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Studie JuCo erhebt subjektiv wahrgenommenes Wohlbefinden von jungen Menschen während des Homeschoolings

„Jugendliche und junge Erwachsene haben nicht den Eindruck, dass ihre Interessen in der derzei­tigen Krise zählen. Sie nehmen nicht wahr, dass ihre Sorgen gehört werden und sie in die [beispielsweise politischen] Gestal­tungsprozesse eingebunden werden“, stellt der Forschungsverbund Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit,der sich aus dem Institut für Sozial- und Organisationspädagogik an der Stiftung Universität Hildesheim und dem Institut für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung an der Universität Frankfurt in Kooperation mit der Universität Bielefeld zusammensetzt, in der Studie JuCo fest.

Von den 5128 Teilnehmer*innen der Onlinebefragung haben 566 Angaben im Bereich der freien Texteingabe zum Ende des Befragungsbogens gemacht, so dass der Forschungsverbund seine quantitative Analyse um einen qualitativen Teil erweitert hat.

Exemplarisch sei etwa die folgende Antwort einer*s Befragten wiedergegeben:

„Es wird häufig in der Politik darüber diskutiert, was mit den Schulen, den Schülern und dem Unterrichtsstoff passieren soll. Aber wir (also die Schüler) werden nie gefragt, also es wird nicht gefragt, ob bzw. was für Lösungsideen wir haben oder was wir für das Beste halten oder was wir uns wünschen.“

Die Autor*innen interpretieren derartige Aussagen wie folgt:

„Jugendliche und junge Erwachsene werden bei den Dis­kussionen rund um die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen auf ihre Rolle als Schüler*innen (bzw. Auszubildende oder Studierende) reduziert – die funktionieren sollen. Zudem stehen vor allem nur die Jahrgänge im Fokus, die kurz vor einem Schulabschluss stehen, insbesondere sich in den Abiturprüfungen befinden. Eben diese Zielgruppen haben wir auch in erster Linie durch unsere Befragung JuCo erreicht.“

Auch auf die aktuell besonders prekäre Lage von Schüler*innen von Förderschulen und/oder jungen Menschen mit Beeinträchtigungen weisen die Autor*innen hin. Damit machen sie auch auf die relevante Verzerrung, insbesondere des qualitativen Teils der Umfrage aufmerksam, dass Schüler*innen mit ausgeprägtem Wunsch zur Mitteilung vermutlich stärker erfasst wurden, als solche ohne entsprechenden Wunsch, während andere Jugendliche mit beachtenswerter Perspektive, etwa diejenigen mit Beeinträchtigungen, womöglich nicht oder kaum zu Wort kamen.

Im quantitativen Teil der Studie wird auf einer Skala von 0 bis 10 ein eher hohes durchschnittliches Wohlbefinden der Jugendlichen in der Wohnsituation von 6,61 feststellt (Median: 7, Modus: 8, Standardabweichung: 2,3). Mit den Kontakten zu Peers sind die Jugendlichen bei einem Mittelwert von 4,95 (SD: 2,56) deutlich unzufriedener. Rückblickend sind die Befragten mit ihrer verbrachten Zeit vor den Kontaktbeschränkungen im Schnitt deutlich zufriedener (7,37; SD: 1,95) als mit ihrer Zeitgestaltung während der Beschränkungen (5,06; SD: 2,56). Besonder bemerkenswert erscheint, dass viele Jugendliche nicht den Eindruck haben, dass ihre Sorgen gehört werden: Fast ein Viertel (23,6 %) stimmt der positiven Formulierung „gar nicht“ und 22 Prozent „eher nicht“ zu. Etwa 30 Prozent stimmen der Aussage teilweise, etwas über 16 Prozent eher und etwa sieben Prozent voll zu.

Ergebnisse des qualitativen Teils der Studie werden im Folgenden überblicksartig skizziert (für einen unmittelbareren Eindruck empfiehlt sich ein Blick in die Zitationen des Originaldokuments):

  • Die Jugendlichen fühlen sich teils auf ihre Rolle als Schüler*innen und Studierende reduziert, die „funktionieren“ sollen. Abiturient*innen äußern dahingehend besonders häufig Bedenken.
  • Die Übergangsphase von der Schule in das Berufsleben oder in eine Ausbildung wird vor dem Hintergrund der Pandemie oft als besonders bedrückend erlebt.
  • Das Wegfallen von organisierten, regelmäßigen Aktivitäten außerhalb der Schule, etwa in Vereinen, wiegt für viele Jugendliche besonders schwer.
  • Es werde nicht hinreichend beachtet, dass Jugendliche, im Gegensatz zu vielen Erwachsenen, keine fortlaufenden Außenkontakte, etwa zu Arbeitskolleg*innen, haben.
  • Viele Jugendliche äußern Bedenken bezüglich der Verstärkung sozialer Ungleichheiten etwa vor dem Hintergrund unterschiedlicher technischer Ausstattung.
  • Junge Menschen fühlen sich in der Berichterstattung über die Pandemie häufig unterrepräsentiert. Die Autor*innen interpretieren die hohe Rücklaufzahl ihrer Umfrage auch vor diesem Hintergrund.
  • Einige Jugendliche zeigen sich erleichtert über das Wegfallen von sozialem Druck im Schul- oder Peerkontext.
  • Einige Jugendliche äußern Einsamkeitsgefühle.

Als eine zentrale These des Papiers kann gelten: „Das Recht der jungen Menschen auf Beteiligung und Schutz darf nicht ein Schönwetterrecht sein und muss demnach krisenfest sein. Wenn es in der Krise aussetzt, ist es nicht fest genug etabliert.“

An der Umfrage nahmen 6431 Menschen zwischen 15 und 30 Jahren teil, von denen 5128 den Fragebogen zu mindestens 95 Prozent ausfüllten. Die geplante Laufzeit verkürzte sich aufgrund der hohen Rücklaufzahl von vier auf zwei Wochen. Angaben zur Repräsentativität und dem exakten Erhebungszeitfenster liegen nicht vor. Bei der Veröffentlichung handelt es sich um „eine erste Grundauswertung“.

Die Studienergebnisse finden Sie hier

Maurice Pflug


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