Maurice Pflug
- Praktikant
Beiträge in merz
Maurice Pflug: D21-Digital-Index 2019/2020
Die zunehmende Digitalisierung der deutschen Bevölkerung ist auch auf deren steigende Digitalkompetenz zurückzuführen. Zu diesem Ergebnis kommt der D21-Digital-Index 2019/2020 der wirtschaftsnahen Initiative D21. Der Index hat mit 58 Punkten (+ 3 Punkte im Vergleich zum Vorjahr) einen neuen Höchstwert erreicht. Er setzt sich aus den vier Faktoren Zugang (+ 4), Nutzungsverhalten (+ 4), Kompetenz (+ 3) und Offenheit (+ 1) zusammen; im Langzeittrend vor allem mit einer kontinuierlichen Zunahme beim Zugang. Dieser Trend beruht vor allem auf den relativ hohen Zuwachsraten beim mobilen Internet und bei Nutzer*innen ab 50 Jahren. Jüngere Generationen sind bereits fast vollständig online. In der Gesamtstichprobe wird das Internet häufiger von Männern (90 %) als von Frauen (82 %) und häufiger von höher Gebildeten (97 %) als von Menschen mit niedrigem Bildungsstand (64 %) genutzt. In den Großstädten (90 %) ist die Internetnutzung höher als im ländlichen Raum (84 %).
Entlang unterschiedlicher soziodemografischer oder gesellschaftlicher Merkmale zeigen sich auch Unterschiede im Nutzungsverhalten. Das trifft auf alle erhobenen Dienstezu, insbesondere aber auf Entertainment-Angebote und Soziale Medien. Diese werden bevorzugt von Jüngeren und tendenziell eher von Männern genutzt. YouTube wird beispielsweise von 70 Prozent der 14- bis 19-Jährigen, aber nur von zwölf Prozent der über 64-Jährigen genutzt.
Kompetenzen im Umgang mit dem Smartphone sind weiter verbreitet als Kompetenzen im Umgang mit klassischen Computeranwendungen. Personen mit niedrigem Bildungsniveau schneiden in allen Kompetenzbereichen unterdurchschnittlich ab.
Im Schnitt waren den Befragten zwei Drittel der abgefragten Fachbegriffe unbekannt. Beispiele für Fachbegriffe sind: Künstliche Intelligenz (61 % bekannt), Algorithmus (43 %), Bot (22 %), Blockchain (14 %).
Wer heute schon digital-affin ist, erwartet stärkere Veränderungen und bewertet diese tendenziell positiver. Dem gegenüber steht, dass sich mehr als ein Drittel der Befragten durch die Digitalisierung überfordert fühlt (4 % mehr als im Vorjahr). Dies trifft vor allem auf ältere Menschen zu, aber auch auf ein Fünftel der 14- bis 19-Jährigen sowie auf die Hälfte der Menschen mit formal niedriger Bildung.
Der Digitalindex (n = 2.019) wurde nach einer Strukturbefragung zur Ermittlung der Internet- und Gerätenutzung (n = 20.332) erhoben. Zugrunde liegt eine bevölkerungsrepräsentative Zufallsstichprobe, wobei aus der Herausgabenicht hervorgeht, ob beide Stichprobenziehungen repräsentativ sind. Zur Methodik liegt nur ein überblicksartiger Steckbrief vor.
Maurice Pflug: JIM-Studie 2019 und JIMplus Corona
Das Medienrepertoire von Jugendlichen erweitert sich trotz sinkender Nutzgerätezahl. Zu diesem Ergebnis kommt die JIM-Studie „Jugend, Information, Medien“ 2019 des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest (mpfs).
Nach einem hohen Anstieg der Videostreaming-Angebote von 2017 auf 2018 (von 54 % auf 77 %) ist der Wert 2019 wieder etwas gesunken (73 %). 46 Prozent der Familien beziehen das Abo einer Tageszeitung. Jugendliche mit formal höherem Bildungshintergrund haben eher Zugriff auf zusätzliche kostenpflichtige Medienabonnements. Bei etwa einem Drittel aller erhobenen Haushalte werden E-Book-Reader (31 %) oder Wearables (31 %) genutzt. Bei der absoluten Anzahl der Geräte im persönlichen Besitz der Jugendlichen zeigt sich im Vergleich zum Vorjahr ein rückläufiger Trend; am deutlichsten bei Laptops (- 7 %), DVD-Player/Festplattenrekorder (- 6 %) sowie bei stationären Spielkonsolen (- 6 %). Auch die Häufigkeit des meist verbreiteten Geräts – des Smartphones – hat um zwei Prozent abgenommen. Die selbstgeschätzte tägliche Nutzungsdauer (Mo-Fr) des Internets wird von den Jugendlichen mit durchschnittlich 205 Minuten angegeben.
Jede*r fünfte Jugendliche gibt an, dass schon einmal falsche oder beleidigende Inhalte über die eigene Person online verbreitet wurden. Bei Mädchen (18 %) sind diese Vorfälle seltener als bei Jungen (24 %). Peinliche oder beleidigende Abbildungen von Mädchen (15 %) werden hingegen häufiger verbreitet als solche, die Jungen zeigen (11 %). 31 Prozent der Jugendlichen wissen von Onlinemobbingfällen unter Freund*innen und Bekannten. Acht Prozent der Befragten wurden auf diese Weise schon selbst Opfer; die befragten Mädchen mit elf Prozent mehr als doppelt so häufig wie die befragten Jungen mit vier Prozent. Zwei Drittel aller Befragten sind im Monat vor der Befragung mit Hass im Netz konfrontiert worden.
Der JIM-Studie liegt eine repräsentative Stichprobe (n = 1.200) der Zwölf- bis 19-Jährigen in Deutschland zu Grunde. Diese wurden vom 28. Mai bis zum 17. August 2019 befragt.
In der Sonderumfrage JIMplus Corona wurden zudem Jugendliche zur Umsetzung des Homeschoolings befragt und hatten die Möglichkeit dies in Schulnoten zu bewerten. Das arithmetische Mittel lag hier bei einer Note von 2,5. Eine umfassende Verlagerung des Unterrichts in digitale Arbeitsumfelder ist derweil nicht die Regel. Die meisten Schüler*innen (56 %) erhalten regelmäßig Aufgaben per Mail. Formen unmittelbaren Austauschs mit Lehrkräften oder der digitalen Repräsentation des Klassenumfelds werden hingegen seltener genutzt: 26 Prozent nutzen Chats mit Lehrkräften oder der Klasse; 22 Prozent arbeiten gemeinsam mit ihrer Klasse in einer Cloud; 16 Prozent nutzen Videokonferenzen mit Lehrkräften oder ihrer Klasse; elf Prozent telefonieren mit ihren Lehrer*innen. Nur sieben Prozent der Schüler*innen arbeiten nach einem festen Stundenplan für den Tag oder die Woche. Fast ein Drittel (30 %) der Befragten hat zu Beginn der Schulschließung Aufgaben von den Lehrkräften bekommen und gibt an, seither kaum noch Kontakt zu diesen gehabt zu haben. Beim Lernen helfen sich die Schüler*innen oft gegenseitig über Chatprogramme (50 %). Auch Tutorials im Internet werden häufig genutzt (45 %). Der Freizeit-Medienkonsum, insbesondere der von Streamingdiensten, hat nach Angabe der Jugendlichen während der Schulschließung teils stark zugenommen.
Der JIMplus-Studie liegt eine repräsentative Stichprobe (n = 1.002) der Zwölf- bis 19-jährigen deutschsprachigen Schüler*innen zu Grunde. Diese wurden vom 02. bis zum 06. April 2020 befragt.
Maurice Pflug: Fuchs, Max (2020). Kunst als Erkenntnis – Ästhetik als Erkenntnistheorie? Künstlerisches und wissenschaftliches Wissen im historischen Vergleich von Wissenskulturen. München: kopaed. 241 S., 19,80 €.
In Kunst als Erkenntnis – Ästhetik als Erkenntnistheorie? diagnostiziert Max Fuchs eine unangemessene Verengung unserer zusammenhängenden Vorstellungen von Vernunft, Rationalität, Empirie, Wissenschaft und Forschung. Häufig würden diesen eng gefassten Wissensformen die Künste als „das Andere der Vernunft“ entgegengestellt. Dabei werde zugleich betont, dass auch diese zur Generierung von Wissen in Form experimentellen Erkundens, also zur Forschung, geeignet seien. Hierin erkennt Fuchs den Ansatzpunkt einer Kritik der Moderne, die er sich jedoch nicht gänzlich aneignet. Stattdessen weist er auf eine merkwürdige Spannung in dieser Vorstellung der Künste hin, die vielleicht so umschrieben werden kann, dass darin Andersartigkeit und Vernunft gleichermaßen betont werden. Hier lässt sich leicht eine Art dialektische Entwicklung denken, die etwa in den folgenden schematischen Schritten verfährt: Abgrenzung ‚der Künste‘ von ‚der Wissenschaft‘ (jeweils enggeführt); Abgrenzung ‚der Künste‘ bei gleichzeitiger Andeutung von Gemeinsamkeiten mit ‚der Wissenschaft‘; d.h. der Eigenzuschreibung gewisser Vorzüge der letzteren; Wirkliche Eigenständigkeit ‚der Künste‘ bei bestehenden Zusammenhängen mit der Wissenschaft.
Ähnliche Gedankenfiguren finden sich an zahlreichen Stellen der Arbeit – etwa bei der Gegenüberstellung von Mythos und Vernunft. Fuchs legt seiner Betrachtung dabei eine „Dynamisierung des Wissensbegriffs“ zu Grunde und verweist auf Habermas‘ Konzeption einer zielgerichteten Geschichtsschreibung. Indem er als deren Ziel das Mündigkeitsideal einer „selbstverantwortlichen Lebensführung in Freiheit“ setzt, erlangt er Zugriff auf eine Konzeption von Pädagogik als kritischer Kontrollinstanz anderer Wissensformen. In systemischer Perspektive, die der Autor mancherorts ebenfalls einnimmt, wünscht man sich allerdings eine genauere Argumentation dafür, dass gerade der pädagogische Blick auf andere Systeme eine geeignetere Beurteilungsnorm derselben abgeben soll als der Blick aus der Perspektive beliebiger anderer Systeme.
Fuchs‘ Arbeit ist hoch ambitioniert, schon weil er sich mit Erkenntnistheorie, historischer Rekonstruktion und politisch moralischer Einordnung das gesamte Programm moderner Philosophie vornimmt. Entsprechend fällt seine Abhandlung eher kursorisch aus, profitiert aber gerade in den pädagogischen Einordnungen – etwa des Evidenzbegriffs – von den ausgiebigen Hinleitungen.
Maurice Pflug: Kalch, Anja/Wagner, Anna (2020). Gesundheitskommunikation und Digitalisierung. Zwischen Lifestyle, Prävention und Krankheitsversorgung. Baden-Baden: Nomos. 235 S., 32,99 €.
Die Relevanz gelingender Gesundheitskommunikation ist während der aktuellen pandemischen Lage offenkundiger denn je. Dieses besondere Ereignis spielt sich jedoch vor dem Hintergrund einer ohnehin zunehmenden Bedeutung im Kontext der Digitalisierung ab (exemplarisch sei auf das Digitale-Versorgung-Gesetz vom Dezember 2019 verwiesen). Im vorliegenden Band Gesundheitskommunikation und Digitalisierung werden zahlreiche Kommunikationsverhältnisse und Medienvermittlungen empirisch untersucht, die sich nach ihren Akteur*innen sortieren lassen: Für Ärzt*innen öffnen Digitalisierung und automatisierte Verarbeitung von Patient*innendaten, Behandlungsabläufen und Gesundheitszustandserfassungen (etwa durch Telemonitoring) neue Potenziale, langwierige Arbeitsprozesse auszulagern oder zu straffen. Sie stellen sie jedoch auch vor teils als schwerwiegend aufgefasste Herausforderungen, insbesondere bei der erstmaligen Implementierung. Zugleich wird der Austausch zwischen Ärzt*innen zunehmend durch digitale Telekonsultation geprägt. Das Verhältnis und die Kommunikation zwischen Patient*innen und Ärzt*innen verändert sich durch Bewertungsportale und die Möglichkeit, umfangreich Informationen zur eigenen Krankheit zu recherchieren. Foren können wichtige Kontaktstellen zwischen schwer Erkrankten darstellen. Soziale Netzwerke, Selftracking-Apps und -Gadgets können zu sozialem Druck, aber auch zu einem gesunden Lebensstil beitragen. Gamification ermöglicht zielgerichtete Interventionen zur Steigerung indirekter Effekte, etwa der angenommenen Selbstwirksamkeit und des Selbst-Managements zum Zwecke einer gesteigerten Adhärenz von Lebensstilmaßnahmen (etwa bei Typ 2 Diabetes mellitus).
Der inhaltliche Facettenreichtum des Bandes wird durch eine gewisse inhaltliche und methodische Sprunghaftigkeit erkauft. Einige Beiträge stoßen erst in Forschungsdesiderate vor oder sichten bereits erhobene Daten. Andere Beiträge zielen auf prägnante Fragestellungen in den oben dargestellten Beziehungen ab. Die thematisierten Potenziale und Gefahren verweisen jedoch implizit auf das Konzept der Medienkompetenz und damit auf die Relevanz medienpädagogischer Arbeit im Kontext der Gesundheitskommunikation.
Jounas Al Maana/Maurice Pflug: Erfahrungen junger Menschen in der Corona-Zeit
Junge Menschen sehen ihre Perspektiven in der Corona-Krise nicht beachtet. Das zeigt die JuCo-Studie des Forschungsverbunds Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit, der sich aus dem Institut für Sozial- und Organisationspädagogik an der Stiftung Universität Hildesheim und dem Institut für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung an der Universität Frankfurt in Kooperation mit der Universität Bielefeld zusammensetzt.
An der Umfrage nahmen 6431 Menschen zwischen 15 und 30 Jahren teil, von denen 5128 den Fragebogen zu mindestens 95 Prozent ausfüllten. Bei der Onlinebefragung haben 566 Teilnehmende Angaben im Bereich der freien Texteingabe zum Ende des Befragungsbogens gemacht, sodass der Forschungsverbund seine quantitative Analyse um einen qualitativen Teil erweiterte.
Im quantitativen Teil der Studie wird auf einer Skala von null bis zehn ein eher hohes Wohlbefinden der Jugendlichen in der Wohnsituation (6,61) festgestellt. Mit den Kontakten zu Peers sind die Jugendlichen bei einem Mittelwert von 4,95 deutlich unzufriedener. Rückblickend sind die Befragten mit ihrer verbrachten Zeit vor den Kontaktbeschränkungen im Schnitt deutlich zufriedener als mit ihrer Zeitgestaltung während der Beschränkungen. Besonders bemerkenswert ist der Eindruck vieler Jugendlicher, dass ihre Sorgen nicht gehört werden. Etwa 30 Prozent stimmen der Aussage teilweise, etwas über 16 Prozent eher und etwa sieben Prozent voll zu. Auch auf die aktuell besonders prekäre Lage von Schüler*innen von Förderschulen und/oder jungen Menschen mit Beeinträchtigungen weisen die Autor*innen hin.
Damit machen sie auch auf die relevante Verzerrung – insbesondere des qualitativen Teils der Umfrage – aufmerksam, dass Schüler*innen mit ausgeprägtem Wunsch zur Mitteilung vermutlich stärker erfasst wurden, als solche ohne entsprechenden Wunsch, während andere Jugendliche, etwa diejenigen mit Beeinträchtigungen, womöglich nicht oder kaum zu Wort kamen. Die Ergebnisse des qualitativen Teils der Studie zeigen, dass die Jugendlichen sich teilweise auf ihre Rolle als Schüler*innen und Studierende, die ‚funktionieren‘ sollen, reduziert fühlen – angehende Abiturient*innen äußern dahingehend besonders häufig Bedenken. Der Wegfall von organisierten, regelmäßigen Aktivitäten außerhalb der Schule, etwa in Vereinen, wiegt für viele Jugendliche besonders schwer. Es werde nicht hinreichend beachtet, dass Jugendliche im Gegensatz zu vielen Erwachsenen keine fortlaufenden Außenkontakte haben. Viele Jugendliche äußern Bedenken bezüglich der Verstärkung sozialer Ungleichheiten, etwa vor dem Hintergrund unterschiedlicher technischer Ausstattung. Sie fühlen sich in der Berichterstattung über die Pandemie häufig unterrepräsentiert.
Zwar zeigen sich einige erleichtert über den Wegfall sozialen Drucks im Schul- oder Peerkontext, gleichzeitig äußern andere Einsamkeitsgefühle. Als eine zentrale These des Papiers kann gelten: „Das Recht der jungen Menschen auf Beteiligung und Schutz darf nicht ein Schönwetterrecht sein und muss demnach krisenfest sein. Wenn es in der Krise aussetzt, ist es nicht fest genug etabliert.“
www.uni-hildesheim.de
Jounas Al Maana, Maurice Pflug