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PLAY21-Festival - Über Lektionen der Pandemie für die Gaming-Branche - Teil 1

Der nachfolgende Beitrag ist der erste Teil der Beitragsreihe zum diesjährigen PLAY21-Creative Gaming Festival. Den zweiten Teil, in dem die Inhalte der Impulsvoträge vorgestellt werden, findet ihr hier.

Durch die Kontaktbeschränkungen und Schließungen von Kultur- und Freizeiteinrichtungen im Zuge der Pandemie sind viele heißgeliebte Freizeitaktivitäten weggefallen, Urlaubsreisen waren kaum bis gar nicht realisierbar. Kein Wunder, dass sich viele nach einer Auszeit vom eintönigen Alltag gesehnt haben. Und wie lässt sich der Alltagstrott besser hinter sich lassen als mit Games? Wer nicht bereits vor der Lockdown-Zeit schon auf den Geschmack gekommen war, der bekam spätestens mit dem Hype um Among Us und Animal Crossing: New Horizons die Vorzüge von digitalen Spielwelten aufgezeigt. Derartige Games wurden in der Krisenzeit besonders von Heranwachsenden genutzt, um in virtuelle Umgebungen einzutauchen, die frei von Krisen und Problemen sind und/oder es erleichtern, mit Freund*innen trotz Social Distancing in Kontakt zu bleiben. 

Diese und weitere Potenziale von digitalen Spielen wurden beim diesjährigen PLAY21-Creative Gaming Festival, welches vom 5. bis 13. November stattfand, in den Blick genommen. Unter dem Motto ‚Restart Together‘ beschäftigte sich das neuntägige Event dieses Jahr mit der Bedeutung von Games in Post-Pandemie-Zeiten. Dabei stand vor allem die Frage im Mittelpunkt, wie sich die digitale Spielkultur durch die Krise verändert hat und auch zukünftig noch verändern wird. Darüber hinaus wurden Überlegungen angestellt, wie Games den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und damit zu Hoffnungsträgern und Begegnungsorten für ganze Generationen werden können. 

Während die Veranstaltung im Vorjahr pandemiebedingt gänzlich ins Digitale verlagert werden musste, wurde dieses Jahr mit einem hybriden Modell versucht, sowohl Präsenzerlebnisse zu ermöglichen als auch mithilfe von Online-Events Zugangsmöglichkeiten für diejenigen zu schaffen, die nicht vor Ort dabei sein konnten/wollten. Die Teilnehmenden hatten also die Wahl, die Veranstaltungen direkt am Festivalstandort Hamburg zu besuchen, an den zentralen Online-Events im virtuellen Festivalgelände (PLAYvalley) teilzunehmen oder das Programm per Live-Stream zu verfolgen.  

Das breitgefächerte Programm bot neben PLAY-Klassikern wie der Eröffnungsfeier am 5. November und der Preisverleihung der ‚Creative Gaming Awards‘ spannende Workshops, Fortbildungen, Gesprächsrunden, Impulsvorträgen und eine interaktive Ausstellung – und damit vielfältige Möglichkeiten zum Erkunden, Entdecken, Mitgestalten, Diskutieren und natürlich zum gemeinsamen Spielen. Begleitet wurden die Besucher*innen auf ihrer Erkundungsreise von der Bloggerin und Streamerin Janina Dreßler (OddNina) und Journalist und Podcaster Manuel Fritsch, die während der Festivalzeit durch die einzelnen Programmpunkte führten. Die Festivalleitung übernahmen Soziologe und Medienpädagoge Andreas Hedrich und Medien- und Kulturpädagogin Christiane Schwinge, die sich nach langjährigem Engagement aus dem PLAY-Leitungsteam verabschiedete. Ebenfalls dabei war der britische Spieleentwickler und Unterhalter Alistaire Aitcheson, der die auch dieses Jahr mit seiner Gaming-Show ‚One Hundred Game Ideas‘ für Begeisterung und Unterhaltung bei den Besucher*innen sorgen konnte. 

 

Da wir angesichts dieses vielfältigen Programms unmöglich einen Überblick über alle Angebote und Events geben können, möchten wir im Folgenden unsere persönlichen Highlights vorstellen: 

  • Das PLAYvalley: Dabei handelt es sich um die virtuell gestaltete Festivallandschaft, auf der dieses Jahr ein Großteil der Veranstaltungen stattfanden. Die Besucher*innen konnten hier jedoch nicht nur die Streams der einzelnen Programmpunkte verfolgen, sondern auch eine interaktive Ausstellung mit kreativen Spielen bewundern, die sie allein oder gemeinsam mit anderen Teilnehmer*innen austesten konnten. Daneben überzeugte die aufwendig gestaltete virtuelle Location mit viel Detailreichtum, digitalen Ästhetiken und vielen unterschiedlichen Interaktionsmöglichkeiten, durch die sich die Besucher*innen vernetzen und so die Expedition durch das virtuelle Gelände gemeinsam bestreiten konnten. Falls ihr jetzt auch Lust bekommen habt, die bunte PLAYvalley-Welt kennenzulernen, dann habt ihr auch jetzt nach Festivalende noch die Gelegenheit dazu. Die Location wird voraussichtlich noch mindestens einen Monat für Interessierte geöffnet bleiben. Wir haben hier den Link für euch: https://topia.io/playvalley 

 

  • Schulworkshops: Ein kleiner Teil des Teams von PLAY war an insgesamt zwölf Schulen in Hamburg zu Gast und bot den Teilnehmenden Einblicke in die Welt des Game Designs. Die Schüler*innen bekamen einen Einblick in Grundlagen der Programmierung und des Storytellings, konnten mit digitalen Spieleumgebungen experimentieren, sich kreativ mit Games auseinandersetzen und dadurch wichtige Selbstwirksamkeitserfahrungen sammeln. Eine tolle Gelegenheit, um nicht nur Lehrkräfte für den Einsatz von Games im Unterricht zu sensibilisieren, sondern auch Schüler*innen in dieses spannende Feld einzuführen und unentdeckte Potenziale und Talente sichtbar zu machen. 

 

  • Impulsvorträge: Viele Anregungen und Gedankenanstöße lieferten die beiden Impulsvorträge, die das Festival um unterschiedliche Perspektiven auf die Rolle von Games und die digitale Spielkultur bereicherten. So stellte Daniel Seitz, Medienpädagoge und Gründer von mediale pfade, in seinem Vortrag ‚Restart Together – Alles Neu, alles anders, alles gleich‘ eindrücklich dar, dass digitale Spiele einige Vorzüge eröffnet haben, die auch angesichts der postpandemischen Freude über Offline-Events nicht aus dem Blick geraten sollten. Die Pandemie habe wichtige Weichen für einen digitalen Neubeginn gesetzt, den es zu unterstützen und zu fördern gilt, um nicht auf den Entwicklungsstand vor der Pandemie zurückzufallen. Der zweite Impuls, ein Gespräch zwischen Marcus Richter, Redakteur, Moderator und Podcaster, und Medienpädagogin Vera Marie Rodewald vom PLAY-Team, beschäftigte sich dagegen stärker mit der Funktion von Games in der Familie (vor und nach der Pandemie) und diskutierte an ausgewählten Alltagsbeispielen zentrale medienerzieherische Fragen rund um den Umgang und das Lernen mit und durch digitale Spiele. 

 

  • Digitale Hausbesuche: In diesem Format wurden die Besucher*innen des Festivals dazu eingeladen, gemeinsam mit dem PLAY-Team unterschiedlichste Persönlichkeiten aus der Gaming-Branche virtuell zu besuchen. Dieses Jahr zählten zu den Gastgeber*innen Streamerin und Cosplayerin Leslie Foertsch (Farbenfuchs), Game-Designerin Christin Matt, Professorin für Game-Design Anke Günther, E-Sports-Trainer Josef Kolisang (aka blackgator) und Audio-Designer Philipp Muckenfuss (FISHLABS), die es den Teilnehmenden ermöglicht haben, die Aufgaben hinter ihren Berufsfeldern näher kennenzulernen. Dadurch bot sich für Interessierte eine einzigartige Möglichkeit, Informationen über Zugangswege und Berufsperspektiven im Hinblick auf die Gaming-Landschaft zu erhalten und von den vielfältigen Erfahrungen der Speaker*innen etwas für den persönlichen oder beruflichen Werdegang mitzunehmen. 

 

  • Play-Awards: Die Creative Gaming Awards, die dieses Jahr bereits zum siebten Mal verliehen wurden, rundeten das abwechslungsreiche Festival-Erlebnis ab. Auch hier wurden positive Veränderungen sichtbar. So beschränkte sich die Auszeichnung nicht länger nur auf die kreativsten europäischen Games, sondern Entwickler*innen und Medienschaffende aus aller Welt konnten ihre Produktionen einreichen. Eine solche internationale Ausweitung trug wesentlich zum Ideen- und Innovationsreichtum der Veranstaltung bei. So gab es dieses Jahr mehr als 140 Einreichungen aus 36 Ländern. Bis zur feierlichen Verleihung am 12.11. hatte die aus vier Expert*innen bestehende Jury Zeit, um die nominierten Spiele unter die Lupe zu nehmen und sich mit den Entwickler*innen über diese auszutauschen. Neben den zentralen Preiskategorien – ‚Most Innovative Newcomer‘ und ‚Most Creative Game‘ – hatten auch die Festival-Besucher*innen die Möglichkeit, aus allen Werken der PLAY-Ausstellung ihren Favoriten zu bestimmen (Audience Award). Gewonnen haben in den einzelnen Kategorien folgende Spiele: ‚One Hand Clapping‘ (Most Creative Award), ‚Terrorbane‘ (Most Innovative Newcomer) und ‚Help Yourself‘ (Audience Award). Neben den vielversprechenden Preisen war aber letztendlich der größte Erfolg der Verleihung, dass noch weitgehend unbekannten Spielen eine Plattform gegeben wurde und somit viele junge Entwickler*innen unterstützt werden konnten. 

 

Ist der gemeinsame Neubeginn nun geglückt? Angesichts der internationalen Ausrichtung, den neuen Erlebnis- und Spielerfahrungen sowie den vielfältigen Möglichkeiten zur Mitwirkung, Gestaltung und Auseinandersetzung mit den Zukunftspotentialen von digitalen Spielen lässt sich diese Frage eindeutig mit „JA!“ beantworten. Was das Festival eindrücklich deutlich gemacht hat, ist die Tatsache, dass Games nicht nur Gestaltungswerkzeuge sind, sondern sozialen Zusammenhalt stiften können, in dem sie uns sowohl Austausch- und Vernetzungsmöglichkeiten als auch Rückzugs- und Erlebnisräume eröffnen. Im Hinblick auf die Zukunft von digitalen Spielen hat die Veranstaltung viele wichtige Impulse aufgezeigt, die es zukünftig weiter zu verfolgen gilt, um kreative Medienarbeit zu fördern und den Mehrwert von digitalen Spielen im Hinblick auf Bildungs- und Lernprozesse noch sichtbarer zu machen. 

 

Weiterführende Informationen 

Hier könnt ihr euch die Streams einzelner Events nachträglich anschauen

 

Lisa Melzer


Header- und Teaserbild: PLAY21-Creative Gaming Festival (bearbeitet mit Canva)


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