Judith Bittner
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- Judith Bittner: Durch die Gipfel des Dschungels
Judith Bittner: Durch die Gipfel des Dschungels
Broken Rules (2022). Gibbon: Beyond the Trees. Game für den PC (Steam; 13,99 €) und die Nintendo Switch (13,99 €).
Hoch hinaus in neue Welten – das können Spieler*innen in Gibbon: Beyond the Trees. In dem Jump ‘n‘ Run-Abenteuer können sie die Lebenswelt der Gibbons selbst erkunden, indem sie einen solchen steuern, um ihn bei seiner Reise durch den Dschungel zu begleiten. Hierbei besteht die Aufgabe darin, ihn erfolgreich durch den Dschungel zu führen, sodass er alle Schwierigkeiten erfolgreich meistert und nicht abstürzt. Ist es zu Beginn noch leicht, den Gibbon die Baumwipfel und andere Hindernisse erklimmen zu lassen, wird das im Verlauf des Spiels immer schwerer. Spieler*innen können sich schnell auf den Ablauf der Handlungen einstimmen, da sie immer wieder mit einer ähnlichen Ausgangslage konfrontiert werden: Ein Gibbon auf seiner Reise durch die Wälder. Spieler*innen bleiben stets in der Außenperspektive, entscheiden über die Handlungen des Gibbons, können aber die Umgebung und Szenarien der Geschichte nicht beeinflussen. Die Spielfunktionen sind auf zwei Tastenkombinationen beschränkt.
Die Spielkulisse ist vornehmlich der Dschungel, welcher anhand der Bäume und weiterer grafischer Elemente erkennbar wird. Akustik-Musik und Schreie der Gibbons begleiten Spieler*innen durch den malerischen Lebensraum der Affen, welcher vom menschlichen Handeln nicht unberührt bleibt. So hangelt nicht nur der Gibbon durch einen naturbelassenen Dschungel, dieser wird auch von Menschen bewirtschaftet. Seine Reise ist in mehrere Kapitel unterteilt. In jedem sieht die Umgebung etwas anders aus und es steht eine sich chronologisch entwickelnde neue Thematik im Vordergrund. So wirkt der Dschungel zu Beginn des Spiels als ein Ort, in welchem naturbelassenes Leben stattfindet. Gleichzeitig wird der Gibbon im Spielverlauf mit einem brennenden Dschungel konfrontiert, welcher im Zeichen der Abholzung von Wäldern steht. Hier wird exemplarisch der menschliche Einfluss in die Lebenswelt der Gibbons sichtbar und anhand weiterer Merkmale, wie durch Bagger, Spieler*innen nähergebracht. Ein weiterer spezieller Gibbon-Affe begleitet und leitet Spieler*innen auf dem Weg durch den Dschungel. Die beiden Gibbons scheinen sich nahezustehen und so streifen oftmals beide zusammen durch die Wälder. Obwohl bei dem Spiel ähnliche Abläufe stattfinden, bleibt ein Spannungsbogen erhalten, da man es kaum abwarten kann, welche Wendung der Spielverlauf nehmen wird.
Von (medien-)pädagogischem Interesse ist die unterschwellige Auseinandersetzung mit Themen wie Artenschutz und Naturschutz. So wurde eine Affenart als Spielfigur gewählt, welche vom Aussterben bedroht ist. Dies wird im Spiel leider nicht direkt vermittelt, aber deutet auf den vermeintlichen Gedankengang gang der Entwickler*innen hin, auf das Aussterben der Gibbons aufmerksam zu machen. In den einzelnen Kapiteln werden Spieler*innen nämlich schon mit der harten Realität konfrontiert, dass die Naturbelassenheit des Dschungels unter den Einflüssen von Menschen teils äußerst negativ beeinflusst wird; indem Bäume abgeholzt werden, sich Menschen ansiedeln und Waldbrände entfachen. Dies regt zum Nachdenken an und führt die Relevanz des Erhalts des Dschungels vor Augen. Diese Botschaft könnten ältere Kinder wahrnehmen und sie zu einer Auseinandersetzung mit der Thematik anregen, in der (medien-)pädagogischen Praxis oder an Schulen könnte es direkt dazu eingesetzt werden. Jedoch ist hervorzuheben, dass das Spiel hierfür lediglich als Anregung dienen kann, da im Fokus stets die Spielfreude steht.
Das Spiel Gibbon: Beyond the Trees wurde kürzlich mit dem Pädagogischen Medienpreis 2022 ausgezeichnet und überzeugte aufgrund der Atmosphäre und der geringen komplexen Spielmechanik. S.I.N – Studio im Netz empfiehlt das Spiel ab sieben Jahren. Diese Einschätzung erscheint aufgrund der Thematik und der simplen Spiellogik angemessen. Der Eingriff der Menschen in den Lebensraum wird nicht brutal dargestellt, sondern vielmehr durch Grafiken und Hindernisse vermittelt. Somit werden jüngere Spieler*innen angemessen herangeführt. Mithilfe des farbenfrohen Designs und grafischer Animationen schaffen es die Entwickler*innen das Gefühl auszulösen, nicht nur einen Gibbon zu steuern, sondern für die Spielzeit auch einen Teil der Geschichte zu verkörpern. Dies wird durch die Liebe zum Detail gefördert, welche das Spiel prägt. So sind die einzelnen Kapitel auch inhaltlich benannt, welche dabei helfen, sich als Spieler*in mit der Handlung zu identifizieren.
Beitrag aus Heft »2023/01: Für Demokratie, gegen Polarisierung. Impulse für die politische Medienbildung«
Autor: Judith Bittner
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