Prof. Friederike Tilemann
Beiträge in merz
Friederike Tilemann und Angelika Speck-Hamdan: "Medienbildung ist Glückssache" Medienkompetenzförderung in der Kindheit
Achtung! Medienpädagogisch sind andere Themen in den Schlagzeilen: YouNow als Plattform für Identitätsarbeit von 13-Jährigen, schwer vermittelbare Folgen von Datenspuren im Netz und die Option politischer Partizipation durch Onlinemedien – die Themen sind vielfältig, die damit verbundenen Chancen groß, weitreichende Veränderungen sind möglich, aber auch an Gefahrenpotenzial bieten die aktuellen Medienentwicklungen kein sparsames Repertoire. Achtung deshalb – weil die Kinder nicht aus dem Blickfeld geraten dürfen. Auch wenn manche medienpädagogischen Herausforderungen schon lange bekannt sind – für die jetzige Kindergeneration sind sie immer noch brisant. So zeigt die aktuelle KIM-Studie 2014 (vgl. MPFS 2015), dass das Fernsehen (trotz aller großen Veränderungen auf dem Medienmarkt und auch in manchen Bereichen der kindlichen Mediennutzung) immer noch das Medium ist, auf das Kinder (zwischen sechs und 13 Jahren) am wenigsten verzichten mögen und welches sie am meisten nutzen.
Manche langjährigen Fragen der Medienkompetenzförderung von Kindern bekommen durch aktuelle Formate, (z. B. Scripted-Reality) oder Nutzungsweisen (mobile Geräte als ‚Beruhigungsmittel‘ bei den außerhäusigen Erledigungen der Familien) neue Herausforderungen. Die Erwartungen, die hingegen Medienpädagoginnen und Medienpädagogen in der Praxis entgegentreten, sind meist andere: „Ich hätte gern ihre Appliste!“ Bei der Hoffnung der Eltern auf die zusätzliche Förderung mithilfe der Medien in den ersten Lebensjahren, die das schulische Lernen der Kinder steigern, verbessern, erhöhen soll …, muss die Medienbildung bereit sein, ihr Kerngebiet der Förderung medienkompetenten Verhaltens zu erklären und dafür zu begeistern. Auch wenn schon viel auf gutem Wege ist, so ist in der Gesellschaft die Medienbildung für Kinder noch lange nicht als selbstverständliches Thema angekommen. Deshalb ist es gut, die Kinder der Altersstufe bis zehn Jahre immer wieder gezielt in den Blick zu nehmen. So soll dieses Heft sich auch dieser Altersgruppe widmen.
Was bedeutet medienpädagogische Kompetenz für pädagogische Fachpersonen bezogen auf die Altersstufe von Kindern?
Im Folgenden wird dies an einzelnen Schlaglichtern der Medienbildung aufgezeigt: Medien und Medieninhalte als Teil der alltäglichen Welt begreifen. Medien sind Teil des Alltags, den Kinder mit Erwachsenen leben. Sie sind Teil der Welt, die Kinder zu verstehen suchen und in der sie sich zurechtfinden lernen. Dies hat die Konsequenz, dass Medienbildung als Teil der Erziehung ernst genommen werden muss und nicht als „gesondertes Extra“, für das noch irgendwo zusätzliche Zeit gefunden werden muss.
Für Chancengleichheit in der Medienbildung sorgen
Die familiäre Medienerziehung findet sehr heterogen statt. Von einer elterlichen, bewahrpädagogischen Haltung bis hin zu einer Überforderung durch Mediennutzung ist der familiäre Umgang mit medienpädagogischen Fragen extrem unterschiedlich. Sehr viele Kinder sind deshalb darauf angewiesen, dass sie in der Schule bzw. in den pädagogischen Einrichtungen dabei unterstützt werden, Medienkompetenz zu entwickeln – und das nicht zufällig und punktuell, sondern basierend auf einem gründlich konzipierten, aufeinander aufbauenden Konzept. Die besondere Chance in den KiTas, aber vor allem in der Grundschule, liegt darin, dass sie wirklich alle Kinder erreicht (im Kindergarten nur annähernd). Dabei fällt den Einrichtungen die keineswegs einfache Aufgabe zu, auf die sehr unterschiedlichen Ausgangslagen der Kinder in angemessener Weise zu reagieren, das heißt, sich einerseits in den Angeboten adaptiv auf die unterschiedlichen Kinder einzustellen und andererseits ein gewisses Fundament für alle zu gewährleisten.
Medienbildung als selbstverständlicher Bestandteil der Pädagogik
In den Ausbildungen und Studiengängen aller pädagogischen Fachkräfte muss die Unterstützung der Medienkompetenzentwicklung von Kindern in den Curricula fest verankert sein. Schwer zu verstehen ist die Situation derzeit, in der medienpädagogische Inhalte verkürzt oder nur sporadisch berücksichtigt werden bzw. auf technische Kompetenz reduziert sind. So ist es vom ‚Glück‘ eines Kindes abhängig, ob dieses eine qualitativ hochwertige Medienbildung erfährt oder von einem Bildungsinhalt ausgeschlossen bleibt. Daraus ergibt sich die logische Konsequenz, dass Medienbildung in den Bildungsplänen aller Länder ausreichend integriert werden muss.
Die Besonderheiten kindlicher Medienaneignung ernst nehmen
Auch in der kindlichen Medienaneignung stellen sich spezifische Entwicklungsaufgaben, die pädagogische Unterstützung erfordern. So ist beispielsweise das Medialitätsbewusstsein (Groeben 2002) eine typische Herausforderung für junge Kinder. Ebenso herausfordernd ist es für sie, Medieninhalte in ihrer Konstruiertheit zu erkennen bzw. ihre Bedeutung für die subjektive Konstruktion von Wirklichkeit einschätzen zu lernen. Hier haben sich diverse handlungsorientierte Methoden bewährt, die durch aktive Medienarbeit und gezielte Reflexion eine wachsende Medienkompetenz ermöglichen.
Medienhandeln als Ausdrucksmittel
Medienpädagogische Angebote sollten nicht nur auf die rezeptive Nutzung von Medien zielen, sondern insbesondere auch Raum für aktives Medienhandeln öffnen. Kinder sollen Medien als Werkzeuge für ihren kreativen Ausdruck, als Mittel zur Verfolgung ihrer Interessen und als Kommunikationsinstrument entdecken können. Schließlich geht es darum, dass sie sich selbst alsMedienhandelnde erfahren.
Medienspuren als symbolische Ausdrucksformen von Kindern lesen
Kinder bearbeiten ihre handlungsleitenden Themen unter anderem mit symbolischem Material ihrer Kultur und verwenden dabei auch Symbolische Objektivationen, um sich und ihrem Umfeld von ihren Fragen und Themen etwas mitzuteilen (Bachmair 1994). Pädagogische Fachkräfte müssen lernen, wie solche Medienspuren in den kindgemäßen Ausdrucksweisen (Zeichnungen, Rollen(-spiel), usw.) zu lesen sind, wie dem kindlichen Thema ein Raum gegeben werden kann und wie die Erkenntnisse für die pädagogische Begleitung des Kindes in seiner individuellen Entwicklung genutzt werden können. Dies sind nur einige Schlaglichter der aktuellen Medienbildung für Kinder, aber in der alltäglichen pädagogischen Arbeit mit Kindern leider noch nicht selbstverständlich.
Zu diesem Heft
Die Altersspanne der frühen und mittleren Kindheit in den Blick zu nehmen und dabei die Rolle der Medien für die Entwicklung insgesamt zu beleuchten, ist ein schwieriges Unterfangen, das auch in diesem Themenheft nicht eingelöst wird. Zu verschieden sind Kindheiten heute, zu verschieden ist auch der kindliche Umgang mit Medien und zu verschieden sind auch die Haltungen, Einstellungen und Verhaltensweisen von Eltern und pädagogischen Fachpersonen zur kindlichen Medienaneignung. Stefan Aufenanger gibt in seinem Beitrag einen Überblick über die Mediennutzungsgewohnheiten von Kindern. Dabei setzt er sich kritisch mit vorgeblichen und tatsächlichen Ergebnissen zur Wirkungsforschung auseinander. Ist es tatsächlich so, dass Medien zum Beispiel für angeblich immer schlechter werdende Leseleistungen von Kindern verantwortlich zu machen sind? Angesichts der Komplexität dessen, was Kinder heute zu verarbeiten haben, wäre das eine zu einfache Zuschreibung. Gleichwohl – und das macht der Beitrag unmissverständlich klar – bergen Medien für Kinder ebenso Risiken wie auch Chancen. Es kommt auf Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen an, Kinder verantwortungsvoll zu begleiten.
Dass dies jedoch sehr unterschiedlich geschieht, thematisiert der Beitrag von Ingrid Paus-Hasebrink. Sie beleuchtet die Mediensozialisation von jüngeren Kindern in sozial belasteten Familien. Es hat den Anschein, als wäre Kindheit unter diesen Bedingungen in besonderer Weise „Medienkindheit“, da auf weniger andere Ressourcen der Weltaneignung zurückgegriffen werden kann. Allerdings ist auch hier nicht von einem durchgehenden und gleichen Muster auszugehen. Medien können Zugang zur Welt bedeuten, können aber auch den Zugang zur Welt versperren. Es kommt auf die Art und Weise an, wie sie genutzt werden und welche Nutzungsmuster Kindern zur Verfügung stehen. Den gefühlten Gegensatz zwischen medialer und realer Erfahrung behandelt der Beitrag von Klaus Lutz. Er durchleuchtet die Widersprüchlichkeit in der Haltung vieler Erwachsener – insbesondere Pädagoginnen und Pädagogen –, in der die Natur zu einem „Sehnsuchtsort“ stilisiert wird, während der mediale Erfahrungsraum, den sich junge Kinder erobern, eher abgewertet wird. Dass sich im Zuge der Leistungsanforderungen der Schule die Prioritäten wieder zu verschieben scheinen, sollte auf jeden Fall zu denken geben. Erfahrungen in der Natur und Erfahrungen mit Medien gegeneinander auszuspielen, wird der Komplexität der Herausforderungen, die Kinder beim Aufwachsen zu bewältigen haben, nicht gerecht.
Einen Bogen zur medienpädagogischen bzw. mediendidaktischen Praxis schlägt Uta Hauck-Thum. Sie berichtet von einem Projekt, in dem Lehramtsstudierende zusammen mit Kindern E-Books erstellen. Hier zeigt sich einerseits deutlich, wie unterschiedlich auch die Medienkompetenzen von Studierenden sind, die wir eigentlich schon zu den ‚digital natives‘ zählen; andererseits wird aber auch deutlich, was im Titel dieses Editorials als „Glückssache“ bezeichnet wird. Die Kinder in diesem Projekt hatten die Chance, an ihre individuellen medienbezogenen Alltagserfahrungen anzuknüpfen und sie an einem schulrelevanten Gegenstand weiter entwickeln zu können. In glücklicher Weise verband sich hier literarisches, kreatives und medienbezogenes Lernen. Abschließend fragen Achim Lauber und Maren Würfel, wie die Querschnittsaufgabe der Medienbildung und Medienkompetenzförderung in Deutschland umgesetzt wird. Sie kommen zu dem Schluss, dass es an der Zeit ist, die derzeitigen Praxen kritisch zu prüfen und sich für neue Wege und Kooperationen zu öffnen.
Das Heft erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit in der Darstellung dessen, was Kindheiten heute unter dem Aspekt der Medien bedeuten. Was alle Beiträge miteinander verbindet, ist die Einsicht, dass Medien Teil der Umwelt sind, in der Kinder aufwachsen und die sie sich erschließen müssen. Dass es dabei einer professionellen medienpädagogischen Begleitung bedarf, welche die kindlichen Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und Zugehörigkeit berücksichtigt, steht außer Frage.
Literatur:
Bachmair, Ben (1994). Handlungsleitende Themen: Schlüssel zur Bedeutung der bewegten Bilder für Kinder. In: Deutsches Jugendinstitut (Hrsg.), Handbuch der Medienerziehung im Kindergarten. Opladen: Leske + Budrich. S. 171-184.
Groeben, Norbert (2002). Dimensionen der Medienkompetenz: Deskriptive und normative Aspekte. In: Groeben, Norbert/Hurrelmann, Bettina (Hrsg.), Medienkompetenz. Voraussetzungen, Dimensionen, Funktionen. Weinheim: Juventa. S. 160-197.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (MPFS)(2015). KIM-Studie 2014. Kinder + Medien, Computer + Internet. Basisuntersuchung zum Medienumgang 6- bis 13-Jähriger in Deutschland. www.mpfs.de/fileadmin/KIM-pdf14/KIM14.pdf [Zugriff: 18.03.2015].
Torsten Brinda, Niels Brüggen, Ira Diethelm, Thomas Knaus, Sven Kommer, Christine Kopf, Petra Missomelius, Rainer Leschke, Friederike Tilemann, Andreas Weich: Frankfurt-Dreieck zur Bildung in der digital vernetzten Welt
Die Funktion dieses Modells besteht darin, einen überfachlichen Orientierungs- und Reflexionsrahmen für Bildungsprozesse im digitalen Wandel bereitzustellen und möglichst alle relevanten Perspektiven daran beteiligter Disziplinen einzubeziehen. Das gemeinsam entwickelte Modell – im Weiteren bezeichnet als Frankfurt-Dreieck, benannt nach dem Ort seiner Entstehung in zwei Expert*innen-Workshops 2017 und 2018 in Frankfurt am Main – basiert auf dem in der sogenannten Dagstuhl-Erklärung enthaltenen Dagstuhl-Dreieck, das 2016 unter Beteiligung von Akteur*innen aus Informatik, Informatikdidaktik, Medienpädagogik, Schulpraxis, Wirtschaft und Bildungspolitik in einem mehrtägigen Workshop auf Schloss Dagstuhl erarbeitet und von einer breiten Öffentlichkeit – entsprechend seiner Intention – insbesondere von Praktiker*innen und Politiker*innen wahrgenommen wurde. Ziel ist es vielmehr, aus den disziplinären Perspektiven von Informatik, Informatikdidaktik, Medienpädagogik und Medienwissenschaft die Phänomene einer digitalen Welt und die daraus resultierenden Erfordernisse für Bildungsprozesse zu beschreiben und dadurch eine gemeinsame Reflexionsbasis zu entwickeln sowie darauf aufbauend – in künftigen Schritten – die notwendigen Kompetenzen für Partizipation in einer digital geprägten Welt zu definieren.
Eine Herausforderung im Diskussionsprozess der Autor*innengruppe war, dass es zu wesentlichen Kernbegriffen bislang kein etabliertes Begriffsverständnis gab – schon gar kein zwischen den beteiligten Disziplinen abgestimmtes. So wird beispielsweise „digitale Bildung“ häufig als Schlagwort verwendet (mal mit einem auf das Lehren und Lernen mit digitalen Mitteln eingeschränkten Bildungsverständnis, mal einschließlich informatischer Grundlagen gedacht usw.). Das Adjektiv „digital“ wird in der öffentlichen Diskussion und Berichterstattung oft als ein Synonym für „neuartig“ oder „modern“ verwendet. Dabei beschreibt es ursprünglich die Repräsentation von Daten und indirekt auch Information in einer Weise, die die automatische Verarbeitung mittels Computern ermöglicht, und „Digitalisierung“ damit die Umwandlung analoger in diskrete Werte, was heute im Wesentlichen durch binäre Signale realisiert wird. So ist Digitalisierung eines der drei Grundprinzipien der Informatik neben Automatisierung und Vernetzung, wird aber oft stellvertretend für diese genannt. Mit der Digitalisierung wurde die Voraussetzung für eine universelle Kompatibilität von Daten und Informationen geschaffen und zugleich die Bedingungen für die Integration bislang getrennter Praktiken, sozialer Strukturen und Technologien, was einen nachhaltigen Einfluss auf die tradierten räumlichen und temporären Unterscheidungen sowie soziale Ein- und Ausschließungen hat. Heute wird der Begriff der Digitalisierung in politischen und sozialen Kontexten vor allem zur Beschreibung von aktuellen informatisch und technisch induzierten gesellschaftlichen Transformationsprozessen genutzt.
Wir gehen davon aus, dass die Digitalisierung in denheutigen Gesellschaften die Kultur, die Infrastruktur und entsprechend die weitere Technologieentwicklung wesentlich mitprägt und sprechen daher vom digitalen Wandel. Die Teilhabe an politischen, kulturellen und ökonomischen Prozessen innerhalb der Gesellschaft setzt Fähigkeiten im Umgang mit und zur Analyse, Reflexion und Gestaltung von digitalen Artefakten voraus. Erforderlich hierfür ist die Kenntnis der informatischen Grundlagen sowie der medienwissenschaftlichen und erziehungswissenschaftlichen Zugänge und Diskurse.Analog zum Dagstuhl-Dreieck werden im Modell drei Perspektiven ausdifferenziert, die Bildung für und über den digitalen Wandel aufgreifen muss. Diese werden im weiterentwickelten Modell bezeichnet als technologisch-mediale Perspektive, gesellschaftlich-kulturelle Perspektive und Interaktionsperspektive. Diesen Perspektiven sind jeweils die Prozesse Analyse, Reflexion und Gestaltung zugeordnet, die Lernende mit dem Ziel der Befähigung zur Partizipation an der durch Digitalisierung geprägten Welt und am digitalen Wandel jeweils durchlaufen sollen. Zugleich kann eine umfassende Analyse, Reflexion und Gestaltung des digitalen Wandels nur gelingen, wenn alle drei Perspektiven systematisch und sich wiederholend eingenommen werden.
Die Mitte des Modells bietet Raum für den jeweiligen Betrachtungsgegenstand der durch Digitalisierung geprägten Welt, also digitale Artefakte wie beispielsweise autonome Fahrzeuge, soziale Netzwerke, Hate Speech und Multitasking und damit in Zusammenhang stehende Phänomene, der dann aus Sicht der drei zuvor benannten Perspektiven und den damit verbundenen Prozessen aufgearbeitet werden soll.
Auf Basis dieses Modells sollen künftig Konkretisierungenim Hinblick auf Handlungsfelder wie Schule, außerschulische Bildungskontexte wie Kinder- und Jugendbildung, Kulturelle Bildung und Erwachsenenbildung, Berufsbildung und Hochschule, Lehrer*innenbildung sowie Aus- und Fortbildung von pädagogischen Fachkräften entwickelt werden. Diese können dann in weiteren Schritten im Hinblick auf Kompetenzmodelle und fachdidaktischen- sowie mediendidaktische Fragen und insbesondere die Weiterentwicklung von vorhandenen (Unterrichts-)Konzepten und Empfehlungen der Fachgesellschaften (GI 2008; LKM 2008; GfM 2013; LKM 2015; GI 2016; GfM 2016; DGfE 2017; GMK 2017; GI 2019 usw.) ausgearbeitet werden.
Technologisch-mediale Perspektive
Ziele der Betrachtung aus einer technologischmediaen Perspektive sind das Hinterfragen und Reflektieren der den Phänomenen und Artefakten der durch Digitalisierung geprägten Welt zugrundeliegenden Strukturen und deren Funktionsweisen sowie eine Befähigung zur (Mit-)Gestaltung solcherArtefakte und Phänomene. Dazu erfolgt eine Auseinandersetzung mit konzeptionellen Fragen, insbesondere mit informatischen und medialen Funktionsprinzipien digitaler Systeme, mit den zu deren Erstellung verwendeten informatischen und medialen Strukturierungs- und Gestaltungsmitteln und -formen, den sich durch sie ergebenden technischen Analyse- und Verarbeitungsmöglichkeiten sowie den an der „Oberfläche“ meist nicht sichtbaren kulturellen, politischen oder persönlichen Einschreibungen.
In dieser Perspektive werden damit zwei Aspekte verknüpft, die untrennbar miteinander verbunden sind:- Unter Anwendung langlebiger Informatik-Konzepte werden aus informatischer Sicht die Funktionsweise von digitalen Artefakten, die die digitale vernetzte Welt ausmachen, sowie damit in Zusammenhang stehende Phänomene hinterfragt und bewertet. Zugrundeliegende Funktionsprinzipien und Strukturen der digitalen Artefakte werden analysiert und aufgedeckt und damit Möglichkeiten zur Gestaltung und Erweiterungder Funktion digitaler Systeme unter Berücksichtigung von informatischen Problemlösestrategien und -methoden einerseits, aber auch zu einem reflektierten Umgang mit digitalen Systemen andererseits angelegt. Die Basis hierfür bilden theoretische und praktische Grundlagen der Informatik insbesondere in den Bereichen Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung und deren Anwendung auf aktuelle und gesellschaftlich relevante Themen (wie z. B. Big Data oder Künstliche Intelligenz) sowie Aussagen zu den praktischen und theoretischen Grenzen von Berechenbarkeit bzw. Automatisierung. Hinzu kommen Konzepte zur Kommunikation informatischer Systeme untereinander (z. B. Netzwerke, Protokolle, Verschlüsselung), Priorisierungen darin (insbes. Netzneutralität) sowie systematische Vorgehensmodelle zur Erstellung von digitalen Artefakten und Systemen.
- Durch informatische Modellierung von Ausschnitten der Welt mit entsprechenden Mitteln und Werkzeugen sowie geprägt durch kulturelle Einschreibungen und die persönliche Perspektive von Entwickler*innen (z. B. Auswahl von Trainingsdaten für KI, normative Algorithmen ohne Legitimierung von Entwicklern*innen), entstehen digitale Artefakte. Diese beeinflussen als soziotechnische Informatiksysteme mit charakteristischen Eigenschaften, Ästhetiken, Formen und Grenzen die menschliche Wahrnehmung und bedürfen daher auch einer Auseinandersetzung aus medialer Sicht. Von den Entwickler*innen und/oder den Auftraggeber*innen wird explizit und mitunter auch interessengeleitet, unreflektiert oder aufgrund kultureller Konventionen festgelegt, was sichtbar oder wahrnehmbar ist, wie auch, was in den Hintergrund tritt. Hierdurch wird die mit solchen Systemen mögliche Interaktion und insbesondere das Repertoire kultureller Ausdrucks- und Kommunikationsmöglichkeiten bestimmt. Mit diesen charakteristischen Prägungenschreibt sich die Technologie mittels ihrer Artefakte, aber auch deren Geschichte und Genese, in die durch sie ermöglichten kulturellen und sozialen Formen ein: In ihnen sind Sozialstrukturen angelegt, in ihnen ist festgeschrieben, was in welcher Weise archiviert, was vergessen und ignoriert wird sowie was historisches Gewicht verliehen bekommt.
Darüber hinaus legen verwendete Technologien erforderliche Kompetenzen für ihre Nutzung fest. Umgekehrt kann die Reflexion und Kenntnis von solchen Determinationsverhältnissen in die Konstruktion von digitalen Artefakten einfließen, was zu einem dynamischen souveränen Umgang mit Technologien befähigen würde. Es ist daher unerlässlich, die Strukturen, Funktionen und Funktionsweisen von digitalen (Medien-)Systemen aus informatischer und medialer Sicht analysieren, reflektieren und (mit-)gestalten und diese Sichten aufeinander beziehen zu können. Solcherart fundiertes und verknüpftes Informatik- und Medienwissen erklärt technologische und mediale Phänomene mit langlebigen Konzepten und schafft zusammen mit der Entwicklung grundlegender Problemlösestrategien die Basis für die reflektierte Teilhabe an einer digital geprägten Welt.
Gesellschaftlich-kulturelle Perspektive
Der digitale Wandel prägt die sozialen Kommunikations- und Interaktionsbedingungen sowie die politische Organisation von Gesellschaften. Er bildet dabei nicht zuletzt auch einen kulturellen Möglichkeitsraum, der von Gesellschaften genutzt und gestaltet werden kann. Dasselbe gilt auch für die ökonomische Reproduktion von Gesellschaften. Es werden beispielsweise neue Arbeitsbedingungen, Produktionsmethoden und Austauschbedingungen entwickelt. Dadurch verändern sich die gesellschaftlichen Rollen von Akteur*innen sowie die Dynamiken gesellschaftlicher Entwicklung. Gesellschaften entwerfen Normen und Regeln für die Verwendung und den Einsatz von Technologien und Techniken, die die konkrete Bedeutung und den Einfluss von digitaler Technik strukturieren. So werden in gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen die Bedingungen von Privatheit und Öffentlichkeit festgelegt, es werden Interaktionsmöglichkeiten geschaffen oder aber begrenzt und es wird der Zugang zu technischen Systemen geregelt. Gesellschaften prägen Bildungsinstitutionen und regulieren durch Bildungsangebote für den Erwerb entsprechender Kompetenzen das Verständnis für und die gesellschaftliche Nutzung von digitalen Technologien und Techniken. Der Grad der gesellschaftlichen Durchdringung mit Technologien und auch deren soziale Rolle wird daher wesentlich vom Bildungssystem bestimmt. Dabei bestimmt der Grad der Enkulturation digitaler Technologien und Techniken auch die Rolle einer digitalen Kultur in der Gesellschaft und deren Verhältnis zu analogen kulturellen Artefakten.
Aus gesellschaftlich-kultureller Perspektive werden deshalb Wechselwirkungen zwischen Individuen, Gesellschaft und digitalen Systemen vor dem Hintergrund der Medialisierung und des digitalen Wandels analysiert und reflektiert. Im Vordergrund stehen die Veränderungen, denen Individuen und Gesellschaft unterworfen werden, sowie eine Analyse und Bewertung von Chancen und Problemen, die sich durch den digitalen Wandel ergeben. Das betrifft beispielsweise sich durch digitalisierungsbezogene Kompetenzen eröffnende Möglichkeiten für wirtschaftliches, ökologisches, nachhaltiges und politisches Handeln und die damit einhergehende Verantwortung einerseits sowie die sich durch Nutzung digitaler Systeme ergebenden Datenspuren der*des Einzelnen im Netz und die damit verbundenen Profilbildungen für kommerzielle oder ideologische Zwecke andererseits. Zudem werden unter den Bedingungen digitaler Infrastrukturen das Erkennen und die Bewertung medialer Einflüsse sowie die aktive Teilhabe an gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen voraussetzungsreicher.
Sie erfordern Hintergrundwissen und spezifischeKompetenzen, wie beispielsweise das Beurteilen von Information oder die Entwicklung eigener Standpunkte. Hierbei lassen sich widersprüchliche Tendenzen feststellen: Die erhöhten Partizipationsmöglichkeiten steigern den potentiellen Einfluss von Individuen, wohingegen die wachsende Komplexität einer digital gewandelten/beeinflussten Kultur und die Geschlossenheit autonomer und/oder selbstlernender Systeme den individuellen und gesellschaftlichen Ein- und Zugriff wiederum erschweren. Dadurch stellt sich die Frage nach einer Mitgestaltung von „digitaler“ Kultur und ihrer Enkulturation grundlegend neu. Zugleich können in der digitalen Welt mittels digitaler Technologien (neue) soziale Ungleichheiten produziert beziehungsweise verfestigt werden, so dass auch Fragen sozialer Gerechtigkeit und sozialen Ausgleichs neu reflektiert werden müssen.
Ein weiterer Aspekt ist die historische und die damit einhergehende politische Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechniken. Dazu muss analysiert werden, welche Normen und Regeln in mediengestützten sozialen Prozessen wirksam sind, wie und von wem sie ausgestaltet werden und welche Machtstrukturen hier eingeschrieben sind. Konkret sind beispielsweise Fragen der Netzneutralität in den Blick zu nehmen – auch im Hinblick der Entstehung des Internets und seiner Dynamiken vor dem Hintergrund historischer Prozesse. Dazu gehören auch ökonomische Implikationen digitaler Technologien und Techniken. So müssen Fragen wie die von Nutzung versus Besitz, die des Eigentums an Daten, die von Persönlichkeitsrechten, die der Mündigkeit der verschiedenen Akteur*innen, die der informationellen Selbstbestimmung sowie die eines zivilen Ungehorsams gegenüber immer autonomer werdenden technischen Systemen und die der gesellschaftlichen Teilhabe gerade auch aus einer ethischen Perspektive analysiert werden.
Digitale Artefakte beeinflussen als soziotechnische Informatiksysteme auch die menschliche Wahrnehmung.
Interaktionsperspektive
Im Fokus der Interaktionsperspektive stehen die Menschen, zentral sind die Fragen, wie sie vor dem Hintergrund der technologisch-medialen und gesellschaftlich-kulturellen Voraussetzungen welche digitalen Medien und Systeme warum und wozu nutzen, inwiefern sie am digitalen Wandel teilhaben und ihn mitgestalten (können) sowie wie sie sich als handlungsfähige Subjekte konstituieren (vgl. auch Medienaneignung). Dabei sind die Aspekte Nutzung, Handlung und Subjektivierung zentral.
Unter Nutzung ist die funktionale Anwendung von digitalen Medien und Systemen beispielsweise für rezeptive, gestalterische, kommunikative, problemlösende und organisatorische Zwecke gefasst. Diese Nutzungsoptionen, die von Einzelnen oder Gruppen von Personen wahrgenommen, selektiert und ggf. auch verändert werden, beziehen sich auf digitale Artefakte und die von ihnen eröffneten Möglichkeiten.
Im Rahmen von Handlungen werden diese Nutzungsoptionen in unterschiedliche soziale Praktiken integriert. Dabei werden kulturell tradierte Interaktions- und Kommunikationsformen sowohl aufgenommen als auch transformiert. Eine bewusste Aneignung dieser Nutzungsoptionen setzt stets bestimmte Handlungsmotive wie auch die Reflexion und Analyse der technologischen und medialen Funktionsprinzipien und Potentialesowie rahmender soziokultureller Praktiken voraus – dies gilt gleichermaßen für den Einsatz von Bildungsmedien, Lehr- und Lerntechniken. Auf dieser Grundlage lassen sich die Gestaltungspotentiale digitaler Artefakte realisieren. Derartige Handlungsoptionen bilden auch den Horizont für die individuelle Kompetenzentwicklung.
Mit Subjektivierung ist schließlich darauf verwiesen, dass im Zusammenwirken von digitalen Medien und Systemen sowie menschlichem Handeln auch die Identitätsbildung und -entwicklung angelegt, ermöglicht oder auch behindert werden können. Dies betrifft mehrere Ebenen: Konkret sind damit erstens Formen der Selbstthematisierung gemeint, die in und über digitale Medien und Systeme ermöglicht und nahegelegt werden. So sind beispielsweise in Interfaces von sozialen Netzwerken bestimmte Handlungsaufforderungen eingeschrieben, wie man sich in und über diese Dienste zeigen und darin agieren soll und sich zugleich damit selbst konstituiert. Aus der Interaktionsperspektive betrachtet, interessiert, welches Menschenbild durch diese Formen möglicher Selbstthematisierung konstituiert wird. Zweitens wird abstrakter auch die Frage gestellt, wie und vor dem Hintergrund welcher kulturellen Einschreibungen Subjekte in den jeweiligen Medien repräsentiert und adressiert sind, beispielsweise in Form von Interessenprofilen in Empfehlungs- und Filtersystemen oder auf Ebene von Interfaces und Interaktionsmöglichkeiten. Drittens sind beispielsweise im Angesicht von Data Analytics und Künstlicher Intelligenz traditionell auf Subjekte bezogene Konzepte wie Autonomie und Authentizität auch auf technologisch- medialer Ebene in den Blick zu nehmen. Reflektiert werden soll aus der Interaktionsperspektive, wie und warum digitale Medien und Systeme als Werkzeuge jeweils für konkrete Vorhaben ausgewählt und genutzt werden. Dies erfordert eine Orientierung hinsichtlich der vorhandenen Möglichkeiten und Funktionsumfänge gängiger Werkzeuge in der jeweiligen Anwendungsdomäne sowie deren sichere Handhabung, aber auch die Kenntnis ökonomischer, gesellschaftlicher und politischer Interessen, welche Anbietende von digitalen Werkzeugen vertreten. Mit dem eigenen Handeln stellt sich so auch immer die Frage, welche anderen Handlungsoptionen individuell und sozial wünschenswert und realisierbar wären. Gleichzeitig ist aus dieser Perspektive immer auch zu reflektieren, welche Subjektpositionen technologisch-medial und kulturell angelegt sind, wie Subjekte sich in diesem Rahmen konstituieren und inwiefern sich Subjektivität angesichts digitaler autonomer Systeme transformiert.
Anschlüsse
Die drei Seiten des Frankfurt-Dreiecks beschreibenjeweils unterschiedliche Perspektiven für die Analyse, Reflexion und Gestaltung von Artefakten und Phänomenen einer durch digitale Medien und Systeme geprägten Welt. Dies schließt jeweils unterschiedliche Zugänge zur Erklärung der digitalen Artefakte und damit verbundener Phänomene ein. Das (theoretisch-konzeptionelle) Modell bietet eine begriffliche und strukturelle Grundlage, um an die Diskurse der Disziplinen Informatik, Informatikdidaktik, Medienpädagogik und Medienwissenschaft anschließen zu können, in einen produktiven interdisziplinären Austausch einzutreten und eigene anschlussfähige Theoriebildung zur Ausdifferenzierung und Konkretisierung voranzutreiben.
Für Bildungskonzepte, die digitale Medien und Systeme einschließlich der damit verbundenen Phänomene und ihrer Grundlagen adressieren und zur Teilhabe an der durch sie geprägten Welt befähigen sollen, ergibt sich aus dem Frankfurt-Dreieck die Maßgabe, dass sowohl die technologischen und medialen Strukturen und Funktionen, als auch die gesellschaftlich-kulturellen Wechselwirkungen sowie die Nutzungs-, Handlung- und Subjektivierungsweisen in Interaktionen mit digitalen Medien und Systemeneinzubeziehen sind. Das übergeordnete Ziel muss dabei sein, digitale Artefakte und mit ihnen verbundene Phänomene im Zusammenspiel dieser drei Perspektiven analysieren, reflektieren, gestalten und damit erklären und beurteilen zu können.
Vor dem Hintergrund derartiger Bildungskonzepte gilt es im Austausch mit Bildungspolitik und -praxis konkrete Kompetenzanforderungen weiterzuentwickeln und im Zusammenwirken informatischer, informatikdidaktischer, medienwissenschaftlicher und medienpädagogischer Expertise (fach-)didaktische Szenarien und Lernmaterialien zu entwickeln, die den Auf- und Ausbau dieser Kompetenzen in Bildungseinrichtungen ermöglichen. Dieses Rahmenmodell kann dabei für alle Praxis- und Handlungsfelder in Bildungskontexten und pädagogischer Arbeit adaptiert werden: für die allgemeinbildende Schule, für die Hochschule, die Lehrer*innenbildung wie auch für außerschulische Bildungskontexte, wie die Kinder- und Jugendarbeit und Erwachsenenbildung.
Perspektivisch ergibt sich so ein umfassender, wissenschaftlich fundierter und interdisziplinär getragener Katalog von Zielstellungen und Maßnahmen für Bildungskonzepte in einer durch digitale Medien und Systeme geprägten Welt.
Anmerkung
1 Dieser Text erscheint zeitgleich in Publikationsorganen der beteiligten Fachgesellschaften: merz 4/19 und MedienPaedagogik.com, Medienimpulse 58/19, Informatik und Schule INFOS 2019 sowie den Webseiten der Gesellschaft für Informatik e. V. und ist daher den institutionsinternen Standards zur geschlechtergerechten Sprache untergeordnet.Literatur
Brinda, Torsten/Diethelm, Ira/Gemulla, Rainer/Romeike, Ralf/Schöning, Johannes/Schulte, Carsten (2016). Dagstuhl-Erklärung: Bildung in der digital vernetzten Welt. www.dagstuhl-dreieck.de [Zugriff: 16.07.2019]
DGfE Sektion Medienpädagogik (2017). Orientierungsrahmen für die Entwicklung von Curricula für medienpädagogische Studiengänge und Studienanteile. Medien- Pädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, Dezember 2017.
GfM – Gesellschaft für Medienwissenschaften, Strategiekommission und AG Medienkultur & Bildung (2013). „Medienkultur und Bildung“. Positionspapier. www.gfmedienwissenschaft. de/sites/gfm/files/pdf/2017-10/2013- GfM-Positionspapier.pdf [Zugriff: 16.07.2019]
GfM – Gesellschaft für Medienwissenschaften (2016). Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft ‚Medienkultur und Bildung’ der Gesellschaft für Medienwissenschaft (GfM) zum Entwurf der Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“, www.gfmedienwissenschaft. de/sites/gfm/files/pdf/2018-02/3961dd_70454349ca384bb5adcf80d784d3b5ed. pdf [Zugriff: 16.07.2019]
GI – Gesellschaft für Informatik e. V. (2016). Grundsätze und Standards für die Informatik in der Schule. www.informatikstandards.de [Zugriff: 16.07.2019]
GI – Gesellschaft für Informatik e. V. [2016] Bildungsstandards Informatik – Sekundarstufe II. www.informatikstandards. de [Zugriff: 16.07.2019]
GI – Gesellschaft für Informatik e. V. (2019) Kompetenzen für informatische Bildung im Primarbereich. www.informatikstandards.de [Zugriff: 16.07.2019]
Knaus, Thomas/Meister, Dorothee M./Tulodziecki, Gerhard (2017). Futurelab Medienpädagogik: Qualitätsentwicklung – Professionalisierung – Standards. Thesenpapier zum Forum Kommunikationskultur 2017 der GMK. MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, Oktober 2017.
LKM – Länderkonferenz MedienBildung (2008). Kompetenzorientiertes Konzept für die schulische Medienbildung – LKM-Positionspapier. www.lkm.lernnetz.de [Zugriff: 16.07.2019]
LKM – Länderkonferenz MedienBildung (2015). Kompetenzorientiertes Konzept für die schulische Medienbildung – LKM-Positionspapier. www.lkm.lernnetz.de [Zugriff: 16.06.2019]
Autor*innen: Prof. Dr. Torsten Brinda (U Duisburg-Essen, D), Dr. Niels Brüggen (JFF, München, D), Prof. Dr. Ira Diethelm (U Oldenburg, D), Prof. Dr. Thomas Knaus (PH Ludwigsburg, D | Frankfurt UAS, D | GMK), Prof. Dr. Sven Kommer (RWTH, Aachen, D | KBoM), Christine Kopf (DFF, Frankfurt, D), Ass.-Prof. Dr. Petra Missomelius (U Innsbruck, A | KBoM), Prof. Dr. Rainer Leschke (U Siegen, D), Prof. Friederike Tilemann (PH Zürich, CH), Dr. Andreas Weich (HBK Braunschweig, D | TU Braunschweig, D)
Friederike Tilemann: Beruf Medienpädagog*in: Schweiz/Switzerland
Prof. Friederike Tilemann, Pädagogische Hochschule Zürich
Selbstverständnis des eigenen Berufes:
Medienpädagogik verstehe ich als Teil der Erziehungswissenschaften. Sie ist eingebunden in Fragen der individuellen Entwicklung, des sozialen Miteinanders und der gesellschaftlichen Partizipation – und bezieht sich auf alle Altersgruppen. Die Arbeitsfelder reichen von der pädagogischen Arbeit in Erziehungs- und Bildungsfeldern der Kinder-, Jugend-, und Erwachsenenbildung, der Lehre und Forschung an Universitäten, Instituten und Fachhochschulen. Die Aufgabe der Medienpädagogik ist es, Menschen in der Entwicklung ihrer Medienkompetenz bzw. ihrer medienpädagogischen Kompetenz zu unterstützen, und gesellschaftliche Entwicklungen kritisch zu begleiten und aktiv mitzugestalten.
Haben Sie eine Ausbildung zur Medienpädagogin absolviert oder war es ein Quereinstieg?
In Göttingen habe ich Erziehungswissenschaften studiert, dort gab es Ende der 1980er-, Anfang der 1990er-Jahre das Wahlpflichtmodul ‚Medienpädagogik‘, das mich von Beginn an faszinierte. Parallel zum Studium gründeten wir den Verein Blickwechsel – Verein für Medien- und Kulturpädagogik und engagierten uns in der medienpädagogischen Arbeit und unter anderem im Aufbau eines medienpädagogischen Netzwerkes.
Welche Arbeitsbereiche umfasst Ihre Tätigkeit?
Ich arbeite als Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Zürich – als Medienpädagogin im Bereich ‚Bildung und Erziehung‘ mit Studierenden aller Zyklen (ehem. Schulstufen) und war sechs Jahre auch Leiterin des Fachbereichs ‚Medienbildung‘. Die Medienpädagogik (und Informatik) ist als Studiengebiet für alle Studierenden obligatorisch für angehende Lehrpersonen der Volksschule (dazu gehört auch der Kindergarten ab vier Jahren). Seit dem Lehrplan 21, dem gemeinsamen Lehrplan von 21 Schweizer Kantonen, ist ‚Medien und Informatik‘ in der Volksschule ein eigenes Modul. Zudem bin ich – im Rahmen meiner Arbeit an der PHZH – auch in der medienpädagogischen Weiterbildung tätig. Hier erschliesst sich ein breites Arbeitsfeld: Vorträge und Weiterbildungen für Lehrpersonen, Eltern und Bildungsverantwortliche, Beratungen in medienpädagogischen Fragen, Netzwerkarbeit und die Entwicklung medienpädagogischer Lehrmittel für Kindergarten und Schule.
Welchen Fokus setzen Sie in Ihrer Arbeit?
Medienkompetenz und medienpädagogische Kompetenz, frühkindliche Medienbildung, subjektive Bedeutungskonstruktion im Rezeptionsprozess, Medialitätsbewusstsein, Medien und Politik, Aktive Medienarbeit, Identitätsarbeit mit Medien, Medienpädagogik und informatische Bildung.
Was sind Ihre Zielgruppen?
Studierende aller Zyklen der Volksschule (von Kindergarten bis Sekundarschule), Teilnehmende von medienpädagogischen Weiterbildungen, wie Lehrpersonen, Schulleitungen und Heilpädagog*innen, Eltern, Bildungsverantwortliche von Fachstellen wie für Literalität oder Suchtprävention, Lehrmittelverlage und Interessierte.