Adolf Grimme Institut
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- Adolf Grimme Institut (Projektleitung): "Let's talk about Talk"
Adolf Grimme Institut (Projektleitung): "Let's talk about Talk"
Adolf Grimme Institut (Projektleitung): "Let's talk about Talk". materialien zu Daily Talkshows für die medienpädagogische Praxis. Medienpaket, Kopäd Verlag, München 2000, DM 98,00
Viele Jugendliche sehen in Talkshows eine Orientierungshilfe für die Probleme ihres Alltags. Für Pädagogen hingegen sind diese Sendungen oft bloß Trash-TV. Also hat das Adolf Grimme Institut im Auftrag der Landesanstalt für Rundfunk NRW und der landeszentrale für private Rundfunkveranstalter Rheinland-Pfalz ein Medienpaket für die pädagogische Praxis entwickelt., das beide Seiten miteinander versöhnen möchte. Das Medienpaket hat nur ein Manko, und das ist sein stolzer Preis. Das über den Buchhandel oder direkt beim Verlag erhältliche Paket enthält eine Kassettte, eine Broschüre mit CD-ROM und einen Stapel einer 'Fan-Zeitschrift' für die Schüler. Sieht man von dieser Zeitschrift ab, die aus Beiträgen der Sender besteht und entsprechend unkritisch ausgefallen ist (aber neben Star-Biografien immerhin ein paar nützliche Eckdaten bietet), stellt "Let's talk about Talk" eine gute Grundlage dar, um das Fromat in aller Gründlichkeit zu analysieren.
Basis ist die 66-seitige Broschüre, in der die Kommunikationswissenschaftlerin Ingrid Paus-Haase anhand vieler Fallbeispiele beschreibt, welche Faszination die Talkshow auf junge Menschen ausübt, Harald Keller sich mit der Entstehungsgeschichte des Formats zum programmlichen Umfeld und den Marketing-Strategien beisteuert.Aus der Sicht von Pädagogen ist natürlich das Kapitel entscheidend, das helfen soll, 'Genrekompetenz" zu vermitteln. Auf die definierende Einführung folgen erste, ganz schlichte Aufgaben: Die Jugendlichen sollen messen, wie gross das Verhältnis von tatsächlichem Programm und Werbeblöcken ist. Wenn man weiß, dass die Produktion einer Programm-Minute rund 2.000mark kostet, ein 30-sekündiger Werbespot aber 10.000 DM einbringt, kann man selbst ausrechnen, wie groß der Gewinn des Senders nach bereits einer Sendung ist. Diese Reduzierung ihrer Vorbilder und Idole auf das profane Geldverdienen dürfte schon einen ersten Aha-Effekt auslösen.
Die grösste Stärke des Pakets sind die vergleichenden Analyse-Übungen anhand der Szenen auf der Kassette. Immer wieder werden im Begleitheft einzelne Aspekte hervorgehoben, die den inszenierten Charakter der Sendungen unterstreichen. Das Format selbst wird dabei aber nie als Fernsehen zweiter Klasse behandelt; das Material soll ja dazu anregen, die Sendungen kritisch und distanziert zu reflektieren und zu bewerten, ohne das Bedürfnis nach Unterhaltung und Orientierung in Frage zu stellen.