Verena Neumayr
Beiträge in merz
Verena Neumayr: Die Online-Mütter
Das Leben von Müttern ist zunehmend vom Internet geprägt. Wie genau sie das Internet nutzen zeigt nun eine repräsentative Umfrage der iconkids & youth international research GmbH. Insgesamt wurden in der Faceto-face-Untersuchung 1.197 Mütter von Drei- bis 13-Jährigen befragt, die die Grundgesamtheit dieser Altersgruppe in deutschen Privathaushalten repräsentieren. Untersucht wurde das Online-Shopping-Verhalten von Müttern sowie ihre Nutzung von redaktionellen Inhalten und User-generated Content zu Themen rund ums Kind. Außerdem waren ihre Posting-Gewohnheiten mit Blick auf Informationen über ihre Kinder Thema der Umfrage. 81 Prozent der Befragten geben an, schon einmal Dinge für ihre Kinder im Internet gekauft zu haben. Nur ein Drittel der Mütter hat noch nie einen Online-Einkauf für die Tochter oder den Sohn getätigt. In Bezug auf die Informationssuche zeichnet sich ein klarer Trend ab. Die Websites etablierter Marken und Medien haben die Nase vorn: Amazon mit 16 Prozent, die Homepage der Zeitschrift Eltern mit 14 Prozent und Stiftung Warentest mit zwölf Prozent führen die Liste der Top Ten Websites der Mütter an.
Bei ihren Recherchen auf redaktionellen Websites vertrauen 26 Prozent der deutschen Mütter besonders auf namhafte Hersteller von Kinderprodukten. Ebenfalls 26 Prozent der Frauen nutzen die Websites von Zeitschriften und Fernsehsendern wie Eltern oder KiKA. Insgesamt verlässt sich gut die Hälfte der befragten Mütter bei der Informationsbeschaffung stärker auf Seiten mit redaktionell gestalteten Inhalten. User-generated Content vertrauen dagegen nur etwa 36 Prozent. Kundenrezensionen von Shopping-Seiten sind dabei allerdings von besonderer Relevanz. Hier spielen vor allem bei Amazon die Produktrezensionen anderer Kundinnen und Kunden eine große Rolle. Zurückhaltend zeigen sich deutsche Mütter auch im Umgang mit Fotos und Informationen der eigenen Kinder in sozialen Netzwerken. Nicht einmal die Hälfte der befragten Frauen hat schon einmal Informationen oder Fotos zu ihrem Kind gepostet. Die beliebtesten Kommunikationsmedien der Mütter sind dabei WhatsApp und Facebook. Die vollständigen Ergebnisse der Studie können bei iconkids & youth kostenpflichtig erworben werden.
Verena Neumayr: poliWhat?!
e-politik.de/ e.V. (2014). poliWhat?!. Website: edeos.org/Mitwirkung/, kostenfrei.
Jugend und Politik – manch einer hält dies für einen unauflöslichen Widerspruch. Das Projekt poliWhat?! von jungen Menschen aus Brandenburg, Berlin und NRW räumt die weit verbreitete Meinung auf, Jugendliche interessierten sich nicht mehr für gesellschaftliche und politische Belange. Jenseits von Schule und Sozialkundeunterricht geht poliWhat?! der Frage nach, wie in Deutschland Politik gemacht wird, wer ihre Akteurinnen und Akteure sind und wie auch junge Menschen partizipieren sowie Politik und Gesellschaft mitgestalten können. Lässig, cool, witzig, dabei informativ und spannend – so präsentiert sich poliWhat?! den jugendlichen YouTube-Zuschauerinnen und -Zuschauern und macht dabei eines klar: Wer junge, politikinteressierte und engagierte Jugendliche finden will, der muss dorthin gehen, wo sie sich gerne aufhalten: ins Netz. Und, er muss ihre Sprache sprechen. Entsprechend setzt das Projekt bewusst auf Verständlichkeit, Unkompliziertheit und Authentizität, um sein junges Zielpublikum anzusprechen. Entstanden ist die Videoreihe im Rahmen des Projekts Mitwirkung mit Wirkung, das in einer Kooperation des Landesjugendrings Brandenburg, der Agentur edeos-digital education und der /e-politik.de/ e. V. durchgeführt wurde. poliWhat?! befasst sich mit den wichtigsten Prozessen, Institutionen und Einflussgrößen der deutschen Demokratie – Parteien, Wahlen, Gesetzgebung, Petitionen, Wirtschaft und Lobbyismus, Medien und die Zivilgesellschaft, und vergleicht das politische System in Deutschland mit denen in Frankreich und der Schweiz. Welche Parteien es in Deutschland gibt, welche Aufgaben sie haben, wie man eine Partei gründet und wie sich schon junge Leute parteipolitisch engagieren können, erklärt das erste der neun Videos.
Dem Thema Wahlen in Deutschland widmet sich poliwhat?! besonders ausführlich. Gleich zwei Videos hat die Reihe zu diesem Thema aufgelegt. Im Fokus stehen auch hier wiederum die Möglichkeiten junger Menschen, über Wahlen Einfluss auf die politischen Geschicke Deutschlands zu nehmen. So behandelt eines der beiden Videos neben Fragen wie ‚Wozu braucht man Wahlen?‘ und ‚Wer darf wählen?‘ besonders ausführlich die Möglichkeit der Mitbestimmung und Meinungsäußerung mittels Teilnahme in Kinder-, Jugendoder Schülerparlamenten und U18-Wahlen. Welche Möglichkeiten sich jungen Menschen ab 16 Jahren bieten, sich aktiv an Wahlen zu beteiligen, wo ihnen die Wahl bereits erlaubt ist und welche Argumente Befürworterinnen und Befürworter, Gegnerinnen und Gegner eines Wahlrechts ab 16 Jahren ins Feld führen, zeigt poliWhat?!seinen Zuschauerinnen und Zuschauern sogar in einem eigenen Video. Natürlich kommt die Videoreihe auch nicht an der Erklärung von Fachtermini vorbei; dies wird gerade beim Thema Wahlen deutlich. Von Schülerinnen und Schülern als weithin sperrig empfundene Begriffe wie ‚repräsentative Demokratie‘ oder ‚Wahlrechtsgrundsätze‘ werden mittels Legebildern illustriert. So bleibt bei den jungen Zuschauerinnen und Zuschauern kein leeres Begriffsgebäude zurück, sondern ein Bild im Kopf. Alle der neun etwa siebenminütigen Clips befassen sich mit fünf bis sechs Kernfragen zu einem Sachverhalt, welcher meist mit Hilfe von Animationen und grafischen Darstellungen erklärt wird.
Die lebhafte Mischung zwischen Moderationssequenzen und animierten Clips bringt Abwechslung und bricht so auch die thematischen Frage stellungen in kleinere Untereinheiten. Plastisch und anschaulich kommen die poliWhat?!-Videos daher, vor allem durch die unterschiedlichen Aminationstechniken. Jedes der Videos ist anders gestaltet: Ob Strichmännchentechnik, Sketchbook- Zeichnungen, Legetrickfilm oder eine Gaming-Animation im 8-Bit-Look älterer Super Mario-Spiele – die Macherinnen und Macher von poliWhat?! setzten im Sinne des Verständnisses und der Einprägsamkeit der durchaus komplexen Themen nicht nur auf Erklärungen, sondern auch auf Illustration. Ein kleiner Fehler hat sich jedoch eingeschlichen: Im Video zu den politischen Systemen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz steckt bei den Erklärungen zum Prinzip des Föderalismus im Bundesland Bayern ein Fähnchen der CDU. Zumindest kann so jungen Menschen das Prinzip der Quellenkritik nahegebracht werden. Nichtsdestotrotz, poliWhat?! überzeugt mit seinem unspießigen Edutainment-Konzept. Ziel der Videoreihe ist es nicht nur zu informieren und politische Themen verständlich aufzubereiten, sondern auch Jugendliche zur Teilnahme an politischen und gesellschaftlichen Prozessen zu animieren. Der Aufbau der Videos folgt diesem Ziel: Nach einem Fakten-Input kommt der Aufruf zum Handeln, zum Engagement. Politikverdrossenheit lassen die Macherinnen und Macher von poliWhat?! nicht gelten, denn nur wer informiert ist, kann sich eine Meinung bilden und nur wer politisch und gesellschaftlich aktiv ist, kann auch kritisieren.
Für die politische Interessenentwicklung Jugendlicher setzt poliWhat?! ganz auf das Konzept der Peer Education. Nicht Erwachsene sondern ein Jugendlicher führt die Zuschauerinnen und Zuschauer durch die Themen. So überkommt das Projekt das vor allem für die Schule typische Alters- und Wissensgefälle zwischen Vermittlerinnen und Vermittlern politischer Bildung und ihren Rezipierenden. Immer geht es darum zu zeigen, dass politische Einflussnahme nicht erst im Alter von 18 Jahren beginnt und sie auch keineswegs von der Masse, sondern vom Einzelnen abhängt. Moderator Leonard kommentiert, äußert seine Meinung und bezieht sein Publikum direkt mit ein. Seine Botschaft ist eine Aufforderung zum Mitmachen und Sich-Äußern. Gelegenheit dazu haben die Jugendlichen in den YouTube-Kommentaren und Likes, die auch reichlich Anklang finden. Aber auch ohne speziell verfasste Kommentare stößt poliWhat?! beim Publikum auf großes Interesse. Bis April 2015 wurde allein das erste Video zum Thema Parteien bereits fast 8.500 Mal gesehen.