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JETZT MAL KONKRET: Neues Video-Format zu Ungerechtigkeit in der Gesellschaft

Frauen kümmern sich im Durchschnitt mehr als fünf Stunden pro Tag um den Haushalt und Kinder, Männer gerade einmal 2,3 Stunden. Ein Drittel der Familien in Deutschland hat sich gegen die Grundschule des Einzugsgebietes entschieden, um das Kind auf eine vermeintlich ,bessere‘ Schule zu schicken mit weniger Kindern mit Migrationsgeschichte. Außerdem sind die Chancen für ein Studium von Kindern aus Arbeiter*innenfamilien signifikant geringer als von Kindern aus Akademiker*innenfamilien. Drei Themen, eine Frage: Ist das gerecht?

Das neue Format ,JETZT MAL KONKRET‘ von rbb24 versucht durch kurze Videos auf Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft aufmerksam zu machen, analysiert die verantwortlichen Hebel dieser Missstände und gibt Dankanstöße für Lösungen. Jeden zweiten Mittwoch im Monat um 17 Uhr erscheint ein neues Video. Die Moderation übernehmen Alice Hasters, Teresa Bücker und Aimen Abdulaziz-Said. Bisher veröffentlicht wurden drei Videos zum Thema ,Getrenntes Lernen aus Angst vor Kids mit Migrationsgeschichte?‘, ,Gender Care Gap: Warum er so groß ist und welche Folgen das hat‘ und ,Studieren: Schlechte Aussichten für Arbeiterkinder?‘.

Das erste Video der Reihe beleuchtet das Problem, dass viele weiße Eltern ihre Kinder absichtlich auf andere Schulen schicken, die das Einzugsgebiet vorgeben würden. Sie leben meist in Vierteln, in denen die Miete erschwinglich, der Migrationsanteil aber hoch ist. Aufgrund des Vorurteils, eine durchmischte Klasse würde das allgemeine Bildungsniveau senken, greifen Eltern zu diversen Tricks, um ihr Kind in einem anderen Stadtteil auf die Schule zu schicken. Diese ,Angst‘ vor Mitschüler*innen mit Migrationshintergrund stammt aus einer zwanzig Jahre alten PISA-Studie, in der ebendiese Schüler*innen schlechter abschnitten als solche ohne Migrationshintergrund. Tatsächlich klärt das Video jedoch darüber auf, dass von heterogenen, sozialgemischten Klassen alle Kinder profitieren. Außerdem weiß man heute: Nicht der Migrationshintergrund weist eine Korrelation zum Bildungserfolg von Kindern auf, sondern die soziale Herkunft. In Deutschland ist ein sozialer Aufstieg im internationalen Vergleich noch immer schwer. Finnland geht in diesem Thema mit gutem Beispiel voran, hier haben Kinder durch kleine Klassen, wenig Privatschulen und kostenlose Lernmaterialien bessere Aufstiegschancen. Zuletzt nennt Moderatorin Alice Hasters auch einige Beispiele aus Deutschland, um das gemeinsame Lernen mehr zu fördern, wie Kooperationen von Schulen mit hohem und niedrigem Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund und Diversity Trainings.

Ebenfalls um das Thema Bildungschancen und sozialer Aufstieg handelt das von Aimen Abdulaziz-Said moderierte Video ,Studieren: Schlechte Aussichten für Arbeiterkinder?‘. Auch er thematisiert Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft. So studieren zum Beispiel von 100 Kindern aus Akademiker*innenfamilien 79, von 100 Arbeiterkindern jedoch nur 27. Woran liegt das? Die Gründe sind unter anderem fehlende Unterstützung vom Elternhaus und eine fehlende Orientierung an studierten Vorbildern. Was jedoch vor allem fehlt ist meistens das Geld. Im Schnitt kosten ein Bachelor und Master 36.000-75.000 Euro. Derzeit liegt der Höchstsatz für BAföG bei 861 Euro. Vielen reicht das zum Leben nicht aus oder sie beantragen das Geld erst gar nicht aus Angst vor Schulden. Das Resultat: 72 Prozent der Studienabbrecher*innen wegen finanziellen Gründen kommen aus der Arbeiter*innenschicht. Was in diesem Fall helfen könnte ist eine bessere Informationsvermittlung über Studium, Stipendien und Finanzierungsmöglichkeiten an Schulen. Außerdem werden im Video eine Erhöhung des BAföGs und eine bessere Willkommenskultur in Uni und Schule für Arbeiter*innenkinder angesprochen. Denn auch in diesem Video wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die soziale Herkunft signifikant prägend für den gesamten Schulerfolg eines Kindes ist.

Das Video mit Moderatorin Teresa Bücker umfasst eine weitere relevante Ungerechtigkeit in der Gesellschaft. Es geht um die Frage, warum der Gender Care Gap so groß ist und welche Folgen er hat. Der ,Gender Pay Gap‘, also die geschlechtsspezifische Ungleichheit von Löhnen, ist vielen ein Begriff. Der ,Gender Care Gap‘ beschreibt ein ähnliches Problem aus einer anderen Perspektive: Die geschlechtsspezifische Ungleichheit im Haushalt. Fast drei Stunden mehr als Männer wenden Frauen täglich im Schnitt für Haushalt und Kinder auf und sie haben keinen Feierabend. Das Resultat ist ein höheres Stresslevel als das von Manager*innen. Dafür bekommen sie jedoch keine Entlohnung. Vor allem alleinerziehende Mütter sind daher häufig von Armut gefährdet. Dies ist kein individuelles, sondern ein strukturelles Problem und daran ist auch der ,Gender Pay Gap‘ Schuld. Bekommt ein Paar ein Kind, ist es für viele logisch, dass das Elternteil mit dem niedrigeren Einkommen sich um das Kind kümmert und das sind meist die Frauen. Nach der Elternzeit bleiben auch im Schnitt die Frauen eher in Teilzeitarbeit, was heute einen echten Karrierekiller bedeutet. Ein Teufelskreis! Ein traditionelles Geschlechterrollenbild unterstützt außerdem das Ehegattensplitting, welches ein gleiches Einkommen von zwei Partner*innen nicht lukrativ macht. Ideen für Verbesserungen dieser Missstände kommen im Video wieder aus Skandinavien. In Schweden wurde das Ehegattensplitting bereits abgeschafft. Außerdem verfügt das Land über ein sieben Tage Kita-System mit Abendessen, während in Deutschland 340.000 Kitaplätze fehlen. Grundvoraussetzung ist eine bessere Bezahlung in der Kinderbetreuung und ein Neudenken von Vollzeit, zum Beispiel in Form einer 30- oder 35-Stunden-Woche.

Alle drei Videos legen den Fokus darauf, nicht verurteilend, sondern lösungsorientiert Probleme und Missstände unserer Gesellschaft zu durchleuchten.

 

Die Videos haben wir hier verlinkt:

Getrenntes Lernen aus Angst vor Kids mit Migrationsgeschichte? | JETZT MAL KONKRET | Alice Hasters

Studieren: Schlechte Aussichten für Arbeiterkinder? | JETZT MAL KONKRET | mit Aimen Abdulaziz-Said

Gender Care Gap: Warum er so groß ist und welche Folgen das hat | JETZT MAL KONKRET | Teresa Bücker

 

Luisa Baier


Header- und Teaserbildrechte: rbb/Fotos: Gundula Krause


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