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Was Emojis den Deutschen bedeuten

Emojis erleichtern vielen Menschen die digitale Kommunikation. Eine neue, umfassende Studie hat nun erstmals untersucht, welche Gesichts-Emojis in Deutschland am häufigsten verwendet werden und welche Bedeutungen die Nutzer*innen ihnen zuschreiben. Die Studie wurde von Prof. Dr. Tatjana Scheffler, Professorin für Digitale Forensische Linguistik an der Fakultät für Philologie, Germanistik an der Ruhr-Universität Bochum, und Dr. Ivan Nenchev von der Charité Universitätsmedizin Berlin durchgeführt.  

In der Studie wurden 153 Personen zu allen 107 Gesichts-Emojis befragt, die zum Zeitpunkt der Untersuchung verfügbar waren. Die Befragten gaben mittels Schieberegler an, wie bekannt ihnen das Emoji war, wie klar sie seine Bedeutung empfanden, wie komplex seine visuelle Darstellung war, welchen emotionalen Gehalt es für sie hatte und wie stark sie dessen emotionale Intensität wahrnahmen. Darüber hinaus sollten sie die Bedeutung jedes Emojis mit bis zu drei Begriffen beschreiben. Diese Beschreibungen wurden anschließend mit computerlinguistischen Methoden analysiert. 

Für die Dokumentation der Häufigkeit der Emoji-Nutzung wurde ein umfangreicher Twitter-Datensatz sowie ein kleinerer WhatsApp-Datensatz verwendet. Die Ergebnisse zeigen, dass das Tränen lachende Gesicht, das am häufigsten verwendete Emoji ist, gefolgt vom lachenden Gesicht und dem Zwinkersmiley. Am seltensten verwendet werden das entsetzte Gesicht, das Gesicht in Wolken und das Gesicht mit gepunkteter Linie, die erst 2021 neu eingeführt wurden. 

Zudem ergab die Untersuchung eine signifikante Korrelation zwischen der Häufigkeit der Nutzung und der Bekanntheit eines Emojis. So spiegelt die subjektive Bewertung der Vertrautheit eines Emojis eng dessen tatsächliche Nutzungshäufigkeit wider. Diese Vertrautheit beeinflusst wiederum die Klarheit eines Emojis. Je häufiger ein Emoji verwendet wurde, desto bekannter und klarer wurde es wahrgenommen. Eine höhere Bekanntheit ging zudem mit einer positiveren emotionalen Bewertung einher. Umgekehrt zeigte sich, dass Emojis, die als visuell komplex empfunden wurden, weniger bekannt und klar waren. Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass negative Emojis oft als emotional intensiver erlebt werden als positive. Die Forschenden vermuten, dass positive Emojis durch ihre häufige Nutzung abgenutzt werden und dadurch an emotionaler Intensität verlieren. 

Ein Ergebnis der Beschreibungsaufgabe besteht darin, dass viele Emojis mehrere Bedeutungen haben können, die in den offiziellen Emoji-Namen nicht erfasst sind. Während einige Emojis, wie das Tränen lachende Gesicht, eine eindeutige Hauptbedeutung besitzen, sind andere, wie das leicht lächelnde Gesicht, in ihrer Interpretation vielfältiger. Dieses Emoji wird sowohl als freundlich als auch als passiv-aggressiv beschrieben, was die Vielschichtigkeit der Emoji-Kommunikation verdeutlicht. Besonders von jungen Teilnehmenden wurde das leicht lächelnde Gesicht zudem in seiner Bedeutung neu interpretiert als „Ich bin innerlich tot“. Es ist daher zu beachten, dass Emojis – ähnlich wie Wörter – in ihrer Bedeutung und ihren affektiven Assoziationen nicht statisch sind. Regelmäßiger Gebrauch kann dazu führen, dass Emojis zusätzliche Bedeutungen erlangen oder alte verlieren. Zudem werden regelmäßig neue Emojis eingeführt, was die Bedeutung anderer Emojis beeinflussen kann. 

Prof. Dr. Tatjana Scheffler verweist abschließend darauf, dass das Ergebnis der Studie das bis dato größte Lexikon für Gesichts-Emojis ist. Die deutschen Emoji-Normen seien damit das bisher umfangreichste Maß für Gesichts-Emojis. Die Studie zeigt, dass die Bedeutungen von Emojis nicht trivial und teilweise sogar widersprüchlich sind. Die Forscher*innen hoffen, mit ihrer Arbeit eine Grundlage für weitere Untersuchungen zur Nutzung und Interpretation von Emojis im deutschsprachigen Raum zu schaffen. 

https://link.springer.com/article/10.3758/s13428-024-02444-x  

Monika Gesing 


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