‚Massive Open Online Courses‘ sind spätestens mit dem Online-Kurs von Sebastian Thrun zur Künstlichen Intelligenz weltbekannt geworden (Carson & Schmidt, 2012). Durch die Möglichkeit, Bildungsinhalte auf universitärem Niveau offen zugänglich im Internet zur Verfügung zu stellen, stieg die Zahl der Lernenden sprunghaft an und erreichte im angloamerikanischen Raum oft bis zu 100.000.
Diesen ersten Erfolgsgeschichten folgten sogleich wissenschaftliche Studien und Begleitforschungen (Yuan & Bowle, 2013; Gaebel, 2013). Es galt zu erforschen, wie ein gemeinsames Lernen mit solchen Massen funktionieren kann oder warum die Drop-out-Rate zu Beginn hoch war (Khalil & Ebner, 2014). Im Laufe der Zeit begannen immer mehr Hochschulen solche Kurse zu produzieren und vereinzelt entstanden weitere Plattformen. Auch im deutschsprachigen Raum wurden erste Kurse entwickelt, die ab 2014 einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Das Forschungsgebiet im Bereich Educational Technology begann sich zunehmend mit dem Phänomen zu beschäftigen – ob durch technische sowie pädagogische Betrachtungen oder Analysen eigener praktischer Erfahrungen in solchen Kursen. Wie der Markt zeigt, bietet heute der deutschsprachige MOOChub (https://moochub.org) weit über 500 Online-Kurse an, die von Lernenden ohne weitere Kosten besucht werden können.
Seit der Covid19-Pandemie hat die digitale Lehre an Hochschulen zwar einen ungewollten, aber dafür um so deutlicheren Schwung genommen (Pausits et al., 2021). Über Nacht waren die Institutionen gezwungen, teilweise auf ausschließliche Online-Lehre umzustellen. Dies verhalf auch den MOOCs zu einem weiteren Aufschwung, waren es ja gerade diese Kurse, die bereits zur Verfügung standen, und diese Plattformen, die bereits mit großen Massen an Lernenden umgehen konnten. Auch sind es nun solche Plattformen, die nicht nur der hohen Nutzungsfrequenz standhalten müssen, sondern auch zukünftige Entwicklungen vorantreiben können: Entwicklungen wie die Schaffung gemeinsamer Kursstandards über Landesgrenzen hinaus, die Zurverfügungstellung digitaler Zertifikate oder gemeinsamer Authentifizierungsverfahren sind nur einige wenige anstehende Herausforderungen. Die aufkommende Debatte und Diskussion zu Microcredentials ist ebenfalls eng mit MOOCs verknüpft, genauso wie die neuen innovativ-didaktischen Szenarien wie Inverse-Blended-Learning und Flipped Classroom, welche sich in Zusammenhang mit den vorherrschenden Lehr- und Lernvideos als Lernmaterial eignen (Ebner et al., 2017).
Die ZFHE, ein referiertes Online-Journal für wissenschaftliche Beiträge mit praktischer Relevanz zu aktuellen Fragen der Hochschulentwicklung, ruft in diesem Call dazu auf, das Thema ‚Massive Open Online Courses‘ insbesondere im deutschsprachigen Raum aus allen Perspektiven zu betrachten. Folgende Fragen können als Anregungen genommen werden, sind aber keinesfalls vollständig:
- Welche Erfahrungen gibt es mit dem Einsatz von Massive Open Online Courses in der Hochschullehre?
- Welche strategische Rolle spielen frei zugängliche Kurse in Zukunft im Hochschulkontext?
- Welche technischen Entwicklungen in Zusammenhang mit MOOCs sind zu erwarten?
- Wie ist das Thema MOOCs aus pädagogischer Sicht zu behandeln? Welche medienpädagogischen Fragestellungen sind zu beantworten? Welche hochschuldidaktischen Implikationen sind mit MOOCS verbunden?
- Wie beeinflussen MOOCs den Bologna-Prozess oder auch den Weiterbildungsmarkt (u. a. Microcredentials)?
- Welche Rolle spielen MOOCs in der Third Mission?
- Welche konkreten Inhalte lassen sich besonders durch MOOCs vermitteln? Welche Erfahrungen und evidenzbasierten Untersuchungen gibt es hierzu?
- Welchen Einfluss haben MOOCs auf Bildungsgerechtigkeit bzw. den Zugang zur Hochschulbildung?
- Welche Implikationen haben MOOCS auf Funktion und Verständnis von Hochschulen und Hochschulbildung?