Petra Baumgartner
Beiträge in merz
Petra Baumgartner: Gucha – Distant Trumpet
Seit vierzig Jahren treffen sich im kleinen serbischen Städtchen Gucha die besten Blechbläser des Balkans und tragen vor einer Viertelmillion Zuhörerinnen und Zuhörern den Wettstreit um die „Goldene Trompete“ aus. Vor diesem authentischen Hintergrund spielt der Film Gucha:Der serbische Regisseur Dušan Miliæ hat einen eigenen Weg gefunden, die Grundidee des bekannten Shakespeare-Dramas von Romeo und Julia zu erzählen – anders als bei den Montagues und Capulets endet die Liebesgeschichte hier nicht tödlich. Der 16-jährige Romeo (gespielt von Marko Marković) spielt in der Band seines Stiefvaters Trompete. Jährlicher musikalischer Höhepunkt des Gypsy-Orchesters ist die Teilnahme am Wettbewerb der Blaskapellen in Gucha. Der Favorit für den diesjährigen Titel ist Vladisho Trandafilovic, genannt Satchmo (Mladen Nelević). Als Romeo sich in Satchmos Tocher Juliana (Aleksandra Manasijević) verliebt, manifestieren sich Vorurteile und ethnische Konflikte zwischen der serbischen Familie von Juliana und den Roma, zu denen Romeo und seine Familie gehören. Nur zu einem Zugeständnis lässt sich Satchmo hinreißen: Wenn der Jugendliche ihn bei der Meisterschaft in Gucha übertrumpft, soll Romeo seine Juliana bekommen. Für den jungen Musiker hängt viel davon ab: seine musikalische Identität und auch sein persönliches Glück. Regisseur Dušan Milić hat seinen Film an Originalschauplätzen mit weitgehend unerfahrenen Schauspielerinnen und Schauspielern gedreht, und so wirkt das Geschehen streckenweise wie ein Dokumentarfilm. Hier liegen auch die Stärken des Filmes: in der natürlichen Inszenierung, in der Unbefangenheit seiner Darstellerinnen bzw. Darsteller und in der überbordenden von Dejan Pejović komponierten Filmmusik.
Sie ist energetisch und schnell, so wie man sich Musik vom Balkan vorstellt. Über die Grenzen des Balkans hinaus würde jedoch kaum jemand diesen Musikstil kennen, hätte nicht der Filmregisseur Emir Kusturica zu seinem Film Underground mit den Gucha-Preisträgern vom Boban Marković Orkestar den passenden Soundtrack gewählt. Zum Orchester gehört auch Boban Markovićs Sohn Marko, er ist der männliche Hauptdarsteller von Gucha. Marković überzeugt als junger talentierter Trompeter und eher schüchterner, zurückhaltender Romeo voll und ganz. Es ist wohl die jahrelange Bühnenerfahrung als Musiker, die ihn so natürlich vor der Kamera agieren lässt. Die filmüberspannende Gypsy-Musik ist roter Faden und Stilisierung zugleich. Im Kern geht es um den Wettstreit rivalisierender Musikstile und unterschiedlicher Traditionen. Satchmos schnelle Fanfaren und serbische Folklore konkurrieren gegen die bluesige Musik der Gypsies. Der Film möchte Musik als Modell der Völkerverständigung zeigen, berührt wichtige Themen dabei aber nur am Rande – die lang tradierten und wahrscheinlich unüberbrückbaren Vorurteile zwischen Roma und Serben werden nur gestreift. Und so bleibt der Film unabhängig von der Vielfalt an Nebenschauplätzen, Figuren und kleinen Konflikten an der Oberfläche. Das Ergebnis ist ein heiteres serbisches Märchen, in dem sich am Ende Romeo und Juliana in die Arme schließen dürfen. Wägt man die Stärken und Schwächen ab, ist der Film sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene durchweg empfehlenswert. Es ist eine Musik-Love-Story im Stil des Bollywood-Kinos, made in Serbia: Farbenprächtig, folkloristisch, voller Romantik, ein Musical rund um das größte Brassmusik-Festival des Balkans in Gucha. Produziert wurde der Film unter anderen von dem Cannes- und Venedig-Gewinner Emir Kusturica, Schöpfer von Arthouse-Klassikern wie Schwarze Katze, Weißer Kater. Nicht zuletzt die überschäumende Lebensfreude, die auch die Kusturica-Filme auszeichnet, macht die Besonderheit des Filmes aus.
Petra Baumgartner: Homework – What’s that?
Vincent, Andreas (2006). Englisch mit Bibi Blocksberg. Verhexte Feste. Mit dem Hex-Tagebuch James, München: Hueber Verlag, 47 S., Hörspiel-Audio-CD € 14,95In ihrem Abenteuer „Verhexte Feste“ begibt sich Bibi Blocksberg auf eine Zeitreise. Sie liebt das Feiern – mehr als „homework“ – und erzählt dies ihrem Tagebuch James. Dieses schwelgt in Erinnerungen und schwärmt von rauschenden Festen, die seine frühere Besitzerin vor einem Jahr-hundert feierte. Prompt hext sich Bibi zusammen mit James auf die Partys der Hexe O´Doolia und macht dort die merkwürdigsten Bekanntschaften. Allerdings unterläuft ihr bei dieser Zeitreisen-Hexerei ein folgenschwerer Fehler ...Die unterhaltsame und spannende Geschichte macht Kinder ab acht Jahren spielerisch mit der fremden Sprache vertraut. Das Lern-Hörspiel-Paket besteht aus einer Audio-CD, auf der die Geschichte von den Originalsprechern wiedergegeben wird, und einem Bilderbuch. Das Buch stellt einfache Dialoge, englische Begriffe, Redewendungen und das englischsprachige Vokabular in der deutschen Übersetzung vor.
Ein informatives Vorwort bietet Eltern und Lehrerinnen bzw. Lehrern Hinweise für den richtigen Umgang mit dem Sprachlernkurs, dessen Niveau sich am Lehrplan der Grundschule orientiert. Alle Mitwirkenden am Hörspiel sprechen einen bunten Mischmasch aus Englisch und Deutsch. Der Sprecher übersetzt schwierige Passagen, außerdem werden ganze Sätze, einzelne Satzteile oder ganze Wörter auf Deutsch wiederholt. So ist die Audio-CD auch für Sprachanfängerinnen bzw. Sprachanfänger verständlich. Das Bilderbuch kann begleitend zur Audio-CD gelesen werden. Jüngeren Kindern dürfte das Mitlesen jedoch schwer fallen, da dass Klangbild der englischen Wörter oft nicht der Schreibweise entspricht. Englisch mit Bibi Blocksberg lässt sich sehr gut als Basis für den Schulunterricht nutzen. Eltern sollten gemeinsam mit ihren Kindern das Lern-Hörspiel-Paket erproben. Sie können den Kindern notwendige, bedeutungstragende Wortschatzelemente anhand der Bilder vorweg erklären. Fazit: Eine hervorragend inszenierte, spannende und lustige Geschichte für Bibi Blocksberg Fans.
Damit das spielerische Lernen durch entdeckendes Betrachten der Bilder und entspanntes Hören der Texte, Lieder und Reime auf der CD einen längerfristigen Effekt für die Aneignung von Sprache auf verschiedenen Ebenen (zum Beispiel Aussprache, Wortschatz, Redewendungen) hat, sollten Eltern ihre Kinder bei den Lernerfahrungen begleiten.
Andrea Koch und Pertra Baumgartner: Parallelwelten auf dem Vormarsch
Die Sims 2. Vier Jahreszeiten. ErweiterungspackWindows 98/2000/ME/XP/Electronic Arts, Pentium III 1.3 GHz, 256 MB RAM Direct X 9,09 kompatible Grafikkarte mit mind. 32 MB. Festplattenbedarf 1,5 GB; USK: ohne Altersbeschränkung; 25 €
Seit mehreren Jahren begeistert die Simulation
Die Sims 2 Spielende fast jeden Alters. Sie bauen Häuser, ziehen mit der Familie dort ein, kaufen Möbel und kümmern sich mehr oder weniger liebevoll um jedes einzelne Familienmitglied. Aufgrund des Erfolges wurde die Welt der Sims durch mehrere Add-Ons ständig ausgebaut. Neuerdings gibt es das Erweiterungspaket Vier Jahreszeiten. Der neueste Zusatz bereichert die Sims-Welt um alle Facetten des Wetters. Egal ob Sommer oder Winter, die einzelnen Jahresabschnitte wirken sich auf die Gemütsverfassung der Sims aus und eröffnen zudem neue Aktionsmöglichkeiten. Die Spielenden erwarten den Jahreszeiten entsprechende Aktivitäten, wie Leuchtkäfer jagen, Schneeballschlachten, im Laub rumtoben und mehr. Neue Aufgaben wie das Stärken der Familienbande im Winter, das Genießen des Frühlings oder das Erleben des Sommer mit den Freunden gilt es zu meistern. Trotz der Vielfältigkeit des Erweiterungspakets bleibt der grundlegende Gedanke des Spieles unverändert. Im Mittelpunkt des Spielverlaufes stehen immer noch das Gestalten und Beeinflussen einer eigenen Familie, das Spiel mit anderen Rollen, Berufen und Charakteren sowie das Bauen und Ausstatten der Häuser. Die Sims 2 ist gerade deswegen eines der wenigen Spiele, das auch bei Mädchen und Frauen beliebt ist. Es geht nicht in erster Linie ums Gewinnen, sondern um die (Über-)Lebensstrategie.
Ebenso beliebt beim weiblichen Geschlecht ist die Realität und Lebensnähe, die durch die komplexen zwischenmenschlichen Beziehungen der Sims-Bevölkerung gegeben ist. Wie im realen Leben haben soziale Anerkennung, sowie berufliche und finanzielle Erfolge einen hohen Stellenwert. Da es schon den Testerinnen schwer gefallen ist, die komplexen Beziehungsgeflechte zu durchschauen, dürfte dies jüngeren Kindern min-destens genauso viele Schwierigkeiten bereiten. Deswegen liegt unsere Einschätzung, ab welchem Alter das Spiel bewältigt werden kann, bei acht Jahren. Gerade auch wegen seiner Komplexität ist es fast nicht möglich, ohne ein zusätzliches Handbuch in das Spiel hineinzufinden, wohingegen das Zusatzpaket Vier Jahreszeiten in seiner Handhabung keine Schwierigkeiten mit sich bringt, wenn die grundlegenden Spielzüge bekannt sind. Ebenso ansprechend wie gelungen ist die 3D-Grafik des Add-Ons, die den Wechsel der vier Jahreszeiten realitätsnah abbildet. Alles in allem werden die Spielenden in eine bunte und facettenreiche Welt mit vielen Überraschungen und spannenden Geschichten geführt. Nichtsdestotrotz bleibt das Erweiterungspaket ein zusätzliches Angebot, das je nach Interesse der Spielenden die virtuelle Welt erweitern vermag, aber für den Spielgenuss nicht unbedingt erforderlich ist.
Petra Baumgartner: Herr Bello und das blaue Wunder
Regisseur Ben Verbong, Produzent Ulrich Limmer und Drehbuchautor Paul Maar sind ein erfolgreiches Trio. Schon mit den Filmen Das Sams und Sams in Gefahr versetzten sie große und kleine Zuschauer in Erstaunen. Jetzt haben sie sich an die Verfilmung des Kinderbuches Herr Bello und das blaue Wunder gewagt. Herausgekommen ist eine emotionale, gefühlvolle und fast seichte Komödie. Worum geht es? Der zwölfjährige Max (Manuel Steitz) lebt mit seinem Vater, dem Apotheker Sternheim (August Zirner) nach dem Tod der Mutter in einer idyllischen Kleinstadt. Der Vater kümmert sich liebevoll um den Knaben, aber es gelingt ihm nicht, die fehlende Mutter zu ersetzen. Und Max wiederum versucht alles Kindermögliche, dass keine neue Frau in das Leben des Vaters tritt. Denn er hat Angst, auch den geliebten Vater zu verlieren. Auf dem Bauernhof von Sternheims Freund Edgar (Jan-Gregor Kremp) läuft Max ein niedlicher Hundemischling über den Weg, der ihm fortan nicht mehr von der Seite weicht. Max tauft den Hund auf den Namen Bello.
Zur gleichen Zeit bekommt der Apotheker Sternheim eine Flasche mit einer seltsamen blauen Essenz überreicht. Bei Landwirt Edgar wird die wundersame Flüssigkeit gleich als mögliches „Düngemittel“ getestet. Was in der Flüssigkeit wirklich steckt, muss bald der Hund Bello erleben. Durch ein Missgeschick zerbricht die Flasche, Bello schlabbert von der verwunschenen Flüssigkeit und verwandelt sich in einen Menschen! Das heißt, Herr Bello (Arnold Rohde), sieht zwar aus wie ein Mensch der sprechen kann, benimmt sich aber weiterhin wie ein Hund. So sorgt er für jede Menge Aufregung. Nachts setzt sich Herr Bello aufs Dach und jault den Mond an, im Park schnüffelt er Hundedamen hinterher und be-sonders die Manieren am Tisch lassen arg zu wünschen übrig. Aber auch für Sternheim scheint eine neue Zeit anzubrechen, denn die attraktive Frau Lichtblau, die gerade ins Haus eingezogen ist, fördert ganz neue Gefühle in ihm zutage. Die Situation spitzt sich zu, als Bauer Edgar seine Nutztiere mit dem verzauberten Gras füttert. Hühner, Hasen, Schweine und Kühe laufen plötzlich auf zwei Beinen in der Stadt umher und sprechen mit einem seltsamen Akzent. Wie es sich für einen Familienfilm gehört, gibt es auch ein Happy End.
Im Kern handelt Herr Bello von einem Jungen, der lernen muss, von seiner toten Mutter Abschied zu nehmen und in der Familie den Platz für eine andere Frau frei zu geben. Dass aber in Wahrheit der Wunsch nach familiärer Harmonie bereits in dem Jungen steckt, zeigt ihm letztlich der Hund Bello. Die vordergründig komisch-absurde Ebene der vielen Verwandlungen über die man in jedem Alter lachen kann, täuschen darüber hinweg, dass die kompletten Zusammenhänge des Films erst einem Publikum ab zehn Jahren verständlich sein dürften. Denn die Liebesgeschichten inklusive Eifersucht und heimlichen Verehrern sind für ein ganz junges Publikum wohl noch zu kompliziert; diesem dürfte es schwer fallen, hier immer den roten Faden zu behalten. Alles in allem: Herr Bello ist gelungener Familienfilm. Armin Rohde liefert eine herrliche Vorstellung und hat sichtliches Vergnügen daran, all das zu tun, was für Menschen gemeinhin als unschicklich gilt. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch der ausgesprochen komische Auftritt des Badesalz-Duos. Kinder und Eltern werden den Plot des Filmes mögen und sich schon auf die Verfilmung Neues von Herrn Bello freuen. Herr BelloDeutschland 2007, 97 minRegie: Ben VerbongDarsteller: August Zirner, Armin Rohde, Sophie von Kessel, Manuel Steitz, Jan-Gregor Kremp Collina Filmproduktion/Constantin FilmFSK 6