Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Schiefele
Beiträge in merz
Hans Schiefele und Helga Theunert: Leben mit Medien
Medienentwicklung - bei diesem Wort denkt man an das Tempo, mit dem die Neuerungen sich jagen, und an die Atemlosigkeit derer, die ihnen zu folgen versuchen. Der Blick auf die Entwicklung der Bildmedien zeigt, dass das nicht immer so war. Weit über ein halbes Jahrhundert ging es recht gemächlich zu. Der Guckkasten auf dem Jahrmarkt, dann das Kino als Ort des filmischen Vergnügens, später gelegentlich der Film auch als Mittel der Unterrichtung - das alles ließ sich Zeit. Und so hatte auch der Mensch Zeit, die neue Errungenschaft Film in sein Leben einzuordnen.
Auch das Fernsehen kam nicht gerade im Galopp daher: Ein Erstes Programm, etliche Jahre später ein Zweites und die Dritten - und das war’s für ziemlich lange Zeit; glücklich die Bayern, denen die Österreicher zusätzlich was auf den Bildschirm lieferten. Das geruhsame Medienleben hatte in den 80er Jahren ein Ende: Kabel, Satellit, Video, Computer - mehr und immer mehr Medienangebote zum Vergnügen, zum Lernen - manchmal auch zum Davonlaufen. Aber: Die Weiterentwicklung der Medientechnik eröffnete auch andere Möglichkeiten, v.a. die, mit den Medien selbst etwas anzustellen.Leben mit Medien - in den letzten zwei Jahrzehnten blieb den Menschen wenig Zeit, sich mit den neuen Technologien vertraut zu machen, darüber nachzudenken, welchen Platz sie in ihrem Leben innehaben sollten. Die Medien haben Besitz ergriffen von Lebenszeiten und von Lebenswelten.
Leben mit Medien - das bedeutet heute etwas sehr anderes als zu Beginn des Jahrhunderts und auch etwas sehr anderes als vor 50 Jahren, als das JFF antrat, um das Leben mit Medien pädagogisch zu begleiten, um - was damals natürlich noch nicht so hieß - Medienpädagogik zu betreiben.
(merz 2000-02, S. 75-85)