akzeptiert werden. Daneben bietet auch die Untersuchung zur Interaktionsvermeidung durch Mediennutzung in der Öffentlichkeit einen interessanten Anreiz, die vermeintlich verbindenden digitalen Medien im Sinne Goffmans aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Inwieweit wird beispielsweise das Smartphone genutzt, um mich mit der Öffentlichkeit nicht zu vernetzen, sondern von ihr abzugrenzen? Dagegen widmet sich ein weiterer Beitrag der Teilhabe durch Soziale Medien, beispielsweise für Selbsthilfegruppen, die sich in „leichter Sprache“ besser wahrnehmbar machen können. Dies stellt ein im Zuge der Inklusion bedeutungsvollen Aspekt dar, der hier gerne etwas ausführlicher hätte behandelt werden können. Der Band zeigt auf, welche zentrale Rolle dem Internet bei der Entstehung von Gemeinschaften zukommt und vereint viele interessante Ansätze. Er richtet sich vor allem an Medienlinguistikerinnen bzw. -linguistiker und Sozial- und Kulturwissenschaftlerinnen bzw. -wissenschaftler. Aufgrund des Spektrums verschiedener Zugänge zum Forschungsgebiet finden sich auch Anhaltspunkte für andere Interessierte. dn
Dana Neuleitner: KonterBUNT – Kontern gegen Stammtischparolen
Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung (2019). KonterBUNT. App für iOS und Android. kostenfrei. USK 12.
Ein sonniger Tag in der Stadt könnte so schön sein, würde man nicht an jeder Ecke auf Stereotype und Stammtischparolen treffen. So geht es zumindest den Spieler*innen der App KonterBUNT. Zwischen den farbenfrohen Gebäuden, die dem Namen der App alle Ehre verleihen, wimmelt es nur so vor Aussagen wie „Homosexualität ist ansteckend!“ oder „Sinti und Roma gehören alle abgeschoben!“. Wie soll man da nur reagieren? Genau das will die App der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung zeigen. User*innen sollen Hilfestellungen erhalten, anhand derer sie Argumentationsstrategien ausprobieren und konstruktive Argumente sammeln können.
Im Minispiel begeben sich die Spieler*innen auf einen Stadtrundgang zu verschiedenen Schauplätzen: Angefangen zwischen Spielplatz und Supermarkt werden die Nutzenden etwa zu einer Bushaltestelle oder einer Bar gelotst, wo sie mit unterschiedlichen Parolen konfrontiert werden. Die Zuordnung von Themen zu gewissen Orten lässt sich dabei nicht immer nachvollziehen, beispielsweise spielt Sexismus beim Besuch der KonterBUNT-Disco keine Rolle. Pro Minilevel warten vier virtuelle Pöbler*innen darauf, innerhalb einer Minute gekontert zu werden. Dabei sind pro Parole vier Antwortmöglichkeiten gegeben. Ziel des Spiels ist es, die richtige Antwort zu finden, und so dem im oberen Bildrand dargestellten „Gegner“ den bestmöglichen Konter zu bieten. Je nach Qualität der Antwort ändert sich dessen Stimmung: Wandert der Zeiger durch gute Antworten in den grünen Bereich, können Spieler*innen die Diskussion für sich entscheiden. Rutscht die Stimmung aber durch unpassende Äußerungen in den roten Bereich ab, eskaliert das Gespräch und die Spieler*innen müssen das Level wiederholen.
Nach acht Zwischenstationen, bei denen sich die Parolen leider ziemlich schnell wiederholen, folgt schließlich der Endgegner: die Familienfeier. Hier geht es besonders hoch her, denn während bisher jeweils Parolen aus meist zwei Themenbereichen bewältigt werden mussten, prasseln hier Aussagen aus allen Feldern auf einen ein. Daneben wird auch der Zeitdruck erhöht: Sieben Aussagen müssen in 40 Sekunden gekontert werden.
Die Spieler*innen müssen sich mit Äußerungen aus acht verschiedenen Themengebieten gegen verschiedene Teile der Gesellschaft behaupten – sei es aufgrund ihrer (sozialen) Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, gewisser Eigenschaften oder ihres Glaubens. Auf diesen Ebenen will die App Anregungen für Nutzende bieten, die sich mit Vorurteilen dieser Kategorien auseinandersetzen wollen, und Tipps für Reaktionen auf ähnliche Kommentare erhalten möchten. Sie können Argumentationsstrategien und Argumente in einem geschützten Umfeld ausprobieren. Auch wenn die Antwortmöglichkeiten vorgegeben sind, können sie sich so einen Überblick verschaffen, welche funktionieren könnten. Denn dass die Antworten der App nicht in jeder Situation und gegenüber jeder*m Gesprächspartner*in die richtigen sein mögen, wird nie behauptet. Es kann schließlich auch nicht davon ausgegangen werden, dass die aufgezeigten Parolen den Spieler*innen genauso beim echten Stadtspaziergang oder der nächsten Familienfeier unterkommen. Doch mithilfe der in der App beschriebenen Strategien werden Nutzende sensibilisiert und könnten den Mut fassen, sich der nächsten Äußerung von Hetze, Hass oder Vorurteilen kritisch gegenüber zu stellen – und sie nicht einfach unbeantwortet im Raum stehen zu lassen. Ähnliche Argumente könnten entkräftet und der Frieden bei Familienfeiern oder dergleichen durch Strategien wie das ‚Brückenbauen‘ oder den Verzicht auf Belehrungen bzw. den moralischen Zeigefinger gewahrt werden.
Die Anzahl der jeweiligen Beispiele ist mit fünf bis sieben begrenzt, und bietet somit nur einen kleinen Einblick in mögliche prekäre Szenarien. Dass nicht alle Stammtischparolen aufgeführt werden, ist verständlich. In der Kategorie Sexismus wäre es jedoch wünschenswert, wenn nicht nur gegenüber Frauen, sondern auch auf Männer bezogene Stereotype eingebaut worden wären. Ebenso wären im Bereich Klassismus nicht nur abwertende Aussagen gegenüber der sozialen Unterschicht, sondern auch gegenüber höhergestellten Personen denkbar. Daneben sind die Grenzen zwischen den Bereichen Ablehnung von Geflüchteten und Rassismus nicht trennscharf.
KonterBUNT bietet nicht nur mögliche Konter, sondern nebenbei auch Anstoß zur Reflexion der Lebensumstände der Parolenverbreitenden und versorgt die Nutzenden mit hilfreichen Hintergrundinformationen. Bei Kontern ist in der Realität jedoch zu beachten, dass Hetze und Co. differenzierter ausfallen können als sie in der App dargestellt werden, und Schlagfertigkeit kein Indiz für das stichhaltigere Argument ist.
Dass die App nicht bei jeder*m Nutzenden auf Zufriedenheit stößt, lässt sich aus den Rezensionen erahnen: Im Google Play Store etwa erreicht die App lediglich eine Bewertung von 2,3 von 5 Sternen, was auf eine hohe Anzahl von Bewertungen zurückzuführen ist, bei denen ein Stern vergeben wurde. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass viele entsprechende Kommentare befürchten, die App diene der Wahlbeeinflussung, Meinungsmache oder „Hetze gegen Andersdenkende“.
Die App, deren gesamtes Angebot auch ohne Download auf der zugehörigen Website abrufbar ist, wurde für ihren Beitrag zu einer toleranten Demokratie 2019 mit dem Pädagogischen Medienpreisausgezeichnet. Die Website bietet zusätzlich vertiefende Informationen und weiterführende Quellen, etwa zu Rassismus und dessen Entstehung. Während der Einsatz der App in Alltagsdiskussionen nicht denkbar ist, könnte sie theoretisch bei Online- Diskussionen verwendet werden.
Von der KonterBUNT-App können übrigens nicht nur Heranwachsende ab zwölf Jahren profitieren, sondern auch Erwachsene können auf dieser Basis ihre Argumentationsstrategien auf den Prüfstand stellen, kritisch hinterfragen und erweitern.
Dana Neuleitner: KryptoKids. Datenschutz spielerisch erklärt
Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW (2020). KryptoKids. App für iOS. Kostenfrei.
Ein weißer Krake mit roten Augen flimmert über den Bildschirm. Seine Fangarme bewegen sich wild, als er verkündet, alle Geheimnisse der Zuschauer*innen zu kennen – dann sind nur noch Pixel zu sehen. Gerade noch hat die Nachrichtensprecherin eröffnet, dass eine Hackergruppe deutschlandweit personenbezogene Daten gestohlen hat, da hat diese auch schon die Fernsehübertragung lahmgelegt. Nun liegt es an den KryptoKids, die Daten zurückzuholen, ehe die Kriminellen sie für ihre Zwecke missbrauchen und an die Höchstbietenden verkaufen.
Dieses Szenario bildet den narrativen Grundstein der App KryptoKids, die den Spieler*innen Medienkompetenz im Bezug auf Datenschutz vermitteln möchte. Inzwischen ist es beinahe allen Kindern möglich, zuhause auf das Internet zuzugreifen. Gerade deshalb ist es wichtig, bereits diese junge Zielgruppe für das Thema zu sensibilisieren. Anders als bei anderen Apps, die sich in der Regel an ältere Kinder und Jugendliche richten, soll hier bereits Acht- bis Zwölfjährigen der richtige Umgang mit Passwörtern und eigenen Daten nahegelegt werden. Dafür setzt die Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW in Kooperation mit Entwickler*innen des Gluon Studios auf ein Abenteuerspiel, das aus drei Kapiteln besteht. Diese bauen aufeinander auf und führen die Heranwachsenden mit niedlichem, farbenfrohem Gamedesign durch die Themenbereiche ‚Datenschutz‘, ‚Datensicherheit‘ sowie ‚Datenspuren und Hacking‘. Die Teilnehmenden werden dabei von den KryptoKids um Hilfe gebeten, die gestohlenen Daten zurückzuholen.
Nach einer einleitenden animierten Videosequenz und einer kurzen Erklärung der spielinternen Apps, zu denen beispielsweise ein E-Mail-Postfach, ein Wiki und ein Scanner gehören, sollen im ersten Teil der Detektivgeschichte die gestohlenen Daten gefunden werden. Diese werden mit Hilfe der Kamera in einer Augmented-Reality-Umgebung eingefangen und deren Wert auf dem Schwarzmarkt geschätzt – wer hier gut aufpasst, kann sich allerdings die bereits angezeigten Lösungen für die nächsten Runden merken. Das zweite Kapitel beschäftigt sich zunächst mit der Sicherheit durch Updates, eine Firewall oder ein Antivirus-Programm, wobei sich die Spieler*innen prinzipiell einfach durchklicken können, ohne über die Botschaft dahinter nachzudenken.
Komplizierter wird es erst bei der Verschlüsselung von Daten. Veranschaulicht wird dieser komplexe Bereich mit der einfachen symmetrischen Cäsar-Verschlüsselung, wie sie laut Überlieferung bereits der gleichnamige Feldherr verwendete. Hier ist besonders viel Konzentration gefragt, denn es muss nicht nur ein neues, sichereres Passwort statt des bisherigen Passworts „admin“ gefunden und mit der Cäsar-Scheibe codiert werden, sondern nach einem kleinen Rätsel auch eine Nachricht der DatenKraken dechiffriert werden. Diese Verschlüsselungstechnik nimmt entsprechend viel Raum innerhalb der App ein und wirkt dadurch etwas repetitiv. Für ein sicheres Passwort in der Realität ist diese Technik nicht unbedingt notwendig, sie kann jedoch dafür dienen, bei der jungen Zielgruppe ein Grundverständnis für Kryptographie zu schaffen. Anschließend folgt das zweite AR-Minispiel, in dem die Spieler*innen die durch kleine Dreiecke dargestellten Daten in eine Box feuern müssen, welche nach erfolgreicher Mission verschlossen wird. Diese AR-Elemente machen Spaß, da sie die Umgebung mit ins Spiel holen und etwas Action gefragt ist. Die Bedeutung der Verschlüsselungsaufgabe rückt nach dem Spielspaß jedoch etwas in den Hintergrund. Das dritte Kapitel gestaltet sich im Vergleich einfacher, obwohl die KryptoKids nun von den Hacker*innen angegriffen werden, die sich durch eine realitätsnah mit Rechtschreibfehlern und Dateianhang ausgestattete, betrügerische E-Mail Zugang erschlichen haben. Denn sobald einige Viren durch Drauftippen und -schießen in der Augmented Reality erledigt wurden, können die Hacker*innen endlich über ihre IP-Adresse ausfindig gemacht werden.
KryptoKids besticht mit einer kindgerechten Herangehensweise an ein komplexes Thema, das gut heruntergebrochen und dadurch für Pädagog*innen leichter vermittelbar wird. Durch den Einbau in eine narrative Ebene innerhalb des Spiels werden die sonst trockenen Inhalte nachvollziehbarer und ansprechender – wenn man die App nicht bloß durchspielt, sondern die Inhalte in einem pädagogischen Rahmen präsentiert bekommt. Darauf weisen auch die Herausgeber*innen selbst auf ihrer Webseite hin. Dort finden sich zahlreiche Begleitmaterialien, welche für den Einsatz der App zum einen nötig sind, das Erlebnis zum anderen aber auch nachhaltig erweitern können. Dazu gehören etwa Quizkarten, Marker für die AR-Elemente sowie eine ausführliche Handreichung mit ergänzenden Fragen und Gruppenspielen. Hieraus folgt auch, dass die App nicht ohne die Hilfe von Erwachsenen sinnvoll nutzbar ist, die Aufgabenstellung manchmal nur durch die Handreichung transportiert wird, und diese Vorgänge viel Vorbereitungsaufwand erfordern. Deswegen ist ihr Einsatz eher für außerschulische Aktivitäten, etwa in Jugendzentren, oder für ganze Projekttage statt in einzelnen Unterrichtsstunden denkbar.
Der App gelingt es, auf reduzierte Weise viele Bereiche des Themas Datenschutz anzusprechen und Verständnis für die Wichtigkeit von Datenschutz zu entwickeln, wobei die nachhaltige Vermittlung durch eine pädagogische Begleitung erreicht werden muss. Das integrierte Wiki ist mit kurzen, verständlichen Erklärungen ausgestattet, die eine oder andere Vokabel aus dem Spiel, wie Datensicherheit oder Geokoordinaten, taucht jedoch nicht auf. Ein mögliches Hindernis für die Verwendung der App ist, dass sie bisher nur für iOS-Geräte erhältlich ist. Die Ausstattung mit iPads ist allerdings längst nicht in allen Schulen, vor allem Grundschulen, Standard. Das Projekt bietet jedoch die Möglichkeit, Koffer mit Tablets und dem ergänzenden Spielmaterial gegen einen Aufpreis zu leihen oder auch eine*n Medienpädagog*in hinzuzuziehen. Die Mischung aus Spieleinheiten mit der App und einer genaueren Auseinandersetzung in der Gruppe verspricht viel Abwechslung und die Chance, Kinder in ihrer kompetenten Mediennutzung zu fördern. Schließlich sollte ihnen bestenfalls bereits bei der ersten Nutzung von Smartphone, Tablet und Co. zumindest in den Grundzügen bewusst sein, wie sie sich und ihre Daten schützen können.
Dana Neuleitner: Wirksamkeit von Gegenrede
Zivile Gegenrede im Internet funktioniert. Zum ersten Mal konnte dies ein Forscher*innenteam des Santa Fe Institutes und des Max Planck Instituts anhand einer umfangreichen Studie zeigen. Demnach helfe organisierte Gegenrede dabei, polarisierte und hasserfüllte Diskurse sowie individuelle Diskussionen auszugleichen.
Als Grundlage dienten Hasskommentare des rechtsextremen Netzwerks Reconquista Germanica sowie organisierte zivile Gegenrede der von Jan Böhmermann ins Leben gerufenen Gegeninitiative Reconquista Internet (RI). Während Hassrede durch Algorithmen vergleichsweise leicht erkennbar ist, mangelte es bisher an Datensätzen zur Erkennung von Gegenrede. Untersucht wurden nun unter anderem Antwortbäume basierend auf Tweets von Nachrichtenunternehmen, bekannten Journalist*innen und Blogger*innen sowie Politiker*innen, die sich politisch auf Twitter äußern und Ziel von Hassrede waren. Darunter etwa Medienformate wie Tagesschau und Spiegel Online oder auch öffentliche Personen wie Dunja Hayali oder Cem Özdemir. Die Mehrheit dieser Konversationen enthielt sowohl Hass- als auch Gegenrede. Bevor RI aktiv wurde, war der Anteil an Hassrede recht stabil, wobei deren Extremität beständig zunahm. Nach der Gründung von RI änderte sich das Bild: Der Anteil an neutraler Rede und Gegenrede nahm zu, während sowohl Anteil als auch Ausprägung der Hassrede die folgenden Monate über abnahm. Das weist darauf hin, dass Gegenrede zu einem ausgeglicheneren Diskurs führen kann. Bei der Interaktion von Hass- und Gegenrede zeigte sich jeweils über einen sechsmonatigen Zeitraum vor und nach der Gründung von RI im April 2018, dass zunächst bereits auf einen kleinen Anteil an Hassrede mehr Hass und eine Unterdrückung von Gegenrede folgte. Sobald viel Hassrede gepostet wurde, nahm Gegenrede zu und Hassrede ab. Nach der Gründung von RI zog Gegenrede weniger Hassrede nach sich. Zusätzliche Gegenrede wurde angeregt.
Über 135.000 Twitter-Konversationen zwischen 2013 und 2018, etwa zu Wahlen und Migration, ergaben das bislang größte Korpus zu diesem Untersuchungsgebiet. Dafür wurden Millionen Tweets der Mitglieder gesammelt und daraus Trainingssätze erstellt, an denen Classifier getestet wurden. Deren Ergebnisse wurden stichpunktartig mit von Menschen klassifizierten Tweets abgeglichen. Die Studie zeigt das Potenzial automatisierter Methoden für die Evaluation von koordinierter Gegenrede bei der Stabilisierung von Konversationen in Sozialen Medien.
Dana Neuleitner: ARD/ZDF Onlinestudie 2019
Die mobile Internetnutzung ist weiterhin auf einem hohen Niveau: 90 Prozent der Unter- 50-Jährigen nutzen das Internet zumindest gelegentlich von unterwegs, 37 Prozent davon täglich. Das sind Ergebnisse der ARD/ZDFOnlinestudie2019. Der Anteil der 14- bis 29-Jährigen liegt mit 69 Prozent dabei deutlich über dem Durchschnitt. Insgesamt nutzen 71 Prozent der Befragten das Internet jeden Tag, wobei dessen mediale Inhalte durchschnittlich 87 Minuten lang konsumiert werden. Die Gruppe der 14- bis 29-Jährigen hält sich nahezu geschlossen (98 %) täglich im World Wide Web auf. Die Zahl der Onlinerinnen und Onliner ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken. Mit 89 Prozent bzw. 62,9 Millionen der Deutschsprachigen ab 14 Jahren hält sich das Niveau allerdings weiterhin hoch. Mit fünf Prozentpunkten verzeichnet insbesondere die Gruppe der 60- bis 69-Jährigen den größten Zuwachs (54 %), in den anderen Altersgruppen treten nur leichte Schwankungen auf. Vor allem Kommunikation (47 %) und Medienkonsum (41 %) sind beliebt. Für den Aufwärtstrend der medialen Internetnutzung sind Video- und Musik-Streamingdienste verantwortlich. Netflix wird von 13 Prozent der Befragten wöchentlich genutzt, dicht gefolgt von Amazon Prime (12 %). Dazu kommen Videos in Mediatheken, auf Social-Media-Plattformen oder Nachrichtenportalen. Welches Angebot bevorzugt wird, ist altersabhängig: Video-on-Demand- Angebote werden besonders von 14- bis 29-Jährigen genutzt, während die Älteren Mediatheken den Vorrang geben. Lineares Fernsehen war dennoch auch 2019 noch beliebter als die Online-Variante. Auch bei den Sozialen Medien bleibt der Spitzenreiter unverändert: Trotz negativer Schlagzeilen unter anderem zu Datenpannen sicherte sich Facebook wieder den ersten Platz. Die jüngere Generation bevorzugt jedoch Instagram, die dieses Jahr mit vier Prozentpunkten (13 %) den stärksten Zuwachs an täglichen Nutzenden erreicht hat. Für die Studie wurden von Januar bis April 2019 insgesamt 1.500 Deutschsprachige ab 14 Jahren in computergestützten Telefoninterviews befragt. Durch eine Fusionierung mit den Kerndaten der Massenkommunikation Trends 2019 entstanden insgesamt 2.000 Fälle als Daten basis. Durchgeführt wurde die Studie erstmals vom Institut Kantar.
www.ardzdfonlinestudie.de
Dana Neuleitner: Widerstand in dunklen Zeiten
HandyGames (2020). Through the Darkest of Times. App für Android und iOS. USK 12, 7,99 €.
In einem dunklen Raum sitzen ein paar Menschen um einen Tisch herum. Vor ihnen liegen ein Stadtplan und ein Stapel Zeitungen. Die Stimmung ist gedrückt, denn Deutschland steht Kopf. Die Nationalsozialisten sind an die Macht gekommen und beginnen damit, ihre Ideologien unter das Volk zu bringen. Die Aufgabe der Spieler*innen bei ‚Through the Darkest of Times‘ ist es nun, Mitglieder für eine Widerstandsgruppe zu rekrutieren und verschiedene Missionen gegen die Nazis durchzuführen.
Im Gegensatz zu anderen Spielen geht es in diesem nicht darum, heldenmäßig das Regime zu stürzen, im Krieg möglichst viele Gegner*innen zu töten oder den Zweiten Weltkrieg zu verhindern: Die Spieler*innen nehmen die Rollen normaler Zivilist*innen ein, die ab Hitlers Ernennung zum Reichskanzler 1933 versuchen, von einem Berliner Hinterzimmer aus mit einfachen Mitteln Widerstand zu leisten. In vier Kapiteln werden Machtergreifung, Höhepunkt der Macht, Krieg und Zusammenbruch des Regimes thematisiert. Es müssen Entscheidungen getroffen, Unterstützer*innen gesucht und die Moral der Gruppe gestärkt werden. Am Rundenanfang werden stets drei kurze fiktive Zeitungsartikel eingeblendet, die einzelne zeitliche Ereignisse überblicksartig anschneiden. Hier erhalten die Spieler*innen beispielsweise Details aus den Nachbarländern, die seit dem Geschichtsunterricht möglicherweise nicht mehr allzu präsent sind oder dort nicht behandelt wurden.
Welche Aufgaben im jeweiligen Spielabschnitt zur Verfügung stehen, ist auf dem Berliner Stadtplan zu erkennen. Je nach ausgeführter Handlung erscheinen weitere Optionen, die erfüllt werden können. Das Spektrum reicht von elementaren Tätigkeiten wie Spendensammeln oder Kontakte knüpfen bis hin zu Befreiungsaktionen, Informationsübermittlung ans Ausland, Aufdeckung einer Wunderwaffe oder Angriffen auf SS-Truppen. Das Gefahrenlevel und dadurch mögliche Auswirkungen auf die Gruppe variieren – es gilt, die Fähigkeiten der einzelnen Mitglieder richtig einzusetzen und mit ihren Schwächen und Charaktereigenschaften gut umzugehen. Viele Tätigkeiten bauen aufeinander auf, oft ist aber nicht sofort erkennbar, wo die Vorbereitungen stattfinden müssen, da etwa deren Symbole nicht immer eindeutig zuzuordnen sind.
Das Planen der Aktionen selbst wird immer wieder von Dialogen und Story-Episoden unterbrochen, in denen die Geschehnisse der damaligen Zeit und die Schicksale der einzelnen Figuren besonders in den Fokus rücken. Die zeitlichen Phasen des Nationalsozialismus werden in diesen Sequenzen gut sichtbar und nachvollziehbar. Hier warten teils schwere Entscheidungen auf die Spieler*innen. So kann es beispielsweise zwischen den Gruppenmitgliedern zu Unstimmigkeiten und gegenseitigen Verdächtigungen kommen. Die Spieler*innen stehen etwa vor der Wahl, einen vermeintlichen Spitzel rauszuwerfen, einem verarmten Mitglied die spärlichen Ersparnisse zur Verfügung zu stellen oder einem alten wehrlosen Mann gegen die Braunhemden zu helfen oder sich lieber rauszuhalten. Wie würden die Spieler*innen wohl im echten Leben handeln? Das Spiel regt zum Nachdenken an, ob man diese digitale Zivilcourage auch im realen Alltag beweisen würde. In diesen Zwischensequenzen werden die Alltagsprobleme oft überlagert von düsteren Einblicken in die Taten der Nationalsozialisten. In den comicartigen Einblendungen, die von teils sehr langen Texten begleitet werden, finden beispielsweise die Köpenicker Blutwoche, die Eröffnung der Olympischen Spiele 1936 und ein Bericht zu den Taten des Auschwitz-Lagerarzts Mengele statt. Die dunkel gehaltenen Zeichnungen unterstreichen den Grundton des Spiels. Die Lage erscheint oft aussichtslos, nicht immer kann man helfen. Doch obwohl man eigentlich weiß, dass die kleine Widerstandsgruppe nicht viel an den großen Geschehnissen ändern kann, möchte man dennoch so viel wie möglich bewirken. Jede noch so kleine Entscheidung kann dabei enorme Auswirkungen auf den Spielverlauf und die möglichen Missionen nehmen. Taktisches Geschick und Fingerspitzengefühl sind gefragt, sonst gerät man schnell selbst in Verdacht und gefährdet das Team.
Hin und wieder schleichen sich kleine Logikfehler ein. Zum Beispiel verliert eine Unterstützerin zunächst ihr ungeborenes Kind, bekommt es dann aber doch und manche weiblichen Charaktere werden permanent mit „Herr“ angesprochen. Das Strategiespiel des Berliner Entwickler-Teams Paintbucket Games arbeitet viel mit Vorstellungskraft. In den Dialogen und Story-Sequenzen wird Gewalt zwar im Text beschrieben oder angedeutet, aber höchstens silhouettenhaft verbildlicht. Das ab zwölf Jahren freigegebene ‚Through the Darkest of Times‘ ist dennoch eher für ältere Jugendliche und Erwachsene geeignet – immer vorausgesetzt, die Spieler*innen wollen sich Zeit nehmen für lange Textpassagen und Dialoge. Agiert werden kann in zwei Spielmodi. Sowohl die ‚Erzählung‘ als auch der ‚Widerstand‘ erfordern viel strategisches Denken, wobei letzterer Modus herausfordernder ist, da die einzelnen Entscheidungen größere Auswirkungen haben und die Moral der Gruppe schwerer zu erhalten ist. Auf diese Weise bietet das Spiel für erfahrene Strateg*innen und für Neulinge gleichermaßen Spielerlebnis.
Aufgrund der Länge des Spiels scheint ein Einsatz im Unterricht eher schwer umsetzbar. Eher denkbar wäre die Verwendung zumindest einzelner Kapitel in der offenen Jugendarbeit unter pädagogischer Anleitung. Den Geschichtsunterricht kann das Spiel nicht ersetzen, es bietet aber einen anderen, interaktiven Zugang und zeigt, welcher Druck damals auf den Menschen lastete und welche Anstrengungen sie unternahmen. Spieler*innen können so ihr Wissen auffrischen, vertiefen oder zu weiterer Beschäftigung mit dem Thema animiert werden. Positiv hervorzuheben ist die Herangehensweise an das Thema. Das Fokussieren auf die Schicksale normaler Bürger*innen grenzt ‚Through the Darkest of Times‘ von anderen Videospielen ab, in denen vor allem Weltkriegsabenteuer im Vordergrund stehen. Die Spieler*innen setzen sich mit einer einschneidenden Epoche deutscher Geschichte auseinander, deren Aufarbeitung nie an Relevanz verliert. „Du bist nicht verantwortlich für das, was passiert ist. Aber du bist sicherlich dafür verantwortlich, dass es nicht wieder passiert.“ mit diesen Worten endet das letzte Kapitel und gibt den Spieler*innen einen Denkanstoß und eine Mission für das reale Leben mit auf den Weg. Die App ist sowohl für Android als auch für iOS erhältlich, der Titel kann ebenfalls als Computerspiel erstanden werden.
Dana Neuleitner: Selbstdarstellung von Kindern in Social Media
Auch Kinder wollen sich online präsentieren und zeigen, was sie können und was sie ausmacht. Zu diesem Schluss kommt der Bericht ‚Kinder in Social Media‘ von jugendschutz.net.
Als Zeichen der Beliebtheit gelten auch bei dieser Altersgruppe Likes und Follower*innen. Dennoch greifen Kinder nur selten auf reichweitensteigernde Strategien wie etwa die Nutzung von Hashtags zurück. Stattdessen besteht ihr Netzwerk vor allem aus anderen Kindern oder Freund*innen, in deren Beiträgen sie häufig zu Gast sind. In ihrem Social-Media-Auftritt orientieren sich Kinder besonders an den dort vertretenen Vorbildern und adaptieren deren Verhaltensmuster, zum Beispiel bei der Begrüßung im YouTube-Video oder der Aufforderung, Kommentare oder Likes zu hinterlassen. Auf Instagram finden sich vergleichsweise mehr private Profile. Öffentlich inszenieren sich bzw. ihren Körper vor allem ältere Mädchen. Als übergreifendes Thema lässt sich feststellen, dass Kinder zum Ausdruck bringen, woran sie Spaß haben – Freundschaften, Haustiere oder Hobbys. Dabei offenbaren sich geschlechterspezifische Unterschiede: Jungen posten auf Instagram und TikTok eher Sportbilder und Online-Games und zeigen auf Instagram ihr Können, während bei Mädchen eher deren Äußeres im Fokus steht. Technisch gesehen sind die Inhalte durch die Smartphone-Kameras durchschnittlich guter Qualität, während die kreative Gestaltung eher keine Beachtung findet und auf Filter des Dienstes zurückgegriffen wird.
Obwohl die veröffentlichten Inhalte größtenteils unproblematisch sind, ergeben sich aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit der Kinder dennoch Probleme. Sie verstehen etwa die Themen Datenschutz oder Privatsphäre noch nicht hinrei-chend – die AGB der Anbieter sind ihnen wegen schwieriger Formulierungen keine Hilfe. Solange keine sicheren und attraktiven Social-Media-Angebote für Kinder verfügbar sind, empfiehlt jugendschutz.net Eltern und pädagogischen Fachkräften gemeinsam mit den Kindern einen möglichst unaufgeregten, aber informierten Umgang mit den Plattformen.
Ausgewertet wurden 60 YouTube-Kanäle, 120 TikTok- und 30 Instagram-Profile, die öffentlich zugänglich sind und von deutschsprachigen, augenscheinlich unter 13-Jährigen genutzt werden.
Dana Neuleitner: JIM-Studie 2020
Im Corona-Jahr 2020 ist die Mediennutzung Heranwachsender deutlich gestiegen. Die JIM-Studie 2020 zeigt eine größere technische Ausstattung der Jugendlichen im Vergleich zum Vorjahr. So besitzen nun deutlich mehr einen Computer bzw. Laptop (7 Prozentpunkte) oder ein Tablet (13 Prozentpunkte). Dabei haben Mädchen mit 62 Prozent deutlich häufiger einen Laptop als Jungen (50 %), welche dafür öfter einen Computer ihr Eigen nennen (45 %; Mädchen: 21 %). Laptop oder Computer haben 77 Prozent der Gymnasiast*innen und 64 Prozent der Haupt- und Realschüler*innen. Auch Wearables und Fernsehgeräte mit Internetzugang sind nun stärker vertreten (11 bzw. 14 Prozentpunkte), letztere vor allem bei Haupt- und Realschüler*innen.
Im Bereich der Freizeitgestaltung stellt das Treffen von Freund*innen mit 61 Prozent zwar noch die häufigste Aktivität dar, verliert im Vergleich zum Vorjahr jedoch um 14 Prozentpunkte. Familienunternehmungen und Musik machen gewinnen dafür an Beliebtheit. Die beliebtesten Medienbeschäftigungen in der Freizeit waren Smartphone (93 %) und Internet (89 %) sowie Musikhören (80 %). Insgesamt erleben fast alle Medien einen Anstieg der Nutzungshäufigkeit. Streaming-Angebote können erstmals unmittelbar zum traditionellen Fernsehen anschließen, wobei letzteres erstmals wieder mehr als zwei Stunden pro Tag genutzt wurde. Internetvideos sehen 60 Prozent täglich. Das Fernsehen nutzen 45 Prozent, Streaming-Dienste 35 Prozent. Bücher lesen 15 Prozent jeden Tag, Hörspiele und -bücher hören sieben Prozent und Podcasts sechs Prozent. Bei den häufigsten Medienaktivitäten in der Freizeit lassen sich keine gravierenden geschlechtsspezifischen Differenzen feststellen. Deutliche Unterschiede zeigen sich dagegen bei digitalen Spielen (Mädchen: 56 %; Jungen: 79 %) und dem Lesen von Büchern (Mädchen: 42 %; Jungen: 28 %).
Auch die tägliche Nutzungsdauer stieg deutlich an. Das Internet nutzten die Jugendlichen 2020 etwa 258 Minuten pro Tag (2019: 205 Minuten). Den Großteil der Online-Zeit verbringen sie mit Unterhaltung, elf Prozent mit der Suche nach Informationen. Digitale Spiele nutzen sie täglich 121 Minuten, also 40 Minuten mehr als im Vorjahr – Jungen deutlich länger (159 Minuten) als Mädchen (81 Minuten).
Bei den Kommunikationsdiensten bleibt WhatsApp an der Spitze. Die App verwenden 94 Prozent mindestens mehrmals pro Woche, einen Klassenchat haben dort 87 Prozent der Schüler*innen. Bei den Sozialen Medien Instagram, Snapchat, Pinterest und Twitter lassen sich Steigerungen erkennen, besonders aber bei der Videoplattform TikTok (19 Prozentpunkte mehr als 2019).
Befragt wurden 1.200 Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren in Deutschland.
online-exklusiv: Dana Neuleitner: Corona und das Bildungssystem – Belastung und Lichtblick in einem
Das Jahr 2020 stellte den Alltag auf den Kopf. Lockdowns und die Schließungen von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen zeigen die Wichtigkeit der Digitalisierung und funktionierender Strukturen. Das Lehren und Lernen musste und muss auf neue Weise stattfinden. Während das Zusammenbringen von Digitalisierung und Bildung vielerorts Probleme bereitete, wurde gleichzeitig an Lösungen gearbeitet.
Den vollständigen Beitrag finden Sie hier
Dana Neuleitner: Rocky Beach im Piratenfieber
USM (2020). Die drei ??? – Fluch des Flaschenteufels. Android/iOS 7,99 € bzw. Windows/Mac 19,99 €; USK ab 0 Jahren bzw. ab 6 Jahren.
Seit über 50 Jahren begleiten Die Drei ??? schon junge Leser*innen und Hörer*innen. Seit letztem Jahr können Rätselfans gemeinsam mit den Detektiven den neuen Fall ‚Fluch des Flaschenteufels‘ als App oder Computerspiel lösen. Schauplatz ist – wie sollte es anders sein – Rocky Beach. Als ein seltsamer Übernachtungsgast im Hause Jonas sein Unwesen treibt und Beschwörungen mit einer alten Flasche durchführt, ist für den ersten Detektiv Justus Jonas klar: dem muss auf den Grund gegangen werden!
In der Rolle des ersten Detektivs geht es nun darum, Hinweise zu sammeln, Rücksprache mit den Detektivkollegen Peter Shaw und Bob Andrews zu halten und Onkel Titus und Tante Mathilda zu befragen. Nebenbei gilt es, das Ehepaar Jonas wieder zu versöhnen, denn Justus‘ Tante ist mit der Anwesenheit des ominösen Gastes, der sich nach einer Romanfigur in Robert Louis Stevensons Die Schatzinsel John Silver nennt, äußerst unzufrieden. Bei der Untersuchung des Flascheninhalts kommt ein kleiner Flaschenteufel zu Tage. Bevor die Detektive ihn jedoch genauer untersuchen können, verschwindet Silver und mit ihm die Flasche sowie der Vogel Blacky, ihr Maskottchen. Neben dem verschollenen Gast scheint auch ganz Rocky Beach vom Piratenfieber angesteckt worden zu sein: Im Buchladen wird ein Literatentreffen zum Thema durchgeführt, eine Fastfoodkette wirft als Werbemaßnahme Golddublonen über der Stadt ab und auf einem Schiff soll eine Piratenshow ins Leben gerufen werden. Auf der Suche nach Silver und Blacky müssen Justus, Peter und Bob immer wieder ihren Mitmenschen helfen, beispielsweise indem sie für das leibliche Wohl des Stadtstreichers sorgen oder Kisten für einen alten Bekannten suchen. Wie bei echten Piraten geht es schließlich auch für das Trio auf Schatzsuche auf hoher See.
Das Sammeln von Gegenständen ist ein immer wiederkehrendes Prinzip des Spiels: Federn, Gläser, Kerzen, Flaschen… Die Gegenstände sind teils so gut versteckt, dass sich diese Aufgaben recht langwierig gestalten. Hinweise auf die Fundorte der fehlenden Gegenstände gibt es im Spiel nicht. Dafür werden einige Hinweise auf der USM-Website gegeben. Wesentlich kurzweiliger dagegen sind die zu absolvierenden Mini-Spiele. Diese orientieren sich an bekannten Spieleklassikern wie Mah-Jongg oder Pac-Man.
Leider können hier die Schwierigkeitslevel nicht angepasst werden, was möglicherweise zu Frustration bei den Spieler*innen führen könnte, da die Mini-Spiele auch nicht übersprungen werden können. Besonders der Weg zur Fabrik gestaltet sich schwierig. Für die Aufgaben, die zum Fortschritt der Geschichte dienen, gibt das Detektivtagebuch Hilfestellung. Dadurch sind Spieler*innen auch beim Fortsetzen des Spiels schnell auf dem aktuellen Stand.
Das Spiel selbst gestaltet sich als klassisches Point-and-Click-Abenteuer, das aufgelockert wird durch Zwischensequenzen, die durch Comic-Strips bebildert sind und bei denen ein Erzähler narrativ durch die Geschehnisse leitet. Dadurch wirkt das Spiel insgesamt sehr lebendig. Hierzu trägt auch bei, dass die drei Detektive von den Hörspielsprechern Oliver Rohrbeck, Jens Wawrczeck und Andreas Fröhlich vertont wurden. Die Grafik des Spiels ist ebenfalls sehr ansprechend und erinnert an die Gestaltung der Buch- und Hörspielcover. Das Trio selbst wird nie gezeigt. Wie die Jungen aussehen, bleibt also der Fantasie überlassen.
Beim Lösen des Falls kommen immer wieder digitale Medien ins Spiel. Sei es die altbekannte Telefon-Lawine (nun mit Smartphone und SMS statt Anrufbeantworter), mit der sich Diedrei ??? Hinweise aus dem Bekanntenkreis erhoffen (und die sogar zu einer Spam-Nachricht führt) oder das Analysieren der Bild- und Tonspur in einem Erpresservideo. Auch Fingerabdrücke werden nun digital festgehalten und die Umgebung per Zoom-Funktion der Smartphonekamera in Augenschein genommen. Dass die drei Detektive mit der Zeit gehen, zeigt sich daneben auch an vielen Hinweisen zur Nachhaltigkeit. So wird beispielsweise im Lauf der Handlung die Werbemaßnahme der Fastfoodkette gestoppt und beim Angeln am Pier hat Justus einiges an Abfall am Haken. Deshalb weist er unter anderem auf Plastikinseln und Mikroplastik im Ozean hin. Die Spieler*innen erfahren beiläufig auch, wie lange es dauert, bis sich eine Plastikflasche zersetzt. Anschließend wird der herausgefischte Müll natürlich im Müllcontainer entsorgt.
Die App wird von USM ab zehn Jahren empfohlen. Die Rätsel sind knifflig, aber dennoch gut lösbar. Bei dem ein oder anderen Rätsel oder Mini-Spiel ist die Hilfe einer älteren Person aber sicherlich von Vorteil. Beim Lösen der Rätsel sind Wissen – beispielsweise zu chemischen Formeln wie NaHCO3 und verschiedenen Währungen – oder aber Recherchekenntnisse hilfreich. Nebenbei erfahren die Spieler*innen Wissenswertes über verschiedene Piratenflaggen und Louis Stevensons Werk Die Schatzinsel. Die drei ??? – Fluch des Flaschenteufels wurde mit dem Pädagogischen Medienpreis 2020 ausgezeichnet und in zwei Kategorien für den Kindersoftwarepreis TOMMI nominiert. Insgesamt können drei Spielstände in der App gespeichert werden. Schön ist, dass die Option auf Untertitel gegeben ist, wodurch beispielsweise Gehörlose das Abenteuer erleben können. Das aus acht Kapiteln bestehende Spiel ist spannend und unterhaltend – sowohl für jüngere Spieler*innen als auch für solche, die sich ein wenig an ihre Kindheit erinnern möchten.
Dana Neuleitner: SWR Fakefinder Kids
Südwestrundfunk (2021). SWR Fakefinder Kids. Browser-Lernspiel ab 8 Jahren für Laptop, Smartphone und Tablet. Kostenlos.
Dass Kinder nicht allen Inhalten, die sie in Apps bzw. im Internet zu sehen bekommen, glauben dürfen, will ihnen der SWR Fakefinder Kids näherbringen. Hier werden Kindern ab acht Jahren reale Videos und Chatverläufe aus drei in ihrer Altersgruppe beliebten Apps gezeigt: YouTube, TikTok und WhatsApp. Anders als der Name vielleicht vermuten lässt, geht es nicht darum, Falschnachrichten zu identifizieren, sondern die Spieler*innen sollen dafür sensibilisiert werden, Werbung, Tricksereien auf der Bildebene und Kettenbriefe zu erkennen.
Die animierten Figuren Mona und Henri leiten die Spieler*innen durch insgesamt vier Level und erklären vor jedem Abschnitt das folgende Thema. Pro Kategorie stellen sich die Spieler*innen mehreren Beispielvideos. Im Level ‚Werbung‘ sehen sie etwa TikTok-Clips von einem singenden Nico Santos, einem tanzenden Robert Lewandowski und einer Kidfluencerin. Die kurzen Videos können beliebig oft abgespielt werden. Ob (versteckte) Werbung zu sehen ist oder nicht, können die Kinder per Klick auf die entsprechenden Buttons angeben und bekommen von Mona und Henri sofort eine kurze und leicht verständliche Rückmeldung, ob und warum ihre Entscheidung richtig bzw. falsch war.
Im Level ‚Bildtrick‘ werden Filter, mit denen beispielsweise das Gesicht verändert werden kann, und die Möglichkeit des Tricksens durch Bildausschnitt und Winkel aufgegriffen. Gerade beim Thema Bearbeitung von Bildern hätten auch Instagram-Beispiele genutzt werden können.
Das dritte Level setzt sich mit dem wichtigen Thema Kettenbriefe auseinander. In diesen werden oft verstörende Konsequenzen angekündigt, sollten die Empfänger*innen die Nachrichten nicht an eine gewisse Anzahl an Personen weiterleiten. Die Kinder erfahren hier, dass sie diese Drohungen nicht ernst zu nehmen brauchen und dass Links in Kettenbriefen genutzt werden können, um ihre Daten abzugreifen.
Im abschließenden ‚Superlevel‘ werden die Elemente aus den vorigen Kapiteln anhand neuer Clips wieder abgerufen. Bei einem Beispiel fällt die Einordnung in die Kategorie ‚Werbung’ jedoch schwer, da die Aufschrift auf dem T-Shirt eines YouTubers auch als Aussage gewertet werden kann, wenn man seine Marke nicht kennt. Wird ein Clip falsch eingeordnet, muss das jeweilige Level komplett wiederholt werden. Die Reihenfolge der Fragen hätte hier allerdings durchgemischt werden können. Das Lernspiel ist kindgerecht gestaltet und vermittelt den jungen Spieler*innen in etwa einer halben Stunde einfach und lebensnah, wie sie Werbung und Tricksereien erkennen können.
Für Lehrkräfte steht online ein Infobogen zum Lernspiel zur Verfügung. Sie finden hier Informationen zu den behandelten Phänomenen und Internetplattformen, zu der Funktionsweise des Lernspiels und dessen technischen Voraussetzungen sowie Lehrplanbezüge und einen Elternbrief zum Thema. Auch ein Vorschlag zum Unterrichtsaufbau und ein Arbeitsblatt zur Festigung des Erlernten werden bereitgestellt.
Fakefinder Kids ist neben Fakefinder und Fakefinder School das dritte Modul des Südwestrundfunks zum Thema Fake im Internet. Das Lernspiel ist abrufbar unter: www.SWR.de/fakefinder
Dana Neuleitner: Brütt, Leena (2021). Implementation digitaler Medien in den Sachunterricht. Eine qualitative Untersuchung zur Unterrichtspraxis. Hamburg: Verlag Dr. Kovač. 320 S., 99,80 €.
Leena Brütt setzt sich in ihrer Dissertation damit auseinander, wie Lehrkräfte digitale Medien in der Grundschule in den Sachunterricht einbauen. Aus den theoretischen Aspekten bezüglich digitaler Medien und Sachunterricht sowie dem Stand der Forschung schließt Brütt, dass beim Einsatz digitaler Medien im Sachunterricht ein komplexes Bedingungsgefüge beachtet werden muss.
Befragt wurden in leitfadengestützten Interviews 15 Lehrkräfte zwischen 28 und 55 Jahren mit 1,5 bis 29 Jahren Erfahrung im Schuldienst und von unterschiedlich großen Grundschulen in Schleswig-Holstein. Erhoben wurden die Daten zwischen Dezember 2017 und Juli 2018, der mittlerweile erfolgte Digitalisierungsschub durch die Corona-Pandemie sollte also beim Lesen mitbedacht werden. Brütt arbeitet zwei zentrale Forschungsstränge heraus. Einerseits betrachtet sie die (Miss-)Erfolge, Wünsche und Ziele der Lehrkräfte. Bei den Erfolgserlebnissen wurde besonders oft der inhaltliche Lernerfolg hervorgehoben, gefolgt vom Erfolg bei der Selbst- bzw. Sozialkompetenz der Kinder und hoher Motivation bzw. Freude dieser. Bei den Misserfolgen spielte am häufigsten die technische Ausstattung eine Rolle. Die Zitate zu den Erlebnissen der Lehrkräfte bieten interessante Einblicke. Andererseits analysiert die Autorin die Unterrichtsbeispiele hinsichtlich der Art der digitalen Medien und der damit verbundenen Inhalte und Tätigkeiten sowie der Sozialform, in der sie genutzt werden, und bildet daraus Sachunterrichtsszenarien.
Die Publikation kann viele Anregung für die eigene Anwendung von digitalen Medien im Unterricht schaffen. Brütt gibt außerdem Empfehlungen für die Praxis hinsichtlich verschiedener Ebenen im Bildungssystem.
Dana Neuleitner: stichwort: Kryptokunst
Bei der Kryptokunst handelt es sich nicht um klassische Kunstwerke zum Anfassen, sondern um digitale. Bisher standen diese nicht auf derselben Stufe wie analoge, die teils für enorme Beträge verkauft werden. Wer ein physisches Kunstwerk erworben hat, kann es beispielsweise sicher im Safe verstauen. Kryptokunst dagegen kann meist grenzen- und kostenlos heruntergeladen, vervielfältigt oder geteilt werden. Wie kann also das Eigentum an einem digitalen Kunstwerk nachgewiesen werden? Beim Erwerb von Kryptokunst spielen NFTs (non-fungible tokens) eine große Rolle. Das sind nicht ersetzbare Zeichen, die als digitale Besitzurkunde bzw. Echtheitszertifikat fungieren. Gearbeitet wird dabei mit der Blockchain-Technologie (vgl. stichwort der merz 2018/03), welche die Basis für Kryptowährungen bildet. In dieser fälschungssicheren Datensatzliste wird eingeschrieben, wer das Objekt gekauft hat. Wer das NFT besitzt, besitzt damit das ‚Original‘ der Datei. In der Regel bleibt das Werk dennoch für alle verfügbar.
Dieses Jahr wurde Kryptokunst erstmalig beim Aktionshaus Christie’s als NFT versteigert. Die digitale Bildcollage ‚Everydays: The First 5000 Days‘ aus 5.000 Einzelbildern des Künstlers Beeple erreichte 69 Millionen US-Dollar. Digitale Kunstwerke können auch auf Internetplattformen wie Nifty Gateway erworben werden. Bisher wurden NFTs in den verschiedensten Bereichen verkauft: Beispielsweise das bekannte Meme ‚Disaster Girl‘, das GIF ‚Nyan Cat‘, Musik sowie virtuelles Land in Games. Das besondere bei NFTs: Die Künstler*innen können bei jedem neuen Verkauf mitverdienen und ihre Werke weltweit direkt anbieten. Allerdings ist Kryptokunst stark an den Wert von Kryptowährungen gekoppelt und der CO2-Verbrauch beim Erstellen und durch den enormen Rechenaufwand beim Handeln der Werke ist hoch. Ob der Markt für Kryptokunst zukunftsfähig ist, ist bisher nicht absehbar.
Dana Neuleitner: Kinderreport Deutschland 2021
Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung spricht sich für Maßnahmen gegen Mediensucht aus. Das zeigt der Kinderreport Deutschland 2021 des Deutschen Kinderhilfswerks e.V., der sich dieses Jahr dem Thema ‚Mediensucht und exzessive Mediennutzung im Spannungsfeld von gesundem Aufwachsen und medialer Teilhabe von Kindern‘ widmete. Die große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen (88 %) sowie der Erwachsenen (92 %) sieht ‚Mediensucht‘ dann gegeben, wenn eine Person zwar gerne ihre Mediennutzung beenden möchte, dies aber nicht kann. Besonders problematisch ist für 83 Prozent der Heranwachsen den – vor allem für Mädchen und Jugendliche – eine Vernachlässigung von Freund*innen und Familie bzw. ein Zurückziehen der betroffenen Person. 49 Prozent der Heranwachsenden und 67 Prozent der Erwachsenen hatten noch keine Erfahrungen mit Mediensucht in ihrem persönlichen Umfeld.
Um Mediensucht entgegenzuwirken, wünschen sich 90 Prozent der Kinder und Jugendlichen (hier besonders Hauptschüler*innen) sowie 95 Prozent der Erwachsenen, dass das Thema an Schulen behandelt wird. Hier zieht der Kinderreport die Schlussfolgerung, dass Pädagog*innen kompetent und auf dem neuesten Stand mit Medien umgehen können, damit sie als vertrauenswürdige Ansprechpersonen wahrgenommen werden und auch bei Problemen helfen können. Grundlage dafür solle das Lehramtsstudium bieten. Als sinnvolle Maßnahme gegen Mediensucht betrachten die Befragten des Weiteren Alters grenzen für Medien, die süchtig machen können, sowie deren Kennzeichnung – dem Kinderreport zufolge sollten Anbieter dabei auf einheitliche Zeichen setzen, etwa zu überlanger oder endloser Spieldauer. Außerdem sollten Eltern stärker über das Thema informiert werden. Dass ‚süchtig machende Medien‘ verboten werden oder erst Jugendliche ab 14 Jahren Handys nutzen dürfen, wird mehrheitlich abgelehnt.
Die Verantwortlichkeiten bei Mediensucht sehen die Befragten besonders bei den Familien und Eltern, den Nutzer*innen selbst, den entsprechenden Medienanbietern sowie den Schulen.
Für den Austausch der Heranwachsenden untereinander empfiehlt der Kinderreport etwa Aufklärung über Orientierungsangebote und sich zusammen mit neuen Online-Angeboten auseinanderzusetzen.
Der Kinderreport Deutschland beschäftigt sich mit aktuellen Entwicklungen bei der Umsetzung von Kinderrechten. Hierfür wurden 669 Heranwachsende (10 bis 17 Jahre) sowie 1.023 Erwachsene der deutschsprachigen Bevölkerung ab 18 Jahren im Januar 2021 befragt.
Dana Neuleitner: Chika, die Hündin im Ghetto
Batsheva Dagan (2018). Chika, die Hündin im Ghetto. Hörbuch, gelesen von Barbara Nüsse. 1 CD, etwa 30 Minuten. Hamburg: Oetinger Media GmbH. 13,00 €.
Vor über 80 Jahren begann in Deutschland eine Zeit des Schreckens: der offiziell größte Völkermord in der Geschichte Europas. Wer nicht in das System passte, wurde etwa weggesperrt oder ermordet. Darunter auch Kinder. Wie sah das Leben eines fünfjährigen Juden während des Dritten Reichs aus? Mit dieser Frage beschäftigt sich das Filmhörspiel Chika, die Hündin im Ghetto. Die Geschichte, die basierend auf den Erinnerungen von Batsheva Dagan verfasst wurde, spielt im Sommer 1944 und beruht auf wahren Begebenheiten. Eingeleitet wird die Erzählung von einer kurzen, kindgerechten Erklärung zu den Anfängen und Verhältnissen im Zweiten Weltkrieg.
Der fünfjährige Mikasch lebt zusammen mit seinen Eltern in einem polnischen Ghetto. Dort muss er sich an genaue Regeln halten, denn die Nazis „taten Menschen, die anders waren als sie selbst oder anders dachten, schlimme Dinge an“. Beim Spielen auf der Straße gerät der Junge mit einem Soldaten aneinander. Dieser beschuldigt ihn, einen Apfel stehlen zu wollen. Die Hündin Chika beschützt Mikasch jedoch, indem sie den Soldaten ins Hosenbein beißt, wodurch der Junge davonlaufen kann. Während sich die Hörerin oder der Hörer zunächst noch über diese Tat freuen mag, erahnt man im weiteren Verlauf bald, dass Konsequenzen für die beiden drohen könnten. Und tatsächlich: Kurz darauf wird verkündet, dass Hunde von nun an im Ghetto verboten seien. Um die liebste Spielgefährtin des Sohnes zu retten, will Mikaschs Vater Chika in einer Nacht- und -Nebel-Aktion aus dem Viertel hinausbringen, denn durch die Hündin gelang es Mikasch, selbst unter den widrigsten Umständen im Ghetto unbeschwerte Momente zu genießen und beispielsweise das Pfeifen zu lernen. Der Gedanke daran, dass Chika zurückkommt, wenn der Krieg zu Ende ist, macht Mikasch das Leben im Ghetto erträglicher. Neben Chika hat der Fünfjährige auch noch die etwa gleichaltrige Johanna zum Spielen. Ihr erklärt er, dass „Krieg“ mit den Soldaten zu tun hat und auch damit, dass die Juden keine Hunde haben und keine Äpfel essen dürfen. Die neugierige Johanna fragt daraufhin nach, ob der Krieg auch damit zu tun habe, dass sie möglicherweise „totgeschossen werden“.
Kinder fassen unter den Begriff „Krieg“ oftmals etwas ganz anderes als andere Altersgenossen oder gar Erwachsene und können oftmals dessen weitreichende Bedeutung nicht gänzlich verstehen. Auch Mikasch, der diese schwere Zeit sogar selbst erlebt hat, hat das alles noch nicht ganz verstanden. Hierdurch bietet sich die Möglichkeit, mit den Heranwachsenden über ihr Wissen und ihre Gedanken zu Kriegen zu sprechen und ihnen den Zweiten Weltkrieg und dessen Folgen näher zu bringen. In einer kindgerechten Weise könnten ebenso Impulse gesetzt werden, um auch auf andere Konflikte auf der Welt einzugehen und Kindern so zu verdeutlichen, was womöglich Gleichaltrige anderer Herkunft erleben bzw. erlebt haben. Ebenso werden Kindern durch die Erzählung Chika, die Hündin im Ghetto Informationen geboten, die ihnen womöglich auch im massenmedialen Alltag und im Umgang mit Kriegsberichterstattungen weiterhelfen können. Das Hörbuch ist in der Lage dieses schwierige Thema fassbar zu machen, ohne die jungen Hörenden zu verängstigen. Für Lehrkräfte würde es sich darüber hinaus anbieten, die heute geltenden Menschenrechte und die von der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Kinderrechte anzusprechen, wonach beispielsweise festgestellt werden könnte, dass Kinder grundsätzlich sehr wohl Äpfel essen oder einen Hund haben dürfen und nicht „totgeschossen“ werden dürfen.
Das im Oktober 2018 bei Oetinger Media GmbH erschienene Hörspiel Chika, die Hündin im Ghetto basiert auf dem gleichnamigen Kurzfilm, der unter anderem auf dem Kurzfilmfestival ArtCity als Bester Animationsfilm ausgezeichnet worden ist. Der Film erhielt außerdem das Prädikat ‚besonders wervoll‘. Das Hörspiel wird für Grundschüler ab einem Alter von sechs Jahren empfohlen. Die gleichnamige Geschichte veröffentlichte die Autorin bereits 2008.
An das Hörspiel, welches unter der Regie von Sandra Schießl entstanden ist, schließt sich ein etwa zwölfminütiges Interview mit der Autorin an, das weitere Aspekte ihres eigenen Lebens im Ghetto aufzeigt. Die inzwischen 93-jährige Batsheva Dagan wurde Psychologin, Erzieherin und Dozentin in der Lehrerausbildung und widmete sich dem Kampf gegen das Vergessen. Im Interview erzählt sie, wie es ihr gelang, trotz des Lernverbots im Ghetto Französisch zu lernen und auch, wie den Kindern mit Hilfe von Sockenpuppen erklärt wurde, wie sie sich bei Christen verstecken können. Außerdem erfahren die Hörerinnen und Hörer, wie es mit Mikasch nach Ende der Geschichte weiterging und wo Chika versteckt wurde. Dagan erläutert außerdem die Bedeutung des Grußes „Shalom“, der Farbe Gelb und dass ihre Bücher immer ein Happy End haben, „denn [sie] will den Kindern die Hoffnung nicht rauben“. Die CD bietet außerdem noch Dagans Gedichte „Vom Abschneiden der Haare“ und „Dort träume ich“, die sich ebenfalls mit ihren Erfahrungen zur Thematik des Holocaust auseinandersetzen.
Durch die Hörspiellänge von etwa 30 Minuten kann Chika, die Hündin im Ghetto gut in Unterrichtsstunden eingebaut werden. Das etwa 15 Minuten umfassende Zusatzmaterial kann entweder gemeinsam mit den Kindern rezipiert werden oder der Lehrkraft dienen, sich auf mögliche Fragen der Kinder zum Thema (Welt-)Krieg vorzubereiten. Das liebevolle Hörspiel nähert sich auf leicht verständliche Weise einem ernsten und emotionalen Thema, das nach einer zusätzlichen Einordung durch einen Erwachsenen oder eine Lehrkraft verlangt. Eltern, die sich die Geschichte gemeinsam mit ihrem Nachwuchs anhören, sollten sich der Thematik aus der Perspektive des Kindes nähern und gegebenenfalls zusätzliche Informationen zur Vermittlung an Kinder heranziehen.
„Ihr habt immer eine Wahl zwischen Gut und Böse. Jede Stunde und überall. Es hängt von euch ab, wie ihr entscheidet“, lautete der Rat der Autorin an Grundschülerinnen und -schüler. Chika, die Hündin im Ghetto kann somit einer jungen und auch kriegsunvorbelasteten Generation dabei helfen, historische Fehler nicht zu vergessen und auch ihre eigenen Entscheidungen stets zu überdenken.
Dana Neuleitner: Kultur trifft Digital
Nicht jeder hat heutzutage die Möglichkeit, das Potenzial, das in digitalen Medien steckt, vollends zu nutzen. Vor allem sozial- und bildungsbenachteiligte junge Menschen bleiben im Gegensatz zu ihren Peers oft zurück.
Durch das bundesweite Projekt Kultur trifft Digital: Stark durch digitale Bildung und Kultur werden diese Kinder und Jugendlichen im Alter von sechs bis 18 Jahren in den nächsten fünf Jahren überregional darin gefördert, kulturelle Werke mit Hilfe digitaler Medien zu erleben und zu gestalten. Seit Anfang des Jahres setzt die Stiftung Digitale Chancen das Projekt im Rahmen des Förderprogramms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) um. Ziel ist unter anderem die Entwicklung wichtiger Kompetenzen für das Leben in einer digitalen Gesellschaft.
Für die Durchführung des Projektes sucht die Stiftung Digitale Chancen deutschlandweit lokale Bündnispartner. Für die Durchführung kooperiert die Stiftung mit mindestens zwei lokalen Partnern als ein Bündnis für Bildung – diese können Familien-, Freizeit-, Jugend- oder Kultureinrichtungen sowie Freiwilligenagenturen sein. Es werden stets zwei aufeinander aufbauende Veranstaltungen durchgeführt: Ein eintägiger digitaler Orientierungsparcours und ein mehrtägiger medienpraktischer Workshop.
Dabei werden an vier verschiedenen Stationen verschiedene Nutzungsmöglichkeiten digitaler Medien aufgezeigt und so Einblicke in die Gestaltungsmöglichkeiten geboten. Zu den Schwerpunkten, die später im medienpraktischen Workshop vertieft werden können, gehören: Digitaler Sound, Digitale Technik, Digitale Sprache und Digitale Realität. Kinder und Jugendliche produzieren unter anderem Melodien am Tablet, erhalten ein Grundverständnis für die Funktionen digitaler Alltagsgegenstände und erwerben erste Programmierkenntnisse.
Für ein möglichst flächendeckendes Angebot sucht Stiftung Digitale Chancen lokale Bündnispartner, die zum Aufbau lokaler Netzwerke beitragen und dauerhafte Bildungsangebote anbieten sollen.
www.kultur-trifft-digital.de
Dana Neuleitner
Dana Neuleitner: Hofmann, Jana (2018). Medienstress durch Smartphones? Eine quantitative und qualitative Analyse. Köln: Herbert von Halem Verlag, 264 S., 32 €.
Wir sind heute ständig online und über das Internet mit der Außenwelt verbunden – alles muss möglichst schnell und effizient abgearbeitet werden und beansprucht unsere Aufmerksamkeit. Das kann auf Dauer zu Stress und Apathie führen, konstatiert die Autorin Jana Hofmann. In ihrer Promotionsstudie Medienstress durch Smartphones? befasst sie sich mit diesem Phänomen der Digitalisierung und stellt sich der Frage, welche Faktoren eine exzessive Smartphone-Nutzung auslösen können. Dabei verknüpft sie sozialpsychologische und kommunikationswissenschaftliche Ansätze.
Die Publikation setzt sich zunächst mit der Entwicklungsgeschichte der Medien auseinander bis hin zu den heutigen digitalisierten Lebenswelten, in denen paralleles Medienhandeln selbstverständlich ist. Die hieran anknüpfenden medientheoretischen Überlegungen zeigen eine Doppelrolle der Medien: Sind sie bei übermäßiger Verwendung zum einen ein Stressfaktor, können sie andererseits zur Stressbewältigung genutzt werden. Hofmanns Forschungsergebnisse offenbaren, dass sich Nutzende über diese Dualität der Effekte durchaus im Klaren sind und Smartphones nur dann zum Stressfaktor werden, wenn sie nicht zum reinen Zeitvertreib genutzt werden. Medienstress entstünde demnach, wenn Anwendende mehrere Dinge gleichzeitig erledigen müssen, um zeitlich effizient arbeiten zu können. Untersucht wird auch der Zusammenhang zwischen Bildung und chronischen Bewältigungsschwierigkeiten sowie das Empfinden von Zeitverlust durch die Smartphone- Nutzung. In der Fokussierung auf negative Wirkungsweisen der Nutzung, lässt die Untersuchung mögliche positive Effekte weitgehend außer Acht – obwohl die Befragten diese zum Teil klar benennen konnten. Auch die Frage nach möglichen Bewältigungstaktiken bleibt zudem offen. Eine Folgestudie, in der die unterrepräsentierten Bevölkerungsschichten mit Haupt- oder Realschulabschluss und über 50-Jährige stärker berücksichtigt werden, wäre in Betracht zu ziehen. Insgesamt zeigt sich jedoch, dass je nach Art und Kontext der Mediennutzung das befürchtete Stressausmaß unterschiedlich stark ausfällt und relativiert werden kann. Der Band eignet sich für eine kritische Reflexion durch medienpädagogische Fachkräfte, aber auch für all diejenigen, die ihr Smartphone- Verhalten hinterfragen wollen. Durch die Verknüpfung der quantitativen und der qualitativen Analyse sowie einen ausgeprägten Theorieteil bietet die Arbeit fundierte Einblicke in das junge Forschungsfeld Medienstress.
dn
Dana Neuleitner: Kinder-Medien-Studie 2018
Den Ergebnissen der diesjährigen Kinder-Medien-Studie zufolge sind klassische Medien bei Kindern nach wie vor sehr beliebt. Zwar wünscht sich jedes dritte Kind zwischen vier und fünf Jahren und jedes zweite zwischen sechs und neun Jahren ein eigenes Smartphone, richtig interessant wird das mobile Gerät aber erst später. Spielen Sechs- bis Zehnjährige noch hauptsächlich im Freien, treffen Freunde, treiben Sport, malen oder basteln, gehören Apps und digitale Spiele ab etwa dem elften Lebensjahr zur festen Freizeitgestaltung. Demnach nutzen 47,4 Prozent der älteren Kinder mehrmals pro Woche YouTube und 40,6 Prozent Spiele auf dem Tablet, Computer oder Smartphone. Doch auch in dieser Altersklasse ist die Freizeitgestaltung insgesamt ausgewogen. Gelesen wird bis zum Teenager-Alter überwiegend auf Papier. Über 70 Prozent der Kinder lesen weder Bücher, noch Zeitschriften oder Zeitungen in elektronischer Form. Gleichzeitig steht der Wunsch nach Spielen für Konsolen bei einem Drittel der Sechs- bis Neunjährigen hoch im Kurs. Während über 80 Prozent der befragten Elternteile der Ansicht sind, ihr Kind könne beim Lesen von Zeitschriften etwas lernen, sind es beim Fernsehen nur knapp 60 Prozent. Beim Gebrauch des Internets sind 57,5 Prozent der Eltern von Zehn- bis 13-Jährigen derselben Auffassung (bei Sechs- bis Neunjährigen bzw. Vier- bis Fünfjährigen fallen die Werte mit 35,8 Prozent bzw. 14,9 Prozent noch deutlich geringer aus). Dementsprechend nutzen 40,3 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen nie das Internet und nur 34,6 Prozent suchen auf diesem Weg mehrmals pro Woche nach Informationen. Bei den Zehn- bis 13-Jährigen dagegen surfen 41,7 Prozent täglich bzw. 39 Prozent mehrmals wöchentlich. Lediglich 8,1 Prozent tun dies nie. Die Verlagshäuser Blue Ocean Entertainment AG, Egmont Ehapa Media GmbH, Gruner + Jahr, Panini Verlags GmbH, der SPIEGEL-Verlag und der ZEIT Verlag führten die Kinder-Medien-Studie bereits zum zweiten Mal durch, um zu erfassen, wie ihr Angebot bei der jungen Zielgruppe angenommen wird. Befragt wurden 255 Erziehungsberechtigte Vier- bis Fünfjähriger und 1.002 Kinder im Alter zwischen sechs und 13 Jahren in Doppelinterviews.
www.kinder-medien-studie.deDana Neuleitner: Studie Hass auf Knopfdruck
Soziale Netzwerke bieten nicht nur eine Plattform, um sachlich über ein Thema zu diskutieren, sondern auch, um unreflektiert seine Meinung kundzutun oder Personen und Institutionen öffentlich zu diffamieren. Zwar ist dies bei jeder politischen Ausrichtung beobachtbar, doch im rechten Spektrum besonders verbreitet. Das Institute for Strategic Dialogue untersuchte zusammen mit der Aktionsgruppe #ichbinhier die Ursprünge und die Verbreitung rechter Hate Speech in den Kommentarspalten entsprechender Netzwerkplattformen. Die Studie ‚Hass auf Knopfdruck‘ zeigt, dass sich die Anzahl koordinierter rechtsextremer Hasskampagnen zuletzt verdreifacht hat. Den Ergebnissen zufolge zählen dazu beispielsweise Kampagnen wie # Kikagate, #Kandelistueberall, #120dB, #AfD, #Traudich- Deutschland und #Merkelmussweg. Durch Likes unterstützt werden die Posts, in denen beispielsweise Stimmung gegen Flüchtlinge gemacht wird, in der Regel von stets denselben Accounts: Lediglich ein Prozent der im Rahmen von Hate Speech aktiven Konten sorgt demnach für ein Viertel der Zustimmungsbekundungen. Sie sollen suggerieren, dass es sich um die Meinung der Durchschnittsbürgerin bzw. des Durchschnittsbürgers und nicht die einer Minderheit handelt. Plural geführte Diskurse sollen so gar nicht erst zustande kommen. Als besonders aktiv zeigten sich Accounts der Identitären Bewegung, einer rechtsextremen Bewegung, die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Da einige Nutzerkonten stets gleichzeitig aktiv werden, ist davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht um reale Personen handelt, sondern um sogenannte ‚Sockenpuppen‘ – eine Person, die mehrere Benutzerkonten verwendet. Zur Koordinierung und Organisation der Hasskampagnen verwenden Online- Netzwerke wie Reconquista Germanica beispielsweise verschlüsselte Chats, in denen militärähnliche Strukturen vorherrschen. Der AfD-Sprecher Björn Höcke war dabei mit Abstand der am stärksten 'glorifizierte' Politiker. Die AfD tritt darüber hinaus häufig als Multiplikator für Hasskampagnen der rechtsextremen Strömungen auf – ebenso russische Medien wie etwa Russia Today oder Sputnik. Zivilcourage im Netz oder moderierte Kommentarspalten werden beispielsweise empfohlen, um Hate Speech entgegenzuwirken.
Dana Neuleitner: Im Schatten der Netzwelt – The Cleaners
„Dieses Video ist in deinem Land nicht verfügbar.“ „Dieser Post wurde gelöscht.“ Benachrichtigungen wie diese zeigen an, dass Inhalte aus den sozialen Medien entfernt wurden. Die Gründe dafür sind vielfältig. Aber was wird alles gelöscht? Und wer bestimmt, was bleiben darf? Der investigative Dokumentarfilm Im Schatten der Netzwelt – The Cleaners von Hans Block und Moritz Riesewieck, der zu diesem Thema schon ein Buch und ein Theaterstück verfasst hat, sucht nach Antworten. In 85 Minuten wird ein umfassendes Bild der Lage gezeichnet – allerdings mit geschärftem Blick auf die großen, den Markt bestimmenden Player wie Facebook, Google oder YouTube. Sie wollte keine Müllsammlerin werden, deshalb habe sie sich in der Schule angestrengt, erklärt eine junge Philippinerin. Die Berufsaussichten und die Bezahlung in ihrer Heimat sind oft schlecht. Doch anstatt wie viele andere sortiert sie nicht den Müll auf den großen Deponien, sondern digital: Sie ist Content-Moderatorin und arbeitet über eine Drittfirma für ein Soziales Netzwerk. Die philippinische Hauptstadt Manila ist der „weltweit größt[e] Standort für Content-Moderation“. „Unsere Aufgabe ist es, die Inhalte der Nutzerinnen und Nutzer zu überwachen und zu moderieren. Ich helfe den Menschen. Ich kämpfe gegen die Verbreitung von Kindesmissbrauch. Ich muss Terrorismus identifizieren und Cybermobbing eindämmen“, erzählt sie im Dokumentarfilm, der am 28. August 2018 erstmals im Free-TV auf ARTE ausgestrahlt wurde und Anfang September in der Mediathek von Das Erste abrufbar war.
Der Film beschäftigt sich mit Zensur in den Sozialen Medien – ein sensibles und wichtiges Thema, mit dem sich auch junge Nutzerinnen und Nutzer auseinandersetzen sollten. Einerseits können gefährliche Inhalte von den etwa drei Milliarden aktiven Social Media-Userinnen und -Usern ferngehalten und sie so vor möglichem Schaden bewahrt werden. Andererseits bleibt Zensur eben Zensur, was im ungünstigsten Fall die Meinungs- und Informationsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger beschneidet. Das Internet – und somit auch Soziale Netzwerke – kann für sie ein wichtiger Ort sein, um von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch zu machen, besonders in Ländern, in denen es um dieses Recht schlecht bestellt ist. Die Autoren gehen hier etwa auf politisch motivierte Löschungen in der Türkei und Videos von Anschlägen in Syrien ein – Material, das etwa von NGOs schnellstmöglich gesammelt und vor dem Löschen bewahrt wird, um über die Lage dort zu berichten. In der Regel verfügen soziale Plattformen über eigene Nutzungsbedingungen – Gewalt, Pornografie und Hassrede verstoßen meistens dagegen. Diese Inhalte werden entfernt, wenn sie jemand meldet. Facebook etwa verbietet, „etwas zu tun oder zu teilen“, das „rechtswidrig, irreführend, diskriminierend oder betrügerisch“ ist oder „verletzt bzw. […] gegen die Rechte einer anderen Person [verstößt]“. Die Auslegung in der Praxis ist oft willkürlich. Schülerinnen und Schülern sollte diese Thematik nähergebracht werden. Dazu könnte im Unterricht darauf eingegangen werden, dass sich die Betreiber in Deutschland seit Anfang Oktober 2017 an den Richtlinien des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) ‚orientieren‘ müssen. Jedoch entscheiden nicht etwa Juristinnen oder Juristen darüber, ob gemeldete Beiträge den Kategorien entsprechen und entfernt werden, sondern „Personen, […] [die] lediglich halbjährlich geschult werden“ müssen, wie No Hate Speech Movement Deutschland kritisiert. Sie – oder eben philippinische Cleaner, die oftmals über geringe Vorkenntnisse verfügen – formen durch ‚Löschen‘ oder ‚Ignorieren‘ das Welt- und Wertebild der Userinnen und User mit, bei denen Social Web fest im Alltag integriert ist und sie – auch unbewusst – beeinflusst.
Durch die bildhafte Sprache der geschilderten Erfahrungen und die Machart der Reportage und Dokumentation kann sich die Zuschauerin bzw. der Zuschauer in die Lage der Cleaner hineinversetzen. So werden beispielsweise ausgewählte, von Facebook gelöschte Bilder zum Teil nicht zensiert oder sehr detailliert beschrieben – etwa das einer erschossenen Person oder eines ertrunkenen Flüchtlingskindes sowie das provokative Gemälde eines nackten Donald Trumps der Künstlerin Illma Gore. The Cleaners trägt unter anderem deshalb FSK 16. Die Filmautoren verzichten dennoch auf eine Kommentatorin bzw. einen Kommentator. Somit lassen sie die Rezipientinnen und Rezipienten in der Verortung des Gesehenen zwar weitestgehend selbstbestimmt, allerdings in ihrer Eigenverantwortlichkeit zu wissen, zu verstehen und einzuordnen auch tendenziell auf sich gestellt.
The Cleaners könnte sich gut als Lehrvideo eignen, dabei sollte die Lehrkraft jedoch darauf achten, dass die Inhalte mit den Schülerinnen und Schülern ausreichend besprochen oder eventuell nur einige Szenen auswählt werden. Ob und wie die philippinischen Cleaner psychisch betreut werden, ist darüber hinaus fraglich.
Auch in den USA wird über psychische Belastungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berichtet. Facebook droht dort nun eine Sammelklage: Dem SPIEGEL zufolge werfen die Klägerinnen und Kläger der Plattform vor, ihre Angestellten – oft Zeitarbeiterinnen und -arbeiter – nicht ausreichend zu schützen. Es wird auch dargestellt, warum Algorithmen und schlecht ausgebildete Content-Moderatorinnen und -Moderatoren nicht zuverlässig arbeiten können: Oft muss der Kontext mit ausgewertet werden. Doch das nötige Hintergrundwissen fehlt. Ein philippinischer Content-Moderator erkennt beispielsweise den türkischen Präsidenten Erdoğan nicht und hält ihn lediglich für einen alten Mann. Jungen Lernenden kann so verdeutlicht werden, wie wichtig es ist, Inhalte aus dem Netz stets zu reflektieren und den eigenen Wissensstand zu vergrößern.
The Cleaners leistet einen wichtigen Beitrag zur Diskussion über Inhalte, die gegen Gesetze oder Community-Richtlinien verstoßen und regt an, über mögliche Lösungen nachzudenken. Uploadfilter wie sie die EU-Kommission Mitte September vorschlug und die beispielsweise gegen terroristische Inhalte vorgehen sollen, könnten zwar nützen, jedoch auch schnell in Richtung Zensur schwenken. So betonte Nicole Wong, ehemalige Führungskraft bei Google und Twitter, im Film: „Wenn man Wert auf Meinungsfreiheit legt und eine demokratische Plattform will, dann entscheidet man sich für die liberaleren Grundsätze.“ Eltern oder pädagogischen Fachkräften ist demnach zu empfehlen, Jugendliche im Anschluss an den Film zu Gesprächen oder Diskussionen über Filminhalte anzuregen und unter anderem Arbeitsbedingungen der Cleaners sowie mögliche Lösungswege oder auch das eigene Nutzungsverhalten auf Sozialen Plattformen zu reflektieren.
Dana Neuleitner: Himmelrath, Armin/Egbers, Julia (2018). Fake News – Ein Handbuch für Schule und Unterricht. Bern: hep verlag. 184 S., 19 €.
Die Publikation Fake News beschäftigt sich mit verschiedenen Kategorien von Falschmeldungen, wie etwa Parodien oder Hybrid-Fakes. Sie soll Lehrkräfte über dieses Thema aufklären und mit vielen Übungen Schülerinnen und Schüler darin fördern, Fake News zu erkennen und richtig mit ihnen umzugehen.
Himmelrath und Egbers beginnen mit einem informativen Abriss historischer und aktueller Fake News, die aufzeigen, dass dieses Problem nicht erst seit der Ära Trump existiert. Zusätzlich stellen die Autorin und der Autor Studien vor, die sich mit der Thematik auseinandersetzen und auch als Basis für Unterrichtseinheiten genutzt werden können. Wodurch lassen sich Falschmeldungen identifizieren? Wie kann die Medienkompetenz von Jugendlichen gefördert werden? Die Verfasserin und der Verfasser bieten Antworten auf diese Fragen und veranschaulichen, dass das Vertrauen in die Medien mit dem Bildungsgrad der Rezipientinnen und Rezipienten zusammenhängt. Somit verdeutlichen sie, wie wichtig es ist, Heranwachsende im Umgang mit Fake News zu schulen. In Kapitel drei werden nicht nur Wege zur Förderung der Medienkompetenz von Jugendlichen aufgezeigt, sondern auch Lehrkräfte auf den aktuellen Stand der sozialen Medien gebracht, bevor Kapitel vier verdeutlicht, dass Medienkompetenzförderung inzwischen unerlässlich ist. Abschließend appellieren die Autorin und der Autor daran, die Schulbildung der Digitalisierung zu öffnen.
Als Einführung in die Thematik der Fake News ist die Publikation gut geeignet. Es finden sich zahlreiche Tipps zur Unterrichtsgestaltung. Diese gibt es zu den unterschiedlichsten Bereichen – Hoaxes, Social Bots, Algorithmen und die Strafbarkeit von Fake News sind nur wenige davon. Dazu werden beispielsweise Kopiervorlagen, Übungen oder Vorschläge geboten. Zudem werden Snapchat und Co. vorgestellt und in Bezug auf ihre Verwendung im Unterricht bewertet. Der Band enthält viele Themenbereiche, die gegebenenfalls noch stärker miteinander verzahnt bzw. aufeinander aufgebaut werden könnten. Verschiedene Ansätze zum Thema Falschmeldungen geben einen hilfreichen Überblick, vor allem für Lehrkräfte, die beginnen, sich näher mit dem Bereich soziale Medien zu befassen. Lesenden mit fortgeschrittenen Kenntnissen im Bereich Fake News sind eher die ersten drei Kapitel ans Herz zu legen. dn
Dana Neuleitner: Jugendmedienschutzindex: Der Umgang mit onlinebezogenen Risiken
Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte fürchten beim Umgang Heranwachsender mit onlinebezogenen Risiken vor allem inhaltsbezogene Risiken (51 %), persönliche Folgen (34 %), kompetenzbezogene und strukturelle Defizite (27 %) sowie Risiken durch das Verhalten von Heranwachsenden (25 %). Unter anderem zu diesem Ergebnis kam der zweite Jugendmedienschutzindex 2018 innerhalb der Untersuchungen zum Umgang mit onlinebezogenen Risiken aus Perspektive von Jugendlichen, Eltern und pädagogischen Lehr- und Fachkräften.
Keine Sorgen in Bezug auf die Online-Nutzung der Heranwachsenden im Alter von neun bis 16 Jahren machten sich nur 13 Prozent, wohingegen im Rahmen des ersten Jugendmedienschutzindex fast ein Drittel der Eltern (27 %) und rund ein Viertel der Kinder (42 %) dieser Kategorie zustimmten. Die Befragten stimmten weitestgehend darin überein, dass Heranwachsende bei ihrer Online-Nutzung und dabei entstehenden Risiken Unterstützung benötigen. Dazu gehören etwa die Beurteilung des Wahrheitsgehalts von Informationen und Werbung oder eine angemessene Selbstdarstellung in Social Media. Der Großteil (88 %) spricht sich für eine Alterskennzeichnung von Online- Angeboten aus. Jedoch befürchten über die Hälfte (66 %) ebenfalls, sichtbare Alterskennzeichen könnten den Reiz für Kinder bzw. Jugendliche erhöhen – besonders ab elf Jahren. Nahezu alle Befragten sehen die Verantwortung für den Jugendmedienschutz bei den Behörden für die Beaufsichtigung der Medien (90 %), Anbietern von Inhalten im Internet (92%) und bei den Eltern (100 %). Schulen werden zu 76 Prozent als verantwortlich betrachtet . Von den Lehrkräften fühlt sich jedoch die Hälfte im Umgang mit Jugendmedienschutz überfordert. Lediglich bei 53 Prozent der befragten Lehrkräfte waren medienpädagogische Inhalte Teil der Ausbildung. Dies spiegelte sich auch im Wissensindex wider. Für die explorative Untersuchung wurden 296 Lehr- und pädagogische Fachkräfte, die an schulischen oder außerschulischen Einrichtungen in Bayern, Hamburg und Schleswig-Holstein tätig sind, hinsichtlich ihrer Sorgen, Einstellungen, Wissen und Handlungen online befragt. Im Auftrag der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia- Diensteanbieter ( FSM) erfolgte die Erhebung durch das Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg und dem JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis in München.
www.fsm.de/de/jugendmedienschutzindexDana Neuleitner: ARD/ZDF-Onlinestudie 2018
Zum ersten Mal seit Bestehen der ARD/ZDF-Onlinestudie sind über 90 Prozent der Deutschen online – eine Million mehr als im vergangenen Jahr. Die Nutzung von Medien und die Kommunikation via Internet sind insgesamt deutlich angestiegen, wobei dies vor allem für das Sehen, Hören und Lesen von Inhalten und die Kommunikation im Netz zutrifft. 54 Millionen Bürgerinnen und Bürger ab 14 Jahren nutzen das Internet täglich, also 9,5 Millionen mehr als vor drei Jahren. Dies entspricht etwa drei Viertel der Bevölkerung, deren durchschnittliche Nutzungszeit mit einem Anstieg um 47 Minuten bei 196 Minuten pro Tag liegt. Die Gruppe der 14- bis 29-Jährigen nimmt sich durchschnittlich sogar 79 Minuten mehr und damit insgesamt täglich 353 Minuten Zeit für das Netz.
Von der täglichen medialen Nutzung (82 Minuten) im Internet entfallen 32 Minuten auf Sehen, 30 Minuten auf Lesen und 25 Minuten auf das Hören der Inhalte. Mindestens einmal wöchentlich greifen 83 Prozent der 14- bis 29-Jährigen auf Videoportale zu, gefolgt von Video-Streaming-Diensten (67 %) und Videos auf Facebook (47 %) bzw. Instagram (42 %). Fernsehsendungen rezipieren sie zu 39 Prozent live oder zeitversetzt über das Internet. Auch die Kategorien Musik-Streaming-Dienste (69 %) und Musik über YouTube (62 %) nutzen Heranwachsende deutlich intensiver. Damit liegen die befragten 14- bis 29-Jährigen in allen Kategorien über dem deutschen Durchschnitt. Nur im Bereich der Radionutzung, dem Gebrauch von Hörbüchern (je 16 % aller Befragten vs. 14 % der Heranwachsenden) wie auch der Nutzung von Webradios bzw. Webchannels (15 % vs. 12 %) zeigen sich geringe Abweichungen vom Durchschnitt. Befragt wurden 2.009 Mitglieder der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren.
www.ard-zdf-onlinestudie.deDana Neuleitner: Khan Academy Kids
Khan Academy (2018). Khan Academy Kids. App für iOS und Android. kostenfrei.
Digitale Medien sind selbst für die Kleinsten schon interessant – schließlich verbringen auch ihre Eltern einen Großteil des Tages vor mobilen Endgeräten. Doch wenn sich die Kinder selbst an Smartphone oder Tablet ausprobieren wollen, bekommen viele Erziehungsberechtigte Bauchschmerzen. Denn auf dem Markt gibt es kaum Applikationen, in denen sich die Heranwachsenden sicher und sinnvoll bewegen können und womöglich sogar noch etwas dazulernen. Khan Academy Kids verspricht hier Abhilfe. Als Gründer Salman Khan feststellen musste, dass kaum kindgerechte Apps existierten, mit denen sein dreijähriger Sohn spielend lernen konnte, entwickelte er seine App Khan Academy mit Lerninhalten für ältere Schüler und Erwachsene weiter und passte das bereits erfolgreiche Lernangebot auch auf Zwei- bis Fünfjährige an. Seit Mitte des Jahres kann die kostenlose App zur Vorbereitung der Kinder auf den Kindergarten oder die Schule genutzt werden.
Khans Wunsch ist es, bereits die Kleinsten für lebenslanges Lernen zu begeistern. Hier soll das Angebot nicht auf einen Aspekt wie etwa Lesen beschränkt werden, sondern erstreckt sich vielmehr auch auf Bereiche wie Rechnen und Farben lernen bis hin zum logischen Denken. Auch soziale Aspekte, wie etwa die Thematik des Teilens oder das Erkennen verschiedener Emotionen werden ebenso spielerisch aufbereitet und animieren die Kinder unter anderem mit Videos zum Mitmachen.
Nachdem unter Angabe des Alters und der Bestimmung eines Avatars ein Benutzerprofil für das Kind eingerichtet wurde, führt der Bär Kodi spielerisch in die Welt des Lernens ein. Die liebevoll gestalteten Tiercharaktere Füchsin Sandy, Elefant Ollo, Vogel Peck und Waschbär Reya begleiten die jungen Lernenden dann weiter durch die einzelnen Spielstationen. Das Kind kann auf zwei verschiedene Arten lernen: Es kann sich selbstständig altersentsprechende Lerninhalte über die Bibliothek aussuchen oder dem vorgeschlagenen Lernpfad folgen. Die Bibliothek ist in vier große Bereiche eingeteilt: Bücher, Videos, ein Kreativbereich sowie einzelne „Level“, die das Kind in selbstgewählter Reihenfolge bewältigen kann. In der zweiten Variante wird dem Kind ein Pfad vorgeschlagen, auf dem es Schritt für Schritt neue Aufgaben und Herausforderungen lösen bzw. bewältigen kann. Dieser Pfad wird fortlaufend auf die Entwicklung des Kindes und dessen Lernfortschritt angepasst. Die Lerneinheiten sind dabei bunt durchmischt mit abwechslungsreichen Themengebieten. Dementsprechend folgt auf eine Einheit zu Emotionen beispielsweise eine zu Buchstaben. Jede Lernthematik wird zunächst durch ein kurzes Video erklärt, bevor verschiedene Aufgaben dazu gestellt werden, bei denen unter anderem der Sprachgebrauch oder die Lautgebung einzelner Buchstaben in unterschiedlichen Wortzusammenhängen aufgezeigt werden. Viele Lerneinheiten werden von animierten Videos begleitet, in deren Verlauf interaktive Aufgaben gestellt werden. Aufgabenstellungen oder Erklärungen erfolgen hier zum Teil kurz aufeinander. Auch musische Untermalung wird geboten. Beliebte Kinderlieder sorgen dabei für zusätzlichen Spaß am Lernen.
Für weitere Motivation sorgt ein simples Belohnungssystem: Je mehr Erfahrung das Kind sammelt und je besser es die Aufgaben bewältigt, desto mehr Zubehör kann es für die Tiercharaktere beim ‚Faultier- Lieferdienst‘ aussuchen. So sammelt es für Elefant Ollo Spielzeug für die Badewanne, für Vogel Peck und Bär Kodi Kostüme für ihre Kleiderschränke, für Waschbär Reya Insekten oder für Füchsin Sandy Musikinstrumente. Mit diesen Objekten kann das Kind jederzeit spielen und dabei unter anderem Hand- Auge-Koordination oder Zählen üben.
Die Bedienung der App ist für Kinder, die zuvor schon ein digitales Gerät in der Hand hatten, recht einfach. Für alle anderen würde sich ein kurzes Erklärvideo anbieten, das in die Handhabung eines Smartphones einführt. Zwar findet sich in der Bibliothek eine Lerneinheit, die den Umgang mit virtuellen Büchern erklärt, doch im regulären Spielpfad fehlt diese Option.
Etwas zu einfach scheint es dagegen, den Elternbereich öffnen zu können. Dieser ist direkt im Hauptmenü auswählbar, lediglich gesichert durch eine schriftliche Aufforderung, in eine bestimmte Richtung zu wischen, um den Zugang zu entsperren. Verborgen sind in diesem Bereich jedoch nur Einstellungen für Benutzernamen und Avatare. Einen Überblick über den aktuellen Lernstand ihres Kindes erhalten Eltern lediglich über farbige Icons in der ‚Bibliothek‘. Darin erkennen sie, ob eine Lerneinheit noch nicht begonnen wurde, sich noch in Bearbeitung befindet oder bereits abgeschlossen ist. Hier wären beispielsweise Statistiken sinnvoll, die die Nutzungsdauer und -häufigkeit aufzeigen oder die Lernerfolge in den einzelnen Einheiten darstellen – etwa ob das Kind in allen Bereichen aktiv ist oder sich auf wenige beschränkt.
Hinsichtlich des Energie- und Datenverbrauchs der Anwendung schlägt allerdings die stetig erforderliche Internetverbindung zu Buche. Eine Nutzung auf dem Tablet scheint zudem empfehlenswert, da einige Aufgaben, wie etwa das Zeichnen, auf dem kleineren Display deutlich schwieriger zu lösen sind. Beim Zählenlernen würde es sich zudem anbieten, wenn das Kind seine Auswahl bestätigen müsste – so genügt ein stures Herumtippen auf dem Bildschirm, bis die geforderte Anzahl an Objekten schließlich erwischt wurde.
Positiv hervorzuheben ist, dass keine In-App- Käufe möglich sind und auch keine Werbung geschaltet wird. Für den Abruf der Spielstände, auch von anderen Geräten, müssen sich die Eltern mit ihrer E-Mail-Adresse registrieren. Allerdings wird bei der Installation unter anderem der Zugriff auf das Mikrofon und die Erlaubnis nach der Kontensuche auf dem Gerät eingefordert, bei dem jedoch in den AGBs versichert wird, dass die Daten nicht an Dritte weitergegeben werden. Khan Academy ist eine Non-Profit-Organisation, die unter anderem unterstützt wird durch Lernmaterialien- Spenden von Super Simple, National Geographic Young Explorer, National Head Start Association und Bellwether , wie etwa Tierfotos oder Videos. Die App gewann bereits einen Parent’s Choice Award.
Dana Neuleitner: Boom der Silver Gamer
Computer- und Videospielerinnen und -spieler werden zunehmend älter, so das Ergebnis des Vereins game – Verband der deutschen Games-Branche e. V. Demnach erhöhte sich das Durchschnittsalter zuletzt um 0,4 Monate auf 36,1 Jahre. Ausschlaggebend für diesen Anstieg ist, dass in der Altersgruppe der über 50-Jährigen inzwischen ein erhöhtes Interesse am digitalen Zeitvertreib besteht, wie der Verband verlauten ließ. Mit insgesamt 9,5 Millionen Mitgliedern sind inzwischen nicht etwa Kinder und Jugendliche die größte Spielergruppe Deutschlands, sondern die sogenannten „Silver Gamer“.
Erklären lässt sich dieses Phänomen zum Teil durch die demografische Entwicklung. Die Mitglieder dieser Generation waren früher selbst Pioniere im Videospielbereich und sind nun mit ihm älter geworden. Mit der fortschreitenden Digitalisierung wurden zudem in vielen Seniorenhaushalten Tablet-PCs oder Smartphones angeschafft, die im Vergleich zu Konsolen oder teuren Gaming-Computern deutlich erschwinglicher und leichter zu bedienen sind. Anders als jüngere Generationen, bei denen Ego-Shooter und Reaktionsspiele besonders beliebt sind, bevorzugen ältere Gamerinnen und Gamer die digitalen Versionen von Spielen, die sich auch in der analogen Spielewelt finden lassen. Darunter auch altbekannte Klassiker wie Puzzles, Kartenspiele oder das Zahlenrätsel Sudoku .
game sieht digitale Spiele als Chance für ältere Nutzer, da sie so spielerisch mit der digitalen Technik vertraut gemacht werden und empfiehlt außerdem die Entwicklung und das Angebot spezieller IT-Kurse, um Silver Gamerinnen und Gamer diesbezüglich weiter zu unterstützen. Dem Verband zufolge könnten Computer-und Videospiele Seniorinnen und Senioren dabei helfen, ihr kognitives Leistungsvermögen zu fördern und zu erhalten. Digitale Fitnessspiele seien möglicherweise auch in der Lage, überlastetes Pflegepersonal in Seniorenheimen und Physiotherapeutinnen und -therapeuten zu unterstützen und ihnen sogar kleinere Aufgaben abzunehmen.
Dana Neuleitner
Dana Neuleitner: Werbung auf WhatsApp
Seit dem 1. Februar 2019 darf WhatsApp offiziell Werbung an seine Nutzerinnen und Nutzer ausspielen. Fünf Jahre nach der Übernahme durch Facebook endet der Vertrag, der den Gründern Jan Koum und Brian Acton zusicherte, den Messenger-Dienst nicht für den finanziellen Profit zu nutzen. „Letztendlich ist es so, dass ich mein Unternehmen verkauft habe. Ich habe die Privatsphäre meiner Nutzer für einen größeren Gewinn verkauft“, kritisierte sich Acton in einem Forbes- Interview.
Bisher werden die gesendeten Nachrichten durch eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung geschützt, um die Privatsphäre der Nutzenden zu wahren. Diese Verschlüsselung könnte für Werbezwecke nun gelockert werden, um automatisiert Werbung im Status-Bereich der App zu schalten. Dieser bietet – ähnlich wie Snapchat – die Möglichkeit, etwa Fotos und Texte mit den eigenen Kontakten zu teilen. Neben Status- Updates von Freundinnen und Freunden könnten die Userinnen und User demnächst auch Werbebotschaften auf diesem Weg erreichen. Durch die Aufweichung der Verschlüsselung könnten demnach Chatinhalte analysiert und entsprechende Anzeigen in den Status-Bereich eingebaut werden. Grund für die Einbindung von Botschaften seiner Werbekunden zu den entsprechenden Chat-Themen könnte die geänderte Nutzungsweise von Facebook sein. Anstatt im zentralen Newsfeed, werden Nachrichten und Bilder nun verstärkt in kleineren Kreisen geteilt. Anzeigenkunden interessieren sich demnach mehr für diese Plattformen. Für das Soziale Netzwerk ergibt sich die Option, seinen Werbemarkt beträchtlich zu erweitern. Der Messenger-Dienst WhatsApp erreichte im Januar 2018, laut statista, 1,5 Milliarden Menschen. Eigenen Angaben zufolge verwenden davon 450 Millionen Userinnen und User täglich die WhatsApp-Statusfunktion. Die Werbefunktion soll in Indien getestet und später zunächst in den USA eingeführt werden. Genaue Zeiträume stehen noch nicht fest.
Ziel Mark Zuckerbergs ist es, seine Sozialen Netzwerke stärker miteinander zu verzahnen. Werbekunden können bereits ihre Facebook-Anzeigen mit einer Weiterleitung durch einen Call-to-Action-Button mit WhatsApp verbinden. So sollen die Zielgruppen Kontakt mit den Unternehmen aufnehmen können und „Chats noch einfacher“ gemacht werden. In diesem Jahr hält WhatsApp zudem weitere Neuerungen bereit. Hierunter neue Funktionen in der Web-Version und eine Bezahlfunktion WhatsApp Payments, wodurch Nutzende ihren Kontakten Geld überweisen oder Online-Zahlungen abwickeln können.
www.sueddeutsche.de/digital
Dana Neuleitner: EU-Fortschrittsberichte gegen Fake News
Wenn eine Wahl bevorsteht, werden Bürgerinnen und Bürger online wie offline mit Informationen und Kampagnen geradezu überschüttet. Hierbei gilt es, den Durchblick zu behalten und insbesondere darunter gestreute Fake News zu erkennen. Falschnachrichten als solche zu enttarnen und sich nicht von ihnen beeinflussen zu lassen, sehen EU-Kommissare vor der Europawahl 2019 als zentral an. Deshalb fordert die EU von Unternehmen wie Google und Facebook, gegen Desinformationen vorzugehen.
Im Dezember 2018 stellte die EU-Kommission einen entsprechenden Aktionsplan vor. Dieser besagt, dass Desinformationskampagnen im Netz mit einem Frühwarnsystem sowie aufklärenden Informationen begegnet werden soll. Die Unternehmen Google, Facebook, Twitter und Mozilla unterzeichneten zusammen mit mehreren Industrieverbänden der Werbebranche den zugehörigen Verhaltenskodex. Ende Januar 2019 folgten ihre ersten Fortschrittsberichte. Demzufolge stellen Facebook und Google politische Werbung nun transparenter dar und greifen, ebenso wie Twitter, bei Fake-Accounts ein. Jedoch stelle Google nicht alle Instrumente flächendeckend zur Verfügung und Facebook müsse bezüglich des Einsatzes seiner Tools transparenter werden. Die EU-Kommission lobt zwar die bisherigen Fortschritte, appelliert aber an die Unternehmen, „ihre Anstrengungen im Vorfeld der Europawahlen 2019 zu intensivieren, um in allen EU-Mitgliedsstaaten für die volle Transparenz der politischen Werbung zu sorgen“. Bis zur Europawahl wird die EU-Kommission monatlich über die Fortschritte berichten.
Im Februar 2019 rief der Europarat dazu auf, Cyberbedrohungen im Wahlkontext zu bewerten und Maßnahmen zu deren Bekämpfung zu entwickeln. So soll sichergestellt werden, dass die Integrität des Wahlsystems erhalten bleibt und die Privatwirtschaft dazu angehalten wird, mit Wahl-bezogenen Online-Aktivitäten verantwortungsbewusst umzugehen. Ziel ist die Förderung der Digital- und Medienkompetenz der EU-Bürgerinnen und -Bürger, wodurch sie im Erkennen von Fake News und Desinformation gestärkt werden sollen.
Hintergrund sind erhöhtes Fake- News-Aufkommen und Wahlbeeinflussungen zum Zeitpunkt der US-Wahlen 2016. Hier wurden auf Sozialen Medien, unter anderem Twitter, Falschnachrichten und Verschwörungstheorien etwa mit Hilfe von Bots verbreitet. Eine ähnliche Manipulation der Europawahl soll verhindert werden. Die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union wählen vom 23. bis 26. Mai bereits zum neunten Mal das Europäische Parlament. In Deutschland fällt der Wahltermin auf den 26. Mai 2019.
Dana Neuleitner: Knaus, Thomas/Meister, Dorothee M./ Narr, Kristin (Hrsg.) (2018). Futurelab Medienpädagogik: Qualitätsentwicklung – Professionalisierung – Standards. München: kopaed. 264 S., 18 €
Knaus, Thomas/Meister, Dorothee M./ Narr, Kristin (Hrsg.) (2018). Futurelab Medienpädagogik: Qualitätsentwicklung – Professionalisierung – Standards. München: kopaed. 264 S., 18 €.
Was ist drin, wenn Medienpädagogik draufsteht? Das ist eine der Fragen, mit denen sich das 34. Forum Kommunikationskultur der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) im November 2017 in Frankfurt am Main beschäftigte. Der Band Futurelab Medienpädagogik dokumentiert die GMK-Tagung und macht verhandelte praxis- und theoriebezogene Inhalte zur Professionalisierung und Qualität medienpädagogischen Handelns auch für Nichtanwesende zugänglich. Bevor konzeptionelle Zugänge geschaffen werden, wird in 14, bereits im Vorfeld des Forums entwickelte, Thesen eingeführt, anhand derer die künftigen Bedarfe der Disziplin identifiziert werden sollen. Neben Vorschlägen zur medienpädagogischen Professionalisierung und Förderung ab dem Kleinkindalter werden ebenso Zugänge zur Handlungspraxis bereitgestellt, die im Forum in Workshops und anderen Veranstaltungen diskutiert wurden. Die Autorinnen und Autoren widmen sich hier intensiver als im Vorjahr etwa den Themenbereichen Kita und Schule sowie dem Orientierungsrahmen für medienpädagogische Studiengänge und Studienanteile der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft ( DGfE). Auch inklusive Medienbildung wird thematisiert. Der entsprechende Beitrag gibt Antwort darauf, wie etwa soziale und technische Barrieren überwunden werden können. So wird gleichzeitig eine Brücke zum 35. GMK-Forum ‚Medienbildung für alle – Digitalisierung. Teilhabe. Vielfalt.‘ geschlagen. Besonders zentral erscheint im Zuge der Digitalisierung schließlich, sich ebenso länderübergreifend auszutauschen. So betont das letzte Kapitel zu ‚International Contributions‘ die Wichtigkeit der internationalen Vernetzung von medienpädagogischen Fachkräften und Einrichtungen und widmet sich unter anderem der Vorstellung der neu gegründeten International Association for Media Education (IAME) wie auch der Bedeutung von Medienkompetenz in veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen.
Die Publikation bietet die Möglichkeit, die Veranstaltung Revue passieren zu lassen und gewährt Interessierten einen gelungenen Einblick in die behandelten Themen. Der Band ist sowohl für theoretisch als auch praktisch tätige Fachkräfte geeignet, da beide Felder mit vielfältigen Beiträgen vertreten sind. Futurelab Medienpädagogik bewegt sich am Puls der Zeit und macht deutlich, weshalb Medienpädagogik, etwa aufgrund von Hate Speech, Fake News und Datendiebstählen, gerade heutzutage besonders zentral ist. dn
Dana Neuleitner: Sponholz, Liriam (2018). Hate Speech in den Massenmedien. Theoretische Grundlagen und empirische Umsetzung. Wiesbaden: Springer VS. 474 S., 59,99 €.
Die stetige Konfrontation mit Hassbotschaften kann Diskriminierung und sogar Gewalt gegen gesellschaftliche Gruppen legitim erscheinen lassen. Liriam Sponholz setzt sich in ihrem Band mit Hate Speech in den Massenmedien auseinander. Im Gegensatz zu anderen Studien sieht sie die Medien nicht nur als passive Vermittler, sondern auch in der Rolle als Mitgestalter.
Da Hate Speech in der Medienwissenschaft bisher eher vernachlässigt wurde, leistet Sponholz einen theoretischen und empirischen Beitrag zur Untersuchung von Legitimationsweisen von Hate Speech in und durch Medien.
Anschließend an verschiedene Wesensmerkmale der Hassrede – der öffentlichen, bewussten und/oder intentionalen Kommunikation von Diskriminierung – wendet sich die Autorin der Hate Speech in der Medienwissenschaft zu, bevor sie ausführlich den Umgang der Massenmedien mit der Thematik untersucht. Sie hebt hierbei etwa die Vorteile der Counter Speech hervor, wobei sie auch deren negative Folgen etwa hinsichtlich der Lebensdauer der Kontroverse betrachtet.
Den Hauptteil nehmen zwei Fallstudien sowie deren Auswertung ein: Anhand von Kontroversen, die durch Oriana Fallaci sowie Thilo Sarrazin ausgelöst wurden, wird umfassend dargelegt, wie Hassbotschaften die öffentliche Agenda beeinflussen können.
Da Hate Speech im Grunde der Integrationsfunktion von Massenmedien zuwiderläuft, greift Sponholz hier ein wichtiges Thema auf, das im Sinne des öffentlichen Diskurses in einer demokratischen Gesellschaft und somit der Meinungsbildung der Bevölkerung von hoher Bedeutung ist. Der Band regt zum Nachdenken an und ermöglicht es, einen kritischen Blick hinsichtlich Hate Speech einzunehmen und sich mit der Problematik und deren Ausmaß auseinanderzusetzen – nicht nur in den Massenmedien, sondern auch übertragen auf Soziale Medien, welche für Medienpädagoginnen und -pädagogen ein wichtiges Arbeitsfeld darstellen.
Sponholz sensibilisiert für diese Art der Kommunikation und richtet sich an Dozierende und Studierende der Medien-, Sprach- und Politikwissenschaft und verwandter Studiengänge, aber auch an Journalistinnen bzw. Journalisten. Auch andere Interessierte können einen Einblick erhalten, in welcher Form Hate Speech die öffentliche Agenda beeinflussen und nicht nur als Normverstoß, sondern ebenso als Meinung definiert werden kann. dn
Dana Neuleitner: Le Floid vs. The World
Orlowsky, Janosch/Studio 71 (2018). Le Floid vs.The World. YouTube Originals Serie. 8 Folgen, jeweils etwa 22 Minuten. FSK 6 bis 12.
„Travel the world, understand the world, change the world“ – das ist das Motto der Serie LeFloid vs. The World, die für den Grimme-Preis 2019 in der Kategorie Kinder und Jugend nominiert war. Die achtteilige Dokumentarserie rund um einen der bekanntesten deutschen YouTuber nimmt die Zuschauenden mit auf eine Reise rund um den Globus, auf der verschiedene gesellschaftliche Aspekte beleuchtet werden. Dabei will er aktuelle Fragen der jungen Generation klären. Welchen Einfluss haben Dating-Apps auf Liebe? Gibt es höhere Mächte? Welche Auswirkungen hat technischer Fortschritt? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, setzt sich Florian Diedrich, wie LeFloid mit bürgerlichem Namen heißt, mit einer Vielzahl an Bereichen auseinander: Angefangen bei Selbstwahrnehmung und Schönheit werden unter anderem die Bereiche Arbeit, Sport und Glaube in jeweils 22 Minuten genauer unter die Lupe genommen. Also Themen, mit denen LeFloid, der über drei Millionen Abonnentinnen und Abonnenten auf YouTube hat, sein junges Publikum zielgruppengerecht erreichen kann.Bereits in der ersten Folge spricht er ein Thema an, das vor allem – aber nicht nur – für junge Menschen in der Selbstfindungsphase von hoher Wichtigkeit ist: Wie nehmen wir uns selbst (und andere) wahr? Dafür spricht er mit Supermodel Toni Garrn über die Wirkung von Instagram und ist bei einer Schönheitsoperation an einer jungen Frau dabei. Welche Auswirkungen es haben kann, wenn man den Bezug zu sich selbst verliert, wird anhand des Beispiels Südkorea deutlich. Die Selbstmordrate liegt dort bei etwa 15.000 Personen im Jahr – die höchste der Welt.
LeFloid zeigt in einem Interview mit Kim-Ki Ho, wie man dem mit einem außergewöhnlichen Gegenmittel vorbeugen könnte: Inszenierte Beerdigungen sollen den Menschen helfen, sich an den Wert des Lebens zu erinnern. Auch LeFloid wagt den Versuch, lässt sich wohlgemerkt nur zusammen mit seinem Markenzeichen, dem Cap, ‚beerdigen‘. Im Dunkeln brauchte er sich dann aber wenigstens keine Gedanken darüber machen, wie ihn die Welt wahrnimmt.
Anders sieht es bei den etwa 95 Millionen Fotos und Videos aus, die täglich auf Instagram hochgeladen werden. Oder den 500 Millionen Tweets auf Twitter im selben Zeitraum. Wie man sich der Welt präsentiert, spielt im Zeitalter der sozialen Medien nämlich eine große Rolle. Das geht für manche sogar so weit, dass sie sich Schönheitsoperationen unterziehen, um auch im echten Leben dem Selfie-Blickwinkel zu entsprechen. „Man schaut immer hoch, neigt leicht seinen Kopf und man sieht fröhlich aus“, erklärt Schönheitschirurg Oh Myungjun, bevor er LeFloid mit in den OP nimmt, wo er seiner Patientin Fett aus ihrem Oberschenkel in die Stirn spritzt. Nichts für empfindliche Augen. Das ungeschönte Präsentieren der ruppigen Operation könnte jedoch vielleicht dazu beitragen, dass etwa junge Menschen, die an ihrem Körper zweifeln, von einem möglichen Eingriff abgeschreckt werden. Die Show zeigt sich kritisch gegenüber dem Schönheitswahn, der durch das Streben nach Likes und einem guten Image entsteht, und betont, dass Identität und Persönlichkeit mehr als nur das Oberflächliche sind und Schönheit von innen kommt. Eine wichtige Botschaft besonders für Heranwachsende. Die Vorteile von Social Media werden zwar auch thematisiert, jedoch nur am Rande. Die Suche nach dem Selbst führt LeFloid weiter zu BINA48, einem Roboter, der Teil eines futuristisch anmutenden Projektes ist. Bruce Duncan arbeitet daran, menschliches Bewusstsein zu bewahren, herunterzuladen und Roboter damit zum Leben zu erwecken. Dies wirft unter anderem die Frage auf, ob dieses Vorhaben moralisch vertretbar ist. Mit Schülerinnen und Schülern könnte etwa diskutiert werden, inwiefern sich diese Prozedur von Sprachassistenten, die sie im Alltag nutzen, unterscheidet.
Die Serie wurde auf Englisch produziert, um ein größeres Publikum zu erreichen. Deutsche Untertitel sind durchgängig verfügbar und ein Teil der Interviews wurde außerdem auf Deutsch gedreht. Dass die Serie stets darauf achtet, Themen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und den Zuschauenden keine bestimmte Sichtweise aufzuzwingen, ist positiv hervorzuheben. Auch Sachverhalte, die vermutlich die wenigsten im Alltag hinterfragen, werden angesprochen und regen zum Nachdenken an. So wird in der Folge Money nachgeforscht, warum Geld für uns und in der Welt so eine große Bedeutung hat, und wie in Kenia durch die Einführung des innovativen bargeldlosen Bezahlsystems M-Pesa auch Menschen ohne Bankkonto eine neue Chance gegeben wird.
Darüber hinaus befasst sich die Serie mit Künstlicher Intelligenz und deren Einfluss auf unser zukünftiges Arbeitsleben und zeigt, welche Chancen Musik mit sich bringt. Beispielsweise, dass sich Musik bei Alzheimer am längsten im Gedächtnis hält, während andere Erinnerungen schneller verloren gehen. Den Rezipientinnen und Rezipienten werden viele wissenswerte Aspekte rund um Alltagsthemen aufgezeigt. Die Serie ermöglicht es, auch mal einen Blick über den Tellerrand hinauszuwerfen und beispielsweise zu erfahren, dass Musik junge Leute im geteilten Jerusalem zusammenbringt oder in Nairobi einen mentalen Ausweg aus den Slums bietet. Durch die durchdachte Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen können Vorurteile möglicherweise abgebaut werden. Nebenbei erhält man viele Information wie etwa, dass auf der größten Müllhalde Deutschlands täglich etwa 2.000 Tonnen Müll, unter anderem von Flughäfen, abgeladen werden. Dies könnte viele Menschen ermuntern, über ihre Lebensweise nachzudenken.
LeFloid vs. The World besticht durch seine qualitativen Inhalte – dass diese durch die Sendezeit von 22 Minuten oftmals nicht völlig ausgeschöpft werden können, ist zwar schade, da viele Aspekte nur oberflächlich behandelt werden, aber verständlich. Dennoch wären längere Interviews und eine tiefere Auseinandersetzung mit den einzelnen Unterthemen wünschenswert, wodurch die Sprunghaftigkeit von einem Thema zum nächsten möglicherweise ebenfalls unterbunden werden könnte. Die Interviewpartnerinnen und -partner sind in der Regel gut gewählt und verfügen über breites Fachwissen. Hervorzuheben ist hier, dass viele einflussreiche Personen darunter sind, wie etwa Dan Reynolds von Imagine Dragons, Basketballer Dirk Nowitzki, Rapper Ice-T oder der Nobelpreisträger Kip Thorne. Das spricht ebenfalls für die Qualität des Angebots, dessen Inhalte zu weiterer Auseinandersetzung anregen. Bis auf die erste Folge ist die Serie nur auf YouTube Premium verfügbar, kann aber über einen Probemonat kostenfrei abgerufen werden.
Dana Neuleitner: Fleischer, Sandra/Hajok, Daniel (Hrsg.) (2019). Medienerziehung in der digitalen Welt. Grundlagen und Konzepte für Familie, Kita, Schule und Soziale Arbeit. Stuttgart: Kohlhammer. 217 S., 29 €.
Fleischer, Sandra/Hajok, Daniel (Hrsg.) (2019). Medienerziehung in der digitalen Welt. Grundlagen und Konzepte für Familie, Kita, Schule und Soziale Arbeit. Stuttgart: Kohlhammer. 217 S., 29 €.
Wie funktioniert Medienerziehung in der digitalen Welt? Zur Beantwortung der Fragen beginnt die Publikation – herausgegeben von Sandra Fleischer und Daniel Hajok – mit Grundlagen der Medienerziehung und baut darauf einen guten Überblick über das breite Spektrum der Medienerziehung auf – von Familie über Kita bis Schule. So werden verschiedene Zugänge zu einer angemessenen Medienerziehung aufgezeigt. Anhand von Studienergebnissen wird auf die Mediennutzung Heranwachsender und auf rechtliche Grundlagen eingegangen, was – neben einem Kapitel zu verschiedenen Medienerziehungsmustern von Eltern – besonders Studierenden einschlägiger Fachrichtungen eine fundierte theoretische Grundlage bietet. Auch werden smarte und vernetzte Spielzeuge kritisch betrachtet und einige Beispiele kurz vorgestellt; diese werden jedoch leider nicht auf ihre pädagogische Einsetzbarkeit hin bewertet. Es folgt ein Beitrag über Medienerziehung in der Kita, in dem für pädagogische Fachkräfte interessante Vorschläge unter anderem zur Integration von Medien gegeben werden. Ein Plädoyer gegen die Unterscheidung virtueller und realer Erfahrungswelten hebt die Wichtigkeit des Berufs der Medienpädagoginnen und -pädagogen hervor. Neben einer hilfreichen Einführung in Open Educational Resources liefern die Autorinnen und Autoren viele praktisch umsetzbare Ideen und Anreize zur Medien- und Filmbildung sowie Projektvorschläge etwa für die Unterrichtsfächer Ethik und Sachkunde in der Grundschule. Auch Probleme und Herausforderungen in der Medienerziehung werden nicht außer Acht gelassen. Den Abschluss bildet eine detaillierte Auflistung ausgewählter Internetangebote zur Medienerziehung, die sich an verschiedene Zielgruppen richten. Lesenden bietet das die Möglichkeit, ihr erworbenes Wissen direkt umzusetzen.
Da in Medienerziehung in der digitalen Welt ein breites Spektrum abgebildet wird, können die einzelnen Kapitel teils nur einen Einblick in das jeweilige Feld geben. Lesende erhalten so jedoch einen guten Überblick. Durch seine sehr gut verständlichen theoretischen Inhalte sowie viele Beispiele ist der Band sowohl für pädagogische Fachkräfte als auch für Studierende der Medien oder der Sozialen Arbeit geeignet und bietet Anreize für die formale wie auch die informelle Bildung.
Dana Neuleitner: EuGH-Urteil zum Like-Button auf Webseiten
Webseitenbetreiber müssen künftig von ihren Nutzerinnen und Nutzern eine Einwilligung zur Einbindung des Like-Buttons von Facebook einholen. Zu diesem Urteil ist der Europäische Gerichtshof (EuGH) gekommen. Denn ist der ‚Gefällt mir‘-Button auf einer Webseite vorhanden, werden automatisch Daten an die Plattform weitergeleitet – auch, wenn Nutzende diesen nicht anklicken oder kein Facebook-Konto besitzen. IP-Adresse, Webbrowser-Kennung sowie Datum und Zeit des Seitenaufrufs werden übertragen.
Durch die Datenübermittlung können Webseitenbetreiber ihre Werbung optimieren und auf Facebook schalten, wodurch sie einen wirtschaftlichen Vorteil erlangen. Denn über Social-Media-Plug-ins oder andere Drittanbieter kann eine größere Reichweite erzielt und Beiträge oder Inhalte besser geteilt werden. Bauen Webseitenbetreiber den Button auf konventionelle Weise etwa in Online-Shops, Blogs oder Nachrichtenwebseiten ein, müssen sie in Zukunft vorab das Einverständnis der Nutzenden einholen, da sie aus Sicht des EuGHs verantwortlich für die Datenerhebung und -weiterleitung sind. Erst die Verarbeitung dieser Infos fällt alleinig in den Verantwortungsbereich von Facebook.
Grund der Verhandlung war ein Streit zwischen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und dem Online-Modehändler Fashion ID. Die Verbraucherzentrale hatte das Unternehmen bereits 2015 aufgrund der Datenverarbeitung über den Like-Button abgemahnt, da die Nutzerinnen und Nutzer nicht darüber informiert worden waren und nicht eingewilligt hatten. Auch ähnlich funktionierende Plugins
anderer Anbieter sind von der Entscheidung betroffen.Einige Anbieter haben bereits vor einigen Jahren datenschutzfreundliche Social-Media-Buttons entwickelt, bei denen soziale Netzwerke die Daten der Nutzerinnen und Nutzer erst ermitteln können, wenn diese auf den entsprechenden Like- oder Teilen-Button klicken.
Dana Neuleitner: Beißwenger, Achim (Hrsg.) (2019). YouTube und seine Kinder. Wie Onlinevideo, Web TV und Social Media die Kommunikation von Marken, Medien und Menschen revolutionieren. 2., durchgesehene Aufl. Baden-Baden: Nomos. 290 S., 34 €.
Mit diesem Band möchte Herausgeber Beißwenger praxisnahe Einblicke zu Bewegtbildern im Internet geben. Hierzu kommen Unternehmen wie BMW, Daimler, Microsoft und die Deutsche Telekom zu Herausforderungen, Einsatzgebieten und Management zu Wort.
Auf eine einführende Vermittlung von Grundlagen aufbauend werden verschiedene Einsatzgebiete und Fallstudien erläutert, bevor Gestaltungsmerkmale und Technologien besprochen werden. Abschließend werden Rechtsfragen geklärt und ein Ausblick zu möglichen Trends gegeben. Mit einem übersichtlichen Aufbau überzeugt YouTube und seine Kinder dank der Breite an Sichtweisen, die ebenso Perspektiven aus der Praxis einschließen. Die Beiträge befassen sich etwa mit Sound Branding, Serious Games oder Aufmerksamkeitsökonomie. Einige Beispiele in dieser zweiten Auflage sind jedoch veraltet. So wurde etwa das deutsche Portal für professionell produzierte Webserien 3min ein Jahr nach Erscheinen der Erstauflage eingestellt, da der erwartete Erfolg ausblieb. Ebenso die auf MySpace ausgestrahlten seriellen Formate Kavka vs. the Web und die Webserie Candygirls. Demnach zeigt der Band zwar ausführlich, welche Hoffnungen und Visionen vor knapp zehn Jahren mit Bewegtbildern im Internet und verschiedenen Netzwerken verbunden waren. Offen bleibt allerdings eine Reflexion der Beispiele vor heutigen Entwicklungen und deren womöglich vollzogene Ablösung durch neuere ‚Hoffnungsträger‘ – wie Formate auf unter anderem Instagram oder Facebook.
Der Band bietet Interessierten aus Kommunikationswissenschaft und Medienpädagogik allerdings die Möglichkeit, Sichtweisen von Unternehmen nachzuvollziehen und damalige Praktiken mit heutigen zu vergleichen. Interessant sind zudem die Visionen der Autorinnen und Autoren zu „Autorenfragen“ am Ende einiger Kapitel – darunter etwa, wie Bewegtbilder im Internet in zehn Jahren, also heute, aussehen könnten. dn