Stefanie Neumaier
Vita
2015-2019: B.A. Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt „Bildung, Kultur und Medien“ an der Hochschule München
2019-2020: M.A. Angewandte Forschung in der Sozialen Arbeit an der Hochschule München
Ich bin bei merz seit 2019.
Aktivitäten
Volontärin bei merz und beim kopaed-Verlag
Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA)
Mitglied in der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK)
Schwerpunkte
- Digitaler Kapitalismus
- Algorithmen
- Medienethik
- Sexualität
Beiträge in merz
Stefanie Neumaier: Zweig, Katharina (2019). Ein Algorithmus hat kein Taktgefühl. Wo künstliche Intelligenz sich irrt, warum uns das betrifft und was wir dagegen tun können. München: Wilhelm Heyne Verlag. 319 S., 20,00 €.
Unsere Daten sind überall. Mit diesen Informationen können Data Scientists wie Katharina Zweig so einiges herausfinden, zum Beispiel dem Datensatz einer Streamingplattform entnehmen, welche Serien und Filme uns vorgeschlagen werden sollten. Anhand von Alltagsthemen zeigt die Autorin auf, dass Sorgen bei algorithmischer Entscheidungsfindung in den meisten Fällen nicht notwendig sind, sich aber dennoch ein Blick hinter diese Abläufe zur besseren Nachvollziehbarkeit lohnt. Die Autorin und Informatik-Professorin Katharina Zweig beschreibt in ihrem Buch Ein Algorithmus hat kein Taktgefühl umfassend das Wirkfeld künstlicher Intelligenz. Zugleich sind die inhaltlichen Ausführungen anschaulich dargestellt und somit auch für Fachfremde leicht verständlich. Die Lektüre gibt unter anderem Einblicke in die unterschiedlichen Anwendungsfelder von Algorithmen wie auch zu den Schwäche- und Stärkegraden künstlicher Intelligenzen. Hierbei schlägt Zweig vier Werkzeuge vor, um es mit der mystifizierten Thematik aufzunehmen. Durch wissenschaftliche Ansätze wie Diskriminierungsanalysen zur Entscheidungsfindung und der Erörterung des Menschenbildes in Bezug auf algorithmische Entscheidungssysteme halten auch ethische Überlegungen Einzug. Mit einem Plädoyer für die Sozioinformatik und dem engen Bezug zu den Anwendenden wird die Notwendigkeit interdisziplinärer Wissensbestände unterstrichen. Insgesamt bietet die Publikation einen anschaulichen Einstieg in die Thematik, gleichzeitig lässt sie ihre Leserinnen und Leser durch die Vermittlung spezifischen Fachwissens brillieren. Die Autorin führt die Leserschaft mit einer wohltuenden Leichtigkeit durch die Welt der Algorithmen. Dabei ist Zweigs Grundüberzeugung und Faszination für die Wissenschaft als „die beste Mischung aus Detektivspiel und ernsthafter Suche nach Erkenntnis“ hochgradig ansteckend. sn
Stefanie Neumaier: Stichwort: Sexfluencing
So manche Sachen verlangen nach einer verschlossenen Tür. Doch wenn es darum geht, intime Details im öffentlichen Raum zu thematisieren, scheut sich eine Gruppe keineswegs: Sexfluencer*innen. Abgeleitet von Influencer*innen, also Personen mit einer hohen sozial-medialen Reichweite, die online zu ausgewählten Themen Positionen vertreten, welche sie ihren Viewer*innen zur Rezeption anbieten. Einen Teilbereich bildet dabei Sexfluencing: „Was Männer mögen & Frauen wollen“ (@benscouch, Instagram) und „It‘s all about helping you upgrade & enjoy your sexual life“ (@SexFluencer, Twitter) sind nur zwei von unzähligen Accountbeschreibungen, die Nutzenden unterschiedlichster Plattformen vor allem eines suggerieren, nämlich Antworten parat zu haben. Antworten auf Fragen, wie das eigene Sexleben wieder in Schwung kommen könnte, worauf es beim Dating zu achten gilt oder wie auch in einer langjährigen Beziehung die Erotik nicht zu kurz kommt. Die Wissenschaftlichkeit der dabei angeführten Fakten, dass zum Beispiel die Aussicht auf baldigen Geschlechtsverkehr den Bartwuchs von Männern verstärke, sei dahingestellt.
Bei der sexualisierten Gattung des Influencings ist eine Gratwanderung zwischen Ernsthaftigkeit und Selbstvermarktung zu konstatieren. Sicherlich nicht zu unterschätzen ist dabei, mit Blick auf Inhalte von Selbstdarstellerin Katja Krasavice und ähnlichen Formaten, neben dem Jugendschutz auch die Verzerrung von Wirklichkeit, insbesondere jüngerer Nutzender. Doch haben sich auch zahlreiche Kanäle (@underneath_we_are, Instagram) dem Entgegenwirken von Schönheitsidealen mit einer gesunden Portion Body Positivity verpflichtet.
Neben der individuellen Motivation, eine solche Form von Influencing zu konsumieren, und dem daseinsberechtigten Ausdruck von Jugendkultur, dürfen die Beweggründe der Sexfluencer*innen und beispielsweise die dahinterstehende Industrie keinesfalls in Vergessenheit geraten. Der Kapitalismus kennt keine Grenzen und erst recht keinen Halt vor dem Schlafzimmer – und so manch anderen spannenden Orten.
Stefanie Neumaier: Handbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung
Kutscher, Nadia/Ley, Thomas/Seelmeyer, Udo/Siller, Friederike/Tillmann, Angela/Zorn, Isabel (Hrsg.) (2020). Handbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung. Weinheim: Beltz Juventa. 658 S., 39,95 €.
In der Sozialen Arbeit ist die Digitalisierung längst kein Fremdwort mehr, jedoch blieb ein Überblick zu den aktuellen Diskursen bisweilen noch aus. Mit ihrem Handbuch zeichnen nun die Herausgeber*innen Nadia Kutscher, Thomas Ley, Udo Seelmeyer, Friederike Siller, Angela Tillmann und Isabel Zorn ein detailreiches Bild zu den Schnittstellen von Sozialer Arbeit und Digitalisierung. Dabei liegt dem im Open- Access zugänglichen Werk ein erweitertes Verständnis von Digitalität zugrunde, indem „die Etablierung soziotechnischer Arrangements und [ihre] Folgen“ (S. 10) mitgedacht werden. Ferner wird nicht nur der Ist-Zustand in der Digitalisierungslandschaft der Sozialen Arbeit aufgegriffen, sondern auch Perspektiven aufgezeigt. Hinzu kommt der hervorzuhebende Umstand, dass die Herausgeber*innen selbst auch zahlreiche Beiträge zum Handbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung als (Co-)Autor*innen beisteuern. Dabei verfolgen sie das Ziel, gesicherte Erkenntnisse zwischen im Zuge der Digitalisierung entstehenden Vorgängen und der Sozialen Arbeit zusammenzufassen, um einen Beitrag zur Verortung der Sozialen Arbeit im Kontext von Digitalisierungsprozessen zu leisten.
Das Handbuch gliedert sich in sieben Teile:
- Disziplinäre Perspektiven: Hervorzuheben ist, dass nicht nur ‚Soziale Arbeit‘ drauf steht, sondern auch drin steckt – und damit ein wichtiges Signal für die Anerkennung der Sozialarbeitswissenschaft als etablierte Disziplin gesendet wird. In vier theoretischen Beiträgen findet ein Aufbrechen des parallel verlaufenden, nebeneinanderher Denkens von Sozialer Arbeit und Digitalität statt. Gleichzeitig werden nicht nur die Perspektiven aus einer Bezugswissenschaft eingenommen, sondern auch stets aus Sicht der Sozialarbeitswissenschaft (mit-)argumentiert.
- Gesellschaftliche Entwicklungen und Diskurse: In acht Aufsätzen wird zunächst ein Blick in bisherige und mögliche künftige Veränderungen in differente Lebenswelten geworfen, bevor höchstaktuelle, sozialpolitische Thematiken behandelt werden.
- Digitalisierte Formen der Dienstleistungserbringung: Im dritten Teil halten neun Beiträge Einzug. Das Kapitel überzeugt im Aufbau durch einen rekapitulierenden, gegenwartsbezogenen und zukunftsorientierten Dreischritt. Dabei wird ein besonderer Blick darauf geworfen, wie sich sozialarbeiterisches Handeln in diesem Kontext durch digitalisierte Erweiterungen verändert und welche positiven bzw. negativen Konsequenzen damit einhergehen (können). Ferner wird diskutiert, welcher Mehrwert in analogen Formen der Dienstleistungserbringung in der Sozialen Arbeit steckt. Und auch eine Grundsatzdebatte, ob etablierte Konzepte wie die Sozialraumorientierung im Zuge der Digitalisierung restrukturiert werden müssten, gibt der Leserschaft interessante Denkanstöße.
- Digitalisierung und Profession: Eine Metabetrachtung der sich entwickelnden Profession Soziale Arbeit wird im vierten Kapitel vorgenommen. Insgesamt fünf Aufsätze befassen sich mit Fragen nach den Handlungsmodalitäten, der Ausbildung von Sozialarbeitenden und den erforderlichen Kompetenzen für eine professionelle Praxis. Besonders hervorzuheben ist der für sich stehende Beitrag zu ethischen Fragen und der damit zugeschriebenen Relevanz.
- Digitalisierung und Organisation: Die Organisation Sozialer Arbeit sowie organisierte Organisationen in der Sozialen Arbeit werden im fünften Kapitel anhand von sechs Beiträgen thematisiert. Das Kapitel scheint ganz im Zeichen des Wandels zu stehen, da allen Aufsätzen ein gewisser Aufbruch innewohnt. Ob sozialwirtschaftliche, bürokratische oder datenschutzrechtliche Umbrüche im Zuge von Digitalisierungsprozessen, um nur einige ausgewählte Beispiele zu nennen, aber auch, wie soziale Einrichtungen Social Media für sich nutzen können. Die Diversität der Beiträge garantiert vielversprechenden Lesestoff für ein breites Fachpublikum.
- Digitalisierung in Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit: Von der Wiege bis zur Bahre – diese Floskel beschreibt passend das umfangreichste Kapitel des Handbuchs. 15 Beiträge decken hierbei nicht nur verschiedenste Lebensalter ab, sondern liefern auch spannende Einblicke in Digitalisierungsprozesse von Berufsfeldern der Sozialen Arbeit, die von Zeit zu Zeit in Vergessenheit geraten, ohne dabei zentrale Handlungsfelder, wie den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, außer Acht zu lassen.
- Forschung: Als abschließendes Kapitel fungiert dieser Bereich mit drei Perspektiven auf qualitative, quantitative und internationale Forschung zu Sozialer Arbeit und Digitalisierungsvorgängen. Hiermit wird sich der Frage angenommen, wie Forschungsdesigns an die zunehmend vermischten Online-Offline-Welten der Klientel angepasst werden können, um sich dem Gegenstand Sozialer Arbeit empirisch anzunähern.
Die Herausgeber*innen stellen in ihren einleitenden Worten fest, dass ihr Handbuch aufgrund der schnelllebigen und vielfältigen Diskurse in diesem Feld nicht mehr als ein „erster konzeptioneller Versuch“ (S. 11) sein kann. Diese Umschreibung bildet in keiner Weise den Gehalt des Handbuches ab. Mit den unterschiedlichsten theoretischen und empirischen Perspektiven auf die Disziplin und Profession Soziale Arbeit im Kontext von Digitalisierungsprozessen wird ein impulsgebender und erkenntnisreicher Schritt für Wissenschaft und Praxis begangen. Der eigene Anspruch, ein breites Themenspektrum trotz subjektiver Priorisierungen durch die Herausgebenden abzudecken, ist als erfüllt zu betrachten. Lediglich das Kapitel der Forschung ist mit drei der insgesamt 50 Beiträge spärlich skizziert. Ein angemessener Umfang des Handbuchs, gepaart mit einem schlüssigen Gesamtaufbau des Inhalts, rahmen die Positionen einer Fülle der versiertesten Wissenschaftler*innen des Fachgebiets. Die Publikation Handbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung eignet sich hervorragend für Sozialarbeitende, die Ausschau nach einer Unterfütterung ihres praktischen Handelns in den Schnittstellen von Sozialer Arbeit und Digitalisierung halten. Außerdem bietet es Studierenden der Sozialen Arbeit und Bezugswissenschaften einen (ggfs. ersten) Einblick in das weitreichende Feld, aber auch erfahrenen Akademiker*innen kann die Lektüre nahegelegt werden. Mit ihrer Arbeit haben die Herausgeber*innen einen wirklich empfehlenswerten Anknüpfungspunkt für die verschiedensten Kontexte und Diskurse sowie eine umfassende Querschnittsanalyse geschaffen.
Stefanie Neumaier: Disney+. „If you can dream it, you can do it“
The Walt Disney Company (2020). Disney+. App u. a. für iOS, Android und Windows. Als monatlich kündbares Abonnement 6,99 € monatlich bzw. 69,99 € jährlich.
Willkommen am magischsten Ort der Welt. Hier werden (nicht nur) Kinderträume wahr: Kaum zurück aus den unzähligen Abenteuern von Jack Sparrow und seiner Crew, schwingt im nächsten Augenblick bereits ein*e Jedi-Meister*in sein*ihr Lichtschwert im Kampf gegen das Imperium. Und auch der süße Honigfanatiker Winnie Puuh ist mit von der Partie, wenn nicht gerade Wolverine ein paar Schurken mithilfe seiner X-MEN zur Strecke bringt oder Hannah Montana die Zuschauer*innen auf ein Privatkonzert entführt. Selbst für eine Prinzessinnen-Teeparty fehlt es an nichts, Gäste wie Cinderella, Dornröschen und Die Eiskönigin können es kaum erwarten!Wenn etwas diese berühmten Figuren vereint, dann ist es wohl ihre Zugehörigkeit zur Walt Disney Company. Und so hieß es in Deutschland ab dem 24. März dieses Jahres: Vorhang auf! Bühne frei für den neuen Streaming-Dienst Disney+. Dabei glänzt die Plattform neben altbekannten Eigenproduktionen unter anderem mit Werken der Pixar Animation Studios, dem Marvel-Universum, der Star Wars Saga sowie graphisch höchst anspruchsvollen Filmen, Serien und Dokumentationen von National Geographic. Mit der Kategorie Disney+ Original platziert die Walt Disney Company zudem Neuheiten aus eigenem Hause, beispielhaft genannt seien hier die finale Staffel von Star Wars: The Clone Wars sowie die erste Staffel der Familienkomödie Tagebuch einer zukünftigen Präsidentin.
Mangelt es an neuen Inhalten? Am Beispiel des Remakes von High School Musical zeigt sich, dass mit der Angebotspalette von Disney+ nicht nur mit alt bewährten Klassikern den etablierten Plattformen Konkurrenz gemacht, sondern auch neue Pferde ins Rennen geschickt werden. So erscheint derzeit im wöchentlichen Rhythmus eine neue Folge von High School Musical: Das Musical: Die Serie, wenngleich dieses Beispiel nicht gerade die erste Wahl für bahnbrechende Inszenierungen sein sollte. Außerdem halten Motto-Events, wie May the 4th be with You, anlässlich des internationalen Star Wars Day am 4. Mai eines jeden Jahres, Einzug. Passend hierzu wurde in diesem Jahr die neunte und letzte Episode der Star Wars Filmreihe, Der Aufstieg Skywalkers, gelauncht.
Blickt man durch medienpädagogische Brillengläser auf die Inhalte von Disney+ so kann konstatiert werden, dass insbesondere durch die zahlreichen Dokumentationen ein (Weiter-)Bildungspotenzial vorhanden ist. Dennoch darf die Gefahr der Bespaßungsfunktion, insbesondere in Zeiten von geschlossenen Kitas, Homeschooling und Doppelbelastung durch Homeoffice und Kinderbetreuung, nicht außer Acht gelassen werden. Schließlich überwiegen die unterhaltenden, zeitvertreibenden Inhalte bei weitem. Ferner sollte seit eh und je im medienpädagogischen Kontext bedacht werden, Gender-Klischees der Disney-Produktionen mit Kindern und Jugendlichen aufzuarbeiten und entsprechend zu reflektieren, um beispielsweise nicht den konstruierten Schönheitsidealen der makellosen Prinzessinnen und muskelbepackten Superhelden zu verfallen.
Neben der intuitiven Handhabung spricht aus Perspektive des Kinder- und Jugendschutzes für die Plattform, dass diese nicht nur die Option eines mit ausschließlich kindgerechten Inhalten befüllten Kontos bietet, sondern auch bei allen Titeln stets die Altersfreigabe zu Beginn eingeblendet und gegebenenfalls auf gewalthaltige Szenen im Vorfeld hingewiesen wird. Die Möglichkeit zum Download der Filme und Serien auf mobile Endgeräte bietet den Vorteil, dass Nutzende orts- und zeitunabhängig darauf zugreifen können. Aus rein technischer Perspektive gilt es hierbei jedoch zu kritisieren, dass die App bei mobilen Endgeräten Nachbesserungen in der Auflösung zu benötigen scheint.
Ob sich eine langfristige Investition in das Abonnement lohnt wird sich erst noch mit Neuerscheinungen aus der Magiemanufaktur zeigen. Bisweilen steht fest, dass Liebhaber*innen von Marvel und Co. wohl nicht darauf verzichten können, ein Abonnement abzuschließen. Für Nutzende, die allzeit Zugriff auf das gesamte Spektrum der Disney-Film- und Serienlandschaft genießen wollen, scheinen die monatlichen 6,99 € beziehungsweise das in der Summe günstigere Jahresabonnement für 69,99 € unabdingbar. Aber auch ein monatliches Rotieren bei einzelnen Streamingdiensten scheint, mit der zunehmenden Unmöglichkeit, alles zu sehen, für Gelegenheits-Konsument*innen sinnvoll. Fest steht: die Disney+ Plattform verspricht Serien, Filme, Dokumentationen und Behind-the-Scenes Darbietungen, welche allesamt die einzigartige Magie beinhalten, die die Walt Disney Company seit jeher ihren Zuschauer*innen näherbringt. Ein Zauber für Jung und Alt.
Jounas Al Maana/Stefanie Neumaier: Kann Medienkompetenz gemessen werden? Der #DigitalCheckNRW im Überblick
Der #DigitalCheckNRW bietet zur Messung der individuellen Medienkompetenz einen Online-Test in Form von sechs Kompetenzbereichen an: Bedienen und Anwenden; Informieren und Recherchieren; Kommunizieren und Kooperieren; Produzieren und Präsentieren; Analysieren und Reflektieren; Problemlösen und Modellieren. Dabei gliedern sich die einzelnen Kompetenzbereiche in je zwei Level. Pro Level gilt es vier Fragen zu beantworten, woraus jeweils bis zu fünf Punkte für den eigenen Medienkompetenz-Score resultieren. Passend zu einzelnen Leveln bietet der #DigitalCheckNRW die Möglichkeit, adäquate Weiterbildungsangebote in der Umgebung bzw. online, zum Beispiel von Volkshochschulen und anderen Anbietern, ausfindig zu machen.
Mit dem Angebot der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) wird versucht, ein Tool bereitzustellen, mit dem eine kritische (Selbst-)Reflexion der eigenen Mediennutzung und den damit einhergehenden Kompetenzen angestrebt wird.
Für den Test spricht zunächst einmal, dass er kostenlos zur Verfügung steht. Ferner lädt ein Trailer durch dessen optisch ansprechende Aufbereitung zur Teilnahme am Check ein. Das farbenfrohe Design des Trailers findet sich in den einzelnen Leveln wieder und ist dabei gepaart mit einer klaren Struktur der Fragen und Antworten. Auch die Details zu den Fragen, welche im Nachgang erscheinen, bieten ein großes Spektrum an Hintergrundwissen und ermöglichen den Nutzer*innen, ihre eigenen Antworten zu überprüfen und so dazuzulernen. Schließlich gilt es hervorzuheben, dass die empfohlenen Weiterbildungsangebote – im Sinne einer digitalen (sozialen) Teilhabe – größtenteils kostenlos angeboten werden. Diese sind sehr spezifisch und bieten so gezielte Weiterbildungsmöglichkeit für die Nutzer*innen an.
Das Ziel ist hoch gesteckt: Das Schaffen einer Plattform, um möglichst viele Menschen zur Selbstreflexion der eigenen Medienkompetenz anzuregen, Defizite aufzuzeigen und konkrete Fördermaßnahmen anzubieten. Hierbei irritiert, dass die Antwortmöglichkeiten auf einzelne Fragen nicht deckungsgleich mit dem Spektrum an möglichen Standpunkten der Befragten sind. Beispielhaft wird bei der Frage nach einer gesunden Gestaltung des Umgangs mit Medien die bedürfnisorientierte Nutzung als Antwortmöglichkeit nicht bedacht. Ferner werden vereinzelt eindimensionale Hinweise gegeben. So wird den Nutzenden bei der gleichen Frage als richtige Antwort nahegelegt, mit Apps wie dem ‚Digitalen Wohlbefinden‘ das eigene Mediennutzungsverhalten zu optimieren. Bei dieser App geht es darum, die Häufigkeit und Nutzungslänge von Apps auszuwerten und wenn möglich, einzuschränken. Gerade medienpädagogische Fachkräfte wissen jedoch, dass ein rein quantifizierender Blick eine verkürzte Betrachtung dieser Materie darstellt.
Es wird dennoch versucht, das komplexe Konstrukt des (Medien-)Kompetenzbegriffs in verschiedenen Facetten für die Nutzer*innen greifbar zu machen. Am Ende jeder Einheit wird ein Punktescore angegeben. Durch dieses Punktesystem wird einerseits ein Anreiz geschaffen, sich verbessern zu können. Andererseits bleibt es schwierig, Medienkompetenz eindeutig mit einem Punktescore zu bewerten, da keinerlei Trennschärfe dahingehend besteht, was ein Punkt mehr oder weniger wirklich aussagt. Ferner kann auf der Metaebene konstatiert werden, dass es bei einem derart vielseitigen Konstrukt, wie dem der Medienkompetenz, nichts auf Grundlage einer einheitlichen Definition zu messen gibt.
Insgesamt ist der #DigitalCheckNRW eine Plattform, die das Potenzial hat, viele Menschen zu erreichen und ihnen die Möglichkeit zur Reflexion ihrer Mediennutzung und -kompetenz zu ermöglichen. Außerdem können so zahlreiche Angebote zur medienpädagogischen Fort- und Weiterbildung spezifisch verbreitet und wahrgenommen werden.
Die GMK wurde von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen mit dem #DigitalCheckNRW beauftragt. Ausschlaggebend war die Digitalstrategie des Bundeslandes. Den Grundstein für den Test bildet der für Schulen konzipierte ‚Medienkompetenzrahmen Nordrhein-Westfalen‘. Um lebensbegleitendes Lernen zu unterstützen, wurde dieser nun für Erwachsene ausgeweitet.
Stefanie Neumaier: Das Studium der Sozialen Arbeit und Computational Thinking
Denk- und Handlungsstrukturen müssen im Hochschulsektor zeitgemäß an die digitale Architektur des 21. Jahrhunderts angepasst werden. Dazu bedarf es eines informatischen Wissens auch außerhalb der MINT-Fächer, also auch im Bereich der Sozialwissenschaften. Hierfür stellt Computational Thinking eine sinnvolle Lösung dar, da es den Zeitgeist unserer digitalisierten, schnelllebigen und unübersichtlichen Welt aufgreift und Vorschläge zum Umgang damit anbietet.
Literatur
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