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Forschungsarbeit über die Medienaneignung jugendlicher Zuschauerinnen von Germany’s Next Topmodel

Buchrezension:  Körper, Leistung, Selbstdarstellung. Medienaneignung jugendlicher Zuschauerinnen von Germany's Next Topmodel

Schönheit ist nicht alles

 

Germany’s Next Topmodel läuft seit 2006 jährlich auf dem Privatsender ProSieben. 2021 startete die 16. Staffel. Der öffentliche Diskurs dreht sich in diesem Zusammenhang häufig viel mehr um Heidi Klum als um die Kandidatinnen selbst. Doch wie nehmen jugendliche Mädchen grundsätzlich dieses Sendeformat wahr?

Ein ganzes Jahrzehnt widmete sich Lena Schurzmann-Leder, akademische Mitarbeiterin an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF, diesem Forschungsthema. Insbesondere die komplexe Medienaneignung jugendlicher Zuschauerinnen hinsichtlich populärer Formate steht im Fokus ihrer Publikation, bei der es sich zugleich um ihre Dissertation handelt.

Bereits 2019 stellte sie diese im Fachmagazintvdiskurs vor, wo sie konstatierte: „Der Ansatz dieser Arbeit ist daher die Beforschung der Anrufungen des Medientextes in der Wahrnehmung der Zuschauerinnen hin auf deren Entsprechungen in Alltag und Lebenswelten der Jugendlichen, konturiert als strukturelle Machtverhältnisse. Der besondere Schwerpunkt dieser Arbeit gilt dabei der (verkörperten) Selbstführung der Zuschauerinnen und der Frage, wie diese sich in der Medienaneignung und im Alltagshandeln abbildet.“

Die qualitative Datenerhebung in Form von Gruppendiskussionen in Berlin mit 104 Jugendlichen mit heterogenem Bildungshintergrunderfolgte 2011 und 2017.

Deutlich wird aus den Ergebnissen, dass weibliches Aussehen in der Lebenswelt von Zuschauerinnen eine große Bedeutung hat. Laut Schurzmann-Leder, spiele jedoch das Aussehen bei der Sendung selbst nur eine geringe Rolle: „Beim ersten Durcharbeiten der Gruppendiskussionen fiel auf, wie einmütig selten die Befragen im Kontext der Aushandlungen zu Germany’s Next Topmodel Aussehen, Äußeres, Körper oder Schönheit selbstreferenziell thematisieren“, schreibt sie. „Eine zentrale Erkenntnis der Befundung ist, wie stark die Jugendlichen auf neoliberale Imperative im Radius von Selbstherstellung fokussieren. Die Themen Leistung und kompetitiv-konkurrenzielle Eigenschaften und Werte spielen eine zentrale Rolle in den Gesprächen der Mädchen zur Sendung und anscheinend auch in den korrespondierenden eigenen Erfahrungsbezügen.“

Die sechs Kapitel der fast 350 Seiten umfassenden Forschungsarbeit befassen sich neben der Methodik und Darstellung der Auswertungsergebnisse mit der Verknüpfung von Subjekt, Gesellschaft, und Medien sowie einer theoretischen Einführung und Darstellung des aktuellen Forschungsstandes zu Reality TV, Castingsshows und insbesondere Germany’s Next Topmodel. Für den theoretischen Hintergrund verknüpft die Autorin unterschiedliche Ansätze beispielsweise zur Medienaneignung, Cultural Studies oder Foucaults Gouvernementalitätskonzept.

Hoch ist der wissenschaftliche Anspruch des Buches. Doch hierin liegt auch eine kleine Schwäche, was auf die verkopften Formulierungen zurückzuführen ist. All jene, die aus der (medien-)pädagogischen Praxis kommen und für die das Thema sicherlich für die alltägliche Arbeit mit Jugendlichen von Relevanz sein dürfte, sind anscheinend als potentielle Leser*innen-Zielgruppe von wissenschaftlichen Beiträgen bedauerlicherweise von vorne herein unter dem Radar geblieben.

Die vorliegende Publikation leistet trotzdem einen facettenreichen Beitrag zum medien- sowie erziehungswissenschaftlichen Diskurs und richtet sich daher insbesondere an Wissenschaftler*innen dieser Disziplinen.

 

Heinrike Paulus

 

Schurzmann-Leder, Lena (2021). Körper, Leistung, Selbstdarstellung.Medienaneignung jugendlicher Zuschauerinnen von Germany's Next Topmodel. Bielefeld: transcript. 400 S., 49,00 €.


Teaser-/Headerbild: Coverabbildung transcript Verlag


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